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Denkanstoß 49
"Bratwurst auf die Hand"


Durch das Kirchenschiff klang „Von guten Mächten wunderbar geborgen“, so wie es sich Wilhelm Nuber kurz vor seinem Tod gewünscht hatte. Die Trauergemeinde lauschte still den tröstenden Worten dieses wunderbaren Liedes. Wilhelm Nuber war sein Leben lang Metzger und Gastwirt. Er liebte es, große Feste zu organisieren, seine Gäste mit selbstgemachten Würsten zu verwöhnen und wenn die Stimmung auf dem Höhepunkt war, dann stieg er auch schon mal auf den Tisch und hielt flammende Reden über Freundschaft und Verbundenheit. Willi, wie ihn alle nannten, war ein richtiges „Feierbiest“. Geselligkeit, Gemütlichkeit und seine in der eigenen Wurstküche hergestellten Spezialitäten waren sein Leben.

Wenn die Gäste ausgelassen feierten, die Gläser beim Anstoßen klirrten und die Stimmung kochte, dann war Willi glücklich. Er liebte die Gemeinschaft, war engagiert in Vereinen und pflegte einen riesigen Freundeskreis. Bis kurz vor seinem Tod stand er in der Metzgerei hinter der Theke oder begrüßte im Schankraum die Stammgäste. Er spürte, dass es zu Ende ging und das machte ihn traurig. Er hatte noch so viele Ideen, den Menschen ein paar schöne Stunden zu schenken. Wilhelm Nuber war stolz darauf, in seinem Heimatort zu einer echten „Institution“ geworden zu sein.

Willi wollte, dass seine Beerdigung ein richtiges Fest wurde. Eine Trauerfeier, die den Namen Feier verdiente. „Das bin ich meinen Gästen, die mir über viele Jahre die Treue gehalten hatten, schuldig.“ Als geschätztes Mitglied der Gemeinde wurde Willi immer wieder zu Trauerfeiern eingeladen. Und immer wieder schüttelte er den Kopf über den oft in seinen Augen lieblosen Umgang mit dem Leichenschmaus. Die Begriffe, die für das Zusammensein nach dem Abschied auf dem Friedhof verwendet wurden, ärgerten ihn: Leichenmahl, Raue, Trauerbrot, Beerdigungskaffee oder Reuessen. Am besten gefiel ihm noch „das Fell versaufen“, damit konnte er was anfangen, da steckten Witz und Ironie drin und auch ein guter Gedanke: der Verstorbene macht den Hinterbliebenen ein letztes Geschenk, was den Menschen trotz aller Traurigkeit auch schöne Erinnerungen beschert.

Die Trauergemeinde summte die Melodie von „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ mit und von dem Bild auf dem Sarg lachte Willi ihnen ein letztes Mal entgegen. Es schien fast so, als würde er sich auf etwas freuen, eine Überraschung am Ende der Trauerfeier.

Durch das Kirchenschiff schallte die Melodie. Und ein Duft verbreitete sich im Raum. Die Gäste reckten die Nasen in die Höhe und schnüffelten und sogen diesen herrlichen Wohlgeruch ein. Und plötzlich lächelte nicht nur Willi. Der ganze Raum war erfüllt von Vorfreude, die Gäste ahnten, was der Metzger ihnen als letztes Geschenk reichen lassen würde. Eine Stärkung für Leib und Seele. Wilhelm Nuber war ein Mensch, der das Leben feierte und sich gewünscht hatte, dass auf seiner Beerdigung nicht nur Trauer zu spüren war, sondern auch Lebensfreude.

Vor der Kirche war ein Grill aufgebaut worden und eine Zapfanlage für frisches Kölsch. Willis Mitarbeiter standen in Metzgerkitteln und Schürzen bereit, und reichten jedem, der aus der Kirche trat, ein Glas Bier und eine Bratwurst auf die Hand.

Herzlichst

Hanna Roth         David Roth

Bergisch Gladbach im August 2021

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an k1d09a9217ae244e483fb53597159603b.reichert@7737eb024921403cb43dbd1eca5c8999puetz-roth.de, Stichwort „Denkanstoß”