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Denkanstoß 62 – “Der letzte liebevolle Blick” | Dass Eltern tagelang nicht zu ihrem auf so tragische Weise gestorbenen Kind dürfen, auch das wird nach dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt in Erinnerung bleiben. In unserem Bestattungshaus ermöglichen wir jedem, … mehr. | Dass Eltern tagelang nicht zu ihrem auf so tragische Weise gestorbenen Kind dürfen, auch das wird nach dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt in Erinnerung bleiben. In unserem Bestattungshaus ermöglichen wir jedem, der es möchte, den persönlichen Abschied von dem verstorbenen Vater, der Mutter oder einem Kind. Den Verstorbenen zu sehen, ihm ein letztes Mal über die Wange oder die Hand zu streicheln, löst tiefe Trauer aus, oft aber auch ein herzenswarmes Gefühl. Da sollte auch Raum für Freude sein, dass dieser Mensch gelebt hat. Oft fällt es schwer zu begreifen, dass jemand nicht mehr zurückkehrt – der letzte Blick auf den Verstorbenen hilft, diese unwiderrufliche Tatsache zu verstehen und zu akzeptieren. Der persönliche Abschied bietet die einmalige Chance, Gefühle wie Dankbarkeit, Liebe oder auch ungelöste Konflikte noch einmal im Beisein des Verstorbenen auszudrücken und dadurch eine neue Form der Verbindung zu schaffen. Zu sehen, dass der Verstorbene keine Schmerzen mehr leidet, die Muskeln entspannt sind, dass alle Sorgen und Nöte von ihm abgefallen sind, keine Ängste ihn quälen, kann den Trauernden dabei helfen, sich von dem Leichnam guten Gewissens zu trennen. Religiöse Menschen nehmen wahr, dass die Seele den Körper verlassen hat. Wer nicht glaubt, begreift, dass das Leben den Verstorbenen im Sarg verlassen hat. Der persönliche Abschied von einem Verstorbenen kann an unterschiedlichen Orten stattfinden: im Krankenhaus, zu Hause, im Bestattungshaus oder in der Trauerhalle direkt am offenen Sarg vor der Beisetzung. Wo auch immer dieser Abschied stattfindet, entscheidend ist, dass der Ort den Hinterbliebenen Raum für Ruhe und Zeit zum Nachdenken bietet. Besonders wertvoll ist die Möglichkeit, den Verstorbenen noch einmal in einem geschützten Rahmen zu sehen. Auf Wunsch bringen wir den Verstorbenen für den Abschied noch einmal nach Hause. Die eigenen vier Wände sind ein vertrauter und tröstender Ort. Für Fragen und die Versorgung des Verstorbenen stehen wir dabei jederzeit zur Verfügung. Manche Trauernde entscheiden sich bewusst dafür, diesen Moment allein zu verbringen, während andere den Trost in der Gemeinschaft suchen. Rituale spielen beim persönlichen Abschied eine zentrale Rolle. Häufig werden Briefe, Fotos oder Blumen dem Verstorbenen mitgegeben, um Liebe und Verbundenheit auszudrücken. Das Berühren der Hand oder das Streicheln über die Stirn des Toten ist für viele ein kraftvoller Moment, der Nähe vermittelt. Manche Familien entscheiden sich, den Verstorbenen mit seinen Lieblingsliedern zu verabschieden, gemeinsam ein Gebet zu sprechen oder Kerzen anzuzünden. Solche Rituale schaffen eine Verbindung zwischen den Lebenden und dem Toten und geben der Trauer eine greifbare, symbolische Dimension. Der persönliche Abschied bietet den Hinterbliebenen die Möglichkeit, mit Liebe und Behutsamkeit Abschied zu nehmen. Die Erinnerung an diesen Moment kann zu einer wertvollen Quelle des Trostes werden, die dabei unterstützt, die Trauer auszuhalten und die Verbindung zum Verstorbenen in der Erinnerung zu bewahren.
Herzlichst Hanna Roth David Roth Bergisch Gladbach im Januar 2025 Gerne können Sie uns zum Thema Denkanstoß auch eine E-Mail schicken | Denkanstöße 2 | denkanstoesse-2 | |
Denkanstoß 61 – „Die letzte Entscheidung” | Martha (Tilda Swinton) ist eine Frau, die sich in den dunkelsten Ecken der Welt herumgetrieben hat. Sie war immer dort, wo das Leben gefährdet und der Tod allgegenwärtig ist – sei es … mehr. | Martha (Tilda Swinton) ist eine Frau, die sich in den dunkelsten Ecken der Welt herumgetrieben hat. Sie war immer dort, wo das Leben gefährdet und der Tod allgegenwärtig ist – sei es im Krieg oder in Katastrophengebieten. Nun steht sie selbst vor der schwersten Entscheidung ihres Lebens: Sie möchte die Kontrolle über ihren Tod behalten. In einer Welt, in der Krankheit und Schmerz die Oberhand gewonnen haben, will sie sich nicht dem langsamen Verfall hingeben, sondern in Würde sterben. Martha sieht im selbstbestimmten Sterben eine Möglichkeit, das letzte Kapitel ihres Lebens nach ihren eigenen Regeln zu gestalten – ein Schritt, der sowohl Mut als auch tiefe Reflexion erfordert. Ist es ein Menschenrecht, sein Leben auf eigene Weise zu beenden? Und wenn ja, wie gestalten wir dieses Recht in einer Weise, die menschliche Würde und das Recht auf Leben schützt? Martha steht für all jene Menschen, die sich mit der Frage auseinandersetzen, wie sie die letzte Phase ihres Lebens verbringen möchten – in Kontrolle oder im unaufhaltsamen Fluss einer Krankheit. Ihre Freundin Ingrid (Julianne Moore) muss mit Marthas Entscheidung leben und ringt damit, ihre Freundin zu unterstützen, während sie gleichzeitig den eigenen Schmerz über den bevorstehenden Verlust verarbeitet. Der Film stellt die Frage: Was bedeutet es, jemanden auf die letzte Reise zu begleiten? Wie gehen wir mit dem Tod eines geliebten Menschen um, wenn dieser sich bewusst dafür entscheidet, selbst zu gehen? Almodóvar nutzt die Geschichte, um Sterbehilfe aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten – aus der Sicht der sterbenden Martha, die in einer schwierigen, aber letztlich bewussten Entscheidung ihr Leben verkürzen möchte, und aus der Sicht von Ingrid, die mit den emotionalen Konsequenzen dieser Entscheidung konfrontiert wird. Das Thema Sterbehilfe ist in vielen Ländern ein sensibles politisches und ethisches Thema. In einigen europäischen Ländern wie der Schweiz, Belgien und den Niederlanden ist Sterbehilfe unter bestimmten Bedingungen erlaubt, während sie in vielen anderen Ländern verboten ist. In Deutschland ist die rechtliche Lage zur Sterbehilfe komplex und durch verschiedene Gerichtsurteile sowie gesetzliche Regelungen geprägt. Passive Sterbehilfe ist in Deutschland erlaubt. Sie beschreibt das Unterlassen oder Abbrechen von lebensverlängernden Maßnahmen auf Wunsch des Patienten. Indirekte Sterbehilfe ist ebenfalls zulässig. Sie beschreibt Maßnahmen, die in erster Linie zur Linderung von Schmerzen oder Leiden dienen, auch wenn sie möglicherweise das Leben verkürzen können. Die Beihilfe zum Suizid ist in Deutschland seit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Februar 2020 grundsätzlich erlaubt. Dabei darf die Beihilfe zum Suizid jedoch nicht gewerbsmäßig, also als regelmäßige, auf Gewinn abzielende Tätigkeit, angeboten werden. Aktive Sterbehilfe ist in Deutschland nach wie vor verboten und strafbar. Darunter versteht man das gezielte Herbeiführen des Todes durch eine andere Person, zum Beispiel durch die Verabreichung einer tödlichen Injektion. In einer Welt, in der der Tod tabuisiert wird, erinnert „The Room Next Door“ uns daran, dass das Sterben ebenso zum Leben gehört wie die Geburt und dass wir das Recht haben sollten, diese letzte Phase des Lebens selbstbestimmt und in Würde zu gestalten. Herzlichst Hanna Roth David Roth Weitere Informationen erhalten Sie hier: Bergisch Gladbach im Oktober 2024 Gerne können Sie uns zum Thema Denkanstoß auch eine E-Mail schicken | Denkanstöße 2 | denkanstoesse-2 | |
Denkanstoß 60 – „Turbotrauer” | Ein Grund, warum wir den Tod eines geliebten Menschen als so schmerzhaft empfinden, ist die Endgültigkeit des Abschieds, die mit der Tatsache, dass wir sterben, verbunden ist. Wir werden diesen einen Menschen … mehr. | Ein Grund, warum wir den Tod eines geliebten Menschen als so schmerzhaft empfinden, ist die Endgültigkeit des Abschieds, die mit der Tatsache, dass wir sterben, verbunden ist. Wir werden diesen einen Menschen in diesem Leben nicht mehr wiedersehen. Wir werden nicht mehr mit ihm lachen, sein Rat wird uns fehlen, genauso wie der Streit und die Versöhnung, die zum Leben dazugehören. Um den Tod mit allen Sinnen zu begreifen, sollten Trauernde sich Zeit nehmen und auf gar keinen Fall die Beerdigung schnell hinter sich bringen. »Begreifen« bedeutet für uns im wahrsten Sinne des Wortes, eine sinnliche Erfahrung zu machen. Raum und Zeit sind hier wichtig. Raum, in dem man sich mit dem Toten aufhalten kann, und Zeit für einen Abschied, der Trauerrituale wie das Waschen und Einkleiden des Verstorbenen möglich macht. Vorsicht vor »Experten«, die den Ratschlag geben, den Toten sofort unter die Erde zu bringen oder ins Krematorium transportieren zu lassen. Manchmal sitzen Trauernde dann einige Tage später vor einer Urne und können nicht fassen, dass da der Verstorbene drin sein soll. In solchen Ratschlägen stecken oft mehr Schläge als Rat. Unserer Meinung nach wird oft zu schnell beerdigt. Es wird leider immer wieder zu einer schnellen »Entsorgung und Beseitigung des Problems« geraten. Nicht in unserem Bestattungshaus. Hier ist der Tod kein »Problem«, das schnell gelöst werden muss. Der Tod lehrt uns, das Leben zu schätzen und zu lieben. Er lässt uns begreifen, dass das Leben endlich ist und jede Minute kostbar. Also lassen Sie sich im Trauerfall nicht drängen. Wenn Sie das Gefühl haben, mehr Zeit für den Abschied zu brauchen, nehmen Sie sich die Zeit. Wir raten hier ausdrücklich zu zivilem Ungehorsam. Sie werden spüren, wenn es an der Zeit ist, den Leichnam wegzugeben. Entscheiden Sie selbst, auch über die Art der Bestattung. Manchmal lohnt es sich zurückzuschauen. Es ist noch keine hundert Jahre her, da wurden Tote von ihren Verwandten angezogen, sie kamen ins gute Zimmer, in den Raum der Weihnachtsfeste und großen Familienfeiern. Freunde und Familienmitglieder waren den Toten nahe, sie konnten sie anfassen, den Tod berühren, sehen und riechen. Das Leben im Haus ging weiter! Trauer war eine Sache der Gemeinschaft. Der Tod gehörte ins Alltagsleben. Der Tod war im wahrsten Sinne des Wortes ein ständiger Begleiter, der die Menschen an ihre eigene Sterblichkeit erinnerte und so das Gefühl vermittelte, dass Lebenszeit etwas sehr Kostbares war. Dieses Gefühl wird heute fast völlig verdrängt. Unser Ziel ist es, den Tod zurück ins Leben zu holen, die Menschen mit Sterben, Tod und Trauer wieder vertrauter zu machen. Den »Turbo« im wahrsten Sinne des Wortes rauszunehmen. So können wir ein wenig dazu beitragen, dass die Menschen aufhören, ihr Leben zu konsumieren, als sei es eine unerschöpfliche Ressource. Wir möchten Menschen die Augen öffnen, dass das Leben endlich und dadurch unschätzbar wertvoll ist. Wir versuchen, Menschen Mut zu machen, sich ihre Toten und die damit verbundenen Gefühle und Erfahrungen nicht wegnehmen zu lassen. Im Gegenteil, wir machen die Menschen mit Trauerritualen vertraut. Wir geben Zeit und Raum, dem Tod zu begegnen und entscheidende Dinge für das Leben zu lernen. Herzlichst Hanna Roth David Roth Bergisch Gladbach im August 2024 Gerne können Sie uns zum Thema Denkanstoß auch eine E-Mail schicken | Denkanstöße 2 | denkanstoesse-2 | |
Wenn Helfer selbst Hilfe brauchen | Westfälische Nachrichten | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Denkanstoß 59 – „Abgereist” | Manfred Elzenheimer war ein stattlicher Mann, Metzgermeister mit Leib und Seele, der das Wohl seiner Kunden im Blick hatte, aber auch, so merkwürdig es vielleicht klingen mag, das Wohl der Tiere, die … mehr. | Manfred Elzenheimer war ein stattlicher Mann, Metzgermeister mit Leib und Seele, der das Wohl seiner Kunden im Blick hatte, aber auch, so merkwürdig es vielleicht klingen mag, das Wohl der Tiere, die er töten musste, um ihr Fleisch in Lebensmittel zu verwandeln. Das Wort Lebensmittel hatte für ihn einen besonderen Klang. Immer wieder trennte er die Begriffe, die in diesem Wort stecken und drehte sie um: Mittel zum Leben! In einer Welt, in der die Anonymität der Schlachthöfe und die Industrialisierung der Fleischproduktion zunahmen, blieb er standhaft und kämpfte für die Rückkehr zu den Wurzeln seines Handwerks. Der Metzgermeister beobachtete viele Jahre lang mit großem Unbehagen, wie sich seine Branche veränderte. Er forderte, dass Menschen, die Fleisch essen, wissen müssen, wo es herkommt, wie die Tiere aufgewachsen sind und wie sie in den letzten Stunden vor ihrem Tod behandelt wurden. Wo andere nur redeten, handelte Manfred Elzenheimer. Er machte sich auf den Weg ins Burgund, um eine kleine Herde Charolais Rinder zu kaufen. Er siedelte die Tiere auf seinem Bauernhof im idyllischen Westerwald an. Dort durften die Kühe, Bullen und Kälber frei grasen, nie wurden sie angebunden, nie eingesperrt. Die Herde wuchs und irgendwann hatte Manfred Elzenheimer nicht mehr nur 30, sondern 800 Tiere auf seinen Weiden. Immer wenn Tiere geschlachtet werden mussten, tat er es persönlich. Er holte die Rinder von der Weide, führte sie ins Schlachthaus und tötete sie. Er wusste, dass jedes geschlachtete Rind ein Opfer war, das respektiert werden musste. Manfred Elzenheimer liebte seinen Beruf, ja, aber er liebte auch die Tiere. Liebe war für ihn nicht nur ein Gefühl, sondern auch Tat. Für ihn hatte Tat mit Respekt und Dankbarkeit zu tun. Als er uns damals seinen Koffer für die letzte Reise überreichte, war die Überraschung groß. In diesem Koffer waren keine materiellen Dinge, sondern Worte - Worte, die uns berührten und zum Nachdenken brachten. „Liebe“, „Danke“, „Entschuldigung“ und „Nein“. Vier Worte, die die Essenz seines Lebens einfingen. „Liebe“, „Danke“ und „Entschuldigung“ sind Worte, bei denen man sofort ahnt, was damit gemeint sein könnte und warum er diese Worte in den Koffer tat. Das Wort "Nein" überraschte uns. Doch Manfred erklärte, dass "Nein" oft genauso wichtig ist wie "Ja". „Nein“ schafft Klarheit, es setzt Grenzen, es öffnet Raum für Neues. „Nein“ ist keine Unhöflichkeit, sondern eine Notwendigkeit. Manfred Elzenheimer ist gestorben, nicht zu Hause im Bett, nicht im Krankenhaus, nicht in seiner Wurstküche, wo er sterben wollte. Manfred Elzenheimer ist unterwegs gestorben auf einer Reise. Er saß im Zug, schloss die Augen und war tot. Er hat in seinem Leben viel über die letzte Reise nachgedacht, weil der Tod ihm in seinem Alltag täglich begegnet ist. Dass er selbst unterwegs gestorben ist, klingt wie ein Märchen, ist aber auf wunderbare Art und Weise wahr und heute sagen wir „Nein“. „Nein“ zum Vergessen. Wir sagen „Ja“ zur Erinnerung an einen außergewöhnlichen Mann, von dem wir viel über Liebe, Respekt und den Tod gelernt haben. Gute Reise, Manfred. Herzlichst Hanna Roth David Roth Bergisch Gladbach im Mai 2024
Mehr zu unserer Ausstellung „Ein Koffer für die letzte Reise“ finden Sie hier auf unserer Seite Gerne können Sie uns zum Thema Denkanstoß auch eine E-Mail schicken | Denkanstöße 2 | denkanstoesse-2 | |
Denkanstoß 58 – „Erste Hilfe am letzten Tag” | Gabriele Struck starb an Leukämie. Alle in der Familie wussten, dass dieser Tag kommen würde. Als es dann geschah, war da nicht nur Trauer, da war der Schock, über die Endlichkeit und … mehr. | Gabriele Struck starb an Leukämie. Alle in der Familie wussten, dass dieser Tag kommen würde. Als es dann geschah, war da nicht nur Trauer, da war der Schock, über die Endlichkeit und auch die Endgültigkeit, die der Tod uns aufzeigt. Amelie Struck* fand Hilfe bei einem unserer Ersthelfer. Frank Senz* hatte selbst die Erfahrung gemacht, dass der Tod ihm nicht nur die Ehefrau genommen hatte, sondern ihn immer einsamer werden ließ, weil seine Freunde nicht wussten, wie sie mit der Situation umgehen sollten. Statt in Resignation zu verfallen, hat er sich bei uns zum Ersthelfer ausbilden lassen. In Frank fand Amelie einen empathischen Zuhörer, sie fühlte sich verstanden und mit ihren Ängsten und Sorgen angenommen. Jemand zum Reden zu haben, der da ist, wenn man ihn braucht, der aus eigener Erfahrung weiß, wie Trauer und Einsamkeit sich anfühlen, war in der akuten Trauer eine große Hilfe. Ersthelfer sind gute Zuhörer, sie wissen aber auch, was in dieser Situation ganz praktisch zu tun ist. Wie formuliert man seine Vorstellungen und Wünsche für den Abschied und die Trauerfeier gegenüber dem Bestatter? Welche Behördengänge müssen erledigt werden? Möchte man sich persönlich von dem Toten verabschieden, dann begleitet der Ersthelfer auch bei diesem Schritt. Einen Menschen wie Frank Senz zu finden, bedeutet Glück im Unglück zu haben. Nun könnte man die Frage stellen, warum wurde Frank Ersthelfer? Warum übernehmen wildfremde Menschen die Aufgabe von Freunden und Verwandten? Die Antwort ist einfach. Wir sind eine reiche Gesellschaft, fast alles ist auf Effizienz getrimmt, bei vielen Handlungen steht die Gewinnorientierung an erste Stelle. Was ein bisschen auf der Strecke geblieben ist, scheint der Sinn zu sei, der zu einem erfüllten Leben dazu gehört. Sinn finden wir nicht in Macht und Geld. Sinn finden wir auch nicht in Ersatzhandlungen, auch die Sinnsuche wurde kommerzialisiert. Sinn finden wir in Gemeinschaft, Miteinander und Selbstlosigkeit. Einem Menschen in Not beizustehen, ist nicht nur ein Akt der Nächstenliebe, es ist auch in hohem Maße sinnstiftend. In unserem kostenlosen Ausbildungsprogramm zum Ersthelfer vermitteln wir praktisches Knowhow für die Bewältigung der Krisensituation, wir stärken den Menschen den Rücken, sich zuzutrauen, Trauernden beizustehen und so mehr Sinn im eigenen Leben zu finden. Die Erfahrung, die Amelie durch Franks Unterstützung sammeln konnte, haben in ihr den Entschluss reifen lassen, in Zukunft Menschen zu helfen, die sich in der gleichen Situation befinden wie sie, als Angehörige und Freunde sich nicht trauten, für sie da zu sein. Auch Amelie lässt sich bei uns jetzt zur Ersthelferin ausbilden. Man braucht für diesen Schritt nicht unbedingt die Erfahrung, die Amelie machen musste. Mehr Sinn im Leben zu finden, ist immer eine gute Entscheidung. Herzlichst Hanna Roth David Roth Bergisch Gladbach im April 2024 ** Namen wurden von uns geändert Kontakt: Hospiz Die Brücke, Sylvia Schmidt info@hospiz-diebruecke.de Emotionale Ersthilfe ist in der Gesellschaft genauso wichtig wie medizinische Ersthilfe. Privat und im Beruf! Werden Sie Ersthelfer! Unterstützen Sie die Ausbildung der Ersthelfer durch eine Spende an das Gerne können Sie uns zum Thema Denkanstoß auch eine E-Mail schicken | Denkanstöße 2 | denkanstoesse-2 | |
Denkanstoß 57 – „Trauerkompetenz“ | Als die Erde durch seine Finger rieselte und der Regen auf den Sarg in der Grube prasselte, empfand er nicht nur Trauer, da war auch dieses taube Gefühl der Ratlosigkeit. Paul Neuner … mehr. | Als die Erde durch seine Finger rieselte und der Regen auf den Sarg in der Grube prasselte, empfand er nicht nur Trauer, da war auch dieses taube Gefühl der Ratlosigkeit. Paul Neuner hätte sich für seinen Vater einen anderen Abschied gewünscht. Willi Neuner war Sitzungspräsident im Karnevalsverein, er war Vorstand im Fußballclub und regelmäßiger Gast am Stammtisch des Wilden Ecks, der letzten Kneipe im Viertel. Das Wetter war schlecht, es regnete während des Abschieds am Grab. Gut, dafür konnte niemand was. Dem Wettergott kann man schlecht einen Beschwerdebrief schicken. Ganz schlecht war die Atmosphäre in der Trauerhalle, der Blumenschmuck wirkte wie aus dem Ramschladen, die Beleuchtung erinnerte an eine deprimierende Wartehalle und die Beschläge und Griffe am Sarg sahen übertrieben barock aus und erzählten nicht davon, wie lieb und teuer der Verstorbene der Familie gewesen war, sondern schienen von einem schlechten Gewissen zu zeugen, für das kein Anlass bestand. Die volle Katastrophe war die Trauerrednerin, die gute Frau betete allerlei Zitate runter, von Dietrich Bonhoeffer, über Mascha Kaléko bis zu Buddha und Jesus Christus war alles dabei, was man schon tausendmal gehört hat. Wenigstens stimmten der Name und das Geburtsdatum von Willi Neuner. Zum Abschluss wurde dann Time to say goodbye eingespielt, ein Song den Willi gern gehört hatte, der wirklich was mit ihm zu tun hatte. Die katastrophale Klangqualität des Ghettoblasters, auf dem das Lied abgenudelt wurde, verlieh dieser Trauerfeier auf bizarre Weise den letzten Schliff. Dass ein Teil der Trauergemeinde bereits auf dem Weg zum Grab heimlich verschwand, hatte nicht nur mit dem schlechten Wetter zu tun. Mit der Geschichte von Paul Neuner möchten wir Ihr Bewusstsein für die möglichen Schwierigkeiten bei der Planung einer Beerdigung und den Umgang mit Trauernden schärfen. Immer wieder hören wir von schlechter Betreuung durch Bestatter, wenn nach Gründen gefragt wird, die Trauer erschweren. Der Bestatter zeigt wenig Empathie und scheint mehr Verkäufer denn Begleiter zu sein und er macht Druck, was den Zeitpunkt der Trauerfeier und Beisetzung angeht. Wenn ein Bestatter auf die Tube drückt, dann ist man auf jeden Fall an jemand geraten, dem man keinen Verstorbenen anvertrauen sollte. Den standardisierten 15-30 Minuten-Slot auf dem Friedhof kann man umgehen, in dem man die Abschiednahme an einen anderen Ort verlegt. Man muss nicht in der Leichenhalle Abschied nehmen. Die Urne, ja sogar einen Sarg, kann man auch nach Hause, oder ins Sportlerheim oder die Stammkneipe bringen lassen. Und auch die zwei Tage und damit viel zu knapp bemessenen Sonderurlaubstage, die nach einem Sterbefall gewährt werden, sind in der Regel zu kurz. In Japan bekommen die Trauernden eine Woche frei, manchmal zahlt die Firma die Beerdigung. Auf jeden Fall gilt, nehmen Sie sich Zeit. Lassen Sie sich nicht drängen. Von keinem Bestatter, von keiner Friedhofsbehörde und auch nicht von Pfarrern und Pastoren. Unsere Erfahrungen decken sich in vielen Punkten mit den Ergebnissen der Studie* aus Japan. Es tut gut über das Ende zu sprechen, fragen Sie Ihre Angehörigen nach Wünschen und Vorstellungen. Auch während der Trauer kann es entlastend sein, vorher mit einem Sterbenden über den Tod und den Abschied gesprochen zu haben. Auch wenn jemand lange Zeit krank war, sind viele überrascht, wenn Tod dann zur Tatsache wird. Und wenn dann noch Zeitdruck hinzukommt, dann kann es leicht passieren, dass man vergisst, einen Verwandten oder wichtigen Freund einzuladen und das führt dann zu einer Reihe von Nachbeben, die vermieden werden können. Die Angst, jemand zu vergessen, wird in Studien immer wieder genannt. Auch das Abschiednehmen in aller Stille kann sich am Ende als Fehlentscheidung herausstellen. Etwa 10-20 % der Trauergäste bieten auch nach der Beisetzung Unterstützung an, sind da, wenn man sie braucht. Diese Hilfe kann ausbleiben, wenn man Freunden und Verwandten nicht die Chance gibt, sich zu verabschieden und Anteilnahme zu zeigen. Eine schöne Atmosphäre auf einer Trauerfeier macht es den Leuten leichter, sich zu öffnen, sich mitzuteilen, Teil der Gemeinschaft zu werden. Mit Kritik an einer Beerdigung sollte man sich, während jemand in Trauer ist, zurückhalten. Nicht jeder will, dass der Vater oder die Mutter im offenen Sarg aufgebahrt wird. Und man kann es bei der Auswahl der Musik und der Gestaltung einer Trauerrede auch nicht jedem recht machen. Muss man auch nicht. Vielleicht sollte man sich Kritik an dieser Stelle mal sparen. Die Angst, bei der Beerdigung etwas falsch zu machen, ist groß. Auch das ist ein Ergebnis der japanischen Studie. Wir fragen deshalb genau nach, wer der Tote war, wie er sich den Abschied gewünscht hätte, wie die Angehörigen sich den Abschied vorstellen. Wir nehmen uns Zeit, hören zu, erfüllen „letzte“ Wünsche. Der Tod ist endgültig. Eine Beerdigung lässt sich nicht wiederholen. Die Gefühle, mit denen man den Friedhof verlässt, sollten von Trauer bis hin zu Glück reichen. Glück, dass es den Verstorbenen gegeben hat, und dass das auf der Abschiedsfeier spürbar war. Das Verhalten der Menschen, die einen Trauernden im Freundes- oder Verwandtenkreis haben, spielt eine große Rolle. Wenn diese Menschen Trauerkompetenz besitzen, kann das sehr hilfreich sein. Aber was meint Trauerkompetenz? Gehen Sie auf die Trauernden zu, bieten Sie Unterstützung an. Wenn Ihre Hilfe im ersten Moment abgelehnt wird, dann muss das kein endgültiges „Nein“ sein. Schon das Wissen, dass da jemand bereitsteht, kann helfen. Erteilen Sie keine Ratschläge (die manchmal mehr Schläge als Rat sein können), bewerten Sie die Situation nicht, seien Sie einfach da und zeigen Sie, dass Sie den Trauernden in dieser schweren Zeit „aushalten“. Paul Neuner bekam immer wieder Anrufe von den Stammtischbrüdern, die ihn ins Wilde Eck einluden. Sie hörten zu, als er erzählte, wie schwer die letzten Wochen waren und sie erzählten Geschichten von Willi, der so lebenslustig war und so gerne gefeiert hat. An einem strahlenden Sonnentag traf sich der Sohn mit den Freunden des Vaters auf dem Friedhof. Die Stammtischbrüder ließen Konfetti auf das Grab regnen und die Box, aus der Time to say goodbye von Andrea Bocelli schallte, hatte einen wunderbaren Klang. Herzlichst Hanna Roth David Roth * hier können Sie die erwähnte Studie aus Japan lesen Bergisch Gladbach im November 2023 Gerne können Sie uns zum Thema Denkanstoß auch eine E-Mail schicken | Denkanstöße 2 | denkanstoesse-2 | |
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Denkanstoß 56 – „Mehr Leben in den Tod bringen …“ | Zugegeben, unsere Überschrift liest sich heute etwas holperig. Der Weg zu einem besseren Umgang mit dem Tod ist steinig und da ist gelegentliches Holpern unvermeidbar. Seit vielen Jahren fordern wir: Lasst uns den … mehr. | Zugegeben, unsere Überschrift liest sich heute etwas holperig. Der Weg zu einem besseren Umgang mit dem Tod ist steinig und da ist gelegentliches Holpern unvermeidbar. Seit vielen Jahren fordern wir: Lasst uns den Tod zurück ins Leben holen. Wir sind überzeugt davon, dass ein bewusster Umgang mit Tod und Sterben das Leben besser macht. Der Tod ist unvermeidbare Realität, und doch ist es oft schwierig, darüber zu sprechen oder ihn als etwas Normales zu akzeptieren. Viele Menschen haben Angst vor dem Tod. Auch weil er uns fremd geworden ist, weil wir ihn verdrängen, aus dem Leben verbannt haben. Es gibt Wege, den Tod sichtbarer zu machen und Trauer in etwas Lebendiges zu verwandeln. Eine Beerdigung im wahrsten Sinne des Wortes zu feiern, ist eine Möglichkeit, den Tod sichtbarer zu machen. Nicht umsonst heißt es ja auch Trauerfeier. Wenn wir einen Geburtstag, ein Jubiläum oder eine Hochzeit feiern, dann empfinden wir Lebensfreude, wir gehen beschwingt und manchmal sogar glücklich nach Hause. Von dem Kabarettisten Konrad Beikircher lautet ein Zitat: „Am schönsten ist es, wenn es schön ist.“ Feiern tut uns gut. Es mag im ersten Moment vielleicht merkwürdig klingen, aber auch auf einer Beerdigung kann man das Leben feiern. Auch im Moment des endgültigen Abschieds kann man Glück empfinden, Glück, dass es den Menschen, der gestorben ist, gegeben hat und dass man ihn in guter Erinnerung behalten wird. In unserem Podcast Talk about Tod hatten wir in der Episode Was tun, wenn eine Beerdigung schief geht? eine Frau zu Gast, die einen wunderbaren Gedanken mit uns geteilt hat. Erika Banks hat vorgeschlagen, Trauerfeiern so zu zelebrieren, dass sie bei Freunden und Verwandten als eine Art Denkmal in Erinnerung bleiben. Geschichten erzählen über die Verstorbenen statt dem Aufsagen formelhafter Floskeln kann dazu beitragen, die Erinnerung an einen Toten lebendig zu halten und seine Bedeutung für unser Leben zu würdigen. Trauer gehört zum Leben dazu und kann nicht vermieden werden. Doch wir haben die Wahl, wie wir mit der Trauer umgehen. Wir können sie unterdrücken und verdrängen oder uns ihr stellen und sie als Teil des Heilungsprozesses annehmen. Trauerbegleitung kann dabei eine große Hilfe sein. Ein Trauerbegleiter ist jemand, der einem in schwierigen Zeiten beisteht und Unterstützung bietet. Auch Trauerbegleiter sollten in der Gesellschaft sichtbarer sein. Ihre Gespräche mit Trauernden sind wichtig, aber sie könnten auch auf Menschen zugehen, die im Moment nicht trauern, die mit beiden Beinen im Leben stehen, ihr Leben genießen. Der Tag wird kommen, an dem ein geliebter Mensch stirbt. Und man ist gut beraten, sich darauf vorzubereiten. Tod beutet Trennung und Abschied, und zwar endgültig. Trauerbegleiter sind Abschiedsexperten. Begleitung kann auch bei Scheidung oder dem Verlust des Arbeitsplatzes helfen, auch solche Ereignisse können auf eine gewisse Art Trauer auslösen. Wie wäre es, mit einem Trauerbegleiter nicht erst das Gespräch zu suchen, wenn man einen Verlust erleidet. Gespräche über den Tod (auch den eigenen) sollten zum Alltag gehören, je mehr Normalität diese Tatsche in unserem Leben bekommt, desto besser sind wir auf den Fall der Fälle vorbereitet. Indem wir uns ohne Scheuklappen mit Tod und Abschied auseinandersetzen, können wir unsere Werte und Prioritäten überdenken und uns bewusster machen, wie wir unser Leben führen möchten. Der Tod ist nicht nur ein physisches Ereignis, sondern auch ein spirituelles und emotionales. Wenn wir es schaffen, den Tod zurück ins Leben zu holen und mehr Leben in den Tod zu bringen, würden wir unsere Ängste und Sorgen lindern und unsere Perspektive auf das Leben und die Welt um uns herum erweitern. Der Tod erinnert uns daran, dass unser Leben begrenzt ist und wir keine Zeit verschwenden sollten. Herzlichst Hanna Roth David Roth Bergisch Gladbach im April 2023 Gerne können Sie uns zum Thema Denkanstoß auch eine E-Mail schicken | Denkanstöße 2 | denkanstoesse-2 | |
“Wir müssen reden … über den Tod” | Rhein-Zeitung Koblenz | Rhein-Zeitung Koblenz | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | |
Denkanstoß 55 – „Eure Mutter ist für mich gestorben“ | Wie oft hatten Sandro und Marc ihren Vater diesen Satz sagen hören? Ben Kiefhaber konnte seiner Frau nicht verzeihen, dass sie ihn und die Kinder verlassen hat, um ein neues Leben anzufangen. … mehr. | Wie oft hatten Sandro und Marc ihren Vater diesen Satz sagen hören? Ben Kiefhaber konnte seiner Frau nicht verzeihen, dass sie ihn und die Kinder verlassen hat, um ein neues Leben anzufangen. Melanie schlug eines Tages die Tür ihres VW Golf zu, startete den Motor, fuhr aus der Einfahrt und hat nie mehr einen Fuß in das Reihenendhaus am Ende des Cheruskerweges gesetzt. Die Ehe der Eltern war nach fünfzehn Jahren zerbrochen. Familie Kiefhaber passierte das, was heute fast in jeder zweiten Ehe geschieht. Melanie und Ben reichten die Scheidung ein. Ben sprach vor seinen Kindern über die Mutter immer mit diesem verächtlichen Unterton. Über die Wut und Trauer, verlassen worden zu sein, ist er nie hinweggekommen. Bis heute nicht, die Scheidung ist über zwanzig Jahre her. „Eure Mutter wollte frei sein und auf die Juchhe gehen, da hättet ihr Kinder nur gestört“ so lautete seine Version der Trennungsgeschichte. Ben konnte nicht anders, er ließ keine Gelegenheit aus, seine Ex schlecht zu machen. Es dauerte Jahre, bis seine Kinder begriffen, dass er nur deshalb so redete, weil der Schmerz so tief saß. „Sie hat uns im Stich gelassen! Eure Mutter ist für mich gestorben.“ Melanie war damals ausgezogen, weil sie sich in einen Kollegen verliebt hatte. Sie wusste, dass Ben ihr den Seitensprung niemals würde verzeihen können und erfand deshalb die Geschichte von der Enge der Vorstadt, dem Drang nach Freiheit und einem neuen Leben. Ein bisschen beruhigte sich die Situation als Ben endlich bereit war, eine neue Frau in sein Leben zu lassen. Es entstand das, was heute beinahe üblich ist. Zwei Patchworkfamilien, in denen Kinder aus den früheren Partnerschaften mal hier, mal da wohnten und sich im Großen und Ganzen mit der neuen Situation anfreundeten. Nur Ben konnte nicht aus seiner Haut. Er lästerte über Melanie und beschwerte sich darüber, dass Marc und Sandro zu viel Zeit mit ihrer Mutter verbrachten. Immer wieder versuchte er seine Söhne dazu zu bringen, sich von Melanie abzuwenden. „Sie hat uns im Stich gelassen.“ Für die Söhne wurde die Situation zum Alptraum. Die Jungs verabredeten, zu Hause nicht mehr über ihre Mutter zu sprechen. Im Lauf der Jahre wurde Melanie in Familie Kiefhaber regelrecht totgeschwiegen. Und dann starb Melanie. Ihr Tod war für alle eine Katastrophe. Auch für Ben. Seine Kinder machten ihm Vorwürfe. Und sie hatten recht. Er war dafür verantwortlich, dass sich die Verhältnisse in Familie Kiefhaber nie hatten beruhigen können. Die Jungs hatten Schuldgefühle, weil sie sich von ihrem Vater hatten beeinflussen lassen. Der Satz „Eure Mutter ist für mich gestorben“, den man zu Lebzeiten meistens einfach so daher sagt, war traurige Wirklichkeit geworden. Die Chance zur Aussöhnung, zum Verzeihen war vertan. Und das war das Schlimmste. Auch Ben spürte, dass er diesen Fehler nie mehr würde gut machen können. Ben, Sandro und Marc gingen gemeinsam zur Trauerfeier. Ben weinte um seine Ex-Frau. Dass er seine Gefühle am Grab zeigen konnte, hatte etwas Versöhnliches. Herzlichst Hanna Roth David Roth Bergisch Gladbach im November 2022 Gerne können Sie uns zum Thema Denkanstoß auch eine E-Mail schicken | Denkanstöße 2 | denkanstoesse-2 | |
Denkanstoß 54 – “4 000 000 000” | Vier Milliarden sind eine gewaltige Zahl. Wir sind uns nicht ganz sicher, wie diese Zahl gemessen wurde, aber selbst, wenn es ein paar Zuschauer weniger wären, die Einschaltquote bei den Trauerfeierlichkeiten für … mehr. | Vier Milliarden sind eine gewaltige Zahl. Wir sind uns nicht ganz sicher, wie diese Zahl gemessen wurde, aber selbst, wenn es ein paar Zuschauer weniger wären, die Einschaltquote bei den Trauerfeierlichkeiten für Königin Elisabeth II war gewaltig. Über die Hälfe der Weltbevölkerung hat scheinbar zugeschaut. Eine solche Quote erreicht, wenn überhaupt, nur ein Endspiel der Fußballweltmeisterschaft. Dass sich so viele Menschen vor dem Fernseher versammeln, um einer Königin die letzte Ehre zu erweisen, freut uns, macht uns aber auch nachdenklich. In unserem Alltag erleben wir leider immer öfter Abschiede, die im kleinen Kreis stattfinden. Warum tun sich viele Menschen so schwer damit, in ihrem direkten Lebensumfeld, in ihrem Alltag ihre Trauer und Anteilnahme zu zeigen? Nach dem Tod von nahen Angehörigen wird der aufgewühlte Seelenzustand oft verschwiegen. Auch die Royals sah man die meiste Zeit beherrscht hinter dem Sarg her schreiten oder in der Kirche sitzen. Nur einmal, ganz kurz, weinte King Charles III und es hat gutgetan, ihn so menschlich zu erleben. Die Rituale bei der Beisetzung der Queen folgten einer langen Tradition. Jeder Handgriff war geplant, jedes Mitglied der Windsor Familie und des Hofstaates hatte beim Leichenzug und während der Trauerfeiern seinen festen Platz. Rituale geben in schweren Momenten den Menschen Sicherheit, das Richtige zu tun und Rituale erzeugen eine feierliche und würdige Stimmung. Leider verzichten viele Menschen heutzutage auf Rituale. Man muss keine Königin gewesen sein, um würdig verabschiedet zu werden. Da die Queen zu Hause auf Schloss Balmoral gestorben ist, sind wir sicher, dass der engste Familienkreis sich von der Toten verabschiedet hat. Sie wurde zu Hause aufgebahrt. Leider ist auch dieses Ritual mittlerweile fast verschwunden. Die Aufbahrung eines Toten im Sarg ist eine alte Tradition. Trauernden sollte »begreifbar« – nicht nur mental - vermittelt werden, dass im Sarg nur das Vergängliche liegt. Das, was den Verstorbenen Mensch sein ließ, das kann nicht beerdigt werden. Der Leichnam der Queen wurde in London mit allen Ehren vom Buckingham Palast nach Westminster geleitet. Hinter der Geschützlafette mit dem Sarg gingen King Charles III, seine Geschwister und seine Söhne William und Harry. Weniger prunkvoll, aber mit genauso großer Anteilnahme wurden früher auch die Normalsterblichen in Trauerzügen durch Dörfer und Städte getragen. Nicht nur Familienangehörige, Freunde und Nachbarn reihten sich ein. Es war Sitte, dass aus jedem Haus und jeder Familie jemand sich dem Trauerzug anschloss. So erreichten auch die bürgerlichen Trauerzüge eine stattliche Länge. Trauerzüge sind heute nur noch bei gekrönten Häuptern üblich. Ansonsten wurde der Tod aus unserem Stadtbild verdrängt. Die Kirchen würden gerne mehr Aufbahrungen möglich machen und auch der gemeinsame Gang zum Grab, eine Art kleinen Leichenzug, würden Pfarrer und Pastoren gerne als Tradition wiederbeleben. Oft scheitert es daran, dass zu wenig Zeit für den Abschied eingeplant wird, dass der Gang für ältere Menschen als zu beschwerlich empfunden wird. Eigentlich schade. Hier ist uns ein lebendiges Stück Trauerkultur verloren gegangen. Wenn im alltäglichen Leben der Tod nicht mehr erfahrbar ist, fällt es schwer, mit ihm natürlich umzugehen. In unserem Bestattungshaus versuchen wir den Menschen Mut zu machen, ihre Trauer auszuhalten, sie zu zeigen. Denn darum geht es. Trauer ist keine Krankheit, die kuriert werden muss. In den Off-Kommentaren war immer wieder zu hören, die Menschen würden um die Queen trauern. Wir glauben, dass Trauer etwas ist, das man nicht für jemanden empfinden kann, den man nur aus der Ferne kannte. Wir unterscheiden zwischen Trauer und Betroffenheit. Trauer ist etwas Individuelles, was nur der empfinden kann, der den Verlust erlitten hat. Trauer kann man nur allein erleben, weil Trauer aus der gleichen Quelle kommt, die wir sonst Liebe nennen. Wenn wir betroffen sind, dann können wir diese Betroffenheit, im Gegensatz zur Trauer, teilen. Und das ist auf so wunderbare Weise geschehen. Die Queen hat im Tod so viele Menschen für einen Moment vereint, dass man daraus Hoffnung schöpfen konnte, dass uns Menschen doch mehr vereint als uns trennt. Vielleicht sollten mehr Beerdigungen im Fernsehen übertragen werden. Es muss ja nicht immer gleich die halbe Welt zuschauen. Herzlichst Hanna Roth David Roth Bergisch Gladbach im Oktober 2022 Gerne können Sie uns zum Thema Denkanstoß auch eine E-Mail schicken | Denkanstöße 2 | denkanstoesse-2 | |
