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Denkanstoß 3
"Tradition"


Im Schloss Bellevue in Berlin hängen Gemälde der ehemaligen Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland. Von Theodor Heuss bis Christan Wulff lässt sich da eine Art Ahnengalerie der Amtsträger in Öl besichtigen. Wobei der Begriff Ahnengalerie nicht auf alle Gezeigten zutrifft. Einige leben ja noch.

Dass amtliche Würdenträger so im Gedächtnis bleiben, ist in Ordnung. Geehrt wird auch immer das Amt, wenn es auch durch den ein oder anderen Bundespräsidenten Kratzer abbekommen hat.

Wie gehen wir im richtigen Leben mit unseren Vorfahren um, verbannen wir sie nicht zu oft in verstaubte Fotoalben? Wir finden unsere Ahnen könnten ein bisschen sichtbarer werden. Bitte verstehen sie uns nicht miss. Es geht nicht um übertriebenen Personenkult.

Natürlich müssen wir, wenn jemand gestorben ist, irgendwann loslassen. Unsere Trauer wird bleiben, manchmal ein Leben lang. Ein Grab wird zum Gedenkplatz, der aber, wenn wir ehrlich sind, von unserem Alltag weit entfernt liegt. Unser verstorbener Vater Fritz forderte immer „Holt den Tod zurück ins Leben!“. Er war überzeugt davon, dass alles was mit Abschiednahme, Tod und Erinnerungskultur zu tun hat, zu sehr aus dem Alltag verdrängt wird.

Wir sollten uns auch im Alltag erinnern - vor allem an die guten Stunden. Diese guten Erinnerungen gehören mitten ins Leben. Wir können sie hervorholen, in dem wir Orte außerhalb der Friedhöfe schaffen, die unsere Erinnerung im wahrsten Sinne des Wortes beflügeln.

Ein Foto des verstorbenen Chefs im Büro, ein alter Meisterbrief im Laden, ein gutes Zitat in einem Geschäftsbrief (oder Denkanstoß). Wir können Verstorbene in den Alltag integrieren, ohne dass sie zu »bösen« Geistern werden und alles überschatten.

Die Henkels, die Oetkers, die Haniels, es gibt noch viele weitere Familienunternehmen, die ihre Ahnen in Ehren halten. Tradition ist hier ein Wert, der die Nachkommen verpflichtet. Tradition hat etwas mit Ideenreichtum, Qualität und Mut zu tun. Nur wenn es jeder Generation gelingt, auf dem Fundament des Familienbetriebes etwas Neues aufzubauen, kann überhaupt so etwas wie Tradition entstehen, weil nur dann eine Firma über mehrere Generationen eine Überlebenschance hat.

Es ist gut zu wissen, wo man herkommt. Auch weil es die Entscheidung wo man hin will - oder vielleicht auch nicht hin will - leichter macht. Und deshalb gehört eben auch ein Bild von Kurzzeitpräsident Christian Wulff neben die Gemälde von Richard von Weizsäcker und den anderen honorigen Bundespräsidenten.

Herzlichst,

Hanna Thiele-Roth und David Roth

Bergisch Gladbach im April 2013


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