Wir machen beinahe täglich die Erfahrung, dass der Ort der Beisetzung und die Gestaltung des Grabes bei der Bewältigung von Trauer eine wesentliche Rolle spielen.
Anonyme und halbanonyme Beisetzungsangebote helfen trauernden Menschen kaum. Der für die Trauerbewältigung entscheidende aktive Umgang mit Trauer und Schmerz ist an solchen Orten nicht vorgesehen.
Bestattungsrituale gehören zum Menschsein. Die ersten Zeugnisse von Kultur hat man in den Gräbern unserer Vorfahren gefunden. Wir müssen aufpassen, dass wir modernen Menschen uns nicht immer mehr von diesen Traditionen verabschieden. Tod und Trauer sollen sich heutzutage Arbeit und Funktion unterordnen, danach richten wir leider unsere Gesetze und Verordnungen aus.
Der Wunsch zu trauern ist älter als jedes Gesetz. Schon unsere Vorfahren haben Bestattungsrituale gepflegt. In einer Höhle in Südafrika mit dem schönen Namen Rising Star wurden Knochen einer bislang unbekannten Menschenart entdeckt. Homo naledi lebte vor über 1 Million Jahren. Die feingliedrigen Frühmenschen waren nur etwa 1,40 m groß und wogen 45 kg. Die Forscher vermuten, dass Homo naledi seine Toten bewusst bestattet hat. Darauf deutet alles in der Höhle hin.
Ein Schild mit einer Friedhofsordnung oder ein Bestattungsgesetz hat man in der Kaverne Rising Star nicht gefunden. Wahrscheinlich nahm man sich einfach ein wenig Zeit füreinander, ließ das Tagewerk für einen Moment ruhen und verabschiedete sich von den Toten.
Bei uns in unseren Gärten der Bestattung finden zu jeder Tages- und Nachtzeit sieben Tage die Woche Trauerfeiern und Beerdigungen statt. Natürlich auch am Wochenende, denn da haben die meisten Menschen Zeit und Muße. Vielleicht sind deshalb bei uns die Trauerfeiern immer sehr gut besucht, weil wir eben nicht zu den starren Öffnungszeiten von Friedhöfen und Behörden im halbstunden Rhythmus Beerdigungen abspulen. Wir fragen zunächst, was ist gut und richtig für die Trauernden und danach planen wir die Beerdigung.
Verordnungen – und dazu zählen wir ausdrücklich auch Friedhofsordnungen mit ihren starren Öffnungszeiten und überkommenen Vorschriften was Grabgestaltung angeht – müssen gelegentlich überdacht und reformiert werden, damit sie weiter in die Zeit passen.
Der Wunsch vieler Angehöriger einen wirklichen Erinnerungsort zu haben, den man schön finden kann und an dem man sich wohlfühlt, wenn man an den Verstorbenen denkt, wird heute weitgehend ausgeblendet. Es wird aus psychologischer Sicht übersehen, dass ein gelungener Trauerprozess von der Nähe der Menschen zu den Verstorbenen lebt.
Wie es vor diesem Hintergrund gelingen kann, Friedhöfe wieder im Zentrum der Gesellschaft zu etablieren und sie in Zukunft zu einem für Hinterbliebene attraktiven „Raum für Trauer“ zu machen, darum geht es bei dem Kongress am 25. Oktober 2019 im Maternushaus in Köln: Heilsame Abschiede.
Herzliche Grüße
Hanna Roth David Roth
Bergisch Gladbach im Oktober 2019