Denkanstoß 53 – “Layla” | Um es kurz zu machen, schlechte Nachrichten verkaufen sich einfach viel besser als gute Nachrichten. Ab und zu versteckt sich aber hinter einer schlechten Nachricht, wenn man genau hinschaut, auch mal was … mehr. | Um es kurz zu machen, schlechte Nachrichten verkaufen sich einfach viel besser als gute Nachrichten. Ab und zu versteckt sich aber hinter einer schlechten Nachricht, wenn man genau hinschaut, auch mal was Gutes. Nehmen Sie zum Beispiel den Song Layla von DJ Robin und Schulze. Der Ballermannhit war wochenlang Nr.1 der deutschen Singlecharts und wurde viele Millionen Mal gestreamt. Ja, das Liedelchen kommt textlich nicht an das Material heran, das uns Goethe und Schiller hinterlassen haben. Ja, auch musikalisch sollte sich der Komponist nicht mit Beethoven und Mozart vergleichen. Versucht er aber auch gar nicht. Das Lied macht Millionen Menschen Freude. Wo es gespielt wird, herrscht sofort Party-Alarm. Als der Song bekannt wurde, riefen die einen Skandal und forderten ein Verbot und die anderen, die große (schweigende) Mehrheit, fand die Nummer lustig und sang begeistert oder summte unbemerkt mit, wenn das Lied gespielt wurde (Fernsehgarten). Sogar ein echter Minister fühlte sich gefordert und griff beherzt in den Streit ein.* Der Erfolg des Liedes sollte uns daran erinnern, dass das Leben nicht nur aus Krieg, Corona, Inflation und Gaspreisen besteht. Bitte verstehen Sie uns nicht falsch. Natürlich sind das ernste Probleme. Aber wir tun gut daran, eben ab und zu auch mal den Kopf freizubekommen und zu versuchen, einfach eine gute Zeit, ein paar sorgenfreie Stunden zu erleben. Wir haben da einen Vorschlag für Sie. Bei uns vor der Haustür findet am Da kann man gemütlich zu Fuß von der Locher Mühle bis nach Herrenstrunden schlendern, Freunde und Bekannte treffen, fröhlich spielen, lecker essen und ausgelassen feiern. Alle sind willkommen. Gesellschaft sind wir alle, und wir alle haben den Wunsch, nicht allein zu sein, miteinander zu sprechen, in Kontakt zu kommen, Ängste zu überwinden. Durch ein gutes Miteinander fällt es uns vielleicht leichter, wieder mehr Verständnis für unsere Mitmenschen zu entwickeln, die uns in der letzten Zeit ein bisschen fremd geworden sind. Das Strundetal, unser Tor zum Bergischen Land, mit dem „fleißigsten Bach“ Deutschlands lädt zum Mitmachen ein, zum Staunen, Wandern und Skaten. Sie können sich auch einfach gemütlich mit dem Planwagen durch unsere wunderschöne Natur schaukeln lassen. Schon am Eingang zum Tal in den Gärten der Bestattung wird für gute Laune gesorgt. Während die Eltern vor der Waldbühne bei Musik von Dixieland (13 Uhr) Planschemalöör (14 Uhr) und Eldorado (16 Uhr) entspannen, wartet auf die Kinder Gerd Pohl, der mit seinem Märchenspiel „Plum sucht einen Freund!“ begeistern wird (13 Uhr, 14.30 Uhr und 16 Uhr). Natürlich werden wir Sie auch kulinarisch verwöhnen mit Spezialitäten aus dem Bergischen Land. Eröffnet wird das Strundetal-Fest um 11 Uhr auf der Dombach-Bühne von unserem Schirmherrn Wolfgang Bosbach, einem Politiker, der nicht so tun muss, als wäre er volksnah. Wolfgang ist in unserer Region zu Hause, er ist Nachbar, Freund, Stimmungskanone und gut gelaunter Gesprächspartner. Das Bergische Land ist seine Heimat. Nun lesen auch sehr viele Menschen unsere Denkanstöße, die nicht in der Nachbarschaft wohnen. Bestimmt gibt es auch in ihrer Region Feste und Events, auf denen man andere Leute treffen, anstoßen, tanzen, einfach ein paar entspannte Stunden verbringen kann. Wenn wir etwas aus dem Rummel um Layla mitnehmen können, dann die Aufforderung fröhlich zu sein und das Leben mal wieder zu genießen. Herzlichst Hanna Roth David Roth Bergisch Gladbach im August 2022 Gerne können Sie uns zum Thema Denkanstoß auch eine E-Mail schicken * Tweet zum Song Layla von DJ Robi: | Denkanstöße 2 | denkanstoesse-2 | |
Denkanstoß 52 – “Andrea kommt nicht mehr” | Unruhe in der Firma. Andrea Krusmann, Projektmanagerin in einer großen Digital-Agentur, ist heute Morgen nicht zum Meeting erschienen. Der Kunde ist sauer und der Auftrag in Gefahr. Ihr Boss Werner Mang schnappt … mehr. | Unruhe in der Firma. Andrea Krusmann, Projektmanagerin in einer großen Digital-Agentur, ist heute Morgen nicht zum Meeting erschienen. Der Kunde ist sauer und der Auftrag in Gefahr. Ihr Boss Werner Mang schnappt sich sein Mobiltelefon und ruft bei Andreas Lebensgefährten an. Plötzlich wird der Chef still, sein Ärger weicht Anteilnahme: Andrea Krusmann ist tot. Ums Leben gekommen bei einem Verkehrsunfall auf der A5, als sie ihre Tochter zu den Schwiegereltern bringen wollte. Das Kind hat den Unfall überlebt. Andrea ist noch an der Unfallstelle verstorben. Eine halbe Stunde später haben die Bildschirmschoner die Herrschaft in der zweiten Etage übernommen. Niemand kann jetzt arbeiten. Fassungslos stehen die Kolleginnen und Kollegen in den Fluren, Sätze wie „Bitte, WAS ist passiert?“ und „Das kann doch nicht sein, ich hab doch noch gestern mit „Drea“ gezoomt“, schwirren durch offene Bürotüren. Jedes Jahr gibt es eine Million Sterbefälle in Deutschland. Das bedeutet beinahe eine Million Mal trauernde Angehörige, die natürlich auch Mitarbeiter und Kollegen sind. Zwei Tage Sonderurlaub werden nächsten Angehörigen in der Regel gewährt, dann hat man wieder voll funktionsfähig am Arbeitsplatz zu erscheinen. Wer kann schon in zwei Tagen den Schock über den Verlust eines geliebten Menschen verarbeiten und zur Tagesordnung übergehen? Diese Regelung zum Sonderurlaub gilt nur für Angehörige ersten Grades, wenn der Enkel stirbt oder die Oma oder der Opa, wird keine Rücksicht genommen. Im Office ist für Privates nur wenig Raum. Da muss man sich nicht wundern, dass die inneren Kündigungen sich häufen, die Bindung der Mitarbeiter an ihre Firmen abnimmt. Gerade in der heutigen Zeit, wo immer mehr Menschen auf der Sinnsuche sind, wäre ein sensiblerer Umgang mit Trauernden ein guter Anfang.* Wir sind uns sicher, dass durch unterdrückte, falsch gelebte Trauer jedes Jahr ein volkswirtschaftlicher Schaden entsteht, der in die Milliarden geht. Trauer am Arbeitsplatz zulassen, offen mit dem Verlust umgehen, auch wenn man vermeintlich Schwäche zeigt, wäre eine Alternative zur stummen Ignoranz, mit der Trauerfällen im Berufsalltag häufig begegnet wird. Kehren wir noch einmal zur Agentur von Andrea Krusmann zurück. Die Personalabteilung verfasst eine Todesanzeige für die örtliche Zeitung, jemand geht durch die Büros und sammelt Geld für einen Kranz. „Letzte Grüße, deine Firma“. Es gibt vielleicht einen Aushang am Schwarzen Brett. Für die Beerdigung werden die Kollegen ein paar Stunden freigestellt. Das war’s? Das ist Andreas Chef nicht genug. Werner Mang will nach dem Tod von Drea nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, er will seinen Mitarbeitern in diesen schweren Wochen zeigen, dass sie nicht nur als Kolleginnen und Kollegen geschätzt, sondern auch als Menschen geachtet werden, dass sie mehr sind als Namensschilder an Office-Türen, die sich nach Belieben austauschen lassen. Mang legt im Empfangsbereich der Firma ein Kondolenzbuch aus, in dem sich schon nach kurzer Zeit die Seiten füllen. Er initiiert eine WhatsApp-Gruppe, in der die Mitarbeiter ihre Gefühle posten können. Oft steht da einfach nur: "Ich denke an dich. Du fehlst uns.“ Da sind viele weinende Smileys unter Bildern zu sehen, die Drea mit ihren Kolleginnen und Kollegen zeigen. Der Chef schreibt eine lange Mail, in der er die Verdienste der Kollegin für die Firma würdigt, aber auch ihre Macken, ihren Humor, ihre Sensibilität und Freundlichkeit rühmt. Dann lässt Werner Mang auf dem schmalen Grünstreifen, der das Gebäude vom Parkplatz trennt, eine Birke pflanzen. Mittlerweile sind zwei Jahre vergangen. Wenn die Mitarbeiter der Digital-Agentur heute an der jungen Birke vorbeikommen, deren Blätter in der Sonne leuchten, werden sie nicht nur an Andrea Krusmann erinnert. Sie werden auch daran erinnert, dass hinter ihrem toughen, erfolgshungrigen Chef ein Mensch steckt, der Gefühle zulässt und für den seine Untergebenen nicht nur funktionierende Leistungserbringer sind. Die gemeinsame Trauer um Andrea Krusmann hat bewirkt, dass die Abteilung von Werner Mang noch enger zusammengerückt ist. In der Agentur gilt sie als eingeschworener Haufen, das kleine „gallische Dorf“ in der zweiten Etage. Das hätte Drea gefallen. Herzlichst Hanna Roth David Roth Bergisch Gladbach im Juli 2022 * "Betriebliche/r Ersthelfer/in für menschliche Trauerbegleitung (KOR®)" Gerne können Sie uns zum Thema Denkanstoß auch eine E-Mail schicken | Denkanstöße 2 | denkanstoesse-2 | |
“Der Bestatter und die eigene Beerdigung”, Interview mit Fritz Roth | Handwerk | TV- und Funk-Auftritte sowie Interviews | tv-und-funk-auftritte-sowie-interviews | ||
Denkanstoß 51 – “Jetzt erst recht!” | Im Moment fühlt es sich für uns so an, als würde die Welt nur noch aus Katastrophen bestehen. Wenn man sich mit der Geschichte vertraut macht, dann erkennt man jedoch, dass noch … mehr. | Im Moment fühlt es sich für uns so an, als würde die Welt nur noch aus Katastrophen bestehen. Wenn man sich mit der Geschichte vertraut macht, dann erkennt man jedoch, dass noch vor ein paar Jahrzehnten das Leben leidvoller und schwerer, die Lebenserwartung deutlich geringer war als heute. Damals starben die meisten Menschen zu Hause in ihren eigenen vier Wänden. Der Tod gehörte vielmehr zum Leben als in unserer modernen Gesellschaft. Die Menschen waren früher mit Leid vertrauter als wir. Auch das Wissen um die Endlichkeit ließ sie jede Gelegenheit nutzen, zu feiern und Gemeinschaft zu erleben. Bei Beerdigungen war es üblich, dass alle Verwandten, Bekannten, Freunde, Nachbarn und Kollegen eingeladen wurden und diese Einladung auch annahmen. Die Trauergemeinde kam zusammen, um sich zu verabschiedeten, Anteilnahme zu zeigen, das Leben des Verstorbenen zu würdigen, ihn nicht selten ein letztes Mal zu feiern. Hier bei uns im Rheinland sagt man „vun Hätze laache un vun Hätze krieschen“ (von Herzen lachen und von Herzen weinen), man hört diesen Satz in unserer Region auf Beerdigungen immer noch sehr oft. Hier wird getrauert, aber dann, nach der Trauerfeier, pflegen wir eine besondere Tradition. Der Leichenschmaus oder das Reuessen wird bei uns auch als „Das Fell versaufen“ bezeichnet. Gemeint ist, dass man auf den Verstorbenen anstößt, ihn hochleben lässt, sich an gute Momente erinnert. Nicht nur in der Trauer brauchen wir gute Momente. Auch in anderen schwierigen Phasen des Lebens sollten wir Zeit finden, zu feiern, uns lebendig zu fühlen, das Leben immer wieder auch zu genießen. Die Menschen früher wussten um ihre Vergänglichkeit und gingen mit Leid anders um als wir. Sie lebten jeden Moment so intensiv es ging und nutzen jeden Anlass, um zusammenzukommen, Gemeinschaft zu erleben und zu feiern. Der Kalender war voller Feste: Polterabend, Hochzeit, Geburtstag, Konfirmation oder Kommunion, Jubiläen, dazu noch die saisonalen Feste wie Karneval, Erntedank, Weihnachten, Ostern u. v. m. Die Corona-Pandemie und der Krieg in der Ukraine sind die beherrschenden Themen der letzten Monate. Nun besteht das Leben trotz der negativen Schlagzeilen nicht nur aus Sorgen, Kummer und Schwermut. Wir müssen uns wieder Räume schaffen, wo wir abschalten können, mal was anderes sehen und erleben, die Batterien aufladen. In unserem Podcast Talk about Tod hat vor einiger Zeit Nadine Dorau, die Chefin der Schmeckerei in Krefeld, ein paar sehr gute Ideen mit uns geteilt. Nadine organisiert Hochzeiten, Firmenevents, Motto-Partys, Geburtstage und Trauerfeiern. Sie ist der perfekte Ratgeber für wunderschöne Feste, vom richtigen Essen, über schöne Deko bis zu ausgefallenen Orten, Nadine weiß, wie man unvergessliche Feste organisiert! Wer mehr wissen will, hört am besten in den Podcast rein oder besorgt sich das Buch von Nadine Dorau: Sei mein Gast. Feiern gehört seit je her zu den Grundbedürfnissen der Menschheit und so sind weltweit regelmäßig stattfindende Feste geschätztes Kulturgut. Das indische Frühlingsfest hebt sämtliche Schranken der Gesellschaft für ein paar Tage auf. Die Feiernden bestreuen sich mit buntem Puder, tanzen und singen. Seit 1986 findet in der Wüste von Nevada ein sehr besonderes Event statt. Geboten werden schräge Kunst, heftige Partys und wilde Konzerte. Der Höhepunkt ist der Burning Man am letzten Abend des Festivals: Eine riesige Holzfigur geht in Flammen auf. Das Oktoberfest, Halloween, Karneval in Rio! Auf der ganzen Welt gibt es Feste, die die Gemeinschaft stärken und die Menschen ihre Sorgen für ein paar Stunden vergessen lassen. Am Ende des heutigen Denkanstoßes wollen wir noch auf ein traditionelles Fest in Mexiko aufmerksam machen. Jedes Jahr am 31. Oktober wird in Mexiko der Tag der Toten zelebriert. Einmal im Jahr, so die Legende, stehen die Toten aus ihren Gräbern auf und feiern mit ihren Familien auf den bunt geschmückten Friedhöfen und in den Straßen der Städte und Dörfer. Eine wunderbare Tradition, finden wir. Auch wir möchten wieder mit Ihnen feiern, Gespräche führen und Gemeinschaft erleben. Wir haben Sie vor der Pandemie regelmäßig zu Konzerten, Lesungen und Vorträgen eingeladen. Diese Tradition nehmen wir in diesem Jahr wieder auf. (Natürlich unter Beachtung der am Veranstaltungstag geltenden Bestimmungen gemäß der Corona-Schutzverordnung). Wir würden uns freuen, Sie bald wieder in unserem Bestattungshaus und den Gärten der Bestattung zu begrüßen. Herzlichst Hanna Roth David Roth Am Mittwoch, dem 4. Mai 2022, (20.00 Uhr) freuen wir uns auf Stephan Sulke. Die Schriftstellerin, Malerin und Übersetzerin Alissa Walser gibt am Sonntag, dem 22. Mai 2022 (14.00 Uhr) einen Einblick in ihr Werk. Wir zeigen über 30 Aquarelle aus einem zum 94. Geburtstag Martin Walsers erschienenen Band „Sprachlaub“. Im Rahmen der Veranstaltung zeigen wir eine eigens für diese Vernissage aufgenommene Lesung Martin Walsers aus seinem Buch und stellen einen Sonderdruck mit Gedichten und Aquarellen vor, den die Künstlerin signieren wird. Der international hochgeschätzte Komponist und Gitarrist Falk Zenker wird die Vernissage mit seinem Ensemble NU:N begleiten. Unser Sommerkonzert Streicheleinheiten für die Seele in den Gärten der Bestattung wird auch endlich wieder stattfinden. Am Mittwoch, dem 22. Juni 2022 (20.00 Uhr) stehen Tina Teubner, die begnadete Komikerin und Musikerin und der Pianist Ben Süverkrüp auf unserer Waldbühne. „Wenn du mich verlässt, komm ich mit” heißt das neue Programm. Einladen möchten wir Sie auch am Sonntag, dem 4. September 2022 (11 bis 19 Uhr) zu unserem Tag der offenen Tür im Rahmen des 3. Strundetal-Festes. An diesem Tag ist unser Haus geöffnet und wir überraschen Sie mit verschiedenen spannenden Angeboten, Konzerten, Ausstellungen und Aktivitäten für Groß und Klein. Für einige Veranstaltungen ist eine Voranmeldung nötig, bitte informieren Sie sich unter: Auch im Herbst wird es eine Reihe von Lesungen und Konzerten geben, über die Sie sich in unserem Veranstaltungsprogramm auf dem Laufenden halten können. Wir freuen uns auf viele schöne Begegnungen, auf gute Gespräche, freundliche Blicke, warmherzige Gesten. Eine gute Gemeinschaft ist für uns wichtig, nicht nur in Momenten der Trauer möchten wir für Sie da sein. | Denkanstöße 2 | denkanstoesse-2 | |
Denkanstoß 50 – Wir haben keine Eile | Das Telefon klingelt. Eine leise Stimme spricht die Worte, die wir jeden Tag hören und die trotzdem jedes Mal etwas Besonderes sind, weil sie für den Anrufer den Ausnahmezustand bedeuten. „Hallo… hier … mehr. | Das Telefon klingelt. Eine leise Stimme spricht die Worte, die wir jeden Tag hören und die trotzdem jedes Mal etwas Besonderes sind, weil sie für den Anrufer den Ausnahmezustand bedeuten. „Hallo… hier spricht Franziska Münster … meine Mutter ist … gestorben.“ Meistens entsteht dann eine lange Pause, weil dieser Satz zum ersten Mal ausgesprochen wird. Wir spüren, wie schwer dieser Moment für den Anrufer sein muss. Schon beim ersten Kontakt bekommt jeder Trauernde von uns so viel Zeit, wie er braucht, die Fassung wiederzugewinnen, sich zu sammeln und uns dann die Dinge mitzuteilen, die nötig sind, damit wir helfen können. „Meine Mutter heißt Elli Münster, sie wohnt hier in der Friedberger Straße 5“. Wir nehmen die Adresse auf und versuchen schon am Telefon herauszufinden, ob wir den Toten zu uns überführen oder ob wir ihn zu Hause aufbahren sollen, damit die Familie in aller Ruhe Abschied nehmen kann. Franziska Münster ist dankbar für diesen Hinweis. Sie dachte, wie die meisten Menschen, die uns anrufen, dass Tote sofort abtransportiert werden müssen. Franziska hat in den letzten Monaten ihre Mutter täglich besucht. Elli hatte Krebs und war nicht mehr bereit, eine weitere Chemo durchzustehen. Sie wusste, dass sie sterben würde und wurde in ihren eigenen vier Wänden von einem Palliativteam unterstützt. Zwanzig Minuten später stehen wir vor der Haustür eines gepflegten Reihenhauses in der Vorstadt. Dunkler Anzug, Krawatte, saubere Schuhe, wir betreten Privatraum und wollen allen Menschen dort respektvoll begegnen. Auch durch unsere Kleidung versuchen wir, diesem besonderen Augenblick Würde zu verleihen. Wir treffen zeitgleich mit dem Hausarzt Dr. Boreni ein, der seine Patientin seit vielen Jahren kennt. Wir raten davon ab, den Rettungsdienst zu alarmieren, wenn jemand gestorben ist. Ein Toter leidet keine Schmerzen und hat auch keine Ängste. Der Hausarzt oder der ärztliche Notdienst sollten erste Ansprechpartner sein. Ellis Tod kam nicht überraschend, ihre Tochter hat sich in Gedanken darauf vorbreitet und kann jetzt ohne Hektik die nötigen Schritte einleiten. Franziska Münster führt uns ins Schlafzimmer ihrer Mutter. Elli liegt auf der Seite und im ersten Moment möchte man sie an der Schulter anfassen und sie wachrütteln. Wir fragen Franziska und den Arzt, ob wir die Tote auf den Rücken betten dürfen. Franziska nickt, Tränen rollen über ihre Wangen. Der Arzt nimmt unsere Hilfe dankend an und untersucht den Leichnam, der keine Spuren von Fremdeinwirkung oder Auffälligkeiten aufweist. Dr. Boreni stellt den Totenschein aus und verabschiedet sich. Franziska liest den grünen Schein durch und schaut uns unsicher, fragend an. Unser Nicken verleiht ihr Gewissheit. Sie darf vor uns ihre Gefühle zeigen. Unsere Anwesenheit, unser gelassener und trotzdem würdevoller Umgang mit der Toten erleichtert den Angehörigen diesen schweren Moment. Franziska lädt uns in die Küche ihrer Mutter ein. Sie hat Kaffee gekocht. Wir sitzen am Tisch, an den Wänden Familienbilder, die Verstorbene mit den Enkeln, Reiseschnappschüsse und ein altes Foto, das die junge Elli vor einem Modeladen zeigt. Franziska beginnt, von ihrer Mutter zu erzählen. Elli Münster war eine kluge, selbstbestimmte und auch vor allem sehr selbständige Frau. Als Franziska die Worte spricht „Sie war die Chefin, aber auch eine gute Mutter, liebevoll … sie hat mir viel zugetraut …“ beginnt sie laut zu schluchzen. Das Weinen tut ihr gut. Franziskas Erzählungen sind lebendig und nahbar. Es berührt uns, wie sie über ihre Mutter spricht. Wir begegnen vielen Menschen erst, wenn sie tot sind, durch die liebevollen Geschichten der Angehörigen werden sie für uns lebendig. Wir behandeln alle Toten genauso respektvoll, rücksichtsvoll und zugewandt wie die Lebenden. Unsere Berührungen des Leichnams sind vergleichbar mit dem Körperkontakt, den Ärzte oder Physiotherapeuten zu ihren Patienten haben. Elli ist in der Nacht in ihrem Bett gestorben. Wir ziehen ihr das Nachthemd aus und waschen behutsam den kleinen Körper der alten Frau. Franziska betritt den Raum, sie beobachtet jeden Handgriff. Wir bitten Franziska, Kleidung für ihre Mutter herauszulegen. Sie wundert sich, weil sie dachte, jeder Tote würde in einem Totenhemd bestattet. Während sie im Kleiderschrank kramt, cremen wir Ellis Arme und das Gesicht ein. Das Kämmen übernimmt ihre Tochter, die durch unseren selbstverständlichen Umgang mit dem Leichnam ermuntert wurde, ihre Mutter zu berühren. Franziska wundert sich, wie kalt sich die Haut anfühlt. Nach Eintritt des Todes kühlt der Körper auf Raumtemperatur ab. Die Tote zu berühren, hat eine besondere Bedeutung, man „begreift“ im wahrsten Sinne des Wortes, da liegt nur noch eine Hülle, jede Lebendigkeit ist gewichen. Die Tote anzuschauen, sie anzufassen tut gut im Moment des Abschiedes. Aber so weit ist es noch nicht. Es besteht kein Grund zur Eile. Ein Verstorbener darf 36 Stunden an dem Ort bleiben, an dem er seinen letzten Atemzug tat. Wenn die Angehörigen es wünschen, ermöglichen wir auch eine längere Abschiedsphase. Elli ist froh, dass wir die Toten nicht schminken. Ihre Mutter wurde im Alter immer uneitler. Als sie noch in ihrem Modeladen stand, war sie immer top zurechtgemacht. Später war sie glücklich, sich nicht mehr jeden Tag aufdonnern zu müssen. Bei dem Wort „aufdonnern“ lächelt Franziska. So war ihre Mutter, eine schöne Frau, die aber jederzeit zur Selbstironie bereit war. Franziska hat eine rosa Bluse, einen schwarzen Blazer und einen engen schwarzen Rock bereitgelegt. Dieser Rock gehörte zu Ellis Lieblingsteilen, damit machte sie gerne mal „auf feine Dame“. Auch so ein Begriff, der für Franziska voller Erinnerungen steckt. Diese Redewendung erinnert Franziska daran, dass sich Elli aus kleinen Verhältnissen nach oben gearbeitet hat. Und es erinnert sie an das Augenzwinkern ihrer Mutter, das diesen Ausspruch immer begleitete. Wir ziehen Elli in aller Ruhe an. Franziska kommt mit Kerzen ins Zimmer. Sie hat sich entschieden, dass ihre Mutter einen Tag lang zu Hause bleiben soll, damit die Verwandten und Freunde sich hier in der gewohnten Atmosphäre von ihr verabschieden können. Wir helfen Franziska Stühle ins Zimmer zu holen und ermuntern sie, das feine Kaffeegeschirr mit dem Rosenblütendekor auf die Anrichte zu stellen, damit jeder im Raum sofort merkt, dass er sich Zeit lassen kann. Für den Abschied von einem Toten sollte man sich Zeit nehmen. Es besteht kein Grund zur Eile. Dieser Moment ist unwiederbringlich. Wie das Leben, das zu Ende gegangen ist. Herzlichst Hanna Roth David Roth Bergisch Gladbach im Februar 2022 Es gibt im Moment des Abschieds kein richtig und kein falsch. Niemand muss so Abschiednehmen wie Franziska Münster von ihrer Mutter. Wir erleben viel häufiger, dass die Angehörigen wünschen, dass wir den Toten gleich mitnehmen. Was vollkommen ok ist. Verabschieden kann man sich auch in den Räumen bei uns im Bestattungshaus. Auch wenn jemand sich bewusst dafür entscheidet, den Verstorbenen nicht mehr anzuschauen, wird das bei uns respektiert und gutgeheißen. Wie gesagt, es gibt kein richtig und kein falsch. Es gibt nur die eigene Entscheidung. Wer sich auf die Begleitung eines Sterbenden vorbereiten möchte, findet hier Informationen: Letzte Hilfe-Kurs | Denkanstöße 2 | denkanstoesse-2 | |
Neue Beerdigungskultur: Was geht und was nicht geht | Express am Sonntag , copyright könnte hier stehen. | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Heikle Fragen an einen Bestatter | Sächsische Zeitung | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Denkanstoß 49 – “Bratwurst auf die Hand” | Durch das Kirchenschiff klang „Von guten Mächten wunderbar geborgen“, so wie es sich Wilhelm Nuber kurz vor seinem Tod gewünscht hatte. Die Trauergemeinde lauschte still den tröstenden Worten dieses wunderbaren Liedes. Wilhelm … mehr. | Durch das Kirchenschiff klang „Von guten Mächten wunderbar geborgen“, so wie es sich Wilhelm Nuber kurz vor seinem Tod gewünscht hatte. Die Trauergemeinde lauschte still den tröstenden Worten dieses wunderbaren Liedes. Wilhelm Nuber war sein Leben lang Metzger und Gastwirt. Er liebte es, große Feste zu organisieren, seine Gäste mit selbstgemachten Würsten zu verwöhnen und wenn die Stimmung auf dem Höhepunkt war, dann stieg er auch schon mal auf den Tisch und hielt flammende Reden über Freundschaft und Verbundenheit. Willi, wie ihn alle nannten, war ein richtiges „Feierbiest“. Geselligkeit, Gemütlichkeit und seine in der eigenen Wurstküche hergestellten Spezialitäten waren sein Leben. Wenn die Gäste ausgelassen feierten, die Gläser beim Anstoßen klirrten und die Stimmung kochte, dann war Willi glücklich. Er liebte die Gemeinschaft, war engagiert in Vereinen und pflegte einen riesigen Freundeskreis. Bis kurz vor seinem Tod stand er in der Metzgerei hinter der Theke oder begrüßte im Schankraum die Stammgäste. Er spürte, dass es zu Ende ging und das machte ihn traurig. Er hatte noch so viele Ideen, den Menschen ein paar schöne Stunden zu schenken. Wilhelm Nuber war stolz darauf, in seinem Heimatort zu einer echten „Institution“ geworden zu sein. Willi wollte, dass seine Beerdigung ein richtiges Fest wurde. Eine Trauerfeier, die den Namen Feier verdiente. „Das bin ich meinen Gästen, die mir über viele Jahre die Treue gehalten hatten, schuldig.“ Als geschätztes Mitglied der Gemeinde wurde Willi immer wieder zu Trauerfeiern eingeladen. Und immer wieder schüttelte er den Kopf über den oft in seinen Augen lieblosen Umgang mit dem Leichenschmaus. Die Begriffe, die für das Zusammensein nach dem Abschied auf dem Friedhof verwendet wurden, ärgerten ihn: Leichenmahl, Raue, Trauerbrot, Beerdigungskaffee oder Reuessen. Am besten gefiel ihm noch „das Fell versaufen“, damit konnte er was anfangen, da steckten Witz und Ironie drin und auch ein guter Gedanke: der Verstorbene macht den Hinterbliebenen ein letztes Geschenk, was den Menschen trotz aller Traurigkeit auch schöne Erinnerungen beschert. Die Trauergemeinde summte die Melodie von „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ mit und von dem Bild auf dem Sarg lachte Willi ihnen ein letztes Mal entgegen. Es schien fast so, als würde er sich auf etwas freuen, eine Überraschung am Ende der Trauerfeier. Durch das Kirchenschiff schallte die Melodie. Und ein Duft verbreitete sich im Raum. Die Gäste reckten die Nasen in die Höhe und schnüffelten und sogen diesen herrlichen Wohlgeruch ein. Und plötzlich lächelte nicht nur Willi. Der ganze Raum war erfüllt von Vorfreude, die Gäste ahnten, was der Metzger ihnen als letztes Geschenk reichen lassen würde. Eine Stärkung für Leib und Seele. Wilhelm Nuber war ein Mensch, der das Leben feierte und sich gewünscht hatte, dass auf seiner Beerdigung nicht nur Trauer zu spüren war, sondern auch Lebensfreude. Vor der Kirche war ein Grill aufgebaut worden und eine Zapfanlage für frisches Kölsch. Willis Mitarbeiter standen in Metzgerkitteln und Schürzen bereit, und reichten jedem, der aus der Kirche trat, ein Glas Bier und eine Bratwurst auf die Hand. Herzlichst Hanna Roth David Roth Bergisch Gladbach im August 2021 Hier in diesem Buch finden Sie viele Vorschläge und Tipps für eine Trauerfeier, die das Leben feiert: “Sei mein Gast” – Nadine Dorau von der Schmeckerei in Krefeld liefert zu jedem Anlass das passende Catering und hat ein großartiges Buch geschrieben, wie man eine perfekte Gastgeberin oder ein perfekter Gastgeber wird: Sei mein Gast! | Denkanstöße 2 | denkanstoesse-2 | |
Katholische Beerdigungen im Abwärtstrend? – Ein Interview mit David Roth | DOMRADIO.DE | TV- und Funk-Auftritte sowie Interviews | tv-und-funk-auftritte-sowie-interviews | ||
Denkanstoß 48 – “Hurra, wir leben noch” | Die italienische Chansonsängerin Milva, die mit diesem Song im Jahr 1983 einen großen Hit hatte, lebt nicht mehr. Sie ist am 23. April im Alter von 81 Jahren verstorben. Als wir von … mehr. | Die italienische Chansonsängerin Milva, die mit diesem Song im Jahr 1983 einen großen Hit hatte, lebt nicht mehr. Sie ist am 23. April im Alter von 81 Jahren verstorben. Als wir von ihrem Tod erfuhren, haben wir uns einige Clips mit Auftritten von Milva auf Youtube angeschaut. In den meisten dieser Filme steht die Diva in festlichen Abendkleidern auf großen Bühnen und singt mit tiefer Stimme, mit ihren Armen elegante Schleifen in Luft malend, Hurra, wir leben noch. Das Lied klingt wie eine späte Hymne an die Nachkriegsgeneration, die Hunger Elend und Not überlebte und mit dem Wirtschaftswunder den Grundstein für unseren heutigen Wohlstand gelegt hat. Von einigen Politikern wird die Corona-Pandemie als größte Krise seit Ende des zweiten Weltkriegs bezeichnet. Wir wollen uns da nicht anschließen, halten diesen Versuch, Parallelen zu ziehen, sogar für falsch. Not lässt sich nicht vergleichen. Wie stark ist der Mensch? Wie stark? Unsere Gesellschaft scheint gespalten wie nie zuvor. Auf der einen Seite Menschen, die auf die Regierung vertrauen und sich an die Vorgaben halten, auf der anderen Seite Kritiker*innen der Maßnahmen, Impfgegner*innen und Querdenker*innen, die alles infrage stellen. Trotz Einschränkungen gelingt es uns Verstorbene mit Würde zu bestatten. Wir schützen uns und die Trauernden und ermöglichen sichere Abschiednahmen am offenen Sarg, auch mit einer letzten zärtlichen Berührung. Zum Glück kann dieser Praxis jetzt mit Hilfe des Robert-Koch-Instituts ein Riegel vorgeschoben werden. Die Politiker haben in einigen Bundesländern schon reagiert. In NRW heißt es in einem Rundschreiben des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales: (./.)Die Bestattung in Kunststoffhüllen ist unwürdig und pietätlos und stellt einen Verstoß gegen die Menschenwürde (§ 7 Abs. 1 BestG NRW) dar. Sie ist aus Gründen des Infektionsschutzes nicht notwendig, da es sich nach Einschätzung des RKI bei der Coronaerkrankung nicht um eine hochansteckende kontagiöse Krankheit handelt. Sie ist aus Gründen des Umweltschutzes (Boden und Grundwasser) sehr bedenklich. Zudem liegt ein Verstoß gegen § 11 BestG NRW vor. Das BestG NRW sieht in § 11 vor, dass Behältnisse von Aschen und zur Bestattung von Toten, deren Ausstattung und Beigaben von Totenbekleidung so beschaffen sein müssen, dass ihre Verrottung und die Verwesung von Toten innerhalb des nach § 4 Absatz 2 BestG festgelegten Zeitraums ermöglicht wird. (./.) Als wir das gelesen haben, ist uns ein Stein vom Herzen gefallen. Auch, weil unser würdevoller Umgang mit den Toten sich im Nachhinein als richtig herausgestellt hat. Wir haben von Anfang an die Regeln des RKI befolgt und konnten trotzdem für die Trauernden einen bestmöglichen Abschied organisieren. Wir hoffen, dass man nun in unserer Branche schnellstmöglich diesen katastrophalen Zustand beendet und sich wieder den Hinterbliebenen zuwendet, anstatt die Toten einfach nur schnell und kostengünstig zu entsorgen. Tote sind kein Sondermüll! Einen Abschied in Würde zu ermöglichen, ist unsere wichtigste Aufgabe. Herzlichst Bergisch Gladbach im Mai 2021 | Denkanstöße 2 | denkanstoesse-2 | |
Denkanstoß 47 – “Covid ist nicht die Pest” | Und wir leben auch nicht mehr im Mittelalter. Die Impfungen haben begonnen, der Lockdown wird gelockert, wir werden die nächsten Wochen mit schwankenden Inzidenzen leben müssen. Wir sollten uns jetzt nicht mehr … mehr. | Und wir leben auch nicht mehr im Mittelalter. Die Impfungen haben begonnen, der Lockdown wird gelockert, wir werden die nächsten Wochen mit schwankenden Inzidenzen leben müssen. Wir sollten uns jetzt nicht mehr damit aufhalten, darüber nachzudenken und zu klagen, was in den letzten Monaten alles schiefgelaufen ist und nicht möglich war. Ob die Entscheidungen der Politiker richtig und angemessen waren, dürfen gerne andere beurteilen. Wir schauen, was ist und wie wir für die Trauernden die besten Voraussetzungen für einen guten Abschied schaffen können. Als Bestatter versorgen wir die Toten und kommen ihnen nahe. Hier besteht eine erhöhte Ansteckungsgefahr. Wir schützen uns durch FFP2-Masken, Visiere, medizinische Schutzkleidung und Handschuhe. Und wir verhalten uns umsichtig und vorsichtig, wie alle anderen Berufsgruppen, die infizierten Menschen begegnen. Ein sorgsamer, würdevoller Umgang mit dem Leichnam gehört zu unseren Aufgaben. Wir übernehmen Verantwortung für die Angehörigen und unsere Mitarbeiter. Das ist keine besondere Herausforderung. Es ist und war für uns nicht erst seit Beginn der Pandemie eine Selbstverständlichkeit. Wir wissen um die große Bedeutung der Trauer und tun alles Menschenmögliche, um auch in dieser schwierigen Situation für die Hinterbliebenen da zu sein und ihre Wünsche zu erfüllen. Sobald ein Verstorbener gewaschen, desinfiziert, eingekleidet ist und im Sarg liegt, es also zu keiner Luftzirkulation mehr kommt, kann man als Angehöriger Abschied nehmen, auch eine letzte zarte Berührung an der Hand sollte möglich sein. Natürlich sollte man sich anschließend nicht an Augen, Nase und Mund fassen, und sich die Hände waschen, das haben wir ja alle gelernt. Die Einschätzung des RKIs haben sich im Grunde die letzten Wochen nicht verändert. Prof. Lothar Wieler, der Präsident des Robert Koch Instituts, und seine Virologen sind der Ansicht, dass ein persönlicher Abschied möglich ist, wenn die Regeln eingehalten werden. Das RKI empfiehlt: „Nachdem der Verstorbene versorgt worden ist und nicht mehr berührt werden muss, sind keine weiteren Schutzmaßnahmen notwendig. Eine berührungslose Abschiednahme am offenen Sarg ist mit entsprechendem Abstand möglich.“ 1 Wir haben mit der Pressestelle des RKIs telefoniert und dort erfahren, dass es keine Änderung dieser Empfehlung geben wird und man auch mit den Berufsverbänden der Bestatter dazu keine Gespräche führt. Dass es keine bundesweit einheitlichen Regeln gibt und auch kein Verband sich zuständig fühlt, eine übersichtlich nach Bundesländern geordnete Aufstellung zur Verfügung zu stellen, ist bedauerlich. Die Trauernden sind so auf die Auskünfte der Bestatter*in angewiesen und die fallen je nach Engagement des Kollegen oder der Kollegin ganz unterschiedlich aus. In Bayern zum Beispiel sieht es düster aus. Da geht fast gar nichts im Moment. Bei uns in Nordrhein-Westfalen machen wir Abschiede am offenen Sarg und Trauerfeiern möglich. Bei uns wird niemand direkt vom Sterbeort ins Krematorium gebracht, so dass die Angehörigen keine Möglichkeit mehr zum Abschiednehmen haben. Viele Hinterbliebene bekommen derzeit erzählt, der Verstorbene müsse eingeäschert werden. Auch diese Information ist falsch. Auch ein an oder mit Covid-Verstorbener muss nicht zwangsweise kremiert werden. Der Bestatterverband NRW hat auf zwei Studien hingewiesen, in denen Rechtsmediziner (Rechtsmediziner Prof. Dr. Klaus Püschel u.a.; Januar 2021/Hamburg und Rechtsmediziner Prof. Dr. Marcel A. Verhoff, 2021/ Frankfurt), die Infektiosität von Covid-19 Verstorbenen erforscht haben. Beide Studien kommen zu dem Ergebnis, dass von der Körperoberfläche und von Körperflüssigkeiten der Verstorbenen wohl keine Infektionsgefahren ausgehen (…) Dagegen besteht auch nach einem Zeitraum von bis zu 17 Tagen noch ein Infektionsrisiko durch Aerosole, die durch Umlagerungen / Anheben von Verstorbenen und die damit verbundene Lungenkompression / Atemluft entweichen können. Dies kann durch Verwendung einer OP-Maske oder Auflegen eines feuchten Tuches auf den Mund / Nasebereich des Verstorbenen verhindert werden. Eine offene Aufbahrung und Abschiednahme ist also möglich. Wenn wir uns vorstellen, unsere Mutter wäre im Krankenhaus gestorben, wir hätten sie nicht besuchen dürfen, und dann dürften wir sie nicht mal tot nochmal sehen und berühren – das würde wir uns nicht bieten lassen. Wir sollten dringend aufhören, über Bodybags, die Beschriftung von Särgen und vorgezogene Impfungen für Bestatter zu reden und so den Eindruck zu verstärken, bei den Verstorbenen handele sich um Sondermüll. Auch eine Verlegung von Trauerfeiern auf die Zeit nach der Pandemie ist für uns keine Alternative. Wie soll das aussehen? Sollen wir Hinterbliebenen erklären, dass sie ihre Trauer ein paar Wochen oder Monate aufzuschieben hätten? Für uns, die wir Menschlichkeit und Mitgefühl als wichtigen Teil unserer Arbeit sehen, ist das undenkbar. Auf Nachfrage beim Bundesverband deutscher Bestatter e.V. 2 wurde uns zugesagt, dass demnächst eine Liste auf der Website zu finden sein wird, mit den geltenden Bestimmungen der einzelnen Bundesländer. Darauf sollten Sie aber nicht warten. Sagen Sie Ihrem Bestatter, wie Sie sich den Abschied wünschen und wenn es Probleme gibt, dann gehen Sie zu einem anderen Kollegen. Dieser Moment ist zu wichtig, um sich mit Dienst nach Vorschrift abspeisen zu lassen. Herzlichst Bergisch Gladbach im März 2021 1 https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Verstorbene.html | Denkanstöße 2 | denkanstoesse-2 | |
Bestattung von Covid-Verstorbenen: Ein Abschied am offenen Sarg ist möglich | chrismon 02 2021 | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Denkanstoß 46 – “Hört bitte auf zu jammern!” | „Bestatter an Belastungsgrenze“, „Der Lockdown ist für Bestatter ein Trauerspiel“, „Bestatter schlagen Alarm“. Schlagzeilen wie diese mussten wir in den letzten Tagen sehr viele lesen. Und das ärgert uns. Wir erleben die … mehr. | „Bestatter an Belastungsgrenze“, „Der Lockdown ist für Bestatter ein Trauerspiel“, „Bestatter schlagen Alarm“. Schlagzeilen wie diese mussten wir in den letzten Tagen sehr viele lesen. Und das ärgert uns. Wir erleben die Situation so ganz anders, als in den Medien beschrieben. Mit dem Anstieg der mit oder an Corona verstorbenen Menschen, rücken auf einmal auch wieder wir Bestatter ins Licht der Öffentlichkeit. Leider geben einige Kolleginnen und Kollegen ein sehr schlechtes Bild ab. Da wird über Ansteckungsgefahren geklagt und da werden Engpässe in Krematorien herbei fantasiert, und Bilder von sich stapelnden Särgen heraufbeschworen. Wir sagen: Hört auf damit! Und macht euren Job! Uns beschleicht das Gefühl, dass da jemand die Pandemie als Ausrede nutzen will, um möglichst den Aufwand für die Einäscherung und Bestattung eines Verstorbenen so gering wie möglich zu halten. Und für den zurückgefahrenen Aufwand wollen sich einige Kolleginnen und Kollegen dann auch noch für systemrelevant erklären lassen, um so schnell wie möglich an die Impfung ranzukommen. Ja, auch die Arbeit der Bestatterinnen und Bestatter ist durch Covid schwieriger geworden. Wer sich aber mit Ärztinnen und Ärzten und Pflegrinnen und Pflegern auf eine Stufe stellt, scheint nicht begriffen zu haben, was diese Menschen im Moment leisten. Wir verzichten darauf, uns in der Impfschlange nach vorne zu drängeln und machen das, was in der momentanen Situation eben möglich ist. Und das ist immer noch eine ganze Menge, vorausgesetzt man versteht unseren Beruf nicht nur als Transportunternehmen vom Krankenhaus oder Pflegeheim zum Krematorium. Auch an Covid verstorbene Menschen müssen nicht wie Sondermüll behandelt werden. Wir holen die Verstorbenen ab und bringen sie zu uns ins Haus. Natürlich beachten wir die vorgeschriebenen Hygienestandards, die nicht verbieten, dass die Toten mit Würde behandelt, gewaschen und angezogen werden. Die Angehörigen können uns die Kleidung übergeben und wir übernehmen diese Aufgaben gerne. Die Trauernden können bei uns am offenen Sarg kontaktlos Abschied nehmen, wie es vom RKI empfohlen wird. Es ist auch möglich, den Toten noch einmal liebevoll an der Hand zu berühren, ohne dass man sich gefährdet. Aerosole, die hauptsächlich für die Übertragung der Krankheit verantwortlich sind, werden von einem Toten nicht mehr ausgestoßen. Auch Trauerfeiern sind möglich. Von einem Verzicht auf tröstende Rituale kann keine Rede sein. Man kann sich in kleinem Kreis treffen, man kann eine Trauerfeier streamen, oder man begegnet sich im Freien, wo mit dem gebotenen Abstand und Maske auch Beerdigungen mit mehr Menschen möglich sind. Also, liebe Kolleginnen und Kollegen hört bitte auf zu jammern und seid für die Trauernden da. Herzlichst Hanna Roth David Roth In unserem Podcast Talk about Tod geht es heute auch um den Umgang mit den an oder mit Corona Verstorbenen. Hier können Sie reinhören Bergisch Gladbach im Januar 2021
RückmeldungenZu diesem Denkanstoß "Hört bitte auf zu jammern!" haben wir viele Mails mit Rückmeldungen erhalten. Hier einige dieser Mails, die uns erreicht haben. ____________________________________________________________________ Guten Tag Dieser Denkanstoß schenkt mir Argumentationshilfen Gegenüber dem, was in den Medien oder sonst wie veröffentlich wird Ganz herzlichen Dank Paul Hildebrand Liebe Familie Roth und Team, danke für diesen Denkanstoß 46, auch ich bin entsetzt über die momentane Berichterstattung und die damit verbundenen Folgen hinsichtlich des öffentlichen Blickes auf die Branche, denn immer ist die Würde gegenüber Trauernden und Verstorbenen lebbar! Herzliche Grüße Liebe Familie Roth, seit langer Zeit verfolge ich Ihre Denkanstöße und auch Ihr Bestattungsunternehmen, schon zu Lebzeiten Ihres Vaters. Ihr heutiger Denkanstoß hat mir die Tränen in die Augen getrieben, weil Sie mir aus der Seele gesprochen haben. Mein Vater ist am 3.Dezember an Corona verstorben und nichts von dem, was Sie in Ihrem Unternehmen anbieten hat unser Bestatter uns angeboten. Nicht nur, dass wir unseren Vater im Krankenhaus nicht besuchen durften, nicht zugegen sein durften, als er starb. Nein auch tot durften wir ihn nicht sehen. Unsere gesamte Familie leidet darunter, dass wir den toten Vater, Großvater und Urgroßvater nicht sehen durften, um es zu begreifen. Unser Bestatter hat gesagt der Sarg ist zu und bleibt zu, auch die Frage nach einem Foto, von unserem toten Vater, wurde verneint. Ich selbst bin Trauerrednerin und Trauerbegleiterin und mir ist es mehr als wichtig, dass die Hinterbliebenen zurechtkommen, mit dem Verlust, dass die Menschen gut begleitet werden. Ihr Umgang mit dem Tod, mit dem Verstorbenen und auch mit den Hinterbliebenen hat mir schon immer gut gefallen und ich hätte mich beinahe auch einmal bei Ihnen beworben. Danke, von Herzen Danke, dass Sie offensichtlich eine Berufung für das spüren, was Sie tun! Herzlichst Liebe Hanna und David Roth, Mit herzlichen Grüßen, auch an Ihre liebe Mutter, bin ich Vielen Dank, liebe Frau Roth, lieber Herr Roth, für diesen Anstoß, der mich sehr erleichtert. Es ist also derzeit doch nicht unmöglich, Verstorbene würdig zu behandeln. Sich von ihnen zu verabschieden, eine Trauerfeier auszurichten und dabei auch mit anderen Menschen zusammen zu kommen. Tatsächlich hatte ich bei einigen Artikeln sehr seriöser Zeitungen den Eindruck, an Corona Verstorbene müssten von allen Beteiligten, inklusive den Bestattern, tatsächlich wie Sondermüll behandelt und möglichst ungesehen entsorgt werden. Ein grauenhafter Gedanke. So dass man fast schon Schuldgefühle haben müsste, sich mit einem an Corona Verstorbenen überhaupt an einen Bestatter zu wenden. Schön, dass es nicht so ist. Herzliche Grüße Liebe Hanna & David Roth, ja, dieser "Jammerwettkampf" um Wichtigkeit und oft auch um Unterstützungszahlungen geht mir ebenfalls schon lange gegen den Strich, egal ob dies nun vom Gastgewerbe, der Reisebranche, der Lufhansa oder eben von Bestattern kommt - wobei ich pers. übrigens der Meinung bin, dass die Freien Künstler mit allen anhängenden Solo-Selbstständigen wie Beratern, Eventmanagern etc. wirklich die (finanziell) gebissenen Hunde sind. Ich kenne KollegInnen, die derzeit einen Teilzeitjob beim Aldi haben, um ihre Miete bezahlen zu können. Doch ich will nicht auch noch klagen, denn mir pers. geht es ausgesprochen gut. Doch ich weiß nicht, liebe Hannah und David, ob es so klug ist, dieses euer Anliegen so zu formulieren, wie ihr es in diesem Denkanstoß gemacht habt. Es klingt so genervt und etwas vorwurfsvoll. Ich könnte mir zum Einen vorstellen, dass ihr euch damit unter euren Bestatter-KollegInnen keine Freunde macht, was ihr ja vielleicht auch gar nicht nötig habt, aber gut gesinnte Kollgen können eigentlich nie schaden. Zum Anderen ist es doch - wenn ich eure Zeilen richtig interpretiere - euer eigentliches Anliegen, aufzuzeigen, dass auch unter Corona-Bedingungen immer noch ziemlich viel möglich ist in Sachen Abschied, Feier etc. Eigentlich ein positives Anliegen, das aber in diesem Denkanstoß ein bisschen untergeht. Das finde ich schade, zumal da ihr doch so etwas wie eine Vorbildfunktion in der Branche habt. Wollte ich nur mal anmerken - natürlich auch um zu zeigen, dass eure Worte gelesen werden und nicht einfach per Klick im Papierkorb landen. Herzliche Grüße und weiterhin so gutes Schaffen! Jochen Jülicher Liebe Frau Roth, lieber Herr Roth, das sind klare Worte – vielen Dank dafür. Mit freundlichen Grüßen Liebes Team von Puetz-Roth, liebe Inge, liebe Hanna, lieber David, vielen Dank für diesen Denkanstoß. Sie sprechen mir aus dem Herzen. Es ist unglaublich, wie in dieser verrückten Zeit die Menschlichkeit den Bach runter geht. Ganz liebe Grüße an alle Sehr geehrte Familie Pütz haben Sie vielen Dank für Ihr Infoschreiben. Wir hatten eine (nur etwas) reduzierte Bestattung von meinem Vater Ich gehe richtig gerne oben auf den Berg zu meinem Vater. Es ist nicht bedrückend. Danke. Halten Sie gut durch und gehen Sie bitte Ihren Weg, mit Ihren Möglichkeiten, weiter so. Herzliche Grüße Liebes Pütz-Roth – Team, mit dem heutigen Denkanstoß sprecht ihr mir wirklich aus der Seele, denn auch wir haben tatsächlich mit (zum Glück) nur vereinzelten Bestattern eben solche Erfahrungen gemacht, die Angehörigen das Abschied nehmen in der Momentanen Situation sehr schwer machen, oder auch gar nicht zulassen. Ich hoffe, dass euer Denkanstoß genau die erreicht, die wir meinen. Herzliche Grüße Liebe Geschwister Roth. DANKE! Ich teile sehr Ihre Auffassung und begrüße die klaren Worte. Hoffentlich erreichen Ihre Zeilen viele Kollegen‘innen! Sehr geehrte Frau Roth schön, daß Sie sich der Hysterie entgegenstellen und normal weiter machen. Aber leider sind es auch die Medien, die hier Ängste schüren. Menschen die Angst haben, werden in Ihren Ängsten unnötig bestätigt. Die Leugner werden sicher nicht erreicht und die breite Öffentlichkeit kann alles Was ist mit den Flüchtlingen in den abgebranten oder überfüllten Lagern, usw.usw. Danke für Ihren Denkanstoß. Mit freundlichen Grüßen Raimond Wagner Guten Abend, Gerade habe ich ihren aktuellen Denkanstoß gelesen und habe ihn, weil ich ihn so besonders fand, auch meinem Mann vorgelesen. Mittlerweile bin ich in Rente, lese aber immer noch begeistert ihre Denkanstöße. Ich grüße Sie Liebes Team der Familie Roth, danke für diesen wunderbaren Artikel! Sie sprechen mir als langjährige Trauerbegleiterin aus dem Herzen. Ja, es ist vieles möglich, wenn wir unsere Arbeit als Herzensangelegenheit verstehen. Die betroffenen trauernden Menschen brauchen unser Einfühlungsvermögen jetzt gerade mehr denn je. mit herzlichen Grüßen | Denkanstöße 2 | denkanstoesse-2 | |
Bestatter erklärt seine Arbeit in der Corona-Krise | Express.de 012021 | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Wer an Corona stirbt muss nicht wie Sondermüll behandelt werden | iGL Bürgerportal 01 2021 | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Mehr als Sarg und Service – Die neuen Bestatter*innen | ZDF-Dokumentarfilmreihe 37° | TV- und Funk-Auftritte sowie Interviews | tv-und-funk-auftritte-sowie-interviews | ||
Selbstbestimmtes Sterben – Hoffnung auf einen würdigen Tod | ZDF-Magazin Frontal21 | TV- und Funk-Auftritte sowie Interviews | tv-und-funk-auftritte-sowie-interviews | ||
Ich will niemandem zur Last fallen | Domradio | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Denkanstoß 45 – “Danke Anke!” | Oft graust uns davor, wie der Tod, die Trauer und Beerdigungen im Fernsehen inszeniert werden. Fernsehen ist Fiction, d.h. da werden erfundene Geschichten erzählt und diese Storys folgen anderen Gesetzmäßigkeiten als das … mehr. | Oft graust uns davor, wie der Tod, die Trauer und Beerdigungen im Fernsehen inszeniert werden. Fernsehen ist Fiction, d.h. da werden erfundene Geschichten erzählt und diese Storys folgen anderen Gesetzmäßigkeiten als das richtige Leben. Geschätzt flimmern 200 000 TV-Tote jedes Jahr über den Bildschirm. Im Fernsehen wird täglich gestorben, meist gewaltsam und meist findet Trauer einfach nicht statt. Manchmal gibt es noch eine schicke Beerdigung und dann geht’s weiter, ohne dass der Tod groß die Handlung stört. In den letzten Jahren wurde der Beruf des Bestatters immer mal wieder als serientauglich befunden und so entstanden TV-Serien wie Six Feet Under oder die schweizer Serie Der Bestatter. Bestattungshäuser und Krematorien sind wichtige Schauplätze in den Serien Ozark, Nord bei Nordwest und in Filmen wie My Girl, Grabgeflüster und Besser als nix. Alle diese teilweise sehr gut gemachten und unterhaltsamen Produktionen haben eins gemeinsam. Sie haben mit dem Alltag in einem Bestattungshaus so gar nichts zu tun. Ab und zu schauen wir uns so eine Serie oder einen Film an und meistens geht es uns dann wie Polizisten und Ärzten. Auch diese Berufsgruppen staunen über den grandiosen Unfug, der im Fernsehen über Polizeiermittlungsarbeit und Notoperationen erzählt wird. Es ist uns bisher nie passiert, dass eine Serie uns berührt hat und wir so begeistert waren, dass wir sie empfehlen würden. Heute ist es soweit. Wir haben uns auf Netflix Das letzte Wort angeschaut. WOW! Auch die trauernde Witwe Karia Fazius und der Bestatter Andreas Borowski sind als Filmfiguren natürlich überzeichnet, aber die kleinen und großen Katastrophen, die das Leben ihnen zumutet, die kennen wir nur zu gut. Trauer, Wut, Unsicherheit, Verzweiflung! Anke Engelke spielt diese Gefühle mit einer Intensität, die uns beeindruckt und begeistert hat. Und Thorsten Merten, der den Bestatter Borowski verkörpert und hier ist verkörpern wirklich das richte Wort, zeigt uns glaubhaft die Nöte, in die man in diesem Beruf geraten kann. In diesen Tagen erscheinen viele Artikel über die Serie Das letzte Wort in Zeitungen, Zeitschriften und auf Blogs im Netz. In einem Interview auf ZEIT-ONLINE hat Ange Engelke etwas gesagt, dass wir sinngemäß allen Menschen vorschlagen, die von uns ihre Toten bestatten lassen: „Ein Großteil der Hinterbliebenen denkt eher an die Verstorbenen als an sich selbst. Und genau das stellt meine Figur der Karla in Frage: Geht es hier nicht um uns, müssen wir nicht eher gucken, dass es uns gut geht? Das könnte man für egoistisch halten gegenüber denen im Grab oder in der Urne. Ich finde die Fragestellung spannend. Was macht es mit den Gefühlen einer Trauergemeinde, einer Familie, wenn man sagen würde: Ist mir egal, ich möchte genau diese Musik spielen oder völlige Ruhe auf der Beerdigung haben, weil mir das gut tut? Auch wenn die verstorbene Person ein Krawallo war und sich eher über die Sex Pistols gefreut hätte.“ Danke Anke! Herzlichst Hanna Roth David Roth Bergisch Gladbach im September 2020 | Denkanstöße 2 | denkanstoesse-2 | |
Wenn sich Leben und Tod treffen | Der Hausarzt | Im letzten Hemd | im-letzten-hemd | ||
Traumreisen im Wald – Konzerte an der Waldbühne | KStA 07 2020 | Gärten der Bestattung | gaerten-der-bestattung | ||
Denkanstoß 44 – “Über den Wolken…” | … muss die Freiheit wohl grenzenlos sein. Den Traum vom und die Begeisterung für das Fliegen hat wohl kein Künstler liebevoller beschrieben als Reinhard Mey. Dieser Song ist die Hymne aller Pilotinnen … mehr. | … muss die Freiheit wohl grenzenlos sein. Den Traum vom und die Begeisterung für das Fliegen hat wohl kein Künstler liebevoller beschrieben als Reinhard Mey. Dieser Song ist die Hymne aller Pilotinnen und Piloten und trifft das Lebensgefühl von Menschen, die das Steuer einer Boing 747 in Händen halten oder mit dem Steuerknüppel in der Hand eine Cessna 172 Skyhawk fliegen. Stefan war mit Leib und Seele Pilot. Im Alter von 14 Jahren wurde er Mitglied im Flugplatzverein Windtal, erst steuerte er Modellbauflieger, später dann Segler und Sportflugzeuge, er machte seine Fluglehrerlizenz und schaffte es, seine Leidenschaft zum Beruf zu machen und als Pilot eine Verkehrsmaschine zu navigieren. Stefan starb bei einem Unfall am Boden. Über den Wolken hatte er sich sein Leben lang sicherer gefühlt. Eine Trauerfeier in einer kalten Friedhofshalle kam für seine Familie nicht infrage, auch weil in Coronazeiten seine Freunde vom Flugplatzverein und seine Kolleginnen und Kollegen von der Airline nicht hätten dabei sein können. Bestes Flugwetter, klare Sicht, die Sonne schien, die Piste auf dem Flugplatz lag still und vertraut im Hintergrund. Vor dem Hangar standen mit dem gebotenen Sicherheitsabstand Korbstühle. Alle Gäste wussten, dass heute kein Flieger abheben würde, heute gehörte der Flugplatz Windtal noch einmal Stefan. Der Sarg stand gleich neben dem Hangar, in dem Stefan so viele glückliche Stunden mit seinen Freunden verbracht hatte. Ein Bild, das einen liebevoll lächelnden Stefan zeigte, erinnerte an den wunderbaren Ehemann, Sohn und Freund. Auf dem Sarg lag die blaue Fliegermütze, die immer dabei sein musste, wenn Stefan zu einem Trip mit der Cessna abhob. Wundervolle Reden wurden gehalten, die die Erinnerungen an diesen fürsorglichen, treuen, empfindsamen Menschen noch einmal wachriefen und die besondere Atmosphäre des kleinen Flugplatzes gab dieser Trauerfeier einen würdigen Rahmen. Auch der Pfarrer der Gemeinde war raus zum Flugplatz gekommen, sprach ein Gebet und segnete den Sarg. Im Moment konnte man ja eher den Eindruck gewinnen, dass vielen Seelsorgern die Pandemie einen Vorwand gab, bei Trauerfällen allenfalls Dienst nach Vorschrift zu machen und die Angehörigen alleine zu lassen. Der Pfarrer von Windtal war mitten unter den Mitgliedern seiner Gemeinde, da, wo ein guter Pfarrer hingehört. Einen Gruß von Oben bekam Stefan auch noch auf ganz besondere Art mit auf den Weg. Am Ende der Trauerfeier überflog eine Cessna 172 Skyhawk die Trauergäste und wackelte über dem Sarg mit den Flügeln. Und aus den Lautsprechern schallte Reinhard Mey über den Flugplatz: Über den Wolken Herzlichst Hanna und David Roth Bergisch Gladbach im Juli 2020 | Denkanstöße 2 | denkanstoesse-2 | |
Denkanstoß 43 – “Lockup” | Endlich wieder einkaufen gehen, bei einem Cappuccino auf der Terrasse des Lieblingscafes im Freien sitzen oder mit Freunden joggen und Fußball spielen. Nach Wochen der gesellschaftlichen Enthaltsamkeit kann das Leben wieder Fahrt … mehr. | Endlich wieder einkaufen gehen, bei einem Cappuccino auf der Terrasse des Lieblingscafes im Freien sitzen oder mit Freunden joggen und Fußball spielen. Nach Wochen der gesellschaftlichen Enthaltsamkeit kann das Leben wieder Fahrt aufnehmen. Leider gilt das nicht für Menschen, die von einem Freund oder Verwandten Abschied nehmen müssen. Die Trauerhallen sind nur sehr eingeschränkt und unter hohen Auflagen nutzbar. Abschiede sind nur im kleinen Kreis und im Freien möglich. Um ein Grab dürfen sich zwar mehr Leute versammeln, aber auch dort muss Abstand gehalten werden und ein längeres Beisammensein ist nicht erlaubt. Diese Regelungen gelten noch mindestens bis zum 5. Juni. Trost in der Gemeinschaft könnte man im Moment im Videochat finden. Aber wer macht das schon? Auch die virtuelle Welt ist eng und klein, wenn es um wirkliche Gemeinschaft geht und nicht um das Pseudozusammensein auf facebook, instagram und in anderen sozialen Netzwerken. Es geht um das Gefühl der Verbundenheit. Und das ist im Netz nur sehr eingeschränkt möglich. Es geht noch nicht mal darum, dass man diese Floskel sagt, ‚herzliches Beileid‘, sondern dass man sieht, dass Menschen da sind, dass man diese vielfältigen Zeichen erlebt, eine Hand auf der Schulter, ein liebevoller Blick in die Augen, es muss ja in diesen Zeiten kein Händedruck und keine Umarmung sein. Abstand halten ist das Gebot der Stunde. Die über 8100 an oder mit Corona gestorben Menschen waren in ihrer letzten Stunde allein. Was für eine grausame Vorstellung. Durch die große Ansteckungsgefahr war das nötig, auch wenn uns der Gedanke an die Einsamkeit der Sterbenden das Herz bricht. Von einem Leichnam geht eine deutlich geringere Gefahr aus und wenn man die Hygieneregeln beachtet und den Toten nicht zu nahe kommt, ist ein persönlicher Abschied trotz Corona möglich. Nähe schaffen und sich gleichzeitig an die Abstandsregeln halten, das versuchen wir im Moment den Trauernden zu ermöglichen. Auch während des Abschieds und der Trauerfeier müssen die Abstandsregeln eingehalten werden. Trotzdem kann man in diesem schweren Moment in der Gemeinschaft Trost finden. Es tut in diesem traurigen Moment des Abschieds gut, Geschichten mit Ereignissen geschenkt zu bekommen, die andere mit dem Verstorbenen erlebt haben. Diese persönlichen Geschichten und liebevollen Gesten sind es, die uns Verbundenheit spüren lassen. Trauer braucht Gemeinschaft. Die Kontaktsperre ist da leider eine große Hürde. Trotzdem ist es möglich, auch jetzt zusammen Abschied zu nehmen. Für die Menschen, die in den letzten Wochen zu uns kamen, haben wir Wege gefunden, diesen schweren Weg nicht allein gehen zu müssen. Und auch in den nächsten Wochen werden wir für Trauernde da sein und einen würdigen Abschied ermöglichen. Der Lockdown hat auf der anderen Seite dazu geführt, dass viele Menschen zum ersten Mal in ihrem Leben die Chance hatten, inne zu halten und sich auf Wesentliches zu konzentrieren. Auch das haben wir in den letzten Wochen immer wieder erlebt. Dass auf einmal mehr Zeit war, sich mit dem Tod und dem Abschied zu beschäftigen. Zeit zum Nachdenken, wie man gerne Abschied nehmen möchte. Wer diesen Moment der Ruhe nutzen kann, um über das Leben, das Sterben und den Tod nachzudenken, der kann etwas Positives aus dem Lockdown mitnehmen. Nachdenken über das eigene Ende führt fast immer dazu, Dinge im Leben zu verändern. Herzlichst Hanna Roth David Roth Bergisch Gladbach im Mai 2020
RückmeldungenZu diesem Denkanstoß "Lockup" haben wir schöne und bewegende Rückmeldungen erhalten. Hier eine der Mails, die uns erreicht hat: Liebes Team, Ich finde es wunderbar, wie Sie immer wieder versuchen, Trauernden die Möglichkeit zu geben, sich von ihren geliebten Verstorbenen zu verabschieden, sogar in diesen schwierigen und schweren Zeiten. Kürzlich erhielt ich die Nachricht von einer befreundeten Familie in der Nähe von London, dass der Vater mit Corona nach mehreren Wochen gestorben ist. Live über Video konnte ich die kurze Trauerfeier im Krematorium verfolgen. Bei Hindus findet die Verabschiedung immer am offenen Sarg statt mit vielen Zeremonien und Blüten, die auf die Leiche gestreut werden. Hier war der geschlossene Sarg aufgebahrt und die Familie hatte, nachdem der Mann ins Krankenhaus kam, ihn nicht ein einziges Mal mehr sehen dürfen. Auch er ist wie viele andere einsam gestorben. Das schmerzt sehr. Und ich denke aber mit Dankbarkeit an die schöne, wenn auch traurige Feier, die wir bei Ihnen für meinen verstorbenen Mann im September 2018 abhalten konnten. In diesen Tagen erinnere ich mich an meinen Großvater, der 1961 starb. Vor dem Begräbnis konnten wir seine Leiche noch sehen, die im Sarg mit einer Plastikhaube überdeckt war. Könnte man das nicht auch heute noch machen, wenn Leute zu große Angst vor Ansteckung haben? Damals hatte ich mich als Jugendliche sehr darüber gewundert, denn mein Opa war an keiner ansteckenden Krankheit gestorben. Es tut sehr gut von Ihnen zu wissen, dass man immer noch die Leiche sehen kann, wenn man nicht zu nahe tritt. Warum nur geht man so hart mit den Trauernden um? Mit freundlichen Grüßen und nochmaligem herzlichen Dank, | Denkanstöße 2 | denkanstoesse-2 | |
Gefühle sind nicht verkehrt | Hospizpost Coburg | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Denkanstoß 42 – Ode an die Freude | Es sind die kleinen Dinge, die uns im Moment Freude machen. Der Anruf eines alten Freundes, der richtige Song im Radio, das Lieblingsessen von einem fürsorglichen Partner gekocht, der Spaziergang durch die … mehr. | Es sind die kleinen Dinge, die uns im Moment Freude machen. Der Anruf eines alten Freundes, der richtige Song im Radio, das Lieblingsessen von einem fürsorglichen Partner gekocht, der Spaziergang durch die Nachbarschaft, die wir vielleicht nicht halb so gut kennen, wie die Umgebung des Hotels im Sommerurlaub. Vertrautheit, Verbundenheit, sich geborgen und sicher fühlen, danach steht uns im Moment der Sinn. Corona ist viel mehr als die abstrakten Gefahren, über die wir uns früher Gedanken gemacht haben. Die Bedrohung ist diesmal real und sie wird es noch eine ganze Weile bleiben, so lange bis ein Medikament und ein Impfstoff gefunden sind. Bis dahin heißt es zusammenrücken, ohne sich zu nahe zu kommen. Für andere da sein, auf eine Art und Weise, die wir schon lange nicht mehr gelebt und erlebt haben. Nicht warten, bis jemand um Hilfe bittet, sondern fragen, wenn wir das Gefühl haben, dass jemand Hilfe braucht. Durch unsere Arbeit mit Trauernden wissen wir, dass es besser ist, Hilfe aktiv anzubieten - auch mehrmals-, als darauf zu warten, dass jemand danach fragt. Oft steht im ersten Moment die Scham im Weg, tatsächlich bedürftig zu sein und Hilfe zu benötigen. Da braucht es ein bisschen Zeit und Geduld, bis Menschen sich öffnen und Hilfe annehmen können. Hilfe meint nicht nur Materielles. Viele Menschen, vor allem Alte und Kranke, sind durch die Kontaktsperre zur Einsamkeit verdammt, da kann ein Gespräch von Balkon zu Balkon oder Fenster zu Fenster Wunder wirken. Aus Italien kamen da berührende Bilder zu uns. Menschen, die auf ihren Balkonen stehen und zusammen Volkslieder singen. Ein DJ, der sein Equipment ins Fenster stellt und die Straße mit Gute-Laune-Musik beschallt. Ganze Viertel, die Ärzt*Innen und Pflerger*Innen minutenlang Applaus spenden. Der Opernsänger, der Nessum Dorma über die Dächer von Florenz schmettert. Wir können im Moment nichts an der Situation ändern. Wir können nur versuchen, das Beste daraus zu machen und da sind uns die Hände weniger gebunden, als wir vielleicht glauben. In Nachbarschaftshilfe sind wir schon ganz gut. Auch unser Umgang miteinander ist spürbar freundlicher geworden, was jedem auffällt, der in diesen Tagen an einer Supermarktkasse steht. Die Digitalisierung hilft uns in Kontakt zu bleiben, wir können mit Freunden chatten und Oma und Opa per Videostream zu Hause besuchen. Wer nicht übers Netz kommunizieren kann, freut sich über einen Brief oder einen Anruf. Auch für unsere tägliche Arbeit im Bestattungshaus bedeutet die Krise eine Menge Einschränkungen, aber auch wir versuchen das Beste daraus zu machen. Trauerfeiern sind im Moment nur sehr eingeschränkt möglich. Aber man kann sich nach wie vor von einem Toten verabschieden. Das geht im Moment nur im kleinen Kreis. Für Verwandte und Bekannte zeichnen wir die Abschiednahme auf. Auch ist es möglich, Trauerfeiern nach der Krise mit allen Freunden und Angehörigen nachzuholen. Wir alle lernen im Moment jeden Tag dazu. Viele Erfahrungen sind nicht nur mit Einschränkungen verbunden. Wir haben manchmal das Gefühl, dass wir uns auf eine ganz neue Art kennenlernen. In Deutschland klatschen abends nicht so viele Leute Applaus und auch die von Musikern iniziierte Aktion, sich abends ans Fenster, in den Garten und auf den Balkon zu stellen und miteinander die Europahymne zu singen oder auf einem Instrument zu spielen, war nicht mit so großer Teilnahme und Aufmerksamkeit gesegnet, wie das abendliche Singen in Italien. Eine Freundin hat uns dazu eine wunderbare Geschichte erzählt, die viel über uns und unseren Umgang mit der Krise sagt. Unsere Freundin wohnt in einem urbanen Viertel in Köln. An dem Abend stand sie auf ihrer Terrasse und lauschte in die Straße, ob jemand mitsingen oder mitspielen würde. Sie wartete, doch nichts geschah. Im ersten Moment war sie traurig darüber, dass die Menschen scheinbar kein Interesse daran hatten, ihre Verbundenheit zu zeigen. Sie wollte schon zurück in die Wohnung gehen, als ganz leise, ganz fein, beinahe zärtlich von einem der Balkone unter ihr die Ode an die Freude erklang, gespielt auf einer Mundharmonika. Die Melodie berührte unsere Freundin tief, sie spürte, dass sie nicht die Einzige war, die der Mundharmonika lauschte. Eine größere Verbundenheit hätte nicht mal ein Orchester schaffen können. Manchmal sind es die leisen Töne, die kleinen Gesten, auf die es ankommt. Unsere Freundin ist bis heute beseelt von diesem Moment auf ihrer Terrasse, sie schöpft viel Kraft aus diesem kurzen Augenblick des Glücks, der ihr Mut gemacht hat, optimistisch in die Zukunft zu schauen, der ihr Hoffnung gegeben hat, dass wir das alles überstehen werden und vielleicht sogar, vorausgesetzt wir bleiben gesund, etwas Gutes aus der Krise werden mitnehmen können. Herzlichst Hanna Roth David Roth Bergisch Gladbach im April 2020
Gerne können sie uns zum Thema Denkanstoß auch eine E-Mail schicken | Denkanstöße 2 | denkanstoesse-2 | |
Einsam trauern: So hart ist die Beerdigung in Zeiten von Social Distancing | WDR/Funk – Reporter | TV- und Funk-Auftritte sowie Interviews | tv-und-funk-auftritte-sowie-interviews | ||
Von Herzen lachen … – Wie Kinder in ihrer Trauer wachsen | Bestatterverband | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Denkanstoß 41 – “Wir sitzen alle im selben Boot” | Noch nie war dieser Satz bedeutsamer als im Moment! Die nächsten Wochen werden schwer, da dürfen wir uns nichts vormachen, unser Leben wird sich sehr verändern und wir sollten uns darauf vorbereiten. … mehr. | Noch nie war dieser Satz bedeutsamer als im Moment! Die nächsten Wochen werden schwer, da dürfen wir uns nichts vormachen, unser Leben wird sich sehr verändern und wir sollten uns darauf vorbereiten. Je besser wir das tun, desto schneller werden wir die Krise in den Griff bekommen. Und das werden wir. Davon sind wir fest überzeugt. Wir haben eines der besten Gesundheitssysteme der Welt, unsere Verwaltungen funktionieren und die Polizei, Feuerwehr, THW, Rotes Kreuz u.a. sind sehr gut ausgebildet und gut vorbereitet auf den eingetretenen Notfall. Es gilt strikt alle Anordnungen der Behörden zu befolgen, Ruhe zu bewahren und sich zu informieren. Wer das ungefiltert tun möchte, der ist auf den Webseiten des Robert-Koch Instituts (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/nCoV.html) und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (https://www.bzga.de/) gut aufgehoben. Anlaufstellen im Netz sind auch die Webseiten der Gesundheitsämter in Ihrer Region. Empfehlenswert ist auf jeden Fall auch der Podcast mit Prof. Christian Drosten, dem Chefvirologen der Berliner Charité (https://www.ndr.de/nachrichten/info/podcast4684.html). Viele von uns haben Familien, sind also in Kontakt mit anderen Menschen und stemmen die Versorgung gemeinsam. Die, die allein leben, dürfen wir auf keinen Fall allein lassen. Wie kann das gehen? Man könnte z.B. bestehende WhatsApp-Gruppen, in denen man sich bisher zum Sport oder zu anderen Freizeitaktivitäten oder auch im Job verabredet hat, dazu nutzen, auch jetzt in Kontakt zu bleiben, sich auszutauschen und um Hilfe zu bitten, wenn es einem schlecht geht und man allein zuhause sitzt. Wenn also jemand krank wird oder sonst in Schwierigkeiten gerät, dann bitte sich an Freunde oder Nachbarn wenden und nicht zu lange damit warten. Niemand muss Scham empfinden, wenn er um Hilfe bittet. Und Hilfe kann man gar nicht oft genug anbieten, auch wenn sie vielleicht nicht immer angenommen wird. Wenn unser neuer Alltag mit Schutzmaßnahmen, die für uns alle Einschränkungen bedeuten, organisiert ist, dann werden dunkle Momente kommen, in denen wir uns Gedanken über die Zukunft machen. Wie wird die Welt in vier Wochen aussehen? Bleiben wir gesund? Werden wir dann noch Jobs haben? Was, wenn das Geld ausgeht? Niemand kann im Moment diese Fragen beantworten. Wir müssen in den nächsten Wochen lernen, mit großer Verunsicherung umzugehen. Die Generation, die den Krieg und die Nachkriegsjahre erlebt hat, gehört jetzt zu den Hochrisikogruppen. Viele Menschen über 70 wissen noch, wie es sich anfühlt, Unsicherheit und Bedrohung tragen zu müssen. Viele Alte sind im Moment erstaunlich gelassen. Sie wissen, dass wir fähig sind, Notsituationen zu überstehen. Wir müssen jetzt zusammenhalten, uns solidarisch zeigen, Rücksicht aufeinander nehmen. Wir sind der Situation nicht hilflos ausgeliefert. Wir sind uns sicher, wir werden auf jede Frage eine Antwort finden. Wir sitzen alle im selben Boot! Herzlichst Hanna Roth David Roth Sollte der schlimmste aller Fälle eintreten, dann werden wir für Sie da sein. Wir werden dafür sorgen, dass Sie und Ihre Lieben in Würde Abschied nehmen können. Im Moment ist das nur im engsten Familienkreis noch möglich. Da Mobilität und Reisefreiheit wahrscheinlich weiter eingeschränkt werden und Veranstaltungen nur noch in einem sehr begrenzten Rahmen erlaubt sind (z.B. bleiben alle Trauerhallen geschlossen), filmen unsere Mitarbeiter auf Wunsch Gedenkfeiern und Beisetzungen und schaffen so für Familienangehörige und Freunde die Möglichkeit, an den Zeremonien Anteil zu nehmen. Gedenkfeiern für alle Verwandten und den Freundeskreis können einige Wochen später im größeren Kreis bei uns stattfinden. Wenn die Situation sich wieder beruhigt hat, dann werden wir zu vertrauten Ritualen zurückkehren und die Toten als Gemeinschaft ehren, verabschieden und in guter Erinnerung behalten. Gemeinsam werden wir auch in schwierigen Zeiten für Sie gute Lösungen finden. | Denkanstöße 2 | denkanstoesse-2 | |
Denkanstoß 40 – “Familienbande” | Die Blumen-Benders gehören zu den alteingesessenen Familien in Hofberg in der Nähe von Osnabrück.i Die Gärtnerei wird in der zweiten Generation von Anneliese Bender erfolgreich geführt. Keine Hochzeit ohne wunderbare Rosensträuße aus … mehr. | Die Blumen-Benders gehören zu den alteingesessenen Familien in Hofberg in der Nähe von Osnabrück.i Die Gärtnerei wird in der zweiten Generation von Anneliese Bender erfolgreich geführt. Keine Hochzeit ohne wunderbare Rosensträuße aus dem Hause Bender und auch keine Beerdigung ohne die geschmackvollen Kränze und Gestecke, für die Anneliese ein ganz besonderes Händchen hat. Die Firma wurde in den 70ziger Jahren von Frank und Annette Bender geründet. Die beiden begannen mit einem kleinen Lädchen in der Innenstadt, kauften aber schon bald ein Gelände am Stadtrand dazu, auf dem etliche Gewächshäuser gebaut wurden. Auch der Handel mit Ziersteinen und Erden florierte. Anneliese hatte wie ihre Mutter einen grünen Daumen und stieg in bei Blumen-Bender ein, ihre Schwester Petra studierte Medizin und eröffnete im Nachbarort eine Landarztpraxis. Die Benders waren erfolgreiche Geschäftsleute, ein Familienbetrieb auf Expansionskurs, jeder Euro der reinkam, wurde sofort wieder investiert. In der Firma arbeiteten 6 Floristinnen und 8 Gärtner. Und natürlich die drei Benders. Urlaub wurde so gut wie nie gemacht und deshalb waren Anneliese und Petra doch sehr überrascht, als ihre Eltern ihnen eröffneten, dass sie endlich nach 30 Jahren Ehe ihre Hochzeitreise nachholen wollten. Jeden Tag kam eine WhatsApp mit Selfies von glücklichen Eltern vor den Schlössern der Loire. Als nach einer Woche keine WhatsApps mehr geschickt wurden, ahnten die Töchter, dass was passiert sein musste. Frank und Anette Bender kamen bei einem Verkehrsunfall in der Nähe von Orléans ums Leben. Der Fahrer eines entgegenkommenden LKWs hatte die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren. Die Benders hatten keine Chance, sie starben noch an der Unfallstelle. Der ganze Ort kam zur Beerdigung und es war einer der traurigsten Momente im Leben der Floristin den Grabschmuck für ihre Eltern zu gestalten. Petra hatte mit dem Bestatter die Überführung der Toten geregelt, die Trauerfeier organisierten sie und ihre Schwester gemeinsam. Eine Woche nach dem Abschied von den geliebten Eltern setzten sich die Frauen zusammen, um zu beraten, wie es weitergehen sollte. Ein Testament hatten ihr Vater und ihre Mutter nicht hinterlassen. Das Erbe würde also zu gleichen Teilen aufgeteilt. Gemeinsam machten sie eine Liste. Da gab es das Wohnhaus, in dem sich der Blumenladen und Annelieses Wohnung befand, Wert etwa 200 000 Euro. Dann waren da die Gewächshäuser und das Land auf dem sie standen, Wert etwa 250 000 Euro. Der Wert der Firma wurde mit 100 000 Euro angesetzt und es gab ein kleines Mietshaus, mit dessen Einnahmen die Eltern im Alter ihre Rente aufbessern wollten, Wert etwa 250 000 Euro. Zusammen hatten es die Benders im Lauf ihres Lebens zu einem stattlichen Vermögen in Höhe von etwa 800 000 Euro gebracht. Schwesterlich zu teilen, hätte nun bedeutet, dass jede der beiden Schwestern 400 000 Euro hätte bekommen müssen. Nun darf man nicht vergessen, dass Anneliese seit Jahren die Firma mit aufgebaut hatte, außerdem hatte Petra für die Einrichtung ihrer Praxis von ihrem Vater damals 30 000 Euro bekommen, was aber nirgends festgehalten worden war. Beide Schwestern holten sich Rat bei Anwälten, die ganz unterschiedliche Vorstellungen hatten, wie das Vermögen am besten zu teilen wäre und zum ersten Mal kam Missstimmung auf, zumal auch die Ehepartner der Schwestern versuchten, Einfluss zu nehmen. Es entstand große Verunsicherung, die sich bei Anneliese zu echter Existenzangst steigerte. Nicht ganz zu unrecht. Ihre jüngere Schwester saß am längeren Hebel. Würde Petra auf die Auszahlung ihres Erbteils bestehen, dann müsste das Traditionsunternehmen Blumen-Bender verkauft werden. Das Geschäftshaus war ohne die Gewächshäuser deutlich weniger Wert und umgekehrt genauso und ohne die Gebäude war der Wert der Firma auch deutlich niedriger. Eine schwierige Situation. Es sind genau diese Situationen, die Familienbande zum Zerreißen bringen. Wenn erstmal Anwälte, Ehepartner und andere Berater mit am Tisch sitzen, dann ist häufig Ärger vorprogrammiert. All das wäre zu vermeiden gewesen, wenn die Benders ein Testament gemacht hätten. Fair wäre gewesen, einen Teil der Firma schon zu Lebzeiten auf ihre ältere Tochter zu überschreiben. Im Testament hätte man dann z.B. regeln können, dass das Miethaus an Petra gehen soll und sie, sollte ihre Schwester die Firma, das Gebäude und die Gewächshäuser verkaufen, einen Teil des Erlöses bekommt. Natürlich gibt es noch andere Möglichkeiten eine gute, einvernehmliche Lösung zu finden. Nur muss man sich halt rechtzeitig, zu Lebzeiten darum kümmern. Der Fall der Benders ist fiktiv, aber sehr nah an der Realität. Er soll zeigen, welche Probleme entstehen können, wenn man sich nicht darum kümmert, den Nachlass zu regeln. Wird erstmal ums Erbe gestritten, dann verliert man auf jeden Fall, nicht unbedingt Geld, auf der Strecke bleiben oft die Familienbande. i Name, Ort und Geschäftszweig sind erfunden. Der Denkanstoß soll exemplarisch für die Probleme stehen, die im Erbfall entstehen können. Herzlichen Gruß Hanna Roth David Roth Bergisch Gladbach im Januar 2020 | Denkanstöße 2 | denkanstoesse-2 | |
Ende ohne Schrecken | Welt am Sonntag | Gärten der Bestattung | gaerten-der-bestattung | ||
Trauerorte sind in erster Linie für die Lebenden da | Magazin Trauer Now | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Dem Tod einen Platz im Leben geben | Saarbrücker Zeitung | Im letzten Hemd | im-letzten-hemd | ||
Symposium zu Leben und Sterben | Saarbrücker Zeitung | Im letzten Hemd | im-letzten-hemd | ||
Denkanstoß 39 – “Endlich ewiges Leben?” | Facebook mit seinem 2,4 Milliarden Usern wird in den nächsten 50 Jahren zum größten (digitalen) Friedhof der Welt. Dann werden mehr Tote dort angemeldet sein als Lebendige. Schon heute besuchen jeden Tag … mehr. | Facebook mit seinem 2,4 Milliarden Usern wird in den nächsten 50 Jahren zum größten (digitalen) Friedhof der Welt. Dann werden mehr Tote dort angemeldet sein als Lebendige. Schon heute besuchen jeden Tag 30 Millionen Menschen die Accounts von Verstorbenen, von denen es heute schon Millionen geben muss. Von Facebook ist dazu keine genaue Zahl zu bekommen. Ewiges Leben wird es in absehbarer Zeit - und dann auch nur im übertragenen Sinne - im Internet geben. Wir alle werden sterben, aber unsere digitalen Existenzen werden weiter bestehen bleiben. Es sei denn, wir treffen Vorsorge und legen eine Liste mit den Passwörtern aller Accounts an, die wir im Laufe unseres Lebens eröffnet haben. Diese Liste sollte im Fall der Fälle dann natürlich jemand in die Hand bekommen, der unseren letzten Willen erfüllt und die Accounts löscht oder als virtuelle Gedenkorte für uns pflegt. Damit auf der Facebookseite nach dem Tod nicht weiter Einladungen oder Freundschaftsanfragen ankommen, sollte das Profil in den Gedenkzustand versetzt werden, der dem Algorithmus sagt, dass der User verstorben ist. Bei Facebook kann man dann auch einen Nachlassverwalter bestimmen, der das Entfernen des Kontos beantragen kann. Mittlerweile bieten die meisten Plattformen solche Dienste an und man sollte sich die Zeit nehmen, sich damit vertraut zu machen. Auch unsere Arbeit wird natürlich durch den Digitalisierungstrend stark beeinflusst. Früher schaute man ins Telefonbuch, bzw. man schaute auf das Telefonbuch. Die Werbeanzeigen der Bestatter waren oft direkt auf den Umschlag der Bücher aufgedruckt. Oder man suchte in der Zeitung unter den Todesanzeigen nach der Adresse eines Bestatters. Heute wird der Bestatter gegoogelt. Unsere Hauptaufgabe ist natürlich nach wie vor der sorgsame und persönliche Umgang mit den Trauernden und die Organisationen eines würdevollen und auch schönen Abschiedes. Aber auch für uns bietet das Netz große Chancen. Auf unserer Website stellen wir unser Bestattungshaus vor und informieren über das, was wir tun und möglich machen können. Bei Facebook posten wir Bilder von unseren Veranstaltungen und teilen interessante Artikel, die wir im Netz finden. Auch auf YouTube sind wir präsent. Dort warten Filme über unser Haus und man kann sich die Konzerte, die jedes Jahr in den Gärten der Bestattung stattfinden, anschauen. Wer Fragen zu den Themen Tod, Trauer und Abschied hat, der bekommt Antworten in unserem Podcast Talk about Tod, der bei Spotify, ITunes und noch anderen Plattformen zu finden ist. Diese digitalen Kontakte sind wichtig. Aber noch wichtiger ist es für uns, mit Ihnen persönlich ins Gespräch zu kommen. Unser Haus steht Besuchern jederzeit offen. Herzlichst Hanna Roth David Roth Bergisch Gladbach im September 2019 | Denkanstöße 2 | denkanstoesse-2 | |
Denkanstoß 37 – “Die-in for Future” | Saskia hatte über die Hälfte der 7b davon überzeugt, mit ihr am Freitag die Schule zu schwänzen und sich für mehr Klimaschutz stark zu machen. Ihre Großeltern waren 68 auf die Straße … mehr. | Saskia hatte über die Hälfte der 7b davon überzeugt, mit ihr am Freitag die Schule zu schwänzen und sich für mehr Klimaschutz stark zu machen. Ihre Großeltern waren 68 auf die Straße gegangen und ihre Eltern hatten in den 80zigern gegen Atomkraftwerke demonstriert. Außerparlamentarischer Widerstand hatte in Saskias Familie Tradition. Ihr Vater war es, der die Fridays for Future Kids auf die Idee brachte, es mit einer wirkungsvollen und vor allem auffälligen Form des Demonstrierens zu versuchen. „Macht doch ein Die-in“, hatte er den Kindern nachgerufen, als sich Saskia mit ihren Klassenkameraden auf den Weg zur Demo machte. Saskia googelte Die-in in der S-Bahn. Der Artikel bei Wikipedia begeisterte sie und ihre Freunde und schnell war man sich einig, dass das genau das richtige Zeichen für die Friday is for Future - Demo wäre. Diese Form des Widerstandes tauchte Ende der 60ziger Jahre auf den Demos der Großeltern der jungen Demonstrantinnen und Demonstranten von heute auf. Die Apo traf sich damals regelmäßig zu Sit-ins, einer gewaltfreien Protestform, bei der man sich zum Sitzstreik niederließ und Straßen und Gebäudeeingänge blockierte. Unvergessen natürlich auch das legendäre Bed-in von John Lennon und Yoko Ono in einem Hotel in Amsterdam. Bei einem Die-in legen sich die Kundgebungsteilnehmer wie tot zu Boden, um so ihren Protest gegen einen aus ihrer Sicht unhaltbaren Zustand auszudrücken, den sie für lebensbedrohend oder unmenschlich halten. Auch die jungen Klimaschützer möchten durch ihre Die-ins wachrütteln und für die Gefahren des Klimawandels sensibilisieren. Als Bestatter wissen wir natürlich um die Wirkung des Todes, selbst wenn nur symbolisch gestorben wird. Der Tod ist der absolute Endpunkt, danach kommt (wahrscheinlich) nichts mehr. Wer zum Die-in aufruft, der hat große Angst davor, dass wir unsere Lebensgrundlagen zerstören. Wünschenswert wäre, dass von den Die-ins ein Weckruf ausgeht, der gehört wird. Wir sind der Meinung, der Tod kann ein guter Lehrmeister zum zivilen Ungehorsam sein. Auch diese Symbolik steckt natürlich in einem Die-in. Vielleicht sind wir als Gesellschaft zu träge geworden und zum Glück wächst da eine neue Generation heran, die bereit ist, für ihre Ziele auf die Straße zu gehen. Saskia und ihre Klassenkameraden erinnern uns mit ihren Die-ins daran, dass es an uns ist, unser Schicksal in die Hand zu nehmen. Herzlichst Hanna Roth David Roth Bergisch Gladbach im September 2019 | Denkanstöße 2 | denkanstoesse-2 | |
Denkanstoß 38 – “Heilsame Abschiede” | Wir machen beinahe täglich die Erfahrung, dass der Ort der Beisetzung und die Gestaltung des Grabes bei der Bewältigung von Trauer eine wesentliche Rolle spielen. Anonyme und halbanonyme Beisetzungsangebote helfen trauernden Menschen … mehr. | Wir machen beinahe täglich die Erfahrung, dass der Ort der Beisetzung und die Gestaltung des Grabes bei der Bewältigung von Trauer eine wesentliche Rolle spielen. Anonyme und halbanonyme Beisetzungsangebote helfen trauernden Menschen kaum. Der für die Trauerbewältigung entscheidende aktive Umgang mit Trauer und Schmerz ist an solchen Orten nicht vorgesehen. Bestattungsrituale gehören zum Menschsein. Die ersten Zeugnisse von Kultur hat man in den Gräbern unserer Vorfahren gefunden. Wir müssen aufpassen, dass wir modernen Menschen uns nicht immer mehr von diesen Traditionen verabschieden. Tod und Trauer sollen sich heutzutage Arbeit und Funktion unterordnen, danach richten wir leider unsere Gesetze und Verordnungen aus. Der Wunsch zu trauern ist älter als jedes Gesetz. Schon unsere Vorfahren haben Bestattungsrituale gepflegt. In einer Höhle in Südafrika mit dem schönen Namen Rising Star wurden Knochen einer bislang unbekannten Menschenart entdeckt. Homo naledi lebte vor über 1 Million Jahren. Die feingliedrigen Frühmenschen waren nur etwa 1,40 m groß und wogen 45 kg. Die Forscher vermuten, dass Homo naledi seine Toten bewusst bestattet hat. Darauf deutet alles in der Höhle hin. Bei uns in unseren Gärten der Bestattung finden zu jeder Tages- und Nachtzeit sieben Tage die Woche Trauerfeiern und Beerdigungen statt. Natürlich auch am Wochenende, denn da haben die meisten Menschen Zeit und Muße. Vielleicht sind deshalb bei uns die Trauerfeiern immer sehr gut besucht, weil wir eben nicht zu den starren Öffnungszeiten von Friedhöfen und Behörden im halbstunden Rhythmus Beerdigungen abspulen. Wir fragen zunächst, was ist gut und richtig für die Trauernden und danach planen wir die Beerdigung. Verordnungen - und dazu zählen wir ausdrücklich auch Friedhofsordnungen mit ihren starren Öffnungszeiten und überkommenen Vorschriften was Grabgestaltung angeht - müssen gelegentlich überdacht und reformiert werden, damit sie weiter in die Zeit passen. Der Wunsch vieler Angehöriger einen wirklichen Erinnerungsort zu haben, den man schön finden kann und an dem man sich wohlfühlt, wenn man an den Verstorbenen denkt, wird heute weitgehend ausgeblendet. Es wird aus psychologischer Sicht übersehen, dass ein gelungener Trauerprozess von der Nähe der Menschen zu den Verstorbenen lebt. Wie es vor diesem Hintergrund gelingen kann, Friedhöfe wieder im Zentrum der Gesellschaft zu etablieren und sie in Zukunft zu einem für Hinterbliebene attraktiven „Raum für Trauer“ zu machen, darum geht es bei dem Kongress am 25. Oktober 2019 im Maternushaus in Köln: Heilsame Abschiede. Herzliche Grüße Hanna Roth David Roth Bergisch Gladbach im Oktober 2019 | Denkanstöße 2 | denkanstoesse-2 | |
Der Tod kommt in den besten Familien vor | Die Familienunternehmer | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Denkanstoß 36 – “So sterben wir” | Die Fritz-Roth-Stiftung verleiht am 25. Mai 2019 um 11.00 Uhr den Medienpreis 2019 an Roland Schulz. Der Autor und Reporter schreibt für das Magazin der Süddeutschen Zeitung. Die Laudatio auf den Preisträger … mehr. |
Das Buch von Roland Schulz trägt außer dem Titel So sterben wir noch den Untertitel Unser Ende und was wir darüber wissen sollten. Diese Überschriften hätten unserem Vater sehr gut gefallen. Nicht wissen müssen und nicht wissen können steht da, sondern wissen sollten. Fritz Roth war überzeugt davon, dass jeder Mensch sich mit Tod und Trauer auseinandersetzen sollte und zwar nicht erst wenn Eltern oder Freunde und Bekannte tot im Sarg liegen. Unser Vater wollte den Tod zurück ins Leben holen, er wollte ihn im Alltag sichtbar und erfahrbar machen. Er war überzeugt davon, dass Menschen, die an dieser Stelle nicht wegschauen, ein erfüllteres Leben führen würden. Diese Gedanken sind bis heute die Grundlage unserer Arbeit im Bestattungshaus Pütz-Roth. Tod und Sterben Raum zu geben, die Möglichkeit zu schaffen, darüber nachzudenken und sich mit der eigenen Endlichkeit vertraut zu machen, darum geht es uns und darum geht es auch in dem Buch von Roland Schulz. In seinem Bestseller So sterben wir beschreibt der Autor eindrucksvoll und berührend was passiert, wenn wir vom Leben Abschied nehmen. Was passiert im Körper? Was fühlt man – Trauer, Schmerz? Und dann, wenn der Herzschlag verstummt ist? Was geschieht mit dem Leichnam, bis man bestattet ist? Sterben, Tod und Trauer sind unumgänglich, für jeden von uns. Und doch wissen wir kaum etwas darüber. Roland Schulz findet Worte für das Unbeschreibliche und gibt Antworten auf die tiefsten Fragen des Lebens. Roland Schulz spricht die Leser direkt an, was eine besondere Nähe schafft. Man kann dieses Buch nicht lesen, ohne über den eigenen Tod nachzudenken: Tage vor deinem Tod, wenn noch niemand deine Sterbestunde kennt, hört dein Herz auf, Blut bis in die Fingerspitzen zu pumpen. Wird anderswo gebraucht. In deinem Kopf. Im Kern deines Körpers, wo deine Lunge liegt, dein Herz, deine Leber. Auch aus den Zehenspitzen zieht sich das Blut zurück. Deine Füße werden kalt. Dein Atem verflacht. Die Sinne schwinden. Dein Körper leitet den Abschied vom Leben ein. Mit diesen Worten nimmt Roland Schulz den Leser mit auf die letzte Reise. Eindringlich beschreibt er, was wir während unserer letzten Tage und Stunden erleben. Er verfolgt die Reise des Körpers von der Leichenschau bis zur Bestattung und fragt schließlich, was Sterben und Tod für diejenigen bedeutet, die zurückbleiben: Wie trauern wir – und wie können wir weiterleben? In einem Zeitungsinterview (Tagesspiegel 25.03.2019) wurde Roland Schulz gefragt, ob die Beschäftigung mit dem Tod für ihn eher befreiend oder bedrückend war? Auch wir werden das öfter gefragt. Wir können jedes Worts seiner Antwort nur bestätigen: Wir freuen uns sehr, dass wir als Laudator Eric Wrede gewinnen konnten, der ebenfalls ganz im Sinne von Fritz Roth nicht müde wird, über Tod und Trauer in der Öffentlichkeit zu sprechen und so auf seine Art immer wieder Denkanstöße gibt, sich mit dem Unvermeidbaren vertraut zu machen. Durch seine Interviews und Talkshowauftritte hat er viel dafür getan hat, dass Trauer und Tod in den populären Medien sichtbar werden. Nach einer steilen Karriere als Musikmanager wechselte Eric Wrede die Branche. Als er eines verregneten Sommertages das Radio anschaltet und ihm die Geschichte vom Trauerbegleiter Fritz Roth entgegenschallt, macht es Klick. Eric entschließt sich Bestatter zu werden. Er lernt das Handwerk in einem klassischen Berliner Betrieb. 2014 gründet er sein eigenes Unternehmen mit dem ungewöhnlichen Namen lebensnah-Bestattungen. Sein Buch vom Tod und sein Podcast The End sind bundesweit auf große Resonanz gestoßen. Eric Wrede ist einer der bekanntesten Bestatter in Deutschland. Gemeinsam mit Roland Schulz und Eric Wrede wollen wir einen Blick werfen auf den Tod und wie er heute in der Medienwelt wahrgenommen wird. Wie schon beim letzten Mal, als wir den Preis an den Bergsteiger Georg Kronthaler vergeben durften, der seinen tödlich verunglückten Bruder Markus von den Höhen des Broad Peak nach Hause nach Österreich geholt hat, erwarten wir auch an diesem Tag wieder eine berührende und inspirierende Veranstaltung. Herzlichst Hanna Thiele-Roth David Roth Bergisch Gladbach im Mai 2019 | Denkanstöße 2 | denkanstoesse-2 | |
Pastorales Projekt in Köln-Longerich | domradio | Koffer für die letzte Reise | koffer-fuer-die-letzte-reise | ||
Einladung zur Besinnung-103 Koffer in Longerich | Kölner Wochenspiegel | Koffer für die letzte Reise | koffer-fuer-die-letzte-reise | ||
Denkanstoß 35 – “Freude” | Vielleicht wird es Sie wundern, aber Freude spielt in unserem Berufsalltag als Bestatter eine große Rolle. Die Trauernden, die zu uns kommen, erleben die schlimmsten Momente ihres Lebens. Die Mutter, der Vater, … mehr. | Vielleicht wird es Sie wundern, aber Freude spielt in unserem Berufsalltag als Bestatter eine große Rolle. Die Trauernden, die zu uns kommen, erleben die schlimmsten Momente ihres Lebens. Die Mutter, der Vater, die Partnerin, der Partner, die Freundin, der Freund, die Tochter oder der Sohn ist gestorben. Der Tod eines geliebten Menschen ist für viele schlimmer als der eigene Tod. Die Dichterin Mascha Kaléko hat das in ihrem Gedicht Memento ganz wunderbar ausgedrückt: Vor meinem eignen Tod ist mir nicht bang, Allein im Nebel tast ich todentlang Der weiß es wohl, dem gleiches widerfuhr; Menschen in den dunkelsten Stunden beizustehen, ist für uns als Bestatter etwas Erfüllendes. Beistand zu leisten, da zu sein, helfen zu können, bereitet uns im wahrsten Sinne des Wortes Freude. Wer in tiefer Trauer ist, für den scheint der Gedanke wieder Freude empfinden zu können, sehr weit weg. Die Welt erscheint dunkel und trostlos. Durch die Art, wie wir mit den Angehörigen den Abschied organisieren und gestalten, versuchen wir eine besondere Form der liebevollen Erinnerung möglich zu machen. Viele Trauernde öffnen sich uns gegenüber in den Gesprächen und erlauben so eine große Nähe herzustellen. Vertrauen entsteht und mit der Zeit ist da nicht nur der Schmerz und die Verzweiflung, einen geliebten Menschen unwiederbringlich verloren zu haben, mit der Zeit spürt man ein Gefühl der Dankbarkeit für die schönen Stunden, die man mit dem Verstorbenen verbringen durfte. Man erinnert sich an liebevolle Blicke, zärtliche Berührungen und wunderbare Gespräche. Und auf einmal ist da neben der Trauer Freude spürbar, dass es den Menschen, der gestorben ist, gegeben hat. Möglich wird das dadurch, dass man eben nicht versucht, vor der Trauer davon zu laufen, sich abzulenken, oder den Schmerz zu verdrängen. Im Gegenteil, der Abschied bietet die Chance sich dem Verstorbenen noch einmal intensiv zuzuwenden. Wir raten den Trauernden, sich einige Zeit an den offenen Sarg zu setzen, sich zu erinnern, vielleicht noch einmal das Wort an den Toten zu richten und so wirklich Abschied zu nehmen. Den Toten zu sehen, ihn noch einmal zu berühren, hilft mit allen Sinnen zu begreifen, was geschehen ist. Familienangehörigen, Freunden und Verwandten die Möglichkeit zu geben, sich persönlich zu verabschieden, all das stärkt die Gefühle, die Nähe und Verbundenheit entstehen lassen. Zusammen zu trauern, schafft ein starkes Gemeinschaftsgefühl und hilft mit der neuen Situation umzugehen. Trauerfeiern bieten die Chance, Familienbande enger zu knüpfen und Menschen zu treffen, die man vielleicht viele Jahre nicht gesehen hat. Wenn es gelingt, aus dem Abschied eine wahre Feier zu machen, kann auch so das Gefühl der Freude entstehen. Wir haben auf Beerdigungen Situation erlebt, wo außer tiefer Trauer auch immer wieder Fröhlichkeit zu spüren war, weil es den Verwandten und Freunden gelang, die schönen Momente, die sie mit dem Verstorbenen erlebt haben, aufleben zu lassen. Es gibt aber auch Trauerfeiern, bei denen man das Gefühl hat, dass sie nur als Pflichtveranstaltungen empfunden werden und nach Ritualen ablaufen, die den Verstorbenen oft nicht gerecht werden. Da reden Menschen über die Toten, die sie gar nicht gekannt haben, die Lieblingssongs der Verstorbenen schallen durch kalte Trauerhallen und nach 25 Minuten ist der lieblose Spuk vorbei. In einer solchen Situation kann natürlich keine Freude aufkommen. Wenn eine Trauerfeier ohne Zeitdruck an einem Ort stattfindet, der dem Verstorbenen etwas bedeutet hat, wenn Familienangehörige und Freunde über den Verstorbenen erzählen und so die gemeinsam verbrachten Stunden noch einmal aufscheinen lassen, wenn beim Abschied geweint, gelacht und sich liebevoll erinnert wird, dann können auch Trauernde Freude empfinden. Herzlichst Hanna Thiele-Roth David Roth Bergisch Gladbach im Februar 2019 RückmeldungenZu diesem Denkanstoß "Freude" haben wir schöne und bewegende Rückmeldungen erhalten. Hier einige der Mails, die uns erreicht haben: Danke für den Denkanstoß, er gefällt mir ganz besonders gut und bereichert auch wieder meine Arbeit. Sie sprechen mir aus vollem Herzen! Sehr geehrte Frau Roth, es wird Zeit, dass ich Ihnen einmal für Ihre Denkanstöße danke, insbesondere, weil das Gedicht von Frau Mascha Kaléko "Memento" das ausdrückt, was auch ich empfinde. Der überlebende Ehepartner ist in meinen Augen derjenige, dem das Schicksal nicht hold ist. Deshalb habe ich meine Beerdigungsfeier zu Papier gebracht. Mit freundlichen Grüßen Liebe Familie Roth, in früheren Jahren schrieb ich schon mal ab und an, wenn auch selten an Fritz Roth, der mich innerlich lange begleitete, und dessen Sein & Wirken ich in meinem Herzen sehr wertschätzte. Ihr heutiges Schreiben animiert mich in einem spontanen Impuls, etwas über mein / unser persönliches Erleben von Freude im Zusammenhang des Sterbens eines nahen Menschen zu teilen. An einem Sonntag im Sommer 2004 waren meine damalige Ehefrau (die aus dem Iran stammt) unsere ältere Tochter (die ebenfalls im Iran geboren wurde) und ich in Stuttgart auf einem sog. Kana-Familientreffen der Bewegung Chemin Neuf. Meine Frau hatte sich irgendwann entschlossen zum Christentum zu konvertieren, und auch meine Tochter wurde christlich getauft... Wir hatten dann irgendwann begonnen auf den Impuls eines nahen französischen Familienfreundes und Diakons Kontakt zu der Gemeinschaft von Chemin Neuf aufzubauen und an deren Kana-Angeboten Wir waren an diesem Sonntagnachmittag noch nicht ganz zu Hause, in unserem Haus in der Südpfalz angekommen, als das Telefon klingelte. Ich hatte noch nicht meine Jacke und Schuhe ausgezogen. Wir waren gerade ins Haus eingetreten. Unser Sohn und sein Freund hatten sich scheinbar mit dem Wagen überschlagen und sind dann mit dem Dach frontal gegen einen Baum geprallt... Sie waren im Wagen eingeklemmt. Der Wagen sah schlimm aus. Die beiden gaben kein Lebenszeichen von sich. Wir sahen relativ viel Blut. Bis Polizei, Feuerwehr, Notarzt, Rettungskräfte usw. eintrafen, waren wir ganz nah bei unserem Sohn, nur durch die demolierte die beiden Jungs einklemmende Karosserie getrennt. Nun in der Folge beschlagnahmte die Polizei den Leichnam unseres Sohnes, da die Unfallumstände nicht geklärt waren und wohl u.a. der Verdacht bestand, Der beschlagnahmte Leichnam unseres Sohnes wurde zunächst in einem Leichenraum der Justiz in einer von unserem Wohnort nahegelegenen Stadt aufbewahrt, bevor er dann später irgendwann in die Leichenhalle am Friedhof unseres Wohnortes gebracht wurde. Während unser Sohn dort lag, bekam ich irgendwann einen Anruf von dort. Mir wurde mitgeteilt das der Leichnam jetzt freigegeben wurde, und die Frage gestellt, ob wir als Familienangehörige selber den Leichnam unseres Sohnes waschen und neu anziehen wollten... Die ganze iranische Großfamilie war mittlerweile in unserem Haus versammelt. Ich beriet mich mit den nahen Familienangehörigen meiner iranischen Frau. Ich rief die iranische Psychotherapeutin von meiner Frau an, die ich gut kannte, denn ich war öfters bei den psychotherapeutischen Sitzungen mit dabei gewesen. So fuhren meine Frau und ich zu unserem Sohn, um ihn gemeinsam zu waschen und seine Kleider zu tauschen und ihn neu und frisch anzuziehen... Wir wurden sehr behutsam und achtsam in den Raum geführt wo unser Sohn lag, dann wurden wir alleine gelassen. Die Welt schien still zu stehen, in dieser so außergewöhnlichen zeitlosen Zeit, in diesem raumlosen Raum, in diesem so außergewöhnlichem Erleben, von tiefster Schönheit, tiefster Freude, tiefster Zärtlichkeit, tiefster Liebe, Gleichzeitig zeigte meine Frau eine enorme unvorstellbare innere Kraft und Stärke, in keinem Moment, schien sie von ihrem Schmerz, ihrer Trauer überwältigt zu werden, darin zu versinken. Nie zuvor und nie danach habe ich eine solche tiefe Schönheit, Harmonie, Freude und Schmerz zugleich erfahren und wahr-nehmen können. Viele Jahre später las und hörte ich zum ersten Mal die Worte von Thích Nhất Hạnh: Mein Herz wusste sofort, fühlte sofort in aller Tiefe, was diese Worte von Thay in seiner Tiefe bedeuten, was hinter diesen Worten verborgen lag... Ich habe jetzt viel und sehr persönliches, intimes geschrieben mit geteilt... Ich habe dies jetzt auch an und für Fritz Roth geschrieben, in dankbarer und wertschätzender Er-Innerung an sein, Sein und Wirken. Ich danke Ihnen von Herzen, das sie sein Wirken, sein Lebenswerk nun in ihrem Leben, mit ihrem Leben und in ihrer Art und Weise fortführen... Mit herzlichen Grüßen. (Für diese sehr persönlichen Zeilen als Rückmeldung auf unseren Denkanstoß sind wir sehr dankbar. Auf Wunsch des Verfassers möchten wir seinen Namen hier nicht veröffentlichen.) Liebe Familie Roth, Danke für den immer wieder interessanten Newsletter. Ich habe ihn mit Interesse gelesen und bin über einen Absatz gestolpert, der mir als Trauerrednerin und Trauerbegleiterin (in Ausbildung) wirklich Bauchschmerzen macht. "Es gibt aber auch Trauerfeiern, bei denen man das Gefühl hat, dass sie nur als Pflichtveranstaltungen empfunden werden und nach Ritualen ablaufen, die den Verstorbenen oft nicht gerecht werden. Da reden Menschen über die Toten, die sie gar nicht gekannt haben, die Lieblingssongs der Verstorbenen schallen durch kalte Trauerhallen und nach 25 Minuten ist der lieblose Spuk vorbei." Ich finde es schade, dass in einem Absatz verbunden wird, dass es lieblose Trauerfeiern gibt, die als Pflichtveranstaltungen empfunden werden + Da reden Menschen über die Toten, die sie gar nicht gekannt haben… Ja, es gibt solche „Veranstaltungen“, aber nur weil ein Mensch über den Verstorbenen redet, den er nicht kannte und Musik, gespielt wird, die dem Toten etwas bedeutet hat, heißt das ja nicht zwingend, dass es ein „liebloser Spuk“ ist. Ich bin seit einem Dreiviertel Jahr Trauerrednerin und das mit Leib und Seele. Ich mache meine Angehörigengespräche immer persönlich, nur im absoluten Notfall per Telefon (z.B. wenn ich noch Infos von Familienangehörigen haben möchte, die weiter weg wohnen und am Gespräch nicht teilnehmen können), nehme mir zwei bis drei Stunden Zeit und bleibe so lange mit den Angehörigen in den Erinnerungen, bis ich das Gefühl habe, ich habe den Toten persönlich gekannt. In diesen Gesprächen kommt alles vor: Tränen, Lächeln, Lachen. Und ich ermutige die Angehörigen auch bei der Musikauswahl Lieder zu wählen, die wirklich zum Toten passten und die auch den Angehörigen gut tun. Gerade in unserer sehr katholisch geprägten „Beerdigung-Kultur“ sind da oft ganz große Hemmungen, auch mal Rock oder Pop zu spielen, obwohl das dann besser passen würde als irgendwelche „guten“ Beerdigungslieder… Es schwingt da oft die Angst mit „Was werden die anderen sagen?“ Ich rege oft noch an, persönliche Grabbeigaben auszuwählen, Briefe zu schreiben, den Sarg oder die Urne zu bemalen etc. So dass die Trauernden selber aktiv werden können. Ich schlage Rituale vor und wir suchen dann gemeinsam aus, welches Ritual wirklich passt oder ob es überhaupt ein Ritual sein soll. Auch das Vater Unser wird oft gewünscht, da mindestens 50% der Verstorbenen noch in der Kirche waren, ihren Glauben hatten, aber mit dem „Bodenpersonal“ nichts mehr zu tun haben wollten. Und ich bin so glücklich, wenn ich nach dem Gespräch nach Hause gehe und spüre, dass ich den Angehörigen die Angst vor dem Abschied nehmen konnte. Und nach den Trauerfeiern gehe ich beglückt nach Hause, wenn ich merke, dass der Abschied so war, wie die Angehörigen es wollten, wie es ihnen gut tat. Um es kurz zu machen: Auch wenn ich den Verstorbenen nicht gekannt habe, setze ich soviel Herzblut und Arbeit in die Gestaltung der Trauerfeier und Rede, dass ich als Rückmeldung immer bekomme „Es war traurig, aber es war ein guter Tag“. "Ein guter Tag“, „ein schöner Abschied" - mehr Lob geht für mich als Trauerrednerin nicht. Es wäre schön, wenn Sie in einem Ihrer nächsten Newsletter das Thema „TrauerrednerInnen“ aufnehmen könnten. Denn tatsächlich gibt es da große Qualitätsunterschiede, vom „ Routinier mit Profi-Betroffenheitsmiene“ bis hin zu TrauerrednerInnen, die sich wirklich für die Verstorbenen und Angehörigen interessieren und denen es eine Herzensangelegenheit ist, einen guten Abschied zu ermöglichen. Einen ganz persönlichen, individuellen Abschied, der für den Trauerweg, der vor den Angehörigen und Freunden liegt, hilfreich ist. Es gibt ja durchaus Kriterien, anhand derer man schon vorab feststellen kann, wie emphatisch ein Mensch ist. Anrufe, die Stimme schon mal hören, Empfehlungen von Angehörigen, genaues Nachfragen über den Ablauf, ohne dass der „Dienstleister „ ungeduldig wird. Können auch Ecken und Kanten des Verstorbenen angesprochen werden und so weiter. Ich fände das ein wichtiges Thema. Mir sagte mal ein Bestatter (!) „irgendwann ist das für Sie auch Routine und Sie spulen Ihre Fragen nur noch ab“… Meine Antwort war: „Wenn das der Fall ist, dann gebe ich den Beruf auf“. Und so wäre das dann auch. Ganz herzliche Grüße Franziska Feldsieper | Denkanstöße 2 | denkanstoesse-2 | |
Denkanstoß 34 – “Den Tod ins Leben holen!” | Trauer braucht eine Heimat, einen Ort zu dem man gehen kann und der was mit dem Verstorbenen zu tun hat. Wenn auf Friedhöfen der Leichnam oder die Asche in der Erde ruht … mehr. | Trauer braucht eine Heimat, einen Ort zu dem man gehen kann und der was mit dem Verstorbenen zu tun hat. Wenn auf Friedhöfen der Leichnam oder die Asche in der Erde ruht und der Name am Grab erkennbar ist, dann wird aus dem Ort der letzten Ruhe ein persönlicher Erinnerungsplatz. Da immer mehr Tote verbrannt werden, sind wir mittlerweile an den Umgang mit Totenasche gewöhnt. Es gibt sogar Länder wie Belgien und die Schweiz wo jeder die Urne eines geliebten Menschen zuhause aufbewahren oder sie im Garten beisetzen darf. In Deutschland schreibt der Gesetzgeber vor, dass Urnen nur auf Friedhöfen, in Columbarien oder eben in Bestattungswäldern beerdigt werden dürfen. Warum eigentlich? Wenn keine Gefahr von der Asche ausgeht und die Menschen immer mehr den Wunsch verspüren, Tote nicht mehr auf normalen Friedhöfen zu bestatten, warum denken wir nicht einfach mal über ganz neue Formen des Abschieds und der Beisetzung nach? Kreuze nach Unfällen am Straßenrand, das Blumenmeer vor dem Haus eines Prominenten oder die Kerzen, die angezündet werden, an Orten an denen Menschen gewaltsam zu Tode kamen, zeigen uns, dass es ein Bedürfnis nach öffentlich gezeigtem Gedenken und öffentlicher Trauer gibt. Der Erfolg der Bestattungswälder und das wachsende Bedürfnis nach sichtbarem Ausdruck und Teilen der Trauer sollte uns ermuntern, neue Wege lebendiger Trauer zu gehen. Stellen Sie sich folgendes vor: Sie fahren an einem Kreisel vorbei. Oft werden diese Verkehrsknotenpunkte mit Kunst verziert, manchmal einfach bepflanzt oder zugepflastert und dann sich selbst überlassen. Oder denken Sie an die Linde auf dem Marktplatz, den Grünstreifen vor dem Rathaus, oder der große Platz vor dem Supermarkt, denkbar wäre natürlich auch der Kastanienbaum direkt bei Ihnen vor dem Haus. Gute Plätze für Gedenkorte gibt es überall. Warum erlaubt man nicht, Urnen an diesen zentralen Orten zu bestatten, mitten im Leben? Die Toten wären nicht mehr an den Ortsausgang oder in einen Bestattungswald verbannt. Wir würden jeden Tag an unseren Ahnen vorbei spazieren und an sie erinnert werden. Es würde Kreisel geben, auf denen man die Urnen einfach in die Wiese legt und keine Grabpflege nötig wäre und es würde Kreisel geben, auf denen die Menschen, ähnlich der Kreuze am Wegesrand, richtige Gedenkorte mit Bildern, Skulpturen, Blumen und Kerzen schaffen könnten und dann natürlich liebevoll pflegen würden. Für den Baum direkt vor der Haustür oder auf dem Marktplatz unter dem die Urne eines geliebten Menschen begraben liegt, würde man sich selbstverständlich verantwortlich fühlen und ihn hegen und pflegen. Was ginge davon für ein wunderbares Signal aus. Die Verstorbenen und die Trauernden blieben sichtbarer Teil der Gemeinschaft. Das Bedürfnis nach öffentlicher Trauer wächst und Behörden, Bestatter und Friedhofsbetreiber sollten es zulassen und auf eine gewisse Art auch legalisieren. Im November gedenken wir traditionell der Toten. Wir möchten Sie dieses Jahr einladen, auch über unsere Vorschläge nachzudenken. Wahrscheinlich werden die Kreisel auch in Zukunft einfach Kreisel bleiben und auch auf dem Marktplatz und in der Fußgängerzone wird es keine Gräber geben. Aber ein guter Gedanke bleibt es auf jeden Fall, die Toten näher zu uns zu holen und sie so in unserer Erinnerung am Leben zu halten. Herzlichst Hanna Thiele-Roth David Roth Bergisch Gladbach im November 2018 | Denkanstöße 2 | denkanstoesse-2 | |
Die Trauer bewusst zulassen | Siegener Zeitung | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Denkanstoß 33 – “Andi kommt nicht mehr” | Unruhe in der Firma. Andi Schubert, Art Director einer großen Werbeagentur, ist heute Morgen nicht zum Meeting erschienen. Der Kunde ist sauer und der Auftrag in Gefahr. Sein Boss Werner Herweg schnappt … mehr. | Unruhe in der Firma. Andi Schubert, Art Director einer großen Werbeagentur, ist heute Morgen nicht zum Meeting erschienen. Der Kunde ist sauer und der Auftrag in Gefahr. Sein Boss Werner Herweg schnappt sich das nächstbeste Telefon und ruft bei den Schuberts an. Plötzlich wird der Chef nachdenklich, sein Ärger weicht stiller Anteilnahme: Andi Schubert ist tot. Ums Leben gekommen bei einem Verkehrsunfall auf der A5 auf dem Weg in die Agentur. Eine halbe Stunde später haben die Bildschirmschoner die Herrschaft in der zweiten Etage übernommen. Niemand kann jetzt arbeiten. Fassungslos stehen die Kollegen in den Fluren, Sätze wie „bitte, WAS ist passiert?“ und „das kann doch nicht sein, ich hab doch noch mit ihm telefoniert“ schwirren durch offene Bürotüren an einsam klingelnden Telefonen vorbei. Jedes Jahr gibt es beinahe eine Million Sterbefälle in Deutschland. Das bedeutet beinahe eine Million Mal trauernde Angehörige, die natürlich auch Mitarbeiter und Kollegen sind. Zwei Tage Sonderurlaub werden nächsten Angehörigen in der Regel gewährt, dann hat man wieder voll funktionsfähig am Arbeitsplatz zu erscheinen. Wer kann schon in zwei Tagen den Schock über den Verlust eines geliebten Menschen verarbeiten und zur Tagesordnung übergehen? Im Büro ist für Privates nur wenig Raum. Wir behaupten, durch unterdrückte, falsch gelebte Trauer entsteht jedes Jahr ein volkswirtschaftlicher Schaden, der in die Milliarden geht. Trauer am Arbeitsplatz zulassen, offen mit dem Verlust umgehen, auch wenn man vermeintlich Schwäche zeigt, wäre eine Alternative zur stummen Ignoranz, mit der Trauerfällen im Berufsalltag häufig begegnet wird. Kehren wir noch einmal zur Agentur und Andi Schubert zurück. Das ist Andis Chef nicht genug. Werner Herweg will nach dem Tod von Andi Schubert nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, er will seinen Mitarbeitern in diesen schweren Wochen zeigen, dass sie nicht nur als Kolleginnen und Kollegen geschätzt, sondern auch als Menschen geachtet werden, dass sie mehr sind als Namenschilder an Office-Türen, die sich nach Belieben austauschen lassen. Herweg legt im Empfangsbereich der Firma ein Kondolenzbuch aus, in dem sich schon nach kurzer Zeit die Seiten füllen. Oft steht da einfach nur: "Ich denke an dich. Du fehlst uns.“ Der Chef selbst schreibt ein ganzes Dossier hinein, in dem er die Verdienste des Kollegen für die Firma würdigt, aber auch seine Macken, seinen Humor, seine Sensibilität und Freundlichkeit erwähnt. Dann lässt Werner Herweg auf dem schmalen Grünstreifen, der das Gebäude vom Parkplatz trennt, eine Birke pflanzen. Mittlerweile sind zwei Jahre vergangen. Wenn die Mitarbeiter der Agentur heute an der jungen Birke vorbeikommen, deren Blätter in der Sonne leuchten, werden sie nicht nur an Andi Schubert erinnert. Sie werden auch daran erinnert, dass hinter ihrem toughen, erfolgshungrigen Chef ein Mensch steckt, der Gefühle zulässt und für den seine Untergebenen nicht nur funktionierende Mitarbeiter sind. Die gemeinsame Trauer um Andi Schubert hat bewirkt, dass die Abteilung von Werner Herweg noch enger zusammengerückt ist. In der Agentur gilt sie als eingeschworener Haufen, das kleine „gallische Dorf“ in der zweiten Etage. Das hätte Andi gefallen. Herzlichst Hanna Thiele-Roth David Roth Bergisch Gladbach im Oktober 2018 | Denkanstöße 2 | denkanstoesse-2 | |
Denkanstoß 32 – “Der Pfad der Sehnsucht” | Der Pfad der Sehnsucht beginnt mit der mehrfach gewundenen vergoldeten Linien-Skulptur aus Eisenblech von Knopp Ferro. Diese Arbeit spiegelt den Verlauf jedes menschlichen Seins. Über Jahrhunderte sind wir zum „Cogito, ergo sum“, … mehr. | Der Pfad der Sehnsucht beginnt mit der mehrfach gewundenen vergoldeten Linien-Skulptur aus Eisenblech von Knopp Ferro. Diese Arbeit spiegelt den Verlauf jedes menschlichen Seins. Über Jahrhunderte sind wir zum „Cogito, ergo sum“, „ich denke, also bin ich“ erzogen worden. Die gesamte Installation lädt den Betrachter ein, sich einem „Credo, ergo sum“, „ich glaube, also bin ich“ zu öffnen. Deshalb verlässt er die Rationalitätsebene und steigt symbolisch ab auf eine emotionale Ebene. Es ist unmöglich, einem Zurückbleibendem ein Konzept für seinen Trauerweg vorzugeben, aber es ist möglich, ihm ein Gespür zu vermitteln, dass er auch über den Tod hinaus von den „guten Mächten“ derer, die er irdisch vermisst, begleitet wird. Jeder Tod ist für den, der damit leben muss, wie eine Lawine, ein Erdbeben, ein Zusammenbruch bestehender Lebensvorstellungen. Der Tod – symbolisiert durch eine Gerölllawine – bricht in die alltägliche Welt ein. Der Betrachter muss seinen Weg durch ein Trümmerfeld finden. Und wenn er versucht, die Bruchstücke zu sortieren, entdeckt er die Spuren, die von der Lebensbahn des Verstorbenen zurückgeblieben sind. Der weitere Weg führt in einen Glasgang. Die rechte Kopfwand wird durch das übergroße Foto einer menschlichen DNA-Analyse bestimmt. Sie vermittelt dem Betrachter die Einzigartigkeit jeden menschlichen Seins. Der Glasboden symbolisiert die Zerbrechlichkeit und gleichzeitig die Wertigkeit jeder menschlichen Beziehung. Die Wand mit den Namen verdeutlicht dem Betrachter, wie viele Menschen ihn auf seinem Lebensweg begleiten. Gleichzeitig entsteht Erinnerung über das bewusste Wahrnehmen von Gegenständen, die in einem Glasregal lagern. Da liegt ein Kochlöffel, ein Spielzeugauto, zwei Figuren von einer Hochzeitstorte, eine Lesebrille, ein Buch, ein Skateboard, eine bemalte Porzellanplatte und vieles mehr. Mit der bewussten Wahrnehmung der Namen und der konkreten Erinnerungsstücke durchwandert der Betrachter auch diverse Stationen seines eigenen Lebens. Dies ruft Träume, Gefühle und besonders Sehnsüchte nach Geborgenheit, Wärme, Heimat, Kindsein hervor. Am Ausgang des Weges durch den Kunstgang ist eine Videoprojektion zu sehen. Es schneit auf eine Sommerwiese, aus der die Samen von Pusteblumen aufsteigen. Die Videoinstallation in Schwarz und Weiß steht im Kontrast zur realen Welt, in die man durch eine Tür wieder hinaustritt. Diese reale Welt, die wir täglich geschenkt bekommen und die wir täglich erfahren dürfen, ist viel bunter und lebendiger als all die uns so vertrauten Scheinwelten. Sie muss nur immer wieder neu entdeckt werden. Und so verlässt der Betrachter die Ebene der Gefühle und Beziehungen vielleicht etwas sehender, vielleicht etwas mutiger und hoffentlich etwas lebendiger: Er wagt einen neuen Gang in das alltägliche Leben, wohl spürend, dass er in seiner ihm noch verbleibenden Zeit von denen begleitet wird, die er irdisch vermisst. Wir möchten Sie herzlich einladen, den Pfad der Sehnsucht in unserem Haus zu besuchen. Herzlichst Hanna Thiele-Roth David Roth Bergisch Gladbach im September 2018 Hier einige Impressionen von unserem Pfad der Sehnsucht: [gallery link="file" columns="4" ids="4354,4353,4355,4348,4349,4350,4351,4352,4356"] | Denkanstöße 2 | denkanstoesse-2 | |
Trauer braucht ihre Zeit | Bild der Wissenschaft | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Revolutionär der letzten Ruhe | Handwerksblatt.de | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Denkanstoß 31 – “Das letzte Hemd hat viele Farben” | Wir wollen Mut machen, Trauer auszuleben, und zwar so, wie es den Hinterbliebenen guttut, nicht so, wie es die Gesellschaft von ihnen erwartet. Sabine Bode und ich erzählen in unserem neuen Buch … mehr. | Wir wollen Mut machen, Trauer auszuleben, und zwar so, wie es den Hinterbliebenen guttut, nicht so, wie es die Gesellschaft von ihnen erwartet. Sabine Bode und ich erzählen in unserem neuen Buch Das letzte Hemd hat viele Farben von Hinterbliebenen, die sich entgegen der genormten Begräbniskultur sehr bewusst und ganz persönlich von ihren Lieben verabschiedet haben. Diese wertvollen Erfahrungen sollen Trauernden helfen, ihren eigenen Weg zu gehen. Denn nur der individuelle Abschied schafft die Voraussetzung, eines Tages wieder Lebensfreude empfinden zu können. Trauer braucht Gemeinschaft, Zeit und Raum und die Freiheit, sich von den Erwartungen und Konventionen der Gesellschaft zu lösen. Vieles hat sich verändert, seit mein verstorbener Vater Fritz Roth und Sabine Bode Der Trauer einer Heimat geben veröffentlicht haben. Leider nicht zum Besseren. Unsere Gesellschaft ist mobiler geworden, die Arbeit ist noch mehr in den Mittelpunkt des Lebens gerückt. Das hat Auswirkungen auf die Art, wie wir trauern. Für einen lebendigen Umgang mit dem Tod lautete damals die Unterzeile des Buches. Unser Vater forderte zusammen mit Sabine Bode ein radikales Umdenken im Umgang mit Sterben und Tod. Es war auch damals nicht erwünscht, dass Hinterbliebene offen ihren Schmerz zeigen – schon gar nicht über einen längeren Zeitraum hinweg. Statt stimmigen Abschiedsritualen begegnete man früher und auch heute noch einer genormten und gefühlsarmen Begräbniskultur. Zeit und Raum für eine intensive Auseinandersetzung mit Gefühlen sind nicht vorhanden. Dabei hat unterdrückte Trauer nicht selten schlimme Folgen für die körperliche und seelische Gesundheit. Leider ist Trauer aus dem öffentlichen Bewusstsein so gut wie verschwunden. Wir verstecken die Toten hinter hohen Friedhofsmauern. Wir kleiden uns während des Trauerjahres nicht mehr schwarz und häufig ist das, was wir Abschied nennen, nur eine standardisierte Zeremonie, die die meisten Menschen viel zu schnell hinter sich bringen. Unser Buch will zeigen, wie man es anders, besser machen kann. Der Tod gehört zum Leben. Der Tod zeigt uns, dass unsere Lebenszeit begrenzt ist und macht damit jede Stunde unseres Lebens wertvoll. Wir können vom Tod sehr viel lernen, wenn wir uns trauen hinzusehen. Wem das gelingt, der lebt intensiver und vielleicht sogar glücklicher. Wir hoffen, dass sich die Menschen in Zukunft wieder mehr Zeit nehmen, um zu trauern, dass sie zusammen kommen, die schweren Stunden mit der Familie oder Freunden verbringen und einen Ort finden, an dem Ihre Trauer eine Heimat findet. Herzlichst Hanna Thiele-Roth David Roth Bergisch Gladbach im April 2018 | Denkanstöße 2 | denkanstoesse-2 | |
Neue Heimat für die Trauer | KStA | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Ein Jubiläum zum Anecken – Ausstellung im Peschkenhaus in Moers | Zeitung | Im letzten Hemd | im-letzten-hemd | ||
Denkanstoß 30 – “Sterben wir wirklich so, wie wir gelebt haben?” | Die Antwort auf diese alte Weisheit – manche würden sagen Binsenweisheit – können wir mit Nein beantworten. Was früher wahrscheinlich als Drohung gemeint war, um ein anständiges Leben zu führen, davor muss … mehr. | Die Antwort auf diese alte Weisheit - manche würden sagen Binsenweisheit - können wir mit Nein beantworten. Was früher wahrscheinlich als Drohung gemeint war, um ein anständiges Leben zu führen, davor muss heute, alleine schon durch die moderne Palliativmedizin, niemand mehr Angst haben. Das körperliche Leid am Ende des Lebens, das viele wahrscheinlich mehr fürchten als den Tod selbst, kann von der modernen Medizin gelindert werden. Heutzutage gibt es Wege, den Menschen in Hospizen, Krankenhäusern, Pflegeheimen und zuhause einen würdigen und auch schmerzfreien Tod zu ermöglichen. Nach einer Studie der Universität Hohenheim setzen sich 83 % der Deutschen mit dem Thema Sterben auseinander. Das ist gut so, denn einen schnellen, überraschenden Tod stirbt nur jeder/jede Zwanzigste. 95 % der Menschen in Deutschland erleben ihren Tod bewusst. Gemessen am Interesse der Menschen an diesem Thema, liest oder sieht man erstaunlich wenige realistische Darstellungen von Sterben und Tod in den Medien. Der Tod in Spielfilmen kommt dramatisch überhöht, oft gewaltsam und fast immer überraschend, was uns hilft, uns von dem Gesehenen zu distanzieren. In die Nachrichten schafft der Tod es nur, wenn viele Menschen auf einmal ihr Leben verlieren, ein Prominenter das Zeitliche segnet oder Mord und Totschlag als Todesursache zur Headline taugen. In den meisten Fällen sterben wir unspektakulär, wir würden sagen normal. Der Tod wird als Ausnahmezustand empfunden, aber im Grunde ist er etwas ganz Natürliches. Wer geboren wird, wird irgendwann sterben. Nur schauen wir nicht mehr hin. Wir haben den Tod aus dem Leben verdrängt. Die meisten Menschen ziehen am Ende des Lebens Bilanz. Die australische Palliativschwester Bronnie Ware hat beobachtet, dass viele Sterbende - vor allem die Männer - bereuen, zu viel gearbeitet zu haben und sich zu wenig um Familie und Freunde gekümmert zu haben. War ich der, der sich sein wollte? Die Antwort auf diese Frage belastet viele Menschen am Ende ihres Lebens, da viele Lebensträume nicht in Erfüllung gegangen sind, weil man sie ständig vor sich her geschoben hat. Würden wir uns schon früh im Leben bewusst machen, dass am Ende unserer Tage der Tod auf uns wartet, wir würden wahrscheinlich anders mit unserer Lebenszeit umgehen. Der reale Tod begegnet uns heute in unserem Alltag kaum noch und so sind die meisten Menschen weder auf ihren eigenen Tod vorbereitet, noch können sie mit dem Sterben von Verwandten und Freunden umgehen. "Du musst kämpfen" ist eine Floskel, die Todkranke oft zu hören bekommen. Sterben ist kein Spiel und kein Wettbewerb bei dem man gewinnen oder verlieren kann, wenn man nur genug kämpft. Dieser Satz macht den Sterbenden zum Verlierer. Dieser Satz sorgt mehr für Leid und Kummer als er in irgendeiner Form motivieren, geschweige denn trösten kann. Der Tod lässt sich nicht besiegen. Sterbende, die in der Lage sind, ihr Schicksal anzunehmen und eine liebevolle Begleitung erfahren, erleben ihre letzten Tage und Stunden auf friedvollere Art und Weise als Menschen, deren Angehörige auch am Sterbebett noch so tun, als stünde eine Heilung kurz bevor, als wäre der Tod ausgeschlossen oder zu bannen, in dem man ihn als Tatsache ignoriert. Die letzte Lebensphase findet meistens hinter verschlossenen Türen statt. Kaum jemand scheint sich dafür zu interessieren, wie das Leben in den letzten Monaten und Tagen aussieht. Eine Ausnahme ist das Zentrum für Palliativmedizin der Uniklinik Köln. Das Palliativzentrum sucht Teilnehmerinnen und Teilnehmer für die Studie Das letzte Lebensjahr in Köln*. Mit dieser Studie soll dazu beigetragen werden, die Versorgung und Begleitung sterbender Menschen in der Stadt zu verbessern. Eine Initiative, die wir begrüßen und für absolut nachahmenswert halten. Herzlichst Hanna Thiele-Roth David Roth Bergisch Gladbach im Februar 2018 * Informationen zu den Teilnahmebedingungen zur Studie "Das letzte Jahr in Köln" können Sie gerne bei uns anfordern, per E-Mail an info@puetz-roth.de Presse-Kontakt: | Denkanstöße 2 | denkanstoesse-2 | |
Fritz Roth | Bergische Originale Teil 2 | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Denkanstoß 29 – “Tränen lügen oft” | Tränen begleiten unser Leben von der Geburt bis zum Tod. Vierzig Badewannen werden in Deutschland täglich voll geweint – 34 davon von Frauen. Weshalb aber weinen wir? Charles Darwin war einer der … mehr. | Tränen begleiten unser Leben von der Geburt bis zum Tod. Vierzig Badewannen werden in Deutschland täglich voll geweint – 34 davon von Frauen. Weshalb aber weinen wir? Charles Darwin war einer der Ersten, der versuchte, den Tränenfluss wissenschaftlich zu erklären. Weinen diene als »Hilfssignal« und wirke entspannend, meinte Darwin. Und lag damit, was das »Hilfssignal« anging, richtig. Die entspannende Wirkung der Tränen ist bis heute umstritten. Nach dem Evolutionsforscher beschäftigen sich Jahrhunderte später die Emotionsforscher mit dem Phänomen. Weinen ist zumeist ein Zeichen der Hilflosigkeit, knüpft der Biologe Nico Frijda an Charles Darwin an und betont die soziale Dimension dieser Form, Gefühle auszudrücken. Weinen drückt im Ernstfall die Bereitschaft aus, jeden Widerstand einzustellen und signalisiert den Wunsch, am Leben zu bleiben, behauptet Frijda. Der amerikanische Psychologe Jeffrey Kottler sieht in den Tränen Signale, die Zuwendung und Hilfsbereitschaft mobilisieren sollen. Aufgrund von Umfragen unter Studenten fanden die Wissenschaftler heraus, dass häufiger abends als tagsüber geweint wird, eher zu Hause als in der Öffentlichkeit und - und das war eine echte Überraschung - in nördlichen Ländern eher geweint wird als im Süden. Für das Weinen gilt, was allgemein für Gefühle gilt: Frauen setzen sich durchschnittlich mit größerer Begeisterung emotionalen Situationen aus und verfügen dann über weniger ausgeprägte Filterstrategien als Männer. Dass die Forscher ihre Beobachtungen mit Sicherheit nicht nach Spielen des 1. FC Köln gemacht haben, versteht sich von selbst. Im Lauf der letzten 10 Jahre, die wir nun schon als Bestatter und Trauerbegleiter arbeiten, sind wir natürlich vielen Menschen begegnet, denen die Tränen über die Wangen rollten. Natürlich kann - und möchten - wir hier nicht mit den Wissenschaftlern konkurrieren. Aber auch wie haben unsere Erfahrungen mit dem Weinen gemacht. Tränen der Trauer lassen sich kaum wissenschaftlich erklären. Wir weinen in stiller Trauer, wenn wir alleine an das Totenbett oder den offenen Sarg eines geliebten Verwandten oder guten Freundes treten. Weshalb vergießen wir Tränen in einer Situation, in der es zumindest aus biologischer Sicht, keinen nennenswerten Nutzen bringt? Tränen haben etwas Befreiendes. Oder wie Thomas von Aquin einmal gesagt hat: »Durch das Weinen fließt die Traurigkeit aus der Seele heraus«. Herzlichst Hanna Thiele-Roth David Roth Bergisch Gladbach im November 2017 Presse-Kontakt: | Denkanstöße 2 | denkanstoesse-2 | |
Vorbereitet sterben – Abschied gestalten | Rundbrief Diakonie Hospiz Volksdorf | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Wenn Kunst und Tod sich treffen | Deutschlandfunk online | Im letzten Hemd | im-letzten-hemd | ||
Keine Vorschriften, geht das gut | Chrismon 09 2017 | Gärten der Bestattung | gaerten-der-bestattung | ||
Denkanstoß 28 – “Gefährten – Mensch und Tier in einem Grab” | Ihr ganzes Leben lang war Jamiro da. Er war Linas treuer Begleiter. Sie hatte schon als Fünfjährige auf ihm sitzen dürfen und später dann auf dem Pferd Reiten gelernt. Jeden Nachmittag fuhr … mehr. | Ihr ganzes Leben lang war Jamiro da. Er war Linas treuer Begleiter. Sie hatte schon als Fünfjährige auf ihm sitzen dürfen und später dann auf dem Pferd Reiten gelernt. Jeden Nachmittag fuhr Lina von der Schule aus direkt in den Stall, um mit Jamiro auszureiten, ihn zu striegeln, zu füttern und in jeder Hinsicht liebevoll zu hegen und zu pflegen. Jamiro gehörte zur Rasse der American Bashkir Curly Horses, er war ein robuster Hengst, eine treue und zuverlässige Seele. Und Lina war ein richtiges Pferdemädchen, das am liebsten den ganzen Tag in Reiterhosen und Reitstiefeln unterwegs war. Das Tier erkannte den Teeny schon an der Art, wie er durch den Pferdestall schlenderte. Jamiro stellte die Ohren auf, wenn er Linas Schritte hörte, die immer langsamer wurden, wenn sie in den Stall trat, die Eingangstür sachte hinter sich schloss und das Zaumzeug von Haken nahm. Als Lina völlig unerwartet an einer Sepsis starb, hatten ihre Eltern Maria und Daniel das Gefühl, Jamiro würde genau wie sie um das junge Mädchen trauern. Er hörte für einige Tage auf zu fressen und weigerte sich seine Box zu verlassen. Bei der Beerdigung stand das Pferd dann still mit am Grab. Im Vorfeld ließ die Friedhofsverwaltung mitteilen, das wäre nicht erlaubt. Linas Eltern setzten sich einfach über das Verbot hinweg, was ohne Folgen blieb. Sie wollten, dass das Pferd dabei war, also erfüllten sie sich einfach diesen Wunsch. Der Tod ist eine absolute Ausnahmesituation und gerade wenn ein geliebter Mensch stirbt, sollte man sich keine Vorschriften machen lassen. Nicht von Bestattern, nicht von Beamten und auch nicht von Verwandten und Bekannten, die meinen alles besser zu wissen. Wir raten Hinterbliebenen intensiv darüber nachzudenken, wie sie trauern wollen, welche Rituale sie sich für den Abschied vorstellen und wie die Trauerfeier aussehen soll. Warum sollte ein Pferd, oder auch ein Hund oder eine Katze nicht Teil einer Trauergemeinschaft sein? Jamiro blieb auch nach Linas Tod Teil der Familie, auch wenn er von einem anderen Kind versorgt wurde. Er erinnerte die Eltern jeden Tag an ihre geliebte Tochter. Noch im für Pferde hohen Alter von 25 Jahren unternahm Linas Mutter mit Jamiro kurze Ausritte. Natürlich nicht mehr im Galopp. Im Schritt zogen die beiden über die Felder. Diese Art der langsamen Fortbewegung hatte für Maria etwas Meditatives, sie fühlte sich ihrer Tochter in diesen Momenten immer besonders nahe. Als Jamiro fünf Jahre später morgens tot in seiner Box lag, kam der Schmerz der Trauer sehr nahe, die Maria und Daniel damals beim Tod ihrer Tochter durchlebt hatten. Maria saß Stunden in der Box neben dem toten Jamiro, streichelte über sein Fell, umarmte den Hals des Pferdes und kämmte seine Mähne. Andere Reiter kamen vorbei, legten Jamiro zum letzten Mal die Hand auf den Rücken und verabschiedeten sich. Im Stall war es ganz still, fast so als würden die anderen Tiere spüren, dass einer von ihnen für immer gegangen war. Die ganze Nacht lag Maria neben dem Gefährten von Lina im Stroh. Für die Reiterin war es eine Horrorvorstellung am nächsten Morgen den Abdecker zu bestellen, das geliebte Pferd einfach abholen zu lassen und fertig. Jamiro war ein Familienmitglied. Er hatte einen besonderen Abschied verdient. So wie Maria geht es vielen Besitzern von Pferden und auch größeren Hunden. Viele kleine Haustiere werden still und heimlich im Garten begraben. Was mit einem Pferd, bzw. einem großem Hund nicht möglich ist. Was also tun, wenn man sich nicht sang- und klanglos von einem verstorbenen Tier trennen will? Beim Abschied von Verwandten und Freunden gibt es seit der Steinzeit Rituale, die wir pflegen. Wir bestatten unsere Toten, wir treffen uns auf Trauerfeiern um gemeinsam zu weinen und an die Toten zu erinnern. Warum das nicht mit Haustieren möglich sein sollte, mit denen wir seit Jahrtausenden zusammen leben, diese Frage stellen sich viele Menschen. Auch Maria und Daniel stellten sich diese Frage und sie kamen auf einen Gedanken, der für sie sehr tröstend war. Beide spürten, dass es für Jamiro eigentlich nur einen Platz gab, an den er gehörte, auch im Tod. Dieser Platz war an der Seite ihrer Tochter im Familiengrab. Natürlich wurde der Wunsch der Eltern vom Friedhofsamt abgelehnt. Der Wunsch, mit dem eigenen Kind, dem Ehepartner bzw. Eltern in ein Familiengrab zur letzten Ruhe gebettet zu werden, ist weit verbreitet und wird als Ritual auch nicht hinterfragt. Warum sollte es also nicht auch möglich sein, mit einem Tier, mit dem man über viele Jahrzehnte verbunden war, zusammen bestattet zu werden? In unseren Gärten der Bestattung versuchen wir die Wünsche der Menschen zu respektieren und weil immer mehr Menschen zu uns gekommen sind und den Wunsch geäußert haben, gemeinsam mit ihrem Hund oder der Katze beerdigt zu werden, haben wir die Möglichkeit geschaffen. Im neuen Teil der Gärten der Bestattung ist es möglich, einem verstorbenen Menschen sein verstorbenes Haustier mit ins Grab zu geben. Wir haben ganz bewusst dafür ein neues Areal angelegt, da wir wissen, dass es natürlich auch viele Menschen gibt, die von der Idee auf einem Friedhof zu liegen, auf dem auch Haustiere bestattet werden, nicht begeistert sind. Auch werden die Haustiere natürlich nicht getötet, wenn ihre Besitzer sterben. Sie werden wie im Fall von Jamiro erst nach ihrem Tod eingeäschert und dann in einer Urne (bei Pferden sind es mehrere Urnen) als Grabbeigabe ins das Grab des verstorbenen Menschen gelegt. Verstorbene Pferde sind noch mal ein Sonderfall, weil sie offiziell keine Haustiere sondern Nutztiere sind. Im Fall von Lina und Jamiro haben ihre Eltern damals einen Weg gefunden, die Gefährten im Tod wieder zu vereinen. Und auch wir würden einen Weg finden, wenn man uns danach fragt. Herzlichst Hanna Thiele-Roth David Roth Bergisch Gladbach im September 2017
Lea Schenker - Tierbestattungen und David Roth in den Gärten der Bestattung
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Denkanstoß 27 – “Helmut Kohl” | Der Abschied vom Staatsmann Helmut Kohl wird am Samstag an zwei Orten zelebriert. Es wird einen europäischen Staatsakt im Europaparlament in Straßburg geben und eine Trauerfeier im Dom zu Speyer. Beide Gedenkfeiern … mehr. | Der Abschied vom Staatsmann Helmut Kohl wird am Samstag an zwei Orten zelebriert. Es wird einen europäischen Staatsakt im Europaparlament in Straßburg geben und eine Trauerfeier im Dom zu Speyer. Beide Gedenkfeiern werden in den Medien übertragen. Millionen Menschen werden so an den Kanzler der Einheit noch einmal erinnert. Sein Tod macht betroffen und es gibt viele Menschen, die um ihn trauern. Wenn eine Person der Zeitgeschichte stirbt, ist Trauer etwas Öffentliches. So war es bei Konrad Adenauer, Willy Brandt, Helmut Schmidt und so wird es bei Helmut Kohl sein. Der Verstorbene wird für kurze Zeit noch einmal sichtbar. Die Gefühle der Familie und Freunde lassen uns als Zaungäste mitempfinden, vielleicht sogar mitleiden. Trauer zeigen und nicht verstecken Wir würden uns wünschen, dass mehr Menschen den Mut haben, ihre Trauer öffentlich zu zeigen und von den Normen, die sich im Bestattungswesen etabliert haben, abzuweichen. Warum nicht die Trauergäste an einen Ort einladen, der dem Verstorbenen wichtig war? Das kann ein Museum sein, ein Sportlerheim, eine Firma oder das eigene Heim. Den Leichnam von Helmut Kohl in seinem Privathaus in Oggersheim aufzubahren, war eine gute Entscheidung. Der beste Platz um zu trauern, ist die vertraute Umgebung des eigenen Hauses oder der eigenen Wohnung. Leider wissen viele Trauernde nicht, dass es möglich ist, den Toten zuhause zu behalten und leider wird das von den meisten Bestattern auch nicht empfohlen. Wir raten dazu und machen es für die Angehörigen möglich. Aufbahrung zu Hause ist kein Privileg Ob man ihn mochte oder nicht, Helmut Kohl war unübersehbar da. Er genoss großes Ansehen und Sympathie und er wurde verachtet, geschmäht und von nicht wenigen sogar gehasst. Jeder wird sich auf seine Weise an ihn erinnern. Egal wie man zu Helmut Kohl stand, sein Tod führt uns vor Augen, dass ein Abschnitt unseres Lebens - für viele die Kinder und Jugendjahre - Geschichte ist. Der Tod des Kanzlers a.D. weckt Erinnerungen Was bleibt sind die Erinnerungen. Natürlich zunächst an die Weltereignisse: Mauerfall, Wiedervereinigung und Einführung des Euros. Diese historischen Ereignisse sind verknüpft mit unseren persönlichen Erinnerungen. Jeder kann sich daran erinnern, wo er war, als er vom Mauerfall erfahren hat und an das mulmige Gefühl, das neue Geld in Händen zu halten. Trauer braucht Gemeinschaft Trauer heißt sich erinnern, am besten in Gemeinschaft mit Menschen, die man liebt und die Halt geben können. Und auch das zeigt uns der Tod von Helmut Kohl. Nicht immer gelingt es in der Trauer zusammenzufinden. Manche Wunden sind so tief, dass es viel Zeit braucht und manchmal ist eine Versöhnung auch nicht möglich. Wir möchten auf diesem Wege allen Menschen, die um Helmut Kohl trauern, unsere Anteilnahme ausdrücken und wünschen seiner Witwe, seinen Söhnen und Enkelkindern, dass in Zukunft vielleicht doch eine Versöhnung und ein gemeinsames Gedenken möglich ist. Herzlichst Hanna Thiele Roth David Roth Bergisch Gladbach im Juni 2017
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Denkanstoß 26 – “Auch im Sarg hat Ordnung zu herrschen” | Am Ende entscheiden sich immer noch die meisten Trauernden für ein schlichtes Totenhemd, den guten Anzug oder das graue Kostüm. Warum eigentlich? Es gibt keine Vorschrift, was der Tote im Sarg zu … mehr. | Am Ende entscheiden sich immer noch die meisten Trauernden für ein schlichtes Totenhemd, den guten Anzug oder das graue Kostüm. Warum eigentlich? Es gibt keine Vorschrift, was der Tote im Sarg zu tragen hat und auch Grabbeigaben im Sarg sind nicht verboten. Ägypter, Römer, Hethiter, Skythen – kein altes Kulturvolk wäre auf die Idee gekommen, Verstorbene ohne Grabbeigaben auf die letzte Reise zu schicken. Im Grab des Bogenschützen von Stonehenge (2300 v. Chr.) wurden rund 100 Gegenstände gefunden. Darunter waren goldene Haarspangen, Kupfermesser, Pfeilspitzen und Töpferware. Grabbeigaben sind Zeugen der Zeit, sie spiegeln den Totenkult, den Glauben oder auch Aberglauben, das Leben und seine Bedingungen, sowie den kulturellen Stand der Gesellschaft wider. Wenn unsere Vorfahren mit Tod so umgegangen wären wie wir heute, würden wir viel weniger über ihre Kultur wissen. Was werden in 500 Jahren unsere Gräber über uns aussagen? Nichts! Der Gesetzgeber schreibt vor, unsere Toten möglichst schnell und geräuschlos unter die Erde zu bringen. Auch die meisten Bestatter drängen zu einer schnellen Lösung des Problems. Sie verkaufen lieber Totenhemden, als den Trauernden zu raten, sich über die Auswahl von Lieblingskleidung und Grabbeigaben, die dem Verstorbenen im Leben wichtig war, mit dem Tod des geliebten Menschen auseinander zu setzen. Trauer ist Liebe - Abschiedsgeschenke für die letzte Reise Als unsere Oma gestorben ist, haben wir ihr Plumeau und ihren Lieblingsbettbezug in den Sarg gelegt. Wir haben ihr all die Dinge mitgegeben, die ihr im Leben etwas bedeutet und ihr Spaß gemacht haben. Unserem verstorbenen Vater Fritz Roth haben wir seinen grünen Lieblingspullover angezogen. Darunter trug er ein Hemd und eine Krawatte. Viele Freunde haben ihm Abschiedsbriefe und Erinnerungsfotos in den Sarg gelegt. In unserem Bestattungshaus hatten wir auch schon Sterbefälle, da wurden Weinflaschen und ein Korkenzieher mitgegeben, Zeitschriften, Bücher und Lieblings-CDs. Bye Bye my love Die Auswahl der Grabbeigaben und das Hineinlegen dieser letzten Geschenke in den Sarg ermöglicht einen ganz besonderen Umgang mit Trauer, der nichts mit der Ex-und-hopp-Mentalität unserer Gesellschaft zu tun hat. Man bekommt so die Chance, noch mal darüber nachzudenken, was im Leben des Verstorbenen wichtig war. Symbole dafür werden in den Sarg gelegt – das können ganz einfache Dinge sein. Mit großer Wirkung. Trauer bedeutet auch, sich selbst den Unterschied zwischen Tod und Leben klarzumachen, zu erfahren, was es heißt, zu leben und zu akzeptieren, dass unser Leben begrenzt ist und das Leben deshalb etwas sehr Kostbares ist. Wäre das nicht eine schöne Nachricht an die, die da später kommen und aus unseren Gräbern etwas über unsere Kultur erfahren möchten. Herzlichst Hanna Thiele Roth David Roth Bergisch Gladbach im April 2017
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RückmeldungenZu diesem Denkanstoß "Auch im Sarg hat Ordnung zu herrschen" haben wir schöne und bewegende Rückmeldungen erhalten. Hier einige der Mails, die uns erreicht haben: ____________________________________________________________________ Sehr geehrte Damen und Herren, ____________________________________________________________________ Sehr geehrtes Team von Pütz-Roth, Mit besten Wünschen für Ihr wertvolles Wirken und Ihr aller Wohlergehen und mit herzlichen Grüßen Andrea Heck aus Mönchengladbach ____________________________________________________________________ Sehr geehrte Familie Roth Mit herzlichen Grüßen Karina Starch mit Schwester (Patricia Nussbaum und Mutter) ____________________________________________________________________ Sehr geehrte Frau Thiele Roth, sehr geehrter Herr Roth, seit ich das Buch „Das letzte Hemd ist bunt“ Ihres Vaters gelesen habe, bin ich fasziniert von den verschiedenen Möglichkeiten der Trauer zu begegnen. Als mein Vater im vergangenen Jahr starb, konnte ich einige gute Anregungen übernehmen (leider gab es trotz aller Vorbereitung noch vieles Überraschungen, die schnell entschieden werden mussten) und ich bin heute wirklich sehr dankbar und glücklich für die intensive, wenn auch turbulente Zeit. Keine Sekunde davon möchte ich missen und wie wertvoll die Zeit war, kann ich erst im Nachhinein wirklich ermessen. Da ich beruflich häufig mit dem Tod zu tun habe (Arbeit in einer Seniorenresidenz) freue ich mich immer wieder, diese Erfahrung weitergeben zu können, leider ist hier wirklich noch sehr viel „Aufklärungsarbeit" zu leisten. Das „schnelle hinter sich bringen“ ist leider immer noch die gängigste Methode, wie schade um die vertanen Möglichkeiten. Darf das eigene Plumeau mit in den Sarg? Eine gute Bekannte von mir wollte ihrer Mutter das mitgeben, es wurde ihr aber aus hygienischen Gründen untersagt - oder ist es wieder nur Geldmacherei der konservativen Bestatter??? Ich kann Ihnen beiden wirklich nur ans Herz legen weiterzumachen und das Erbe Ihres Vaters tatkräftig weiterzutragen und dafür zu sorgen, dass das Tabuthema Sterben ins Leben zurückgeholt wird. Vielen Dank für Ihre Newsletter, ich lese sie immer wieder gerne!!!! Mit herzlichen Grüßen Dagmar Hett ____________________________________________________________________ Liebe Familie Roth! Liebe Hanna, lieber David, als unsere Mutter 1997 im Alter von 82 Jahren starb, haben wir in ihren Sarg 82 Rosen um sie herum gelegt. Wir (meine Schwester, mein Bruder und ich) haben 2 Tage und 2 Nächte an ihrem offenen Sarg gebetet und gesungen. Von „Hänschen, das Rotschwänzchen, musste zum Singelkränzchen“ aus dem Kinderchor bis zum „Hebe deine Augen auf“ aus dem Elias haben wir alles gesungen, was uns einfiel und was sie früher immer gerne gehört hat. Das hat ihr bestimmt gefallen und ich bin überzeugt, dass sie es gehört hat. Dies ist jetzt 20 Jahre her, aber eine Mutter vermisst man immer! Vor einer Woche haben wir 3 Geschwister unsere letzte Tante mit 97 Jahren auf ihrem Heimweg - auch sehr feierlich – begleitet. Ihre Denkanstöße lese ich immer mit großem Interesse. | Denkanstöße 2 | denkanstoesse-2 | |
Denkanstoß 25 – “Feiern” | Erinnern sie sich noch an die Geburtstagsfeiern Ihrer Kindheit und Jugend? Schon Tage vorher war dieses Kribbeln im Bauch zu spüren, die Vorfreude auf eines der wichtigsten Ereignisse des Jahres war immer … mehr. | Erinnern sie sich noch an die Geburtstagsfeiern Ihrer Kindheit und Jugend? Schon Tage vorher war dieses Kribbeln im Bauch zu spüren, die Vorfreude auf eines der wichtigsten Ereignisse des Jahres war immer riesengroß. Wen lädt man ein? Wo feiert man? Wie sieht das Programm aus? Dann natürlich freute man sich auf die Geschenke und auch darauf, einmal uneingeschränkt im Mittelpunkt zu stehen. Unsere Kindergeburtstage waren Festtage! Wir tollten durch unser Wohnzimmer, spielten, lachten und aßen tonnenweise Kuchen, durften Cola trinken und waren am Ende des Tages völlig erschöpft - vor Glück. Der erste Stehblues, der erste Kuss und das erste Kölsch. Nach unseren Partys haben wir uns dann als Jugendliche jedes Mal ein Stück erwachsener gefühlt. In dem Begriff Trauerfeier steckt Feiern auch mit drin. Leider wird das oft ignoriert bzw. vergessen. Man bekommt vom Friedhofsamt einen kurzen Slot in der Aussegnungshalle zugeteilt, in den 20-25 Minuten werden dann vom CD Payer zwei Songs genudelt (Stairway to heaven, Time top say goodbye oder I did it my way), die dem Verstorbenen häufig gar nichts bedeutet haben, ein Trauerredner oder der Pfarrer lässt die wichtigsten Lebensstationen Revue passieren. Dann ein kurzes Gebet und dann ist die sogenannte Trauerfeier auch schon vorbei. Schade! Warum lässt sich eine Trauerfeier eigentlich nicht genau so frei und unbeschwert planen wie eine Geburtstagsfeier? Warum trifft man sich ein letztes Mal immer auf dem Friedhof? Warum nicht in der Kirche, im Museum, im Sportlerheim oder der Lieblingskneipe des Verstorbenen. Warum spricht oft jemand auf einer Beerdigung, der den Toten gar nicht kannte? Wenn die Atmosphäre nicht so steif wäre, würden sich mehr Leute trauen, Geschichten aus dem Leben des Verstorbenen zu erzählen. Warum muss es auf Beerdigungen immer so steif und förmlich zugehen? Ja, man ist in Trauer und das Leben ist gerade düster und schwer. Aber genau in einem solchen Moment kann auch sehr viel Trost darin liegen, sich an die guten, die schönen Stunden mit dem Verstorben zu erinnern, auch über die lustigen und schrägen Seiten seines Charakters noch einmal was zu hören und noch ein letztes Mal auf ihn anzustoßen. Bitte verstehen Sie uns nicht falsch, es geht hier nicht um Klamauk und platte Witzeleien. Es geht darum, aus dem Abschied eine wirkliche Feier zu machen, an die man sich später vielleicht gerne erinnert, weil dem Verstorbenen auf eine besondere Art und Weise Wertschätzung entgegen gebracht wurde und er in Gedanken noch einmal lebendig werden konnte. Wir haben hier bei uns im Haus der menschlichen Begleitung viele Abschiedsfeiern ohne die üblichen, formelhaften Rituale erlebt. Diese Feiern waren warmherzig und berührend. Die Angehörigen und Freunde haben diese Feiern zwar auch traurig über den Verlust des Verstorbenen verlassen, zu spüren war aber auch, das Glück diesen Menschen gekannt, geschätzt und geliebt zu haben. Herzlichst Hanna Thiele Roth David Roth Bergisch Gladbach im März 2017
Presse-Kontakt: RückmeldungenZu diesem Denkanstoß "Feiern" haben wir schöne und bewegende Rückmeldungen erhalten. Hier einige der Mails, die uns erreicht haben: Liebe Hanna Thiele-Roth, lieber David, Ich freue mich auf Ihren nächsten Denkanstoß. Liebe Grüße ___________________________________________________________________ Liebe Hanna, lieber David, Dr. Christian Kauer ___________________________________________________________________ Hier ein Beitrag, der den Begriff FEIER unterstützt. ___________________________________________________________________ Lieber David Roth, mit großer Lust denke ich an die Geburtagsfeiern meiner Kindheit, die ich bis heute alle Jahre wieder entsprechend begehe. Es war unsere Mutter, die uns diese Form des feierns gelehrt hat. Und als sie dann mit 97 Jahren starb, war ich in der anderen Hälfte der Welt, in Indien, unterwegs. Als ich zurück kam war sie bereits begraben. Welch eine Erleichterung, dass sie endlich hatte sterben dürfen dachte ich. Sie hatte 7 Jahre als Pflegefall gelegen. Nach einem aktiven, neugierigen Leben voller Freude an ihrer Familie. Immer mehr begann ich darüber nachzudenken, was sie mir gegeben hatte, was sie mir war, was sie meinem Leben geschenkt hatte. Und ich begann eine Feier für sie zu vermissen. Diese Feier war für die Familie mit der Beerdigung beendet. Mir aber fehlte was.Aber immer klarer wurde mir, was mir meine Mutter geschenkt hatte: eine unglaubliche Freiheit zur kreativen Entfaltung. Ich wollte ein Kleid nähen als ich 16 Jahre alt war. Sie stellte mir eine Schneiderpuppe hin mit 3 m violetter Seide. So nun probier mal! Und das mit Seide. Es wurde ein wunderbares Kleid ohne Schnittmuster nur mit Schere und Nadeln. Und es war der Beginn eines Glaubens an die eigenen kreativen Ressourcen, die mich heute in meiner künstlerischen Arbeit begleitet und die mich antreibt. ___________________________________________________________________ Liebe Familie Roth, ___________________________________________________________________ Liebe Familie Roth, Therese Lorbert ___________________________________________________________________ Ach, lieber Herr Roth, Herzliche Grüße, ___________________________________________________________________ Hallo und danke für den Denkanstoß. Dazu passend eine Erfahrung, die ich als evangelischer Pfarrer kürzlich gemacht habe und die vielleicht eine mutmachende Anregung sein könnte: Liebe Grüße Björn Heymer, Wetzlar | Denkanstöße 2 | denkanstoesse-2 | |
Denkanstoß 24 – “Lea und die Prozac-Urne” | Schauspielerin Carrie Fisher ist auf dem Forrest Lawn Cemetery in Los Angeles beerdigt worden. Bemerkenswert ist die Form ihrer Urne: Sie erinnert an eine riesige Prozac-Pille. Prozac ist ein bekanntes Antidepressivum. Die … mehr. | Schauspielerin Carrie Fisher ist auf dem Forrest Lawn Cemetery in Los Angeles beerdigt worden. Bemerkenswert ist die Form ihrer Urne: Sie erinnert an eine riesige Prozac-Pille. Prozac ist ein bekanntes Antidepressivum. Die kapselförmigen, an den Enden abgerundeten Pillen sind halb weiß, halb grün. So sieht auch die Urne aus, die Fishers Bruder Todd Fisher während der Beerdigung am Freitag in seinen Armen hielt. Dieser Text auf Spiegel-Online hat uns schmunzeln lassen. Und wir glauben, dass das genau die Absicht der verstorbenen Carrie Fisher war, uns allen bekannt als Prinzessin Lea aus den Krieg der Sterne Filmen. Carrie Fishers Humor war in Hollywood legendär. Nichts und niemand war vor ihrem liebevollen Spott sicher. Sie konnte bissig ironisch sein, peinliche Situation durch augenzwinkernden Sarkasmus retten. Kaum jemand war ihr je böse, auch weil sie immer wieder die Leute dazu gebracht hat, über sie selbst zu lachen. Die Prozac-Urne war natürlich auch eine Anspielung auf Carrie Fishers bipolare Störung. Anders als viele Hollywoodstars hat sie diese Krankheit nie verheimlicht und damit den Menschen nicht nur ihre strahlende Seite gezeigt, sondern auch ihre dunkle, traurige. Die meisten Urnen haben mit den Menschen, deren Asche in ihnen beigesetzt wird, nichts zu tun. Die meisten Urnen sind Standardbehältnisse, oft ordentlich gestaltet, aber am Ende dann doch eher nichtssagend. Es gibt keine Vorschrift, die einen dazu zwingt, Asche in eine gewöhnliche Urne zu füllen, wie man sie oft beim Bestatter angeboten bekommt. Die Familie von Carrie Fischer hat sich für einen anderen Weg entschieden. Ihre Verwandten wollten die Asche der Verstorbenen in etwas zur letzten Ruhe betten, das mit der Toten zu tun hat, etwas über sie sagt und die Erinnerung auf eine ihrer wunderbaren Charaktereigenschaften lenkt. Im Fall von Carrie Fisher ist das ganz großartig gelungen. Auch die Angehörigen von Renato Bialetti wollten mit dem Gefäß mit der Asche des Verstorbenen ein Zeichen setzen. Der Unternehmer wurde in einem Moka-Kocher zur letzten Ruhe gebettet. Die Bialettis stellen seit Generationen diese Espresso-Maschinen her. Als unser Vater Fritz Roth gestorben ist, haben wir lange darüber nachgedacht, wie wir seine Asche in den Gärten der Bestattung beisetzen sollen. Unsere Kinder haben damals aus rotem Papier ein Herz gebastelt. Das Herz ist das wohl stärkste Symbol für Liebe, Fürsorge und Geborgenheit. Mit den Kindern zusammen am Tisch zu sitzen, darüber zu reden, was sie für Erinnerungen an den Opa haben, war für uns alle ein guter Moment, trotz aller Traurigkeit und Trauer. Diese gemeinsamen Stunden, in denen wir ganz stark spürten, dass wir als Familie eine starke Gemeinschaft sind, haben wir noch einmal als Geschenk unseres Vaters erlebt. Alle die damals dabei waren, werden sich ihr Leben lang daran erinnern. In diesem Herz haben wir Fritz' Asche beerdigt. Ein letzter Gruß der Enkel an den geliebten Opa. Die Erinnerung an diesen Abschiedsgruß berührt uns bis heute tief und wird uns auch in Zukunft mit unserem Vater verbinden. Die Beisetzung eines geliebten Menschen in einer schönen Standardurne ist ein guter Weg der Abschiednahme. Man kann aber auch diesen letzten Akt persönlicher gestalten, wenn man das möchte. Wir sind frei in unseren Entscheidungen wie eine Trauerfeier, ein Sarg oder die Urne aussehen soll und wer glaubt, dass es ihm hilft, hier einen ganz eigenen Weg zu gehen, der bekommt von uns jede Unterstützung. Herzlichst Hanna Thiele Roth David Roth Bergisch Gladbach im Januar 2017
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Denkanstoß 23 – “Trauriges Fest der Liebe” | Die Heinzelmännchen haben sich auch in diesem Jahr für ihren historischen Weihnachtsmarkt in der Kölner Altstadt wieder einiges einfallen lassen. Heumarkt und Alter Markt erstrahlen in weihnachtlichem Glanz. Die fröhliche Menschenmenge schiebt … mehr. | Die Heinzelmännchen haben sich auch in diesem Jahr für ihren historischen Weihnachtsmarkt in der Kölner Altstadt wieder einiges einfallen lassen. Heumarkt und Alter Markt erstrahlen in weihnachtlichem Glanz. Die fröhliche Menschenmenge schiebt sich an Buden mit Lebkuchen und Christbaumschmuck vorbei. Im Gedränge eine junge Frau, von der die Glühwein trinkenden, gut gelaunten Menschen kaum Notiz nehmen. Almut Sievers hat den Mantelkragen hochgeschlagen und beobachtet traurig einen heiteren Weihnachtsmann, der Süßigkeiten an Kinder verteilt. Vor sechs Wochen starb ihr Vater Werner. Während die Weihnachtsmarktbesucher fröhlich die Weihnachtslieder mitsummen, die aus den Lautsprechern der Buden schallen, möchte Almut am liebsten weinen. Das Fest der Liebe ist nach einem Trauerfall für viele Menschen eine ganz besondere Herausforderung. Wenn der Platz von Oma am Weihnachtstisch leer bleibt oder der Vater nicht wie gewohnt an Heiligabend die Gans anschneidet, kein Kinderlachen durch das festlich geschmückte Wohnzimmer schallt, dann wird einem umso mehr bewusst, wie groß und unwiederbringlich der Verlust eines geliebten Menschen ist. Für viele Trauernde ist Heiligabend ein regelrechter Angsttermin. Einfach Abtauchen ist in der Regel keine Lösung. Wer zum Beispiel mit einer weiten Reise versucht, dem Schmerz zu entfliehen, den holen Trauer und Einsamkeit mit Sicherheit auch unter Palmen am Strand ein. Es ist auf jeden Fall besser, diese besondere Situation in vertrautem Umfeld zu erleben. Trauernde sollten Weihnachten ganz bewusst planen und den Heiligen Abend mit Freunden und Verwandten verbringen, die damit umgehen können, wenn Tränen fließen. Auf dem Heimweg klingelt Almut Sievers Handy, ihre Mutter hat beschlossen, Weihnachten wie immer mit der ganzen Familie und ein paar Freunden zu feiern. Auch sie hat Angst vor dem Abend, aber sie ist zuversichtlich, dass Gemeinschaft und Vertrautheit allen helfen werden. Als Almut an diesem Adventsabend in ihre Wohnung zurückkommt, ist ihr nicht mehr ganz so schwer ums Herz. Sie zündet eine Kerze an, zieht eine Tüte mit gebrannten Mandeln aus der Jackentasche und schafft es, sich ein bisschen auf Weihnachten zu freuen. Herzlichst, Hanna Thiele-Roth und David Roth Bergisch Gladbach im Dezember 2016
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RückmeldungenZu diesem Denkanstoß "Trauriges Fest der Liebe" haben wir schöne und bewegendes Rückmeldungen erhalten. Hier zwei der Mails, die uns erreicht haben: Sehr geehrter Herr Roth, Almut wird in ihrer Trauer aufgefangen. Sie hat ihre Familie, die sie auffängt. Das nimmt ihr zwar nicht ihre Trauer, aber wenn sich alle gemeinsam an Oma erinnert, ist der Schmerz doch etwas geteilt. Schön, wenn man eine Familie hat. Gerade in so schweren Zeiten ist eine Familie durch nichts zu ersetzen. Dann treten alle Unstimmigkeiten und Streitereien in den Hintergrund. Meine Frau, die ich über alles geliebt habe, ist nach 40 Jahren Ehe ganz plötzlich am 18. September verstorben. Wir sind vor 5 Jahren nach Bremerhaven gezogen, einen Freundeskreis konnten wir aus verschiedenen Gründen nicht aufbauen. Familie gibt es nicht. Da war niemand, der gemeinsam mit mir getrauert hat, als ich die Urne meiner Frau zur Nordsee hinaus begleitet habe. Eine Seebestattung - der letzte Wunsch, den ich meiner Frau erfüllen konnte. Nun bin ich allein und habe Angst vor Weihnachten. Bereits jetzt tauchen die Bilder früherer Weihnachtsfeste vor mir auf. Es waren schöne und fröhliche Feste. Nun ist meine Frau tot, eine Tatsache, die meine Seele bis heute noch nicht begriffen hat. Sie dürfen meinen Text gerne veröffentlichen. Trotzdem, ich wünsche Ihnen ein frohes Fest, ___________________________________________________________________ Sehr geehrte Damen und Herren! Am ersten Weihnachten nach dem Tod meiner jüngsten Schwester hatten wir alle Angst davor, wie und ob wir das Weihnachtsfest überstehen. Wir hatten große Sorge um unsere Eltern, um meinen Schwager und die drei Kinder meiner verstorbenen Schwester und nicht zuletzt auch um uns selbst. Aber rückblickend kann ich sagen, dass die Trauer und das Vermissen uns so verbunden haben, dass wir daraus die Kraft schöpfen konnten, trotz dieser Riesenlücke ein schönes Weihnachtsfest zu verleben. An diesen Tagen (Weihnachten, Jahrestag, Geburtstag d. Verstorbenen...) ist man innerlich darauf gefasst, die Fassung zu verlieren, und dann passiert es gar nicht unbedingt. Man ist vorbereitet. Viel überwältigender empfinde ich die Momente, in denen mich ganz unvermittelt (z.B. durch einen Song im Radio, eine Geste oder ein Bild) eine Welle der Trauer überrollt. Und auch dann ist es am schönsten, wenn man Menschen in seiner Nähe hat, die das verstehen und aushalten. Anbei übersende ich Ihnen ein kleines Gedicht, welches ich am jenem ersten Weihnachten ohne meine Schwester geschrieben habe. Herzliche Grüße und eine schöne besinnliche Adventszeit. Weihnachten – ganz anders v. Beate Bühner | Denkanstöße 2 | denkanstoesse-2 | |
Ein Rezept für Trauer gibt es nicht | EXPRESS | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Denkanstoß 22 – “Das letzte Hemd hat keine Taschen” | Dieser Denkanstoß wurde vor einigen Jahren von unserem verstorbenen Vater Fritz Roth verfasst. Die Gedanken, die Fritz damals aufgeschrieben hat, sind heute immer noch aktuell. Auch freuen wir uns darüber, auf diesem … mehr. | Dieser Denkanstoß wurde vor einigen Jahren von unserem verstorbenen Vater Fritz Roth verfasst. Die Gedanken, die Fritz damals aufgeschrieben hat, sind heute immer noch aktuell. Auch freuen wir uns darüber, auf diesem Wege an unseren Vater zu erinnern. Herzlichst Hanna Thiele-Roth David Roth
So spricht der Volksmund und zwar immer dann, wenn es mal wieder ansteht, sich dafür zu entschuldigen, dass man gerade sein Geld mit vollen Händen zum Fenster raus wirft. Bedenkt man, was ein Totenhemd häufig kostet, steckt in dem Halbsatz „… vom Geld und dem Fenster …“ jede Menge Ironie. Totenhemden sind teuer und dienen eigentlich nur einem Zweck: Posthum wird den Hinterbliebenen die Chance gegeben, ihre Wertschätzung und Liebe, oder insgeheim ihrem schlechten Gewissen dem Toten gegenüber Ausdruck zu verleihen. Sollten Wertschätzung und Liebe, und natürlich auch ein schlechtes Gewissen, nicht besser im Leben ihren Platz haben? Das Totenhemd - und das war nicht immer so – wurde, wie alles was mit Sterben und Tod zu tun hat, von unserer Gesellschaft an den äußersten Rand gedrängt. Wohl kaum jemand stellt sich heutzutage zu Lebzeiten die Frage, nach dem eigenen, ganz persönlichen letzten Hemd. Ist es dann passiert, sind die Angehörigen in ihrer Trauer und ihrem Schmerz häufig überfordert. Die Kleiderordnung für die letzte Ruhe bestimmt dann der Bestatter. Von schlicht bis extravagant – das Angebot ist vielfältig. Ob nun goldbestickt oder mit Rüschen verziert, in unserer konsumorientierten Ex- und Hoppgesellschaft gibt es nichts, was es nicht gibt. Nicht selten werden Hunderte von Euro für ein Totenhemd hingeblättert. Den Trauernden, die zu uns kommen, raten wir, den Verstorbenen in vertrauten Kleidern zu beerdigen. Wenn man sich als Angehöriger die Zeit nimmt, sich vor den Kleiderschrank zu stellen und in Ruhe überlegt: „In welchen Kleidern hat sie oder er sich wohlgefühlt - in welchen Kleidern hatten wir vielleicht sogar gemeinsam schöne Momente?“, dann ist dies eine ganz persönliche Sache und auch ein Stück lebendige Trauer für den Hinterbliebenen. Die Angst, sich mit dem Tod zu beschäftigen, ist ein Phänomen, das in den letzten Jahrzehnten dazu geführt hat, dass Sterben und Tod aus dem Leben verbannt wurden. Wie wäre es, wenn wir jenen alten Ritus wieder aufleben lassen könnten, der einem bei manch altem Menschen, etwa in Osteuropa, noch immer begegnet? Ist es nicht ein faszinierender Gedanke, sich sein Totenhemd selbst zu nähen und es im Schrank mit der normalen Wäsche aufzubewahren, sozusagen als lebenslanges Memento Mori? Wem dieser Brauch in der heutigen Zeit widerstrebt, findet im jüdischen Glauben einen interessanten Gedanken: Nach alter jüdischer Tradition wird der Leichnam des Verstorbenen in ein schlichtes, leinenes Totenhemd ohne Taschen gekleidet. Im Tod sind alle sozialen Unterschiede aufgehoben. Herzlichst, Fritz Roth Uns hat dieser Text unseres Vaters zu einer Kunstaktion inspiriert. Der Fotograf Thomas Balzer hat 50 Menschen in ihrem Letzten Hemd portraitiert – zuerst ganz lebensnah, dann in aufgebahrter Situation. Die Aufnahmen der Bilderserie Im Letzten Hemd sind ein bildmächtiger Kontrapunkt zu den allgegenwärtigen ,Selfies’. Und ein Denkanstoß in Sachen Wertschätzung. Für die Teilnehmer selbst und für jeden Betrachter. Hanna Thiele-Roth und David Roth | Denkanstöße 2 | denkanstoesse-2 | |
Denkanstoß 21 – “Zuhören können” | „Herzliches Beileid“ sind die ersten Sätze, die Trauernde von Herrn B. zu hören bekommen. Wir wollen hier keine Heuchelei unterstellen. Aber schon diese Beileidsbekundung finden wir grenzwertig. Herr B. kannte den Verstorbenen … mehr. | „Herzliches Beileid“ sind die ersten Sätze, die Trauernde von Herrn B. zu hören bekommen. Wir wollen hier keine Heuchelei unterstellen. Aber schon diese Beileidsbekundung finden wir grenzwertig. Herr B. kannte den Verstorbenen nicht und er kennt den Trauernden nicht, ein „Herzliches Beileid“ kann da nur eine aufgesagt, oft genug heruntergebetete Formel sein. Dann beginnt das Gespräch. Die Trauernden werden von Herrn B. darauf hingewiesen, dass der Tote innerhalb von 36 Stunden an einen dafür vorgesehenen Ort gebracht werden muss, dass er also abgeholt bzw. mitgenommen werden muss. Oft geht es bei Herrn B. dann gleich um Zahlen. Man bekommt Angebote unterbreitet für die Einsargung des Toten, den Transport, für ein Totenhemd, einen Sarg, für Grabschmuck. Es findet im Grunde genommen ein Verkaufsgespräch statt. Und hier hören Sie von uns ein lautes STOPP! Wir hoffen, dass Sie nie an jemanden wie Herrn B. geraten. Bei uns hier im Bestattungshaus Pütz-Roth laufen solche Gespräche anders ab. Es fängt damit an, dass die Trauernden nicht in einem nüchternen Büro sondern in einer freundlichen, hellen Atmosphäre empfangen werden, in der sie sich in ihrer Notsituation aufgehoben fühlen können. Dann hören wir zunächst mal zu. Wir erfahren Dinge über den Verstorbenen, ohne Anteilnahme zu heucheln, mit dem nötigen Respekt und mit dem nötigen Interesse. Unsere Aufmerksamkeit gilt voll und ganz den Trauernden, ihnen wollen wir helfen. Den Toten können wir nichts Gutes mehr tun. Wir haben keine vorgefertigten Rezepte für den Umgang mit Tod und Trauer. Wir ermutigen die Trauernden, ihren eigenen Gefühlen und Wünschen zu trauen und zu folgen. Wir unterstützen, organisieren, helfen dabei, den eigenen Trauerweg zu finden. Wir können niemanden den Schmerz und das Leid über den Verlust eines geliebten Menschen abnehmen. Wir können da sein und den Schmerz mit den Trauernden aushalten. Natürlich müssen wir über die Auswahl eines Sarges reden und auch über die Ausstattung und über diese ganzen Dinge. Aber zunächst geht es mal darum, den Trauernden das Gefühl zu geben, dass sie gut aufgehoben sind und sie dann mit der Situation vertraut zu machen. Wir erklären den Trauernden, dass überhaupt kein Zeitdruck besteht. Dass niemand innerhalb kürzester Zeit unter die Erde gebracht werden muss. Im Gegenteil. Dass es gut ist, sich Zeit zu lassen in dieser Phase. Wir schlagen den Trauernden vor, dass sie von den Toten am offenen Sarg Abschied nehmen; dass sie das in unserem Hause tun können, dass wir aber auch bereit sind, die Toten bei ihnen zu Hause aufzubahren und dafür zu sorgen, dass das mit Würde passiert und dass ein würdiger Abschied möglich ist. Bei uns geht es nicht darum, teure Särge zu verkaufen mit Messingbeschlägen und einer teuren Ausstattung; wir betreiben keinen Ablasshandel. Wer mit dem Verstorbenen nicht im Reinen war, erreicht das auch nicht durch einen teuren Sarg oder eine pompöse Trauerfeier. Aber vielleicht hilft es ja, ein paar Stunden bei dem Toten zu sitzen und für sich Rituale zu finden, die etwas Versöhnliches haben können. Dann geht es an die Planung der Trauerfeier. Die Trauerfeier muss nicht zwangsläufig auf einem Friedhof stattfinden. Im Grunde kann man überall Abschied nehmen und wir sorgen dafür, dass der Tote oder die Urne an den gewünschten Ort gebracht wird. Bitte verstehen Sie uns nicht falsch, natürlich bekommen Sie das alles bei uns im Bestattungshaus Pütz-Roth, aber es geht hier nicht darum, Sie von unserer Arbeit zu überzeugen. Es geht letztendlich darum, Ihren Informationsstand zu verbessern, d.h. mit den Informationen, die Sie von uns bekommen, können Sie zu jedem anderen Bestattern (auch Herrn B.) gehen und können genau die Dinge einfordern, die Sie sich für den Abschied wünschen. Es mag für Sie zunächst merkwürdig klingen, aber machen Sie doch einfach mal einen Termin mit dem Bestatter bei Ihnen am Ort. Reden Sie mit ihm, stellen Sie Fragen. Warten Sie nicht bis jemand gestorben ist und Sie auf die Unterstützung des Bestatters angewiesen sind. Machen Sie sich vorher schlau. Bei uns können Sie jederzeit vorbeischauen. Wir veranstalten regelmäßig Führungen durch unser Bestattungshaus und beantworten gerne all Ihre Fragen. Herzlichst, Hanna Thiele-Roth und David Roth Bergisch Gladbach im September 2016
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Denkanstoß 20 – “Kleiner Bruder” | Kleiner Bruder …, diese Worte hörte man von Billy Crystal in seiner Trauerrede für Mohammed Ali immer wieder. Kleiner Bruder hat ihn die Boxlegende zu Lebzeiten genannt. Die beiden verband eine tiefe … mehr. | Kleiner Bruder …, diese Worte hörte man von Billy Crystal in seiner Trauerrede für Mohammed Ali immer wieder. Kleiner Bruder hat ihn die Boxlegende zu Lebzeiten genannt. Die beiden verband eine tiefe Freundschaft, die ihren Ursprung zu einer Zeit nahm, als Ali schon ein berühmter Boxer war und Billy Crystal ein unbekannter Comedian. Billy Crystal parodierte Cassius Clay in seinem Stand Up Programm und der Boxer liebte es und förderte seine Karriere. Die Freundschaft hielt über Jahrzehnte, auch als Ali schwer von der Parkinson Krankheit gezeichnet war, trafen sich die beiden Männer immer wieder. Zuneigung, Respekt und Liebe verband die so ungleichen Brüder und Billy Crystal schaffte es sehr würdevoll und nahbar, diese Gefühle durch kleine Geschichten zum Ausdruck zu bringen. Seine Rede können sie sich hier anschauen Billy Chrystal ist ein geübter Redner und hat sehr viel Bühnenerfahrung. Niemand sollte versuchen, sich mit ihm zu vergleichen. Es geht darum, von ihm zu lernen. Die Trauerrede für Mohammed Ali lebt nicht von Chrystals Professionalität, sie gelingt durch seine Authentizität und Wahrhaftigkeit. Vermeiden Sie Phrasen und falsches Pathos und vergessen Sie alles, was Sie über das Reden halten gehört oder gelernt haben. Eine Trauerrede ist keine normale Rede. In der Trauerhalle geht es nicht darum, einen geschliffenen Vortrag zu halten, Leute mit Gesagtem zu beeindrucken oder die Zuhörer zu überzeugen. Es geht darum, den Verstorbenen zu würdigen, Erinnerungen wach zu rufen und Gefühle zu wecken. Viele Trauerreden bestehen leider nur aus Floskeln; da werden dem Verstorbenen Eigenschaften zugeschrieben wie z.B. liebevoll, fleißig, zuverlässig und treu. Ohne Geschichten, die Gefühle wecken, sind das bloß Worthülsen, die für die Trauernden austauschbar klingen. Vermeiden Sie allgemeine Formulierungen, erzählen Sie, was Sie mit dem Verstorbenen erlebt haben und wie Sie sich dabei gefühlt haben. Drücken Sie Dankbarkeit und Wertschätzung aus, aber auch Stolz und Verbundenheit. Wenn Ihnen die Stimme stockt und Ihnen die Tränen über die Wangen laufen, halten Sie inne und atmen Sie tief durch. Tränen sind Ausdruck von Zuneigung und Liebe und wo wären sie angebrachter als in einer Trauerhalle. Beten Sie nicht einfach Daten und Orte herunter, auch Lebensabschnitte lassen sich durch Geschichten wunderbar illustrieren. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es hilft, sich bei der Vorbereitung der Rede einfache Fragen zu stellen und zu beantworten Wer war der/die Verstorbene für mich? Wenn Ihnen zu diesen Fragen kleine Geschichten einfallen, dann sind Sie auf dem richtigen Weg. Natürlich kann man eine Trauerrede frei halten und aus der Erinnerung erzählen. Wir raten eine Rede vorzubereiten und aufzuschreiben, weil der Akt des Aufschreibens die Gedanken verdichtet und strukturiert. Billy Crystal brachte mit seinen Geschichten über den größten Boxer aller Zeiten die Trauergäste zum Lachen und zum Weinen. Mohammed Ali war ein Vorbild als Sportsmann und als Kämpfer gegen die Rassentrennung. Er war ein Friedensaktivist und ein Familienmensch. Er war ein Weltstar und ein Junge aus Louisville Kentucky. Am Ende seiner Rede sprach Billy Chrystal den wunderbar tröstenden Satz: He is gone but he will never die Herzlichst, Hanna Thiele-Roth und David Roth Bergisch Gladbach im Juni 2016
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Ausstellung im letzten Hemd | Fachmagazin Bestattung | Im letzten Hemd | im-letzten-hemd | ||
Ausstellung Im letzten Hemd in Höchst | Höchster Kreisblatt | Im letzten Hemd | im-letzten-hemd | ||
Ein verstörender Gedanke-Bilder einer Ausstellung | DtTVKrimi LV | Im letzten Hemd | im-letzten-hemd | ||
Denkanstoß 19 – “Der Mond ist aufgegangen” | Der Tod kam über Nacht, aber er kam nicht überraschend. Bettina Friese, von ihrer Familie nur Oma Betty gerufen, hatte vor wenigen Tagen ihren 90. Geburtstag gefeiert. „Die Neunzig mach´ ich voll“ … mehr. | Der Tod kam über Nacht, aber er kam nicht überraschend. Bettina Friese, von ihrer Familie nur Oma Betty gerufen, hatte vor wenigen Tagen ihren 90. Geburtstag gefeiert. „Die Neunzig mach´ ich voll“ war einer der Sätze, den man öfter von der ehemaligen Redakteurin einer namhaften Tageszeitung hörte. Bettina Friese war stolz darauf, in einer Zeit, in der es noch nicht selbstverständlich war, dass Frauen Chefpositionen einnahmen, Karriere gemacht zu haben. Betty Friese hatte Familie und einen guten Job. Natürlich gab es auch Tage, an denen sie sich nicht um ihre beiden Töchter Leonie und Nora kümmern konnte, aber es gab da dieses eine Ritual, dass sie sich nicht nehmen ließ, egal wie groß der Stress in der Redaktion war. Sie brachte ihre Kinder immer ins Bett und kurz bevor das Licht gelöscht wurde, sang sie Leonie und Nora die erste Strophe des Schlafliedes Der Mond ist aufgegangen vor. Wenn Sie auf Dienstreise war, dann summte sie eben am Telefon die Melodie. Und als dann später die Enkelkinder bei Oma Betty übernachten durften, saß sie natürlich am Bett von Jonas, Lukas und Anna, deckte sie liebevoll zu, küsste sie und sang. Alle liebten dieses Ritual. In den letzten Wochen hatte Bettina Friese keinen Appetit mehr und wurde immer weniger. Leonie und Nora machten sich Sorgen, aber Oma Betty beruhigte sie. „Alles zu seiner Zeit…“ war ihr Lebensmotto „… auch das Sterben“ fügte sie in einem der Gespräche hinzu und lächelte sanftmütig. Natürlich tat der Gedanke an den nahenden Abschied der Familie weh, aber da waren auch Dankbarkeit und Bewunderung. Dankbarkeit für die vielen schönen gemeinsamen Jahre und Bewunderung für den Mut und die Gelassenheit mit der Betty ihrem Schicksal entgegen ging. Bettina Friese ist friedlich eingeschlafen. Als Nora sie morgens im Bett fand, zeigte ihr Gesicht keinerlei Spuren eines Todeskampfes. Stirn, Wangen und Mund wirkten entspannt, fast schien sie zufrieden zu lächeln. Ihr Gesichtsausdruck schien zu sagen, macht euch keine Sorgen, ich bin gut angekommen. Bettina Friese war auf einen Bauernhof im Bergischen Land aufgewachsen. Sie hatte ihren Töchtern und Enkelkindern viel von ihrer schönen Kindheit vorgeschwärmt. Da gab es die Tiere und die Natur und es gab eine große Verwandtschaft, alle waren füreinander da. Schon als kleines Kind war sie dem Tod begegnet. Als ihre Großmutter starb, wurde die Tote im Wohnzimmer aufgebahrt. Freunde und Verwandte nahmen persönlich Abschied und auch Bettina durfte ihre Oma vor dem Begräbnis noch einmal besuchen und ihr ein selbstgemaltes Bild in den Sarg legen. Bettina Friese hatte mit ihren Töchtern nicht darüber gesprochen, wie sie trauern sollten. Nur eine Bitte hatte sie geäußert. Betty hatte sich gewünscht, dass ihr Leichnam bis zur Einäscherung zuhause bleiben sollte. Die Vorstellung in einer kalten Leichenhalle zu liegen, war ihr ein Graus. Diesen letzten Wunsch konnten ihre Töchter erfüllen. Leonie und Nora halfen uns dabei, der Mutter ihr Lieblingskleid anzuziehen und dann wurde Betty im Wohnzimmer ihrer Wohnung in den Sarg gebettet. Nun gibt es da die Vorschrift, dass Verstorbene binnen 36 Stunden in einem für Tote vorgesehen Raum gebracht werden müssen. Leonie und Nora ignorierten diesen Teil des veralteten Bestattungsgesetzes. Die Schwestern luden drei Tage lang Freunde und Verwandte ein, um sich persönlich von der Toten zu verabschieden. Und die meisten kamen nach anfänglichem Zögern und waren am Ende froh, noch einmal einige Zeit am offenen Sarg bei Betty gesessen zu haben. Leonie bat die Besucher, einen letzten Gruß auf weißes Papier zu schreiben und in den Sarg zu legen und so füllte sich der Sarg langsam mit Abschiedsbriefen und bunten Bildern, denn auch die Kinder wollten Oma Betty unbedingt noch etwas mit auf die letzte Reise geben. Die Gemeinschaft, die die Familie und die Freunde in diesen schweren Stunden miteinander erlebten, tat allen gut. Die letzte Station auf dem Weg zur letzten Ruhestätte von Bettina Friese war die kleine Kapelle auf dem Friedhof. Die Familie hatte noch einmal alle Freunde und Verwandte eingeladen, es gab keine Zeremonie und keine salbungsvollen Reden, die Atmosphäre war zwanglos. Die Erwachsenen unterhielten sich leise, immer wieder trat jemand vor und legte ein paar Blumen nieder. Dann versammelte sich noch einmal die ganze Familie um den Sarg - Jonas, Lukas, Anna und ihre Eltern fassten sich an den Händen und Leonie erinnerte noch einmal daran, dass Oma Betty sie und ihre Schwester und alle Enkelkinder liebevoll in den Schlaf gesungen hatte. Dann war da für einen Moment Stille, der warme Kerzenschein fiel auf ein Foto auf dem Betty mit strahlendem Lächeln zu sehen war. Erst war nur ein Summen zu hören und dann begannen alle leise zu singen: Der Mond ist aufgegangen, Herzlichst, Hanna Thiele-Roth und David Roth Bergisch Gladbach im April 2016
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Der Tod gehört zum Leben dazu | Wiesbadener Kurier | Im letzten Hemd | im-letzten-hemd | ||
Fotokunstprojekt Im letzten Hemd | Zeitschrift Der Bestatter | Im letzten Hemd | im-letzten-hemd | ||
Denkanstoß 18 – “Todesopfer 2. Klasse” | Nach den Anschlägen von Istanbul mit elf deutschen Todesopfern hat sich die öffentlich gezeigte Betroffenheit schnell wieder gelegt. Kein Facebook-Nutzer hat die deutsche Flagge über sein Profilbild gelegt, keine Schweigemärsche fanden statt … mehr. | Nach den Anschlägen von Istanbul mit elf deutschen Todesopfern hat sich die öffentlich gezeigte Betroffenheit schnell wieder gelegt. Kein Facebook-Nutzer hat die deutsche Flagge über sein Profilbild gelegt, keine Schweigemärsche fanden statt und auch keine öffentliche Gedenkfeier. Uns ist auch nicht bekannt, dass weltweit vor deutschen Botschaften Blumen niedergelegt worden wären. Auf dem Sultanahmet Platz konnte man in den Tagen nach dem Selbstmordanschlag zwischen Hagia Sophia und der Blauen Moschee am Gitter vor dem Obelisken einige wenige rote Nelken finden, auch ein paar Kerzen hat man im Gedenken an die toten deutschen Rentner dort aufgestellt. Kein Vergleich zu dem Blumenmeer vor dem Redaktionsgebäude von Charlie Hebdo und dem Konzertsaal Bataclan. Das Bundeskabinett trat am Tag nach dem Anschlag im Bundeskanzleramt in Berlin zu einer Sondersitzung zusammen. Zu Beginn der Sitzung erhoben sich die Mitglieder des Kabinetts von ihren Sitzen und gedachten der Opfer. Dann wehten die Flaggen in Berlin für einige Tage auf Halbmast. Der Innenminister flog nach Istanbul. Einige Tage später wurden die Särge der Todesopfer mit einer Sondermaschine der Bundeswehr in die Heimat geflogen und den Angehörigen übergeben. Und dann endete die Berichterstattung abrupt und damit die öffentliche Anteilnahme am bitteren Schicksal der Söhne, Töchter, Ehemänner und Frauen, Lebenspartner und Freunde der Ermordeten. Warum sind wir nach den Anschlägen von Istanbul so schnell wieder zur Tagessordnung übergegangen. Liegt es an den Opfern, die keine Freiheitskämpfer mit Stift und Feder waren, keine in der Blüte des Lebens stehenden jungen Menschen, die eigentlich nur Feiern wollten. Die Opfer waren Rentner aus Berlin, Rheinland Pfalz, Hessen, Bayern und anderen Bundesländern. Sie waren auf Städtetour. Ein Urlaub mit Kulturangebot. Die Angehörigen zuhause haben nicht einen Moment daran gedacht, es könnte unterwegs was passieren. Die deutschen Terroropfer beherrschten zwei, drei Tage lang die Schlagzeilen und dann interessierte sich niemand mehr für sie. Sind wir abgestumpft, was schlechte Nachrichten angeht? Sind Rentner vielleicht wirklich nicht so interessant, wie Journalisten und junge Konzertbesucher? Fragen, auf die auch wir keine Antworten haben. Was wir erahnen können, ist die Trauer und das Leid in den Familien. Der Tod eines geliebten Menschen ist das Schlimmste, was passieren kann. Wirkliche Trauer können nur Angehörige und Freude der Opfer empfinden. Wir wünschen ihnen, dass sie nicht allein sind, jetzt, wo das öffentliche Interesse erloschen ist. Wir wünschen ihnen, dass da jemand ist, der mit ihnen ihre Trauer aushält, egal wie lange sie dauert. Wir wünschen ihnen, dass niemand davon zappt zum nächsten Ereignis. Wir wissen, dass ein geliebter Mensch nie ein Todesopfer 2. Klasse sein kann. Herzlichst, Hanna Thiele-Roth David Roth Bergisch Gladbach im Januar 2016
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Ungewöhnliches Fotoprojekt Was nehmen SIE mit auf die letzte Reise | BILD Köln | Im letzten Hemd | im-letzten-hemd | ||
Probeliegen im Sarg | Bergische Landeszeitung | Im letzten Hemd | im-letzten-hemd | ||
Denkanstoß 17 – “Eine Million Trauernde” | Die Menschen aus Syrien, Afghanistan und dem Irak, die im Moment zu uns kommen, haben nicht nur ihr gesamtes Hab und Gut verloren. Viele mussten aus der Heimat fliehen, weil ihr Leben … mehr. | Die Menschen aus Syrien, Afghanistan und dem Irak, die im Moment zu uns kommen, haben nicht nur ihr gesamtes Hab und Gut verloren. Viele mussten aus der Heimat fliehen, weil ihr Leben bedroht war. Sie kommen zu uns, weil sie glauben, bei uns Schutz und Sicherheit zu finden. Sie kommen zu uns um zu überleben. Viele der Ankommenden sind junge Männer, die ihre Familien in der Hoffnung zurückgelassen haben, von Deutschland aus für sie sorgen zu können. Wir können uns nicht vorstellen, wie viel Angst diese Menschen um ihre Mütter, Väter, Geschwister und Freunde haben. In den Medienberichten geht es in der Regel um die Situation in den Herkunftsländern, die Umstände der Flucht oder die Probleme in den Aufnahmelagern. Fast nie wird über die Trauer der Flüchtlinge gesprochen. Da die Menschen aus Kriegs- oder Krisengebieten kommen, sollten wir davon ausgehen, dass die Flüchtlinge in gar nicht so ferner Vergangenheit Verwandte und Freunde verloren haben, die von den Truppen von Diktator Assad oder den ISIS Terrorristen ermordet wurden. Wer schon einmal einen geliebten Menschen verloren hat, weiß, welche dunklen Stunden der Verzweiflung man durchlebt und wie wichtig es ist, in diesen Momenten in einer Gemeinschaft geborgen zu sein, einen Ort zu haben für die Trauer. Versetzen wir uns doch einmal für einen Moment in die Lage der Refugees. Ihre Häuser sind zerbombt, die toten Eltern und Kinder mussten sie unter den Trümmern zurücklassen. Eine Gemeinschaft, die sie in ihrer Trauer auffängt, sie hält, haben die meisten nicht. Und sie haben auch keinen Ort, an dem sie trauern können. Was werden die Folgen sein? Wir müssen nur auf uns selbst schauen, um diese Frage zu beantworten. Unsere Eltern und vor allem unsere Großeltern waren Überlebende des zweiten Weltkrieges. Sie waren Täter und Opfer, Ausgebombte und Vertriebene. Spuren ihrer unbewältigten Trauer finden wir heute noch in uns. Die Journalistin und Autorin Sabine Bode schreibt dazu in ihrem neuen Buch Kriegsenkel*: "Die Kriegsvergangenheit zeigt auch heute noch in vielen Familien Spuren, bis in die zweite und dritte Generation hinein. Als Friedenskinder sind sie in den Zeiten des Wohlstandes aufgewachsen. Es hat ihnen an nichts gefehlt. Oder doch? Die Generation der zwischen 1960 und 1975 Geborenen hat mehr Fragen als Antworten: Wieso haben viele das Gefühl, nicht genau zu wissen, wer man ist und wohin man will? Wo liegen die Ursachen für diese diffuse Angst vor der Zukunft? Weshalb bleiben so viele von ihnen kinderlos? Noch ist es für sie ein völlig neuer Gedanke, sich vorzustellen, ihre tief sitzende Verunsicherung könnte von den Eltern stammen, die ihre Kriegserlebnisse nicht verarbeitet haben. Ist es möglich, dass eine Zeit, die über 60 Jahre zurückliegt, so stark in ihr Leben als nachgeborene Kinder hineinwirkt?" In dem Buch von Sabine Bode geht es auch um nicht bewältigte Trauer. Wir sind zwar eine sehr erfolgreiche Gesellschaft, aber tatsächlich sind wir auch eine sehr traurige. Vielleicht liegt in der Hilfe und Zuwendung zu den Menschen, die jetzt zu uns kommen, auch eine Chance, etwas zur Bewältigung unserer eigenen Vergangenheit zu tun. Nutzen wir sie. Herzlichst, Hanna Thiele Roth David Roth Bergisch Gladbach im Oktober 2015 *Kriegsenkel – Sabine Bode, Klett-Cotta, 304 Seiten, broschiert
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Denkanstoß 16 – “Trauern an Sonn- und Feiertagen verboten” | Die Tage hat uns ein Schreiben des Bestatterverbandes NRW erreicht, über das wir uns nur wundern können. Es ging um die Frage: „ … ob die Durchführung einer öffentlich angekündigten Trauerfeier (Traueranzeige … mehr. | Die Tage hat uns ein Schreiben des Bestatterverbandes NRW erreicht, über das wir uns nur wundern können. Es ging um die Frage: „ … ob die Durchführung einer öffentlich angekündigten Trauerfeier (Traueranzeige in der Zeitung) an einem Sonntag in der Trauerhalle des Bestattungsinstitutes zulässig sei.“ Nach Rücksprache mit der Bezirksregierung – so teilt der Bestatterverband weiter mit - ist die Ankündigung und die Durchführung einer Trauerfeier am Sonntag nicht zulässig. Es gibt in NRW nämlich ein Gesetz zum Schutz des Sonn- und Feiertags. Dieses Gesetz unterscheidet zwischen Arbeits- und Veranstaltungsverboten mit unterschiedlicher Zielrichtung. Die Veranstaltungsverbote zielen auf den Schutz der Gottesdienste ab. Bei uns im Bestattungshaus Pütz-Roth und in unseren Gärten der Bestattung finden zu jeder Tages- und Nachtzeit sieben Tage die Woche Trauerfeiern und Beerdigungen statt. Natürlich auch am Wochenende, denn da haben die meisten Menschen Zeit und Muße. Vielleicht sind deshalb bei uns die Trauerfeiern immer sehr gut besucht, weil wir eben nicht zu den starren Öffnungszeiten von Friedhöfen und Behörden im halbstunden Rhythmus Beerdigungen abspulen. Wir fragen zunächst, was ist gut und richtig für die Trauernden und danach planen wir die Beerdigung. Tod kann an dieser Stelle ein guter Lehrmeister zu zivilem Ungehorsam sein. Was spricht gegen eine Trauerfeier sonntags um 15.00 Uhr? An einem Termin also, zu dem auch Leute teilnehmen können, die von weit anreisen müssen? Trauerfeiern sind vor allem auch Familienfeiern. Wenn auch aus traurigem Anlass. Die Familie kommt zusammen, man redet, man weint und manchmal lacht man auch auf einer Beerdigung. Bei Familienfeiern wie Hochzeitstagen, Konfirmationen, Ostern oder Jubiläen würde niemand auf die Idee kommen, die Feiern auf einen Wochentag zu legen. Gefeiert wird dann, wenn alle können und das ist eben meistens am Sonntag oder wie z.B. im Fall von Weihnachten an Feiertagen. Wer Trauerfeiern an Sonn- und Feiertagen verbietet, der müsste konsequenterweise auch andere Familienfeiern an diesen Tagen untersagen. Trauerfeiern sollten nicht dazu da sein, überholte Paragrafen umzusetzen. Trauer ist Liebe hat unser Vater Fritz Roth immer gesagt. Wenn wir lieben, dann fragen wir auch nicht nach Erlaubnis, ob und wie wir unsere Liebe ausdrücken und leben sollen. Im Regelfall bekommen Angehörige 1. Grades 1-2 Tage Sonderurlaub, wenn jemand verstirbt. Als Freund oder Kollege hat man gar kein Anrecht auf einen freien Tag, um auf eine Beerdigung zu gehen. Eine Trauerfeier am Wochenende entlastet die Trauernden. Wir können nur dazu auffordern sich nicht an dieses Gesetz zu halten. Auch Gesetze und Verordnungen - und dazu zählen wir ausdrücklich auch Friedhofsordnungen mit ihren starren Öffnungszeiten und überkommenen Vorschriften was Grabgestaltung angeht - müssen gelegentlich überdacht und reformiert werden, damit sie weiter in die Zeit passen. Bestattungsrituale gehören zum Menschsein. Die ersten Zeugnisse von Kultur hat man in den Gräbern unserer Vorfahren gefunden. Wir müssen aufpassen, dass wir modernen Menschen uns nicht immer mehr von diesen Traditionen verabschieden. Tod und Trauer sollen sich heutzutage Arbeit und Funktion unterordnen, danach richten wir leider unsere Gesetze und Verordnungen aus. Der Wunsch zu trauern ist älter als jedes Gesetz. Schon unsere Vorfahren haben Bestattungsrituale gepflegt. In einer Höhle in Südafrika mit dem schönen Namen Rising Star wurden Knochen einer bislang unbekannten Menschenart entdeckt. Homo naledi lebte vor über 1 Million Jahren. Die feingliedrigen Frühmenschen waren nur etwa 1,40 m groß und wogen 45 kg. Die Forscher vermuten, dass Homo naledi seine Toten bewusst bestattet hat. Darauf deutet alles in der Höhle hin. Ein Schild mit einer Friedhofsordnung oder ein Bestattungsgesetz hat man in der Kaverne Rising Star nicht gefunden. Wahrscheinlich nahm man sich einfach ein wenig Zeit füreinander, ließ das Tagewerk für einen Moment ruhen und verabschiedete sich von den Toten. Herzlichst, Hanna Thiele-Roth David Roth Bergisch Gladbach im September 2015
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Denkanstoß 15 – “Stille Trauer” | Als Jan die Trauerkarte in Händen hielt, war es für ihn, als würde er durch ein Fenster in seine Kindheit schauen. Er sah Herrn Sänger, wie er in seinem schicken Modeladen Blusen … mehr. | Als Jan die Trauerkarte in Händen hielt, war es für ihn, als würde er durch ein Fenster in seine Kindheit schauen. Er sah Herrn Sänger, wie er in seinem schicken Modeladen Blusen von Cacharel auspackte und auspreiste, wie er Damenmäntel von Windsor über Bügel warf und wie er seiner Mutter Komplimente machte. Seine Freundlichkeit war nie aufgesetzt, sein Wohlwollen nie Mittel zum Zweck, um seinen Kundinnen etwas anzudrehen. Herr Sänger war für die oberflächliche Modebranche viel zu tiefsinnig, er war entspannt und strahlte, auch wenn sein Laden voll war, große Gelassenheit aus. Herr Sänger war ein Schöngeist, der danach strebte, die Frauen mit seinen Kleidern ein bisschen glücklich zu machen. Seine eigene Garderobe war immer von schlichter Eleganz. Rahmengenähte Schuhe, ein unauffälliger aber hochwertiger Anzug, blaues Hemd, den obersten Knopf geöffnet und immer hatte er ein rotes Einstecktuch in der Brusttasche. Auch für Jan hatte Herr Sänger einen Blick. Der Junge saß staunend auf einem Hocker mitten im Geschäft und himmelte seine Mutter an, die ständig mit anderen Klamotten aus der Kabine schwebte. Wenn Herr Sänger etwas nicht gefiel, legte er den Kopf schräg und sagte: „Wir finden was Besseres für Sie“. Jan lobte Herr Sänger war elegant und gleichzeitig von einer unaufdringlichen Coolness. Seine Mutter mochte ihn, vielleicht wollte Jan auch deshalb so werden wie Herr Sänger, auch weil man in seinem Geschäft das Gefühl haben konnte, die Welt sei ein guter Platz. Als Jan dann erwachsen wurde, vergaß er Herrn Sänger irgendwann. Nur manchmal, wenn er mit seiner Frau einkaufen ging und die eitlen, unfreundlichen Modeberater mit ihren gegelten Haaren und getrimmten Dreitagebärten in den Flagshipstores erlebte, kam er ihm in den Sinn. Herr Sänger war ein Gentleman alter Schule. Für Männer wie ihn musste das Wort Gentleman erfunden worden sein. Und jetzt war er gestorben. Hochbetagt. Die Karte war von seiner Frau Almut und seinen Töchtern Anna und Teresa unterschrieben. Obwohl die Kindheit mit Herrn Sänger weit weg war, machte die Karte Jan traurig. Doch dann las er einen Satz, der ihn tief berührte, weil er traurig und schön zugleich war: Hajo Sänger ist dem Tod begegnet, wie er gelebt hat, mit großer Gelassenheit. Jan fiel auf, dass er den Vornamen von Herrn Sänger nie gewusst hat. Trotzdem war der Mann Teil seiner Kindheit. Er weinte um Herrn Sänger und es war ok. Herzlichst,
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Wie wollen wir bestattet werden | Bericht zum HR Fernsehe Beitrag bei Hauptsache Kultur | Im letzten Hemd | im-letzten-hemd | ||
Wo liegt der Fritz? | Känguru Stadtmagazin | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Denkanstoß 14 – “Und jetzt?” | Die einhundertfünfzig Kerzen im Kölner Dom sind erloschen. Es war eine bewegende Trauerfeier im Gedenken an die Toten des Absturzes von Germanwings-Flug 4U9525. Es hat den Trauernden sicher gut getan, zu sehen, … mehr. | Die einhundertfünfzig Kerzen im Kölner Dom sind erloschen. Es war eine bewegende Trauerfeier im Gedenken an die Toten des Absturzes von Germanwings-Flug 4U9525. Es hat den Trauernden sicher gut getan, zu sehen, dass ein ganzes Land sich dem Leid der Hinterbliebenen zuwendet. Den Vertretern der Kirchen, der Politik und auch der Unternehmen hat man ihre Erschütterung angesehen, sie haben Ihre Tränen nicht verborgen. Sie waren in der dunkelsten Stunde da, haben einfühlsame Reden gehalten, haben zugehört und Mitgefühl gezeigt. Für die Eltern, Geschwister, Kinder und Freude der Opfer beginnt nun eine neue, sehr schwere Zeit. Sie müssen im Alltag mit dem Verlust leben lernen. Die nächsten Monate werden zeigen, ob die Menschen ihr schweres Schicksal annehmen können. Auch die Mitarbeiter der Fluggesellschaften müssen sich im Alltag der Tatsache stellen, nicht unverwundbar zu sein. Bei der Lufthansa sollten Möglichkeiten geschaffen werden, sich Zeit füreinander zu nehmen und sich der verstorbenen Kolleginnen und Kollegen gemeinsam zu erinnern, vielleicht durch einen leisen Ort auf dem Firmengelände, an dem Namen und Fotos zu sehen sind. Es wird für immer eine Wunde bleiben. Um einen geliebten Menschen zu trauern, ist Ausdruck von Liebe. Der Schmerz wird mit der Zeit erträglicher, er wird nachlassen, aber er wird bleiben, weil die Liebe bleibt. Wir wünschen den Hinterbliebenen der Opfer, dass gerade jetzt, wo das öffentliche Interesse nachlassen wird, weiter jemand für sie da ist. Menschen die zuhören, die bereit sind, das Leid mitzutragen. Abnehmen kann man es den Trauernden nicht. In Le Vernet in den Alpen wurde eine Gedenktafel für die Opfer des Absturzes errichtet. Für viele Angehörige war es wichtig, diesen Ort zu besuchen. Nun sollten auch auf den Friedhöfen in den Heimatorten Erinnerungsplätze entstehen. Alle Toten konnten identifiziert werden. Das, was man von ihnen gefunden hat, sollte nun beigesetzt werden. Für die Trauer ist es wichtig, einen Ort zu haben, an dem der Verstorbene zur letzten Ruhe gebettet wurde. Man kann diesen Platz aufsuchen und sich dem geliebten Menschen nahe fühlen. Die Angehörigen der Opfer können sich gegenseitig helfen. Niemand weiß besser, wie sich der Verlust anfühlt. Es tröstet, sich gegenseitig zu stützen. Und vielleicht schafft man es ja, sich gegenseitig Hoffnung zu geben. Denn Hoffnung dürfen die Trauernden haben. Im stern wird ein junger Mann zitiert, dessen Eltern beim Tsunami in Thailand im Jahr 2004 ums Leben kamen. Er sagt: Man kann es schaffen, weiterzuleben – ohne Depression und ohne ständige Traurigkeit, mit Hoffnung, Zielen und Freude. Im Moment kann das für die Trauernden kein Trost sein. Aber es kann Mut machen. Herzlichst, Hanna Thiele-Roth und David Roth
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In der Trauer allein gelassen? | Kirchenzeitung für das Erzbistum Köln | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Denkanstoß 13 – “4U9525” | Jahrzehntelang waren wir nur Zaungäste, wenn irgendwo auf der Welt ein Flugzeug abstürzte. Aus Berliner Ministerien wurden dann Beileidsbekundungen versandt, die Medien analysierten Unglücksursachen und zeigten auf fernen Flughäfen weinende Angehörige, deren … mehr. | Jahrzehntelang waren wir nur Zaungäste, wenn irgendwo auf der Welt ein Flugzeug abstürzte. Aus Berliner Ministerien wurden dann Beileidsbekundungen versandt, die Medien analysierten Unglücksursachen und zeigten auf fernen Flughäfen weinende Angehörige, deren Eltern, Kinder und Freunde nie mehr nach Hause kommen würden. Jetzt sind es Menschen aus unserer Mitte, die bei dem Absturz in den französischen Alpen ums Leben gekommen sind. Schüler, Babys, Eltern, Ehepartner sind tot. Gestorben am 24. März um 10.53 Uhr. Fliegen gilt als eine der sichersten Reisearten, die es gibt. Trotzdem passieren immer wieder Unfälle. Wir verdrängen, dass es uns treffen kann. Bis es uns trifft. Es hätte jeden von uns treffen können. Das Wichtigste ist, die Trauernden nicht alleine zu lassen. Trauer kann nur der empfinden, der den Verlust erlitten hat. Trauer kann man nur alleine erleben, weil Trauer aus der gleichen Quelle kommt, die wir sonst Liebe nennen. Trauer kann man nicht teilen. Aber man kann den Arm um jemanden legen, der still um Unser verstorbener Vater Fritz Roth hat einmal gesagt: „Der Tod ist eine Art Amputation. Da wird mir etwas Lebenswichtiges abgeschnitten. Dann brauche ich Krücken. Krücken auf die ich mich stützen kann. Krücken die eine Hilfe sind und Halt geben können. Krücken, die helfen, Trauer in Bewegung zu verwandeln, um in der Krise irgendwann eine Perspektive zu entdecken. Deshalb ist es wichtig, dass Wir sollten uns den Hinterbliebenen zuwenden. Wir sollten ihnen zeigen, dass wir bereit sind, zu versuchen, einfach nur da zu sein und zu stützen. Ohne gutgemeinte Ratschläge zu geben. Trauernde haben keine Wahl, sie müssen aushalten, was geschehen ist. Dabei können wir helfen, einfach dadurch, dass wir uns nicht in ein paar Tagen abwenden und weitermachen wie bisher. Bald wird es wie immer nach Darauf sollten wir Rücksicht nehmen. Trauer braucht Gemeinschaft. Gemeinschaft kann auch ein ganzes Land sein. Herzlichst, Hanna Thiele-Roth und David Roth
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Es sollte was bleiben, denn Trauer braucht eine Heimat | Leitfaden | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Absolute Freiheit für die Friedhöfe | Friedhof und Denkmal | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Ein Plädoyer – Absolute Freiheit für die Friedhöfe | Friedhof u. Denkmal | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Absolute Freiheit für die Friedhöfe – Ein Plädoyer | Friedhof u. Denkmal 01 2015 | Gärten der Bestattung | gaerten-der-bestattung | ||
Denkanstoß 12 – “Niemand alleine lassen” | „Je suis Charlie“, dieser Satz drückt nicht nur Protest gegen den Anschlag auf unsere Meinungsfreiheit aus. In diesen drei Worten steckt auch große Anteilnahme mit den Angehörigen der Opfer und Betroffenheit und … mehr. | „Je suis Charlie“, dieser Satz drückt nicht nur Protest gegen den Anschlag auf unsere Meinungsfreiheit aus. In diesen drei Worten steckt auch große Anteilnahme mit den Angehörigen der Opfer und Betroffenheit und Trauer über den Tod der Karikaturisten und der anderen Ermordeten in Paris in dieser ersten Januarwoche 2015. Millionen Menschen haben ihren Schmerz und ihre Bestürzung bei Trauermärschen und auf Kundgebungen öffentlich gezeigt. Sie haben den Trauernden damit klar gemacht: „Ihr seid nicht alleine.“ Warum tun sich viele Menschen so schwer damit, in ihrem direkten Lebensumfeld, in ihrem Alltag ihre Trauer und Anteilnahme zu zeigen? Mit vielen anderen zusammen gelingt uns das. Nach dem Tod von nahen Angehörigen wird der aufgewühlte Seelenzustand oft verschwiegen. Viele trauern nach innen und In unserem Bestattungshaus versuchen wir den Menschen Mut zu machen, ihre Trauer auszuhalten, sie zu zeigen. Denn darum geht es. Trauer ist keine Krankheit, die kuriert werden muss. Trauer ist genauso natürlich wie Liebe. Wenn wir verliebt sind, dann delegieren wir romantische Spaziergänge im Schnee oder ein Abendessen bei Kerzenschein auch nicht an jemand anderen. Wer es schafft, an dieser Stelle Man muss vor Toten keine Angst haben. Ein paar Stunden am offenen Sarg zu sitzen, den Toten zu berühren, sich wirklich in einem stillen Moment zu verabschieden, sind wertvolle Erfahrungen. Wenn Sie gerade um einen lieben Freund oder den Vater, die Mutter trauern, dann verbergen Sie Ihre Tränen nicht. Zeigen Sie Ihren Kollegen und Bekannten, wie es Ihnen geht. Sprechen sie über Ihren Kummer. Manchmal muss man dem Gegenüber ein Signal senden, damit er sich öffnet. Wir erleben täglich, wie gut es tut, nach einem Verlust Gemeinschaft zu spüren. Alle die im Moment nicht in Trauer sind, sollten nicht achtlos darüber hinweg sehen, wenn Sie jemandem begegnen, der einen Toten zu beklagen hat. Schön wäre, wenn wir den Menschen um uns herum, genauso viel Beachtung schenken würden, wie den Toten, die über die Medien Betroffenheit bei uns auslösen. Niemand sollte in einer so schweren Zeit alleine sein müssen. Herzlichst, Hanna Thiele-Roth und David Roth
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Denkanstoß 11 – “Bei uns wird auch viel gelacht” | Dieser Satz aus einem RTL-Interview hat in den letzten Wochen zu einigen Irritationen geführt. Schließen die Berufe Bestatter und Trauerbegleiter nicht automatisch Lebensfreude und Humor aus? Wird man zwangsläufig nicht selbst irgendwann … mehr. | Dieser Satz aus einem RTL-Interview hat in den letzten Wochen zu einigen Irritationen geführt. Schließen die Berufe Bestatter und Trauerbegleiter nicht automatisch Lebensfreude und Humor aus? Wird man zwangsläufig nicht selbst irgendwann zum Trauerkloß, wenn man ständig mit Trauernden zu tun hat? Diese Fragen bekommen wir häufig gestellt. Deshalb möchten wir in unserem heutigen Wir verstehen unseren Beruf so: als Bestatter und Trauerbegleiter werden wir in einem schwierigen Moment Teil der Familien, die zu uns kommen, um von geliebten Menschen für immer Abschied zu nehmen. Wir hören zuerst mal zu. Natürlich erfahren wir, wie der Vater, die Mutter oder der Lebensgefährte gestorben ist, dass er in den letzten Monaten vielleicht viel Leid erlebt hat. Was uns die Bei uns wird von Herzen gelacht und von Herzen weint. Erinnern bedeutet, dass man nicht nur den schmerzhaften Verlust oder die vielleicht schwierige Zeit kurz vor dem Tod vor Augen hat, sondern alles Gute und Schlechte, dass man im Leben miteinander geteilt hat. Da ist natürlich so manche fröhliche und schöne Erinnerung dabei, an der man sich auch in Phasen der Trauer erfreuen darf. Unser verstorbener Vater Fritz Roth hat immer gesagt: Trauer ist Liebe. Auch in der Liebe erleben wir euphorische Momente und Zeiten, wo man tief traurig ist. Beides gehört zum Leben. Auch der Tod gehört zum Leben. Bei uns im Bestattungshaus sind das Leben und der Tod immer präsent. Und auch das Lachen und das Weinen. Beides existiert gleichzeitig. Und beides ist bei uns ausdrücklich willkommen und erlaubt. Wir sollten Trauer nicht an der Anzahl vergossener Tränen messen. Jeder trauert anders. Wir ermuntern die Angehörigen ihrer Trauer ganz individuell Ausdruck zu verleihen. Wir geben Ihnen Zeit um zu realisieren, was geschehen ist, Zeit zum Abschiednehmen und auch den Raum, in dem das stattfinden kann. Bei uns ist vieles anders. Trauer hat viele Facetten. Tatsächlich lachen wir mit den Herzlichst,
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Denkanstoß 10 – “Kindergarten auf Friedhof” | Was auf den ersten Blick merkwürdig erscheint, ist auf den zweiten von bestechender Logik. Leben und Tod gehören untrennbar zusammen. Nur trauen wir uns nicht mehr hinzuschauen, den Tod zu betrachten und … mehr. | Was auf den ersten Blick merkwürdig erscheint, ist auf den zweiten von bestechender Logik. Leben und Tod gehören untrennbar zusammen. Nur trauen wir uns nicht mehr hinzuschauen, den Tod zu betrachten und Trauer zuzulassen. Kinder gehen mit diesen - für und Erwachsene schwierigen Themen - unbefangener um, wenn man sie lässt. Es sind die Erwachsenen, die den Tod aus ihrem Leben verdrängt haben, als würde er sie nichts angehen. Der Tod geht uns alle an. Da wir uns dem Tod aber nicht stellen, ist er fremd geworden. Wir tun gut daran, uns wieder mit ihm vertrauter zu machen. Je früher desto besser. Als die Idee aufkam, in den Gärten der Bestattung einen Waldkindergarten zu eröffnen, waren wir sofort Feuert und Flamme. Es geht nicht darum Kinder zwanghaft mit dem Tod zu konfrontieren. Es geht auch nicht darum, dass die Kinder sich ständig mit dem Tod befassen und auf den Gräbern spielen. Die Kinder erkunden den Wald und das Strundetal, sie entdecken ganz neue Spielorte und erstellen ihre eigene Karte der Umgebung. Auf den umliegenden Bauernhöfen können Tiere beobachtet werden. Freiflächen laden zum Rennen und Toben ein. Ein umgebauter Bauwagen wurde zum Treffpunkt und zum Aufenthalt für die kalten Wintermonate umgebaut. Als Kindergarten ohne Türen und Fenster verfolgen erfahrene Pädagogen einen ganzheitlichen Erziehungs- und Bildungsansatz. Die Kinder verbringen die tägliche Betreuungszeit in der Natur und werden bei Wind und Wetter draußen unterwegs sein. Natürlich werden sie irgendwann Fragen zu den Gräbern stellen. Dann stehen wir bereit. Der Tod ist Teil des Lebens. Je früher Kinder das lernen und begreifen, desto mehr gelingt es ihnen später, Sinn im Leben zu finden. Der Tod begrenzt unser Leben und damit wird jede Minute kostbar. Auch das können die Kinder bei uns im Waldkindergarten lernen. Herzlichst,
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Denkanstoß 9 – “Niemand ist ersetzbar” | In unserer leistungsorientierten Gesellschaft hört man oft den Satz: Jeder ist ersetzbar. Chefs benutzen ihn, wenn Mitarbeiter das Unternehmen verlassen und für viele Trainer ist dieser Satz eine Art Mantra, um den … mehr. | In unserer leistungsorientierten Gesellschaft hört man oft den Satz: Jeder ist ersetzbar. Chefs benutzen ihn, wenn Mitarbeiter das Unternehmen verlassen und für viele Trainer ist dieser Satz eine Art Mantra, um den Ehrgeiz der Spieler anzustacheln. Wer jemals einen geliebten Menschen verloren hat, der weiß, wie falsch dieser Satz ist. Fußballtrainer Robert Wisser hatte im Sport alles erlebt: Siege, Niederlagen, Auf- und Abstiege, Entlassungen und Neuverpflichtungen. Er hatte sich im Lauf der Jahre angewöhnt, keinen mehr hinter die Fassade des coolen Trainers blicken zu lassen. Robert Wisser verlor auf der Bank nie die Selbstkontrolle und auch in Augenblicken des Sieges behielt er seine mourinhohafte Distanz. Was er seiner Mannschaft heute zu verkünden hatte, drohte seine Kraft zu übersteigen. Sein 6er Pit Reumann war in der Nacht auf der Heimfahrt von einem Club tödlich verunglückt. Pit war von der Fahrbahn abgekommen und mit seinem Golf gegen einen Baum geprallt. Er wurde nur 24 Jahre alt. Wie sollte er seinen Jungs erklären, dass Pit nicht zum Spiel kommen würde, dass er nie mehr das Trikot seines Vereins überstreifen würde. Coach Wisser räusperte sich, die Mannschaft merkte sofort, dass etwas Schlimmes passiert sein musste. „Pit ist heute Nacht bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Wir werden heute nicht antreten.“ In der Kabine wurde es still. Die Männer saßen schweigend im Kreis. Wisser spürte, dass er noch etwas sagen musste. Nur was? Er wollte seine Jungs nicht mit Floskeln wie „Das Leben geht weiter“ abspeisen. „Männer“, sagte der Coach so leise und behutsam, dass man außerhalb der Kabine nichts von seiner Ansprache hören konnte. „Gott hat Pit in der 24 Minute ausgewechselt. Das ist so schrecklich ungerecht. Nicht nur wir bräuchten ihn dringend. Seine Familie, seine Freunde, allen wird er unendlich fehlen.“ Wisser schluckte und macht eine lange Pause. Wie sollte er seine Wertschätzung und Zuneigung für den Verstorbenen ausdrücken, ohne dass es kitschig oder künstlich klang. “Gott hat jetzt für sein Team einen perfekten 6er.“ Coach Wisser nahm Pit Reumanns Trikot und hängte es an seinen angestammten Platz in der Kabine. „In unserer Mannschaft werden wir diese Trikotnummer nie mehr vergeben“, Wisser drehte sich um zu den Spielern, „Pits Tod mahnt uns, jedes Spiel zu einem Zwei Tage später erschien in der Zeitung eine Traueranzeige. Sie trug die Überschrift: Niemand ist ersetzbar Herzlichst,
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Denkanstoß 8 – “Aus der Schockstarre treten” | Eine Träne rann Michael über die Wange. Die Geschichten, die seine Mitarbeiter über den verstorbenen Kollegen Volker Schuster erzählten, berührten ihn. Es tat allen gut zu sehen, dass auch der Chef trauerte, … mehr. | Eine Träne rann Michael über die Wange. Die Geschichten, die seine Mitarbeiter über den verstorbenen Kollegen Volker Schuster erzählten, berührten ihn. Es tat allen gut zu sehen, dass auch der Chef trauerte, er in diesem schweren Moment Gefühle zeigen konnte, ganz bei seinen Mitarbeitern war. Volkers geliebte Tasse stand im Konferenzraum auf dem Tisch, dahinter die Fotografie mit Volker beim Betriebsausflug am Edersee. Nach der Todesnachricht vor zwei Tagen war Michael Breuer schon am Nachmittag aus dem Büro gegangen. Er konnte keinen klaren Gedanken fassen und wollte sich nicht dazu zwingen, seine Trauer einfach beiseite zu schieben und Dienst nach Vorschrift zu machen. Nach Hause gehen, kam auch nicht infrage. Michael wollte seiner Frau nicht erklären müssen, warum er keine Lust hatte, zu reden. Er wollte ein paar Stunden alleine sein und so lief er ziellos durch die Fußgängerzone, in der die Leute ihre Feierabendeinkäufe von Geschäft zu Geschäft schleppten. Wie unwichtig doch auf einmal so etwas Alltägliches wie Einkaufen wurde. Michael starrte in die vollen Schaufensterauslagen, ohne etwas zu sehen. Der Geruch des Bratwurststandes stieg ihm in die Nase, aber er hatte zum ersten Mal in seinen Leben keinen Appetit auf eine Currywurst. Er sah sein Spiegelbild im Schaufenster und dachte darüber nach, wer um ihn trauern würde. Er wischte den Gedanken schnell beiseite, weil er ihm unangemessen erschien. Schließlich durfte er leben. Volker war gestorben. Die bunten Tassen in der Auslage waren ihm nicht sofort aufgefallen, er war schon dabei weiter zu gehen, als er sich noch einmal umdrehte und die Tassen anstarrte, ohne zunächst zu wissen warum. Dann sah er es. Eine der Tassen war rot, wie Volkers Tasse. Sie stand inmitten lauter bunter lustiger Henkelmänner. Michael liefen Tränen über die Wangen. Er sah Volker im Kreise der Kollegen. Der Besuch bei Volkers Witwe war schwer. Michael Breuer kannte Simone Schuster kaum. Volker hatte strikt darauf geachtet, „den Job nicht mit nach Hause zu nehmen“, wie er immer sagte, dazu gehörte auch, so wenig wie möglich mit Kollegen private Kontakte zu pflegen. Alle hatten das respektiert. Simone war sehr gefasst und distanziert. Der Schmerz über den Verlust war einfach zu groß, um dem ehemaligen Chef ihres Mannes etwas vorzuspielen. Michael war froh, dass Simone sich nicht verstellte. Sie dankte für die Beileidswünsche und die einfühlsame Traueranzeige. Die Wertschätzung der Kollegen hatte ihr gut getan, auch wenn sie im Moment nicht in der Lage war, das zu zeigen. Dann kam der Tag der Beerdigung. Michael setzte sich bei der Geschäftsleitung dafür ein, dass die Abteilung an diesem Morgen geschlossen blieb, so dass alle Kollegen die Möglichkeit hatten, an der Trauerfeier teilzunehmen. Die ganze Abteilung erschien in der Trauerhalle. Auf dem Sarg stand ein großes Foto von Volker und Simone. Die beiden hatten erst vor einigen Wochen silberne Hochzeit gefeiert. Eine einzige Rose lag vor der Bild. Michael Breuer wollte eine Rede halten, fühlte sich aber nicht in der Lage. Er hatte die Zeilen selbst verfasst, gehalten hat die Rede dann die Kollegin, die mit Volker seit vier Jahren das Büro teilte. Sie verlas auch kleine Abschiedsgrüße, von „Mach´s gut Volker, wir werden dich vermissen“, was die einfachste Variante war, bis hin zu Ein paar Tage nach der Trauerfeier erreichte ein Paket die Abteilung, es kam von Simone Schuster. Sie hatte für die Kollegen einen großen Kuchen gebacken und dem Paket auch Volkers Tasse beigelegt. Die rote Tasse hatte ihr Zuhause im Büro und da sollte sie auch bleiben. Michael lächelte und stellte die Tasse zu den Henkelmännern aus dem Schaufenster, die er als Erinnerung an Volker Schuster für sich und die Kollegen gekauft hatte. Herzlichst, Bergisch Gladbach im März 2014
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Denkanstoß 7 – “Schockstarre” | „Volker ist heute Nacht gestorben“, Simone Schuster versagte am Telefon die Stimme, sie weinte, konnte nicht mehr weiter reden und legte auf. Am anderen Ende der Leitung behielt der Chef des Verstorbenen … mehr. | „Volker ist heute Nacht gestorben“, Simone Schuster versagte am Telefon die Stimme, sie weinte, konnte nicht mehr weiter reden und legte auf. Am anderen Ende der Leitung behielt der Chef des Verstorbenen den Hörer noch minutenlang in der Hand. Michael Breuer starrte auf seinen Computerbildschirm ohne etwas zu sehen, er schaute auf, sein Blick irrte im Zimmer umher, vom Fenster, zur Sitzgruppe, zurück zum Schreibtisch auf den flackernden Bildschirm. Michael stand unter Schock. Er schloss die Tür seines Büros und bat seine Sekretärin den nächsten Termin abzusagen. Der Tod seines langjährigen Mitarbeiters Volker Schuster aus der Vertriebsabteilung ging ihm nahe, sehr nahe. Viel näher als er sich das hätte vorstellen können. Michael Breuer hatte im Verlauf seiner Karriere immer mal wieder darüber nachgedacht, was wäre wenn? Was wäre, wenn eine meiner Kolleginnen oder ein Kollege sterben würde. Die Antwort auf diese Frage hat er sich nie gegeben. Es gab immer Wichtigeres zu tun. Und jetzt trifft der Tod von Volker Schuster seinen Chef völlig unvorbereitet. Michael Breuer hat für die Menschen in seiner Abteilung immer ein offenes Ohr. Seine Mitarbeiter beschreiben ihn als korrekt, fleißig und ehrgeizig und trotzdem mitfühlend. Die Leute fühlen sich von ihm wertgeschätzt, er hat es geschafft, ganz unterschiedlichen Charakteren in seiner Abteilung eine Heimat zu geben. Ein Umfeld, in dem man auch Trauer und andere familiäre oder persönliche Probleme nicht verstecken muss. In einer mobilen Gesellschaft, in der nicht selten Familienbande loser werden oder sich ganz auflösen, sind Firmen häufig so etwas wie ein Familienersatz. Wir gestatten uns immer weniger Freizeit und Zeit für Ehrenämter und Vereinsarbeit. Der Arbeitsplatz ist immer mehr zum Mittelpunkt des Lebens geworden. Dass ein Freund oder Verwandter eines Mitarbeiters aus Michaels kunterbunt zusammen gewürfeltem Team stirbt, das war vorgekommen in der Vergangenheit. Bei einer durchschnittlichen Sterblichkeitsrate von bundesweit 1 % der Bevölkerung p.a. sind mindestens 5 % der arbeitenden Bevölkerung akut betroffene Angehörige ersten Grades; d. h. Kinder oder Eltern jüngst Verstorbener. Auf trauernde Mitarbeiter wurde in Breuers Abteilungen immer besondere Rücksicht genommen. Der Gesetzgeber sieht im Trauerfall für die nächsten Angehörigen zwei Tage bezahlten Urlaub vor. Michael hat sich über diese Regelung immer hinweg gesetzt und dadurch die Solidarität der Mitarbeiter gefördert, die einen Teil der Arbeit, die liegen blieb, einfach mit gemacht haben, ohne das groß zum Thema zu machen. Auch war es für Michael Breuer immer eine Selbstverständlich engen Kontakt mit den trauerden Kolleginnen und Kollegen zu halten. Er hat sich nie weg geduckt. Der Tod von Volker ist auch für seinen Chef eine Ausnahmesituation. Volker Schuster war 46 Jahre alt und seit über 15 Jahren im Unternehmen. Michael Breuer starrte immer noch auf den Bildschirm auf seinem Schreibtisch. Tränen rannen über seine Wangen. Sollte er eine E-Mail an alle schicken mit der Todesnachricht, oder die Personalabteilung bitten, auf die Schnelle einen Aushang Michael Breuer musste an die Trauer um Lady Diana denken, an das Meer von Blumen, das sich vor dem Buckingham Palast ausbreitete. Diese Form der öffentlichen Trauer hatte ihn berührt damals. Seitdem war es immer wieder vorgekommen, dass Menschen für Stars, Sportler oder beliebte Politiker Blumen niederlegten und zwar nicht auf dem Friedhof, sondern da, wo die Verstorbenen gelebt oder gearbeitet hatten. Michael Breuer griff zum Telefonhörer und bat seine Sekretärin alle Mitarbeiter in einer Stunde zusammenzurufen. Die Leute sollten vor das Büro von Volker Schuster kommen. Dann schickte er sie los, Lilien und eine Kerze kaufen. Im Netz fand er ein Foto von Volker. Es zeigte den Verstorbenen beim letzten Betriebsausflug an den Edersee. Volker stand auf einem Fels im Wasser und lachte in die Kamera. Das Bild hatte besondere Symbolkraft. Michael drückte auf Print und das Foto glitt aus dem Drucker. Als sich alle Mitarbeiter vor der Tür von Volker versammelt hatten, trat Michael nach vorne und gab die traurige Nachricht bekannt. Er sprach leise, suchte den Augenkontakt zu den Leuten, immer wieder musste er schlucken, er konnte seine Nach kurzem Schweigen öffnet der Chef die Bürotür. Auf Volkers Schreibtisch standen das Bild, die brennende Kerze und die Blumen. In den nächsten Tagen füllte sich der Schreibtisch mit Abschiedsbriefen und kleinen Geschenken, die an den Das Foto von Volker auf dem Fels bekam einen Ehrenplatz in der Teeküche! Und dort hängt es bis heute. Herzlichst, Bergisch Gladbach im Januar 2014
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“Die Ideen leben weiter” – Artikel zur Gründung der Fritz Roth Stiftung ‘Trauer ist Liebe’ | Kölner Stadt-Anzeiger | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Denkanstoß 6 – “November Rain” | Der November ist bei uns traditionell der Monat, in dem Trauer und Tod für kurze Zeit ins öffentliche Bewusstsein rücken. Vor dem Fenster verregnete Herbststimmung, im Kalender die gewohnten Gedenktage (Allerheiligen, Volkstrauertag, … mehr. | Der November ist bei uns traditionell der Monat, in dem Trauer und Tod für kurze Zeit ins öffentliche Bewusstsein rücken. Vor dem Fenster verregnete Herbststimmung, im Kalender die gewohnten Gedenktage (Allerheiligen, Volkstrauertag, Buß- und Bettag, Totensonntag) und im Radio läuft November Rain. Im Text der Ballade von Guns`n`Roses heißt es: …nothing lasts forever and we both know hearts can change and it’s hard to hold a candle in the cold November rain. Ok, das ist platt. Aber Popmusik darf platt sein. Im richtigen Leben gehen wir mit Verlust und Abschied einfühlsamer um. Die Erinnerung an einen geliebten Menschen kann das ganze Leben lang weh tun und uns bleibt oft nichts anderes übrig, als den Schmerz auszuhalten. Die Trauer um die Partnerin, die Eltern oder einen geliebten Freund zu verdrängen, ist die schlechteste - weil gar keine - Lösung. Trauer ist Liebe. Nur wenn wir eine wirkliche Beziehung zu einem Menschen hatten, empfinden wir Trauer. Der Tod gehört zum Leben. Wenn wir es zulassen, kann der Tod etwas in unserem Leben ändern. Der Tod lässt uns spüren, dass unsere Lebenszeit begrenzt ist und macht sie damit wertvoll. Immer wenn wir an einen Toten denken, schwingt die Tatsache der eigenen Endlichkeit mit. Und deshalb steckt auch in traurigen Erinnerungen etwas Gutes. Der graue November drückt die Stimmung. Man kommt nicht so recht in Feierlaune und ist mal nicht „gut drauf“. Aber wo steht, dass wir ständig gut gelaunt durchs Leben gehen müssen. Für uns gehören stille Momente der Besinnung, Traurigkeit und Trauer zum Leben dazu. Auch daraus kann Positives entstehen. Der Tod unseres Vater Fritz Roth hat die Familie enger zusammenrücken lassen. Wir sprechen viel miteinander, nicht nur über Fritz, sondern auch darüber, wie wir unserer Trauer Ausdruck verleihen können. Wir haben entschieden, dass wir zu seinem ersten Todestag am 13. Dezember eine Stiftung gründen werden. Die Fritz Roth-Stiftung “Trauer ist Liebe“ wird die Ideen unseres Vaters am Leben erhalten und Menschen mit Gefühlen und Gedanken über die eigene Endlichkeit vertraut machen. Auch durch die Stiftung werden wir die Erinnerung an Fritz am Leben erhalten. Wir möchten den heutigen Denkanstoß mit einem Zitat von Dietrich Bonhoeffer schließen. Er sagte: „Je schöner und voller die Erinnerung, desto schwerer ist die Trennung. Aber die Dankbarkeit verwandelt die Erinnerung in eine stille Freude.“ Herzlichst,
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Denkanstoß 5 – “Allein zuhause, wenn andere im Urlaub sind” | Unsere Fotoalben sind voll mit Bildern von ausgelassenem Strandleben, romantischen Bergwanderungen und stimmungsvollen Open-Air Konzerten. Die Erinnerungen an Sommermonate mit Urlaubsreisen, Familienfesten und Sonntagsausflügen ins Grüne gehören für trauernde Menschen zu den … mehr. | Unsere Fotoalben sind voll mit Bildern von ausgelassenem Strandleben, romantischen Bergwanderungen und stimmungsvollen Open-Air Konzerten. Die Erinnerungen an Sommermonate mit Urlaubsreisen, Familienfesten und Sonntagsausflügen ins Grüne gehören für trauernde Menschen zu den schmerzlichsten Momenten, wo ihnen besonders bewusst wird, wie sehr der verstorbene Partner fehlt. Es dauert lange, bis man sich wieder über die Bilder freuen kann und die Trauer von positiven Gefühlen der Erinnerung überlagert wird. Aber der Moment wird kommen und bis dahin tut es gut, die Trauer zuzulassen, was nicht heißen muss, sich zurückzuziehen und vor dem Leben abzuschotten. Wenn Freunde und Verwandte im Sommer in den Urlaub starten, bleiben Trauernde häufig zuhause zurück. Die wenigsten fassen den Mut, gleich alleine zu verreisen. Für diese Menschen veranstalten wir jedes Jahr ein Sommerkonzert in den Gärten der Bestattung, wobei wir natürlich auch Gäste, die nicht in Trauer sind, einladen „Streicheleinheiten für die Seele“ heißt diese Konzertreihe. Dieses Jahr traten auf unserem Friedhof der Popsänger und Songschreiber Purple Schulz, der Gitarrist Schrader und die Sängerin, Gitarristin und Komponistin Christiane Lux auf. Ein Konzert auf einem Friedhof? Werden sich jetzt bestimmt einige von Ihnen wundern. Warum nicht? Friedhöfe sind Erinnerungsorte und auch Musik schafft es, Erinnerungen wach zu rufen. Woran denken Sie, wenn Sie die Hits von Purple Schulz hören. „Verliebte Jungs“, „Kleine Seen“, „Sehnsucht“, sicher können Sie sich vorstellen, dass diese Songs an diesem besonderen Ort gespielt, eine große emotionale Wirkung erzielt haben. Die 1.700 Besucher des Konzerts waren begeistert. Es wurde gelacht, geweint, getrauert und gefeiert. Unsere Idee mit diesem Sommerkonzert Trauernden, aber auch Menschen die nicht trauern, die Möglichkeit zu geben, an einem interessanten Platz im Sommer zusammen zu kommen, schöne Musik zu hören, ins Gespräch zu kommen und einfach mal für ein paar Stunden eine gute Zeit zu verbringen, ist auch in diesem Sommer wieder aufgegangen. Letztendlich ist der Tod, und deshalb lassen wir das Konzert auf unserem Friedhof stattfinden, ein Teil vom Ganzen. Er gehört zum Leben. Es existiert immer alles gleichzeitig, Leben und Tod. Ein Friedhof muss nicht zwangsläufig nur ein trauriger Ort sein. Unsere Gärten der Bestattung sind ein Ort, an dem man sich auch an schöne Zeiten erinnern kann. Herzlichst, Bergisch Gladbach im August 2013
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“Todglücklich” – Hanna und David Roth leiten den fröhlichsten Friedhof Deutschlands | Neon | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
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Familie Roth: Die rebellischen Bestatter aus Bergisch Gladbach | Westdeutsche Zeitung | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Familie Roth – Die rebellischen Bestatter aus Bergisch Gladbach | Westdeutsche Zeitung | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Denkanstoß 4 – “Fritz” | Fünf Monate nach seinem Tod haben wir unseren Vater Fritz Roth am Wochenende zur letzten Ruhe gebettet. Der Mai war sein Lieblingsmonat. Deshalb haben wir als Familie entschieden, Fritz´ Urne erst jetzt … mehr. | Fünf Monate nach seinem Tod haben wir unseren Vater Fritz Roth am Wochenende zur letzten Ruhe gebettet. Der Mai war sein Lieblingsmonat. Deshalb haben wir als Familie entschieden, Fritz´ Urne erst jetzt beizusetzen. Fritz hatte mal die Idee, den Wir haben uns viel Zeit für den Abschied gelassen und das war gut so. Die Urne stand in dieser Zeit bei unserer Mutter Inge zu Hause. Wann immer jemand zu Besuch kam, war Fritz auf besondere Art noch einmal anwesend. Er hat uns noch einmal zum Lachen und zum Weinen gebracht. Wir haben viel darüber gesprochen, was für ein wunderbarer Mensch er war, wir haben auch geschimpft, Fritz musste immer im Mittelpunkt stehen und das hat es uns manchmal schwer gemacht, unserem Vater nahe zu sein. Fritz konnte die Menschen, die er liebte, im wahrsten Sinne des Wortes auf Händen tragen. Wir haben diese Geste auf eine wunderbare Art erwidert. Jeder von uns hat die Asche unseres Vaters ein Stück getragen und meine Mutter hat die Urne, die die Form eines roten Herzes hatte, gehüllt in einen roten Schleier ins Grab gelegt. Das Grab von Fritz Roth in den Gärten der Bestattung, dem Friedhof, den er gegründet hat, wird zum Erinnerungsort. Auch das Bild unserer Mutter, die unseren Vater zur letzten Ruhe bettet, wird in unseren Herzen lebendig bleiben. Freunde und Verwandte haben das Grab mit Heimaterde bedeckt, von dem Bauernhof in Eikamp, auf dem Fritz aufgewachsen ist. Und dann haben die vier älteren Schwestern das Grab des „kleinen Bruders“ mit Rosen geschmückt. Der letzte Weg von Fritz Roth markiert den Beginn von zwei neuen Wegen. Eine Stunde nach der Trauerfeier am Grab wurden unsere Kinder Fritz Uwe Jesus Thiele und Luca Friedrich Andreas Roth-Flohten in der St. Johannes der Täufer – Kirche in Herrenstrunden getauft. Wir haben ein großes Fest gefeiert. Das hätte Fritz gefallen. Gefallen hätte ihm auch unser Umgang mit Trauer. „Trauer ist der beste Lehrmeister für zivilen Ungehorsam“, hat Fritz immer gesagt und die Leute ermuntert „…sich ihre Toten nicht stehlen zu lassen.“ Seine Asche war über Monate bei uns. Wir haben ihn am Wochenende beerdigt. Wir haben an diesem Tag Freude und Leid geteilt. Natürlich haben wir die Bestattungsgesetze sehr großzügig in unserem Sinne ausgelegt. Wir haben dadurch aus unserem Abschied große Kraft schöpfen können, "Trauerpower“ hat Fritz das in seiner wunderbar optimistischen dem Leben zugewandten Art genannt. Dafür sind wir dankbar. Und wir werden von dieser Kraft in unserem Arbeitsalltag noch lange zehren und wir werden sie auch dafür einsetzen, dass unsere Bestattungsgesetze endlich zu Gesetzen werden, die den Menschen das ermöglichen, was in der schwersten Stunde gut für sie ist. Herzlichst, Bergisch Gladbach im Juni 2013
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Denkanstoß 3 – “Tradition” | Im Schloss Bellevue in Berlin hängen Gemälde der ehemaligen Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland. Von Theodor Heuss bis Christan Wulff lässt sich da eine Art Ahnengalerie der Amtsträger in Öl besichtigen. Wobei der … mehr. | Im Schloss Bellevue in Berlin hängen Gemälde der ehemaligen Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland. Von Theodor Heuss bis Christan Wulff lässt sich da eine Art Ahnengalerie der Amtsträger in Öl besichtigen. Wobei der Begriff Ahnengalerie nicht auf alle Gezeigten zutrifft. Einige leben ja noch. Dass amtliche Würdenträger so im Gedächtnis bleiben, ist in Ordnung. Geehrt wird auch immer das Amt, wenn es auch durch den ein oder anderen Bundespräsidenten Kratzer abbekommen hat. Wie gehen wir im richtigen Leben mit unseren Vorfahren um, verbannen wir sie nicht zu oft in verstaubte Fotoalben? Wir finden unsere Ahnen könnten ein bisschen sichtbarer werden. Bitte verstehen sie uns nicht miss. Es geht nicht um übertriebenen Personenkult. Natürlich müssen wir, wenn jemand gestorben ist, irgendwann loslassen. Unsere Trauer wird bleiben, manchmal ein Leben lang. Ein Grab wird zum Gedenkplatz, der aber, wenn wir ehrlich sind, von unserem Alltag weit entfernt liegt. Unser verstorbener Vater Fritz forderte immer „Holt den Tod zurück ins Leben!“. Er war überzeugt davon, dass alles was mit Abschiednahme, Tod und Erinnerungskultur zu tun hat, zu sehr aus dem Alltag verdrängt wird. Wir sollten uns auch im Alltag erinnern - vor allem an die guten Stunden. Diese guten Erinnerungen gehören mitten ins Leben. Wir können sie hervorholen, in dem wir Orte außerhalb der Friedhöfe schaffen, die unsere Erinnerung im wahrsten Sinne des Wortes beflügeln. Ein Foto des verstorbenen Chefs im Büro, ein alter Meisterbrief im Laden, ein gutes Zitat in einem Geschäftsbrief (oder Denkanstoß). Wir können Verstorbene in den Alltag integrieren, ohne dass sie zu »bösen« Geistern werden und alles überschatten. Die Henkels, die Oetkers, die Haniels, es gibt noch viele weitere Familienunternehmen, die ihre Ahnen in Ehren halten. Tradition ist hier ein Wert, der die Nachkommen verpflichtet. Tradition hat etwas mit Ideenreichtum, Qualität und Mut zu tun. Nur wenn es jeder Generation gelingt, auf dem Fundament des Familienbetriebes etwas Neues aufzubauen, kann überhaupt so etwas wie Tradition entstehen, weil nur dann eine Firma über mehrere Generationen eine Überlebenschance hat. Es ist gut zu wissen, wo man herkommt. Auch weil es die Entscheidung wo man hin will - oder vielleicht auch nicht hin will - leichter macht. Und deshalb gehört eben auch ein Bild von Kurzzeitpräsident Christian Wulff neben die Gemälde von Richard von Weizsäcker und den anderen honorigen Bundespräsidenten. Herzlichst, Hanna Thiele-Roth und David Roth Bergisch Gladbach im April 2013
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Denkanstoß 2 – “Wir trauern” | Es gibt bei uns im Haus der menschlichen Begleitung viele Plätze, die uns an unseren Vater erinnern. Er hat das Haus aufgebaut, die Kunst, die hier überall zu sehen ist, hat er … mehr. | Es gibt bei uns im Haus der menschlichen Begleitung viele Plätze, die uns an unseren Vater erinnern. Er hat das Haus aufgebaut, die Kunst, die hier überall zu sehen ist, hat er ausgesucht. Er hat die Räume im „Landhotel der Seele“, wie er unser Bestattungshaus getauft hat, eingerichtet. Unser Vater hat viele seiner Träume hier verwirklicht. Im Moment überwiegt die Traurigkeit, dass er eben nicht mal eben in eine Besprechung herein rauscht, eine Idee durch die Luft sirren lässt und uns mit seiner Begeisterung mitreißt. Die Trauerphase des Nicht-Wahrhaben-Wollens liegt hinter uns. Da wir die Diagnose Leberkrebs kannten und Fritz nie verheimlicht hat, wie schnell der Krebs seinen Körper zerstörte, haben wir uns innerlich auf sein Sterben vorbereiten können. Sein Mut und seine Offenheit haben uns sehr geholfen, mit dieser schweren Situation umzugehen. Natürlich gab es auch in unserer Familie Konflikte. Unser Vater hat auf dem Sterbebett noch einmal das Gespräch mit uns gesucht und konnte zeigen, wie sehr er uns geliebt hat, auch wenn natürlich in seinem Leben der Beruf, und damit im wahrsten Sinne des Wortes seine Berufung, häufig eine größere Rolle spielte als seine Familie. Im Moment durchleben wir eine Phase aufbrechender Emotionen. Natürlich ist da zunächst Trauer. Aber es kommt auch Wut hoch, eben Wut auf den Vater, der oft nicht da war. Und dann gibt es wieder Momente voller Glück, wenn wir Menschen begegnen, die uns mit ihrer warmherzigen Anteilnahme und liebevollen Zuwendung einfach nur sprachlos machen. Trauer braucht Gemeinschaft. Allein dass über 2500 Menschen zu seiner Trauerfeier gekommen sind, war für uns ein wunderbares Zeichnen, dass unser Vater Spuren nicht nur in unseren Herzen, sondern auch in den Herzen vieler anderer Menschen, hinterlassen hat. Auch aus der Bestattungsbranche, mit der Fritz ja bekanntlich häufiger mal auf Kriegsfuß stand, erreichen uns berührende Zeichen der Anteilnahme, aber auch des Respekts. Viele Kolleginnen und Kollegen erkennen an, dass Fritz Roth, auch wenn er seinen Berufsstand oft kritisiert hat, viel für das Ansehen und die Weiterentwicklung der Branche getan hat. Im Haus der menschlichen Begleitung wird es auch in diesem Jahr Konzerte, Lesungen und Vorträge geben. Wir hatten sehr viel Freude daran, das Jahresprogramm 2013 zu planen und freuen uns, dass wir es in den nächsten Tagen an Sie verschicken können. So gibt es auch in der Trauer immer wieder schöne Momente. Trauer braucht Zeit. Es werden noch Monate vergehen, bis unser Vater für uns zu einem inneren Begleiter geworden ist, bis wir nicht mehr in unserem Büro sitzen und das Gefühl haben, gleich kommt er die Auffahrt heraufgefahren, steigt mit dem Telefon am Ohr aus, lacht uns am Fenster zu und signalisiert, ich hab’ da so eine Herzlichst, Hanna Roth und David Roth Bergisch Gladbach im Februar 2013
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Bestattungsunternehmer David Roth informiert beim Wiesbadener Hospiztag über Trauerrituale | Wiebadener Kurier | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Denkanstoß 1 – “Der Tod ist vielleicht die beste Erfindung des Lebens …” | Am 13. Dezember letzten Jahres ist mein Vater Fritz Roth gestorben. Nach Monaten Hoffen und Bangens ist er seinem Krebsleiden erlegen. Meinem Vater war es immer sehr wichtig, selbstbestimmt zu leben und … mehr. | Am 13. Dezember letzten Jahres ist mein Vater Fritz Roth gestorben. Nach Monaten Hoffen und Bangens ist er seinem Krebsleiden erlegen. Meinem Vater war es immer sehr wichtig, selbstbestimmt zu leben und in unserer Gesellschaft etwas zu bewirken. Er kämpfte leidenschaftlich für einen anderen Umgang mit Trauer und Tod. Er lebte intensiv und sinnlich, konnte sich noch auf dem Sterbebett an den Erinnerungen an sein glückliches Leben erfreuen. Fritz Roth hat Maßstäbe gesetzt. Als Bestatter ist er angetreten, um vieles anders, manches neu zu machen. Er hat diesen Beruf auf seine ganz persönliche Art neu erfunden. Das Haus der menschlichen Begleitung und die Gärten der Bestattung in Bergisch Gladbach werden auch über seinen Tod hinaus Bestand haben. Meine Mitarbeiter und ich werden das Lebenswerk meines Vaters fortführen und viele neue Ideen in die Tat umsetzen. Die Denkanstöße, die mein Vater Ihnen regelmäßig geschickt hat, werden fortgesetzt. Ich werde mich bemühen, Ihnen immer mal wieder einen Einblick in unsere Branche zu verschaffen und Sie mit Informationen und Hintergrundwissen zu versorgen.
... er mistet das Alte aus, um Platz für das Neue zu schaffen.“ Dieser Satz von „Das Leben ist ein Geschenk“, auch so ein Satz, den man häufig von meinem Vater hörte. Ich hatte während der Trauerfeier immer wieder das Gefühl, dass Fritz uns diese beiden Stunden schenkt, in denen noch einmal all das ausgesprochen wurde, was ihm wichtig war, die Lieder gesungen wurden, die er liebte und die Menschen Der 29.12. war ein Samstag, ein Tag an dem die Menschen Zeit haben. So hatte es sich mein Vater gewünscht. „Trauer braucht Zeit“, auch so einer seiner Schlüsselsätze. Zwei Stunden haben wir Fritz hochleben lassen, haben Geschichten über ihn gehört, sind noch einmal seinen Lebensweg nachgeschritten. Meinen Vater - der mich nach meiner Geburt in seinen Armen vom Krankenhaus nach Hause getragen hat - mit meinem Mitarbeitern im Sarg in den Dom zu tragen, war für mich ein besonders berührender Moment. Davon gab es viele an diesem Tag. Freunde, Verwandte, aber auch sehr viele Menschen, die ich noch nie vorher gesehen hatte, kamen auf meine Mutter Inge, meine Schwester Hanna und mich zu, nahmen uns in den Arm und gaben uns das Gefühl, in diesem schweren Moment des Abschieds nicht alleine zu sein. Es war wunderbar zu spüren, wie vielen Menschen Fritz etwas bedeutet hat und es tat uns gut, auch noch nach der Trauerfeier viele Stunden in dieser Gemeinschaft zu verbringen. „TRAUER IST LIEBE“ - dieser Satz steht in Großbuchstaben über dem Lebenswerk meines Vater. Wir werden sein Werk fortsetzen - und etwas Neues schaffen. Herzlichst, David Roth Bergisch Gladbach im Januar 2013
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Video zum neuen Lied “Fragezeichen” von Purple Schulz mit Ausschnitten aus unserem Meditationsgang “Pfad der Sehnsucht” | YouTube | TV- und Funk-Auftritte sowie Interviews | tv-und-funk-auftritte-sowie-interviews | ||
Denkanstoss 66 – Sterben dürfen | Die Liebe, Aufmerksamkeit und Wertschätzung, die ich von meiner Familie, von Freunden, Bekannten und auch von Seiten der Medien bekomme, seit bekannt wurde, dass ich unheilbar an Leberkrebs erkrankt bin, berührt mich … mehr. | Die Liebe, Aufmerksamkeit und Wertschätzung, die ich von meiner Familie, von Freunden, Bekannten und auch von Seiten der Medien bekomme, seit bekannt wurde, dass ich unheilbar an Leberkrebs erkrankt bin, berührt mich tief. Ich danke allen, die mir in den letzten Wochen zugehört, mich in ihre Sendungen eingeladen und über mich geschrieben haben. Während der Gespräche gab es immer wieder bewegende Momente. Bisher war mein Lebensthema Trauer. Menschen kamen immer dann zu mir, wenn sie einen Trauerfall in der Familie hatten, oder sich aus anderen Gründen für das Thema interessierten. Trauernden zu helfen und Menschen mit dem Tod vertraut zu machen, hat einen Großteil meines Lebensglückes ausgemacht. Ich liebe meinen Beruf. Eine neue Trauerkultur nicht nur zu fordern, sondern sie mit zu gestalten, ist für mich eine große Erfüllung. Meinen eigenen Tod vor Augen würde ich der gesellschaftlichen Diskussion gerne noch einmal einen Impuls geben. Die Vorstellung an Schläuchen zu hängen und von der Funktionsfähigkeit einer Maschine abhängig zu sein, ist schlimm. Natürlich möchte ich schmerzfrei sterben. Das ist heutzutage kein Problem. Aber ich möchte auch bewusst sterben. Es wäre eine große Erleichterung, über meinen eigenen Tod selbst entscheiden zu können. Ob ich die Entscheidung fälle, steht auf einem anderen Blatt. Ich möchte es nur dürfen. Wenn es ans Sterben geht, möchte ich meine Würde und meine Mündigkeit behalten. Ich finde es bedenklich, wie wir versuchen, alles per Gesetz zu regeln, den Anfang und das Ende des Lebens. Dass meine Frau aus dem Zimmer gehen muss, um sich nicht strafbar zu machen, wenn sie mir etwas gibt, damit ich mein Leben würdevoll beenden kann - ich halte das für menschenunwürdig. Ich möchte mir nicht selber das Leben nehmen, aber ich möchte darüber wenigstens nachdenken können, und es müsste ermöglicht werden dürfen. Und dafür möchte ich nicht in die Schweiz fahren, sondern das möchte ich zu Hause tun können, vielleicht dabei aus dem Fenster schauen oder was immer mir noch möglich ist. Meine Lebenssituation kann sich sehr schnell ändern. Im Moment fühle ich mich gut und bin voller Tatendrang. Das kann in ein paar Wochen anders sein, dann macht mir der Krebs vielleicht wirklich Angst, weil ich mich vor Schmerzen krümme. Ich werde vorbereitet sein. Herzlichst, Ihr Fritz Roth Bergisch Gladbach im Oktober 2012
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Den Tod nicht verdrängen | Ruhr Nachrichten Lünen | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Unsere Herzensbibliothek öffnen | Fuldaer Zeitung | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Mehr Gelassenheit im Umgang mit dem Tod | DIE WELT | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
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Todesfreund und Lebemann, Interview mit Fritz Roth | Schweizer Rundfunk | TV- und Funk-Auftritte sowie Interviews | tv-und-funk-auftritte-sowie-interviews | ||
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Denkanstoss 65 – “Das ärmste reiche Land” | Wieviel? Leider kommt diesem kleinen Wort am Ende des Lebens eine immer größere Bedeutung zu. Seit die rot-grüne Bundesregierung im Jahr 2004 das Sterbegeld aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen gestrichen hat, … mehr. | Wieviel? Leider kommt diesem kleinen Wort am Ende des Lebens eine immer größere Bedeutung zu. Seit die rot-grüne Bundesregierung im Jahr 2004 das Sterbegeld aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen gestrichen hat, steigt die Zahl der Begräbnisse, für die das Sozialamt aufkommen muss, kontinuierlich an. Im Jahr 2010 wurden 23.000(i) Tote auf Staatskosten beerdigt. Im Jahr 2006 waren es noch knapp zwei Drittel weniger, also um die 14.000. Auf Staatskosten heißt nicht, dass man ein Staatsbegräbnis bekommt. Im Gegenteil, bitte verzeihen sie mir die harsche Ausdrucksweise, der Staat lässt die Toten, für die keiner die Beerdigung zahlen will, mehr oder weniger entsorgen. Die Gründe, warum Verwandte die letzte Ruhe nur noch als Kostenfaktor betrachten und sich weigern, eine würdevolle Trauerfeier und einen Gedenkplatz - denn nichts anderes ist ein Grab - zu bezahlen, sind vielfältig. Natürlich gibt es immer mehr Menschen, die es sich einfach nicht leisten können, weil sie zu arm sind. Aber es gibt auch mittlerweile genügend Egoisten und Ignoranten, die ihr Geld lieber für andere Dinge ausgeben. Sie drücken sich vor den Kosten und fahren lieber schick in den Urlaub oder kaufen einen noch größeren Flachbildschirm. Hauptsache man erreicht ein Maximum an Ablenkung. Genau der falsche Weg, nach einem Sterbefall ins Leben zurückzufinden. Wenn niemand zahlen kann oder will, dann springt in der Regel das Sozialamt ein. 2500 Euro stellt das Amt zur Verfügung. Das Geld reicht natürlich hinten und vorne nicht für einen würdevollen Abschied. Die Trauernden, die mit einer 08-15 Beerdigung abgespeist werden, bleiben auf der Strecke. In der Regel werden die Toten bei Sozialbestattungen verbrannt und dann ohne angemessene Zeremonie unter die Erde gebracht. Dabei ist die würdevolle Abschiednahme der wichtigste Schritt nach einem Verlust wieder ins Leben zu finden. Menschen, die auf Sozialhilfe angewiesen sind oder aus anderen Gründen zu wenig Geld haben, wird dieser Schritt aus Kostengründen verweigert. Der Wert eines Menschen lässt sich nicht in Geld bemessen. Ich finde es traurig, vor allem aber auch bedenklich, dass die Kosten einer Beerdigung eine so große Rolle spielen. Unsere Gesellschaft leistet sich an vielen Stellen sinnlosen Überfluss. Geld für eine Abschiedsfeier und Gedenkplätze zur Verfügung zu stellen, wäre für unsere Gesellschaft mit Sicherheit eine gute Investition. Herzlichst, (i) Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden
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Tod als Beruf – Gärten der Erinnerung | Der Spiegel Wissen | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Der letzte Abschied vom Kollegen | ZEIT | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Denkanstoß 64 – Leichen im Keller | Leichen im Keller… …und keiner weiß, wer die Toten sind, könnte man diesen Satz zu Ende führen. Aus den Medien war zu erfahren, dass sich im Keller des anatomischen Instituts der Uni … mehr. | Leichen im Keller… Angeblich war der Amtswechsel in der Fakultät Auslöser, dass genauer hingeschaut und dabei festgestellt wurde, dass die Identität der einen oder anderen Leiche im Keller nicht bekannt war und auch nicht nachvollzogen werden konnte. Andere Aussagen bezeugen, dass dieser Zustand schon länger den Verantwortlichen bekannt gewesen sei. Die Staatsanwaltschaft wurde informiert. Aber die Ermittler schüttelten die Köpfe: Nein, die Totenruhe wurde nicht gestört und eine Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener liegt auch nicht vor. Also, was ist zu tun? Die Sache schnell vergessen und zur Tagesordnung übergehen? Aus der Presse wird dieser Fall schnell wieder verschwunden sein. Im anatomischen Institut wird er noch lange in Erinnerung bleiben, denn der sogenannte „Medizinskandal“ hat einen Toten gefordert. Der ehemalige Leiter des Instituts hat sich das Leben genommen. Wie der Kölner Stadtanzeiger schreibt, hat der 66-jährige laut seiner Familie keinen Ausweg mehr gesehen, weil die Vorwürfe im Zusammenhang mit seiner Arbeit zu massiv gewesen seien. Der Pressesprecher der Uni wird mit den Worten zitiert. „Es ist eine menschliche Tragödie (…) Wir müssen nun erst einmal intern klären, wie wir damit umgehen.“ Das Geschehene zeigt uns noch einmal in aller Deutlichkeit, dass es für Menschen, die an der Schnittstelle des Lebens arbeiten, neben der beruflichen Aufgabenverantwortung eine persönliche Achtsamkeit gibt. Professionen, wie z.B. die Ärztinnen und Ärzte am anatomischen Institut der Uni Köln, aber auch Pflegepersonal und die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Bestattungshäusern, Friedhöfen oder Krematorien müssen die Gelegenheit haben, sich bewusst mit ihrer Arbeit auseinanderzusetzen, zu reflektieren, dass sie es bei Toten nicht mit einer Sache oder einer Ware zu tun haben, sondern, dass es sich um Menschen handelt. Achtsamkeit ist hier ein wichtiges Stichwort. Achtsam mit dem Toten umgehen. Aber auch achtsam sein mit sich selbst und den Kolleginnen und Kollegen. Hier sind die Vorgesetzten von Menschen, die täglich mit dem Tod konfrontiert sind, gefordert. Rücksichtnahme, Offenheit und ein sensibler Blick sind wichtig. Tod braucht Würde und die darf niemals auf der Strecke bleiben. Den Leitern von Krematorien, von Bestattungshäusern, von Pathologien oder von Friedhöfen sollte klar sein, dass sie nicht nur Verantwortung für die Toten und deren Angehörige tragen, sondern auch für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Haben die Mitarbeiter Gelegenheit über ihre Arbeit, besonders aber über ihre Gefühle und eventuelle Ängste zu sprechen? Der würdevolle Umgang mit den Toten fängt bei den Lebenden an. Firmen, Behörden und auch medizinische Fakultäten brauchen eine Art „Unternehmensphilosophie“ für den Umgang mit dem Tod. Einige Studenten der Medizinischen Fakultät haben vor das Anatomische Institut Blumen gelegt. Sie trauern um ihren Professor, der am öffentlichen Druck zerbrochen ist. Sie wollen seine Ehre wieder herstellen. Eine versöhnliche Geste. Ich hoffe, dass der Umgang der Studenten mit dem Tod des Professors der Familie in dieser schweren Stunde etwas Trost spenden kann. Herzlichst, | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Sterben lernen? | LION Magazin | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
“Nachgefragt bei Fritz Roth” Prominente antworten | creditreform | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Das letzte Hemd ist bunt | KölnerLeben | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Menschen – Bunte Gesellschaft | GL Rückblick | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Sterben und Tod | Dr. Mabuse | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Das letzte Hemd ist bunt | Bestattungskultur | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Trauer ist Liebe, Liebe braucht Zeit | Sindelfinger Zeitung | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Abschied im Advent | Rhein-Berg | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Raus aus dem Wald | Zeitzeichen | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Trauer, Liebe und Tod | Rhein-Berg | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Der Zauber am Ende der Zeit | Märkische Allgemeine | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Abschied vom Leben – wie wir mit dem Tod umgehen | west.art Talk | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Plädoyers fürs Probeliegen | WAZ Der Westen Kultur | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Leben mit dem Tod | Mainpost | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Trostspender für Trauernde | Frankfurter Rundschau | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Für eine neue Trauerkultur | Badische BauernZeitung | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Neuorientierung-Reisen für Trauernde | Westfälische Nachrichten, Münster | Reisen für Trauernde | reisen-fuer-trauernde | ||
Den Tod nach Hause holen | Beitrag im Blog von Dr. med. Dunja Voos | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Reisen für Trauernde | Neue Westfälische | Reisen für Trauernde | reisen-fuer-trauernde | ||
Wieder neugierig aufs Leben werden | KURIER | Reisen für Trauernde | reisen-fuer-trauernde | ||
Das letzte Hemd ist bunt | Initiative Regenbogen “Glücklose Schwangerschaften e.V.” | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Loslassen, nach vorne schauen, wieder lachen lernen: Reisen für Trauernde | Weser Kurier | Reisen für Trauernde | reisen-fuer-trauernde | ||
Sehnsucht, die antreibt | Rhein-Berg | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Die “Sehnsucht nach Leben” beim Bestatter | Kölner Stadtanzeiger | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Lesung mit Musik: “Das letzte Hemd ist bunt” | Kölner Stadtanzeiger | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Jeder Mensch trauert anders | Kölner Stadtanzeiger | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Tod als bester Lehrmeister | Kölner Stadtanzeiger | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Den Tod zurück ins Leben holden | Rhein-Berg | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Denkanstoß 63 – Steve Jobs | Menschen sterben. Ideen leben weiter. Das Vermächtnis von Apple-Gründer Steve Jobs steckt nicht nur in iPods, iPhones und iPads. Der Mann, dem die Menschheit geniale Erfindungen verdankt, hat der Welt auch ein … mehr. | Menschen sterben. Ideen leben weiter. Das Vermächtnis von Apple-Gründer Steve Jobs steckt nicht nur in iPods, iPhones und iPads. Der Mann, dem die Menschheit geniale Erfindungen verdankt, hat der Welt auch ein paar großartige Gedanken geschenkt. In einer Rede vor Studenten der Universität Stanford hat Jobs im Jahr 2005 - also zu einer Zeit als er schon wusste, dass er unheilbar krank ist - über den Tod gesprochen. Seinen Vortrag kann man sich bei YouTube anschauen: http://www.youtube.com/watch?v=UF8uR6Z6KLc&feature=player_embedded Viele Zitate von Steve Jobs, die man in den letzten Tagen gehört hat, stammen aus dieser bemerkenswerten Rede. Die Textzeilen, die mich am meisten berührt haben, möchte ich hier zitieren. Es sind die Worte eines Genies, das im Angesicht des Todes voller Demut spricht. „Der ganze Stolz, die ganze Angst vor dem Versagen und der Scham – diese Dinge fallen einfach weg, angesichts „Wenn heute der letzte Tag in meinem Leben wäre, würde ich das tun, was ich mir heute vorgenommen habe zu tun?“ Und jedes Mal wenn die Antwort „nein“ war für mehrere Tage hintereinander, wusste ich, ich muss etwas verändern.“ „Deine Zeit ist begrenzt, also verbrauche sie nicht, um das Leben anderer zu leben.“ Als Steve Jobs in seiner Rede auf seine eigene Erkrankung zu sprechen kommt, hadert er nicht mit seinem Schicksal. Er spricht das Unumgängliche aus: „Und dennoch ist der Tod das Schicksal, das wir alle teilen. Niemand ist jemals entkommen. Und das ist so, wie es sein sollte, weil der Tod möglicherweise die beste Erfindung des Lebens ist. Es ist der Vertreter des Lebens für die Veränderung. Es räumt das Alte weg, um Platz zu machen für das Neue.“ Der Tod begrenzt unsere Lebenszeit. Er macht Zeit zu etwas unschätzbar Wertvollem. Wer seine eigene Endlichkeit erkennt und annehmen kann - und der Tod Steve Jobs kann uns dabei helfen – der wird mit seiner Lebenszeit anders umgehen. In meinem neuen Buch* finden Sie meine Gedanken, wie der Tod eines Menschen das Leben der Hinterbliebenen sinnvoll verändern kann. Einen Satz des Apple-Gründers wird mir auf jeden Fall in Erinnerung bleiben: „Mich zu erinnern, dass ich bald tot sein werde, war für mich das wichtigste Werkzeug, das mir geholfen hat, alle diese großen Entscheidungen zu treffen.“ Menschen sterben. Gedanken leben weiter. | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Ich freu mich auf das neue Jahr | GL Kompakt | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Traut euch zu trauern! | Welt am Sonntag | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Ich kämpfe weiter für den Tod | DIE ZEIT – Christ & Welt | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Meine Trauer gehört mir | Christ & Welt/Rheinischer Merkur | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Stirbst du nicht zur rechten Zeit … | Leben ohne Dich | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Hochzeit und Beerdigung – Eine Bischöfin und ein Bestatter über heikle Fragen | Chrismon Rheinland plus | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Mit einer “Reise ins Leben” persönliche Trauer bewältigen | SU kontakt | Reisen für Trauernde | reisen-fuer-trauernde | ||
Ein Koffer für die letzte Reise | LAND aktiv | Koffer für die letzte Reise | koffer-fuer-die-letzte-reise | ||
Die “Reise ins Leben” gewinnt die Goldene Palme | TASPO | Reisen für Trauernde | reisen-fuer-trauernde | ||
Denkanstoß 62 – Stephan Müller | „Hallo, mein Name ist Stephan Müller …“ so lautet der Begrüßungstext einer ganz besonderen Website „…und ich lade Euch ein, mit in mein Leben zu fahren – bis zu meinem Tod durch … mehr. | „Hallo, mein Name ist Stephan Müller …“ so lautet der Begrüßungstext einer ganz besonderen Website „…und ich lade Euch ein, mit in mein Leben zu fahren – bis zu meinem Tod durch einen Motorradunfall.“ Es dauert eine Weile, bis man die Bedeutung dieser Zeilen ganz erfasst hat. Da spricht jemand zu mir, der nicht mehr lebt. Die Website http://www.der-motorradunfall.de/ wurde von Stephan Müllers Eltern ins Netz gestellt. Alfred &Dorothea halten damit Ihre Erinnerung an den geliebten Sohn lebendig. Ihre Erinnerung an einen wunderbaren Menschen: „Ich lebte mit meiner Frau sehr bescheiden. Durch meine Hilfsbereitschaft hatte ich viele Freunde aus Schule, Studium und Beruf. Ich verstarb im Alter von 37 Jahren. Nachdem ich meine Schule mit Abitur, die Kfz-Lehre und den Dipl.-Ing.-Abschluss und Abschluss-Prüfung vor dem Land NRW zu Ende gebracht habe war ich als selbstständiger Prüfungsingenieur für Autos und Motorräder tätig. Das erste Wort, welches ich sprechen konnte war Auto. Leider war es auch ein Auto, welches mein Leben beendete. Auf der Website sind Fotos von Stephan zu sehen. Man sieht einen freundlichen, nachdenklichen Mann. Er wirkt wie jemand, der zupacken kann, der hilfsbereit ist. Jemand, auf den man sich verlassen kann. Jemand, der unendlich fehlt, wenn er auf einmal nicht mehr da ist. Es war Freitag vor Pfingsten. Endlich geht es zum Treffen mit Motorrad- und Autofans nach Frankreich. Sie hatten sich in Aachen getroffen : Stephan mit Freunden zum Pfingstwochenende. Von Aachen aus führte ihr Weg durch Belgien. Sie fuhren in Kolonne. Vier Motorräder mit Seitenwagen, Stephan an der Spitze, gefolgt von einem LKW Hanomag als Wohnmobil umgebaut. Dann passierte es auf der Autobahn A 3 in der Nähe von Malmedy, Kilometer 106,3. Die Kolonne fuhr ca. 70 km schnell auf der rechten Seite der dreispurigen Autobahn in Richtung Brüssel. Ein VW- Bus, besetzt mit Fahrer und acht Jugendlichen überholte die Kolonne auf der mittleren Fahrspur mit ca. 120 km Geschwindigkeit und fuhr Stephan hinten auf. Nach ca. 115 m kam das Fahrzeug zum stehen. Stephan fand man unter dem VW Bus eingeklemmt liegen. Die versuchte Hilfe war vergeblich. Die im Beiwagen sitzende Frau blieb fast unverletzt. Es gab keinerlei Einflüsse von außerhalb wie Regen, Sonne, andere Verkehrsteilnehmer oder irgendwelche technische Mängel. Natürlich ist auf dieser Website von Trauer die Rede, und von Verlust. Der tägliche Gang zum Friedhof gehört für Stephans Eltern zum festen Ritual. Trost erfahren sie durch die mitfühlenden Einträge im Gästebuch. Es werden auf http://www.der-motorradunfall.de/ auch Wahrheiten ausgesprochen, für die sonst kaum Raum bleibt: Dieses Gefühl öffentlich zu machen und mit anderen zu teilen, kann die Wunden nicht heilen, aber es kann den Schmerz über den Verlust lindern. Ich finde es beeindruckend, wie Stephans Eltern mit dem Verlust umgehen. Für mich sind Alfred & Dorothea Vorbilder. Sie geben uns die Chance Stephan kennenzulernen. Wenn man die Website angeschaut hat, kann man verstehen, warum sie so traurig sind. Bergisch Gladbach im Juni 2011, | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Goldene Palme für “Reise ins Leben” | Bestattungskultur | Reisen für Trauernde | reisen-fuer-trauernde | ||
Ehren(werter) Bürger Fritz Roth | CityNEWS | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Eine besonder Auszeichnung für Reise ins Leben | GL Kompakt | Reisen für Trauernde | reisen-fuer-trauernde | ||
Geteiltes Leid – Eine Reise für Trauernde; Verleihung der Goldenen Palme | GEO Saison | Reisen für Trauernde | reisen-fuer-trauernde | ||
Auch “Uschi” durfte nicht fehlen | Bergische Landeszeitung | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Die Sandburg des Lebens | Norddeutsches Handwerk | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Keine Lust auf seelenlose Steinwüsten | Landeszeitung Lüneburg | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Werte | Wertepraxis | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Ein Koffer für die letzte Reise | Bremer Kirchenzeitung | Koffer für die letzte Reise | koffer-fuer-die-letzte-reise | ||
Der Trauer Zeit und Raum geben | DEGA Produktion & Handel | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Auszeichnung für Bestatter Roth | Kölner Stadt-Anzeiger | Reisen für Trauernde | reisen-fuer-trauernde | ||
Denkanstoß 61 – Gefasst und leidensfähig | Hunderte Erdbeben sind jedes Jahr in Japan zu spüren. Oft bebt die Erde mehrmals am Tag. Und immer wieder fordern die Beben Todesopfer. Beim Kanto-Erdbeben in Tokio 1928 starben über 140 000 … mehr. | Hunderte Erdbeben sind jedes Jahr in Japan zu spüren. Oft bebt die Erde mehrmals am Tag. Und immer wieder fordern die Beben Todesopfer. Beim Kanto-Erdbeben in Tokio 1928 starben über 140 000 Menschen. 1995 waren es in Kobe 6400. Das aktuelle Beben hat wahrscheinlich mehr als 10 000 Menschen das Leben gekostet. Die Bilder, die wir aus der Region Miyagi im Fernsehen sehen, zeigen zerstörte Dörfer, verwüstete Landschaften und sie zeigen Menschen, die überlebt haben, die sich diszipliniert, scheinbar ohne zu klagen an den Wiederaufbau machen. Sie zeigen Menschen, die ihre Trauer verbergen. Der Shintoismus lehrt Demut: Alles Leben auf der Welt kommt aus der Natur und kehrt wieder zur Natur zurück. In Japan werden Tote nach buddhistischem Ritus verbrannt, die Totenasche wird in einer Urne beigesetzt. Doch zunächst werden Verstorbene aufgebahrt und feierlich mit Blumen geschmückt. Die Japaner achten darauf, dass der Kopf eines aufgebarten Toten nach Norden weist. Dieses Ritual geht angeblich auf Buddha zurück. Die Ausrichtung nach Norden symbolisiert den Tod. In Japan werden sie niemanden finden, der mit dem Kopf ausgerichtet nach Norden schläft. Tote werden gewaschen, dann zieht man ihnen ein weißes Gewand an. Das letzte Hemd der Japaner erinnert an ein Pilgergewand, das Anziehen des Leichnams gehört zur rituellen Vorbereitung des Toten auf die bevorstehende Reise in die Unterwelt. Dem Verstorbenen werden sechs Münzen zugesteckt, sein Fahrtgeld für die Fähre über den Fluss der Unterwelt. Der entscheidende Moment während der Verabschiedungszeremonie ist die Verbrennung des Toten. Nur engste Familienmitglieder nehmen daran teil. Die Asche des Verstorbenen bewahren die Japaner in einer Urne auf, die für einige Wochen mit nach Hause genommen wird. Im Rahmen einer letzten Zeremonie wird die Urne dann auf dem Friedhof beigesetzt. All das geschieht im Verborgenen. Im Gegensatz zu dieser alten und im Volk tief verwurzelten Bestattungstradition sahen wir die Bilder von rasch durchgeführten Erdbestattungen in Gemeinschaftsgräbern. Für viele der immer noch Vermissten wird es nie ein Grab geben. Der Schmerz um das verlorene Hab und Gut, die Trauer um die Toten wird in vielen Fällen noch um die nicht möglichen Bestattungs- und Erinnerungsrituale verstärkt. Auch wenn es ihnen schwer fällt, es zu zeigen, die Japaner sind im Moment ein trauriges Volk. Ich denke in diesen Tagen oft an die Hinterbliebenen der Erdbeben- und Tsunami-Opfer. Und wir sollten dies auch noch morgen und in den nächsten Monaten tun, wenn wir uns wieder von den Nebensächlichkeiten unseres Alltags ablenken lassen. Gedanken und Gefühle erzeugen Solidarität. Vor allem sollten wir aber darüber nachdenken, wie wir in unserer Gesellschaft ohne den Hintergrund von Katastrophen unsere alte Sterbe-, Beerdigungs- und Bestattungskultur leichtfertig aufgeben. Und damit ein bedeutendes Stück Lebenskultur. Bergisch Gladbach im März 2011 | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Falsche Trauer kostet dem Gesundheitssystem viel Geld | CDUinform | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Einmal Jenseits und zurück | Der Bestatter | Koffer für die letzte Reise | koffer-fuer-die-letzte-reise | ||
Denkanstoß 60 – Danke | Ich muss zugeben, meine Kenntnisse was die aktuellen Charts (zu meiner Zeit hieß das Hitparaden) angeht, sind überschaubar. Deshalb hat es wahrscheinlich gedauert, bis mir ein Lied aufgefallen ist, das auf eine … mehr. | Ich muss zugeben, meine Kenntnisse was die aktuellen Charts (zu meiner Zeit hieß das Hitparaden) angeht, sind überschaubar. Deshalb hat es wahrscheinlich gedauert, bis mir ein Lied aufgefallen ist, das auf eine ganz wunderbare Art Ideen transportiert, die ich nicht nur uneingeschränkt bejahen kann, sondern die meine Mitarbeiter und ich, Tag für Tag den Menschen, die zu uns ins Haus der menschlichen Begleitung kommen, versuchen zu vermitteln. Ein Popsong, der sich auf ganz sensible aber auch humorvolle Weise mit dem Thema Tod und Verlust beschäftigt, das hat mich überrascht: „ … doch bald ist alles aus und vorbei“, lautet eine der Zeilen. Der Tod der Mutter, des Vaters oder eines geliebten Kindes, eines Freundes oder Kollegen gehört zu den schmerzlichsten Erfahrungen, die wir als Menschen machen. Ich werde oft gefragt, können wir vom Tod etwas lernen, können wir Schlüsse ziehen, die es uns ermöglichen, gestärkt aus der Trauer hervorzugehen. Viele Menschen stellen sich im Angesicht des Todes die Sinnfrage. Ja, wir können etwas lernen, lautet meine Antwort. Der Tod lehrt uns, dass das Leben endlich ist. Durch den Tod ist jeder Tag, jede Stunde, jede Minute ein wertvolles Geschenk. Der Preis für dieses Geschenk ist unsere Endlichkeit. Das Wissen um die Begrenzung des Lebens lässt uns anders mit unserer Zeit umgehen. Zwei Sätze, die ich häufig von Trauernden höre, lauten: „Was hätten wir noch alles unternehmen können?“ und „Ich wollte ihm noch so viel sagen!“ Die Botschaft des Songs lautet: Tu es, bevor es zu spät ist! Jeder kennt wahrscheinlich das Gefühl, wenn eine Melodie oder eine Textzeile einen berührt und nicht mehr loslässt. „Ich wollt noch Danke sagen …“ sangen da ein paar Jungs und erzählten dann Strophe für Strophe kleine Geschichten, wie man zu Tode kommen kann. „Ich wollt noch Danke sagen, doch ich lieg im Krankenwagen, noch wollen sie mich zwangsbeatmen, doch bald ist alles aus und vorbei …“ Dass diese Textzeilen Millionen Menschen hören, mitsingen und natürlich auch darüber nachdenken und vielleicht sogar berührt sind, so wie ich es war, als ich den Song hörte, ist für mich etwas wirklich Großartiges. Ein Memento Mori das hunderttausendfach aus den Radios und mp3 Playern schallt „… Ich geh nie wieder ohne Danke zu sagen“. In dieser Textzeile steckt eine Aufforderung. Nutze deine Zeit! Wir alle sind sterblich und wenn wir uns das ab und zu bewusst machen, dann verlieren wir nicht aus den Augen, dass das Leben ein wertvolles Geschenk ist. Bergisch Gladbach im Februar 2011 | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
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Urlaub, Stille, Innehalten | Der Westen | Reisen für Trauernde | reisen-fuer-trauernde | ||
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Denkanstoß 59 – Pietätlos | Immer mal wieder lesen wir in den Zeitungen Artikel über Betrugsfälle in der Bestattungsbranche. Meistens wird das Geschehene mit den Begriffen “bizarr” und “pietätlos” skandalisiert: “Mitarbeiter des Krematoriums stehen unter Verdacht, Zahngold … mehr. | Immer mal wieder lesen wir in den Zeitungen Artikel über Betrugsfälle in der Bestattungsbranche. Meistens wird das Geschehene mit den Begriffen “bizarr” und “pietätlos” skandalisiert: “Mitarbeiter des Krematoriums stehen unter Verdacht, Zahngold aus der Asche Verstorbener entwendet zu haben. Ein Bestattungsunternehmen soll Leichen vor der Feuerbestattung aus Luxus-Särgen in Billig-Schreine verfrachtet haben. Wertvolle Griffe und Beschläge wurden von Särgen abmontiert (...).” Die häufige Verwendung der Bezeichnung “bizarr” ist wohl der Tatsache geschuldet, dass alles was mit Tod zu tun hat, den meisten Menschen fremd geworden ist. Der Tod begegnet uns beinahe nur noch in den Medien und hier ist die Darstellung in Spielfilmen aber auch in vielen Nachrichtensendungen wirklich bizarr - hat aber mit dem richtigen Leben oft rein gar nichts zu tun. Den Begriff “pietätlos” liest man auch fast immer, wenn es um Gaunereien geht, die in der Bestattungsbranche vorkommen - übrigens nicht häufiger aber auch nicht seltener als in anderen Branchen. Pietät ist abgeleitet vom lateinischen pietas (Frömmigkeit, Pflichtgefühl). Respekt und Ehrfurcht sind ebenfalls treffende Übersetzungen. Das Wort hatte in der Antike viele Bedeutungen, die unter “das pflichtbewusste Benehmen gegenüber Mensch und Gott” zusammengefasst werden können, also z. B. auch Demut. (1) Diese Übersetzungen gefallen mir. Wichtige Wörter, vor allem dann, wenn es um Abschied von einem Toten geht. Ich rate Trauerden ihre Toten selbst zu waschen und anzuziehen. Respekt, Ehrfurcht aber auch Demut bekommen in diesem Zusammenhang einen ganz wunderbaren Nachhall. Jemanden selbst in den Sarg zu betten, kann ein Zeichen großer Liebe sein. Den Sarg bis ins Krematorium zu begleiten und bis zur Einäscherung in der Nähe des Toten zu bleiben - was vom Gesetzgeber aus nicht nachvollziehbaren Gründen nicht gestattet wird - wäre für mich ein liebevolles Zeichen der Verbundenheit und der gegenseitigen Verantwortung über den Tod hinaus. Im Leben würden wir Liebe, Verbundenheit und Verantwortung nie an einen Fremden delegieren. Im Tod ist es mittlerweile eine Selbstverständlichkeit. Leider! Wir lassen uns alle Entscheidungen abnehmen, beauftragen Bestatter und folgen blind den Anordnungen der Behörden. Dabei wäre es einfach, das was getan werden muss, selbst in die Hand zu nehmen. Man muss es nur tun. Ich rate dazu. Wenn über Tod und Bestattung geschrieben oder in den elektronischen Medien berichtet wird, sollten in den Artikeln und Filmen unsere Trauerkultur, die verschiedenen Formen der Abschiednahme, der Umgang mit Trauer und Trauernden mehr in den Blickpunkt rücken. Im Krematorium gestohlenes Zahngold und ausgetauschte Särge, also die bizarren und pietätlosen Taten von Betrügern, müssen verfolgt und darüber muss auch berichtet werden. Aber eben nicht nur. Dass man den Verstorbenen in der Regel nicht ins Krematorium begleiten und die Verbrennung selbst in Gang setzen kann, finde ich ebenfalls skandalös - und damit berichtenswert. Man muss einen geliebten Menschen auch auf diesem letzen Weg begleiten dürfen. Dass Gaunereien dann seltener würden, soll nicht unerwähnt bleiben, wäre aber nur ein Nebeneffekt. Bergisch Gladbach im Oktober 2010 | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
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Der andere Blick auf das Leben | Kölner Stadt-Anzeiger | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Denkanstoß 58 – Der Tod kann ein guter Lehrmeister sein! | Die Verarbeitung von Verlusten geschieht in Trauerprozessen. Was zunächst mal seltsam anmuten mag, mündet schnell in ein Aha-Erlebnis von fast trivialer Klarheit: Was, bitte, hat die Arbeitswelt mit Tod und Trauer zu … mehr. | Die Verarbeitung von Verlusten geschieht in Trauerprozessen. Was zunächst mal seltsam anmuten mag, mündet schnell in ein Aha-Erlebnis von fast trivialer Klarheit: Was, bitte, hat die Arbeitswelt mit Tod und Trauer zu tun? Sehr viel, wie Sie schnell feststellen werden: Wer gelernt hat, die schmerzhaftesten Verlusterfahrungen nicht zu verdrängen, ist auf Veränderungen im beruflichen Kontext besser vorbereitet. Jede Veränderung bedeutet zunächst den Verlust dessen, was ist. Ein Auftrag, ein Kunde, ein Kollege oder Vorgesetzter, ein Projekt, der Firmenname, die Unternehmenskultur? Ganz egal, auf welcher Ebene oder in welchem Kontext mich der Verlust des Status quo ereilt: Bevor ich mich auf das Neue einlasse, muss ich diesen