Denkanstoß 36 – “So sterben wir”

Die Fritz-Roth-Stiftung verleiht am 25. Mai 2019 um 11.00 Uhr den Medienpreis 2019 an Roland Schulz. Der Autor und Reporter schreibt für das Magazin der Süddeutschen Zeitung. Die Laudatio auf den Preisträger hält der bundesweit bekannte Berliner Bestatter Eric Wrede.

 

Das Buch von Roland Schulz trägt außer dem Titel So sterben wir noch den Untertitel Unser Ende und was wir darüber wissen sollten. Diese Überschriften hätten unserem Vater sehr gut gefallen. Nicht wissen müssen und nicht wissen können steht da, sondern wissen sollten.

Fritz Roth war überzeugt davon, dass jeder Mensch sich mit Tod und Trauer auseinandersetzen sollte und zwar nicht erst wenn Eltern oder Freunde und Bekannte tot im Sarg liegen. Unser Vater wollte den Tod zurück ins Leben holen, er wollte ihn im Alltag sichtbar und erfahrbar machen. Er war überzeugt davon, dass Menschen, die an dieser Stelle nicht wegschauen, ein erfüllteres Leben führen würden. Diese Gedanken sind bis heute die Grundlage unserer Arbeit im Bestattungshaus Pütz-Roth.

Tod und Sterben Raum zu geben, die Möglichkeit zu schaffen, darüber nachzudenken und sich mit der eigenen Endlichkeit vertraut zu machen, darum geht es uns und darum geht es auch in dem Buch von Roland Schulz.

In seinem Bestseller So sterben wir beschreibt der Autor eindrucksvoll und berührend was passiert, wenn wir vom Leben Abschied nehmen.

Was passiert im Körper? Was fühlt man – Trauer, Schmerz? Und dann, wenn der Herzschlag verstummt ist? Was geschieht mit dem Leichnam, bis man bestattet ist? Sterben, Tod und Trauer sind unumgänglich, für jeden von uns. Und doch wissen wir kaum etwas darüber. Roland Schulz findet Worte für das Unbeschreibliche und gibt Antworten auf die tiefsten Fragen des Lebens.

Roland Schulz spricht die Leser direkt an, was eine besondere Nähe schafft. Man kann dieses Buch nicht lesen, ohne über den eigenen Tod nachzudenken: Tage vor deinem Tod, wenn noch niemand deine Sterbestunde kennt, hört dein Herz auf, Blut bis in die Fingerspitzen zu pumpen. Wird anderswo gebraucht. In deinem Kopf. Im Kern deines Körpers, wo deine Lunge liegt, dein Herz, deine Leber. Auch aus den Zehenspitzen zieht sich das Blut zurück. Deine Füße werden kalt. Dein Atem verflacht. Die Sinne schwinden. Dein Körper leitet den Abschied vom Leben ein.

Mit diesen Worten nimmt Roland Schulz den Leser mit auf die letzte Reise. Eindringlich beschreibt er, was wir während unserer letzten Tage und Stunden erleben. Er verfolgt die Reise des Körpers von der Leichenschau bis zur Bestattung und fragt schließlich, was Sterben und Tod für diejenigen bedeutet, die zurückbleiben: Wie trauern wir – und wie können wir weiterleben?

In einem Zeitungsinterview (Tagesspiegel 25.03.2019) wurde Roland Schulz gefragt, ob die Beschäftigung mit dem Tod für ihn eher befreiend oder bedrückend war? Auch wir werden das öfter gefragt. Wir können jedes Worts seiner Antwort nur bestätigen:
„Ich habe das Gefühl gewonnen, dass es ein Stück weit befreit – so weit das bei Sterben und Tod überhaupt möglich ist. Denn: Je länger ich mich damit beschäftigte, umso klarer ist mir geworden, wie normal, natürlich, vollkommen selbstverständlich Sterben und Tod sind: Milliarden von Menschen sind schon gestorben, und eines Tages werde auch ich sterben. Mir hat das so ein eigenartiges Gefühl von Ruhe gegeben.“

Wir freuen uns sehr, dass wir als Laudator Eric Wrede gewinnen konnten, der ebenfalls ganz im Sinne von Fritz Roth nicht müde wird, über Tod und Trauer in der Öffentlichkeit zu sprechen und so auf seine Art immer wieder Denkanstöße gibt, sich mit dem Unvermeidbaren vertraut zu machen. Durch seine Interviews und Talkshowauftritte hat er viel dafür getan hat, dass Trauer und Tod in den populären Medien sichtbar werden.

Nach einer steilen Karriere als Musikmanager wechselte Eric Wrede die Branche. Als er eines verregneten Sommertages das Radio anschaltet und ihm die Geschichte vom Trauerbegleiter Fritz Roth entgegenschallt, macht es Klick. Eric entschließt sich Bestatter zu werden. Er lernt das Handwerk in einem klassischen Berliner Betrieb. 2014 gründet er sein eigenes Unternehmen mit dem ungewöhnlichen Namen lebensnah-Bestattungen. Sein Buch vom Tod und sein Podcast The End sind bundesweit auf große Resonanz gestoßen. Eric Wrede ist einer der bekanntesten Bestatter in Deutschland.

Gemeinsam mit Roland Schulz und Eric Wrede wollen wir einen Blick werfen auf den Tod und wie er heute in der Medienwelt wahrgenommen wird. Wie schon beim letzten Mal, als wir den Preis an den Bergsteiger Georg Kronthaler vergeben durften, der seinen tödlich verunglückten Bruder Markus von den Höhen des Broad Peak nach Hause nach Österreich geholt hat, erwarten wir auch an diesem Tag wieder eine berührende und inspirierende Veranstaltung.

Herzlichst

Hanna Thiele-Roth      David Roth

Bergisch Gladbach im Mai 2019