Die Verarbeitung von Verlusten geschieht in Trauerprozessen. Was zunächst mal seltsam anmuten mag, mündet schnell in ein Aha-Erlebnis von fast trivialer Klarheit: Was, bitte, hat die Arbeitswelt mit Tod und Trauer zu tun? Sehr viel, wie Sie schnell feststellen werden: Wer gelernt hat, die schmerzhaftesten Verlusterfahrungen nicht zu verdrängen, ist auf Veränderungen im beruflichen Kontext besser vorbereitet.
Jede Veränderung bedeutet zunächst den Verlust dessen, was ist. Ein Auftrag, ein Kunde, ein Kollege oder Vorgesetzter, ein Projekt, der Firmenname, die Unternehmenskultur? Ganz egal, auf welcher Ebene oder in welchem Kontext mich der Verlust des Status quo ereilt: Bevor ich mich auf das Neue einlasse, muss ich diesen Verlust verarbeiten. Wird das unterschätzt, wiegen die Folgen schwer, wie nicht nur viele gescheiterte Fusionen zeigen.
Für die Generation unserer Großväter waren Tod und Trauer noch ein selbstverständlicher Teil des Lebens, die Erfahrungen aus der fast alltäglichen Trauerarbeit in Familien, Nachbarschaft und Gesellschaft waren für jeden nutzbar. Das ist heute anders. Tod und Trauer werden verdrängt, Traditionen und Institutionen sind auf dem Rückzug. Nicht wenige Experten vermuten einen Zusammenhang zwischen dem Verlust unserer Trauerkultur und der Zunahme von Stressfolgen wie Burn Out-Syndrom und Depression.
Neben diesen mittelbaren Zusammenhängen rate ich auch dazu, die unmittelbaren Folgen von Todesfällen für die Menschen im Unternehmen nicht aus den Augen zu verlieren.
Bei einer durchschnittlichen Sterblichkeitsrate von 1% der Bevölkerung p.a. sind mindestens 5% der Mitarbeiter akut betroffene Angehörige ersten Grades; d.h. Kinder oder Eltern jüngst Verstorbener. Rechnet man Betroffene anderer Verlustsituationen hinzu und berücksichtigt man die Dauer von Trauerprozessen, ergeben sich durchschnittlich über 10% akut betroffener Mitarbeiter Ihres Unternehmens. Jeder zehnte Ihrer Mitarbeiter also steht in einer Entwicklung, die entscheidende Veränderungen ob zum guten oder zum schlechten mit sich bringen wird.
In meiner Privaten Trauer Akademie in Bergisch Gladbach arbeiten wir gemeinsam mit Unternehmen, kirchlichen und staatlichen Institutionen an der weiteren Entwicklung dieses wichtigen Themenfeldes. Mit Vorträgen, durch Teilnahme an Think Tanks oder auch durch Texte wie diesen Denkanstoß versuche ich, Anregungen für einen anderen Umgang Tod und Trauer zu geben.
Tod ist Tatsache! Also lassen Sie uns etwas tun. Jeder Verlust bietet die Chance, Veränderungen positiv zu gestalten. Wenn ich Ihr Interesse für dieses Thema wecken konnte, dann würde ich mich freuen, wenn Sie sich bei
mir melden.
Bergisch Gladbach im August 2010
Ihr Fritz Roth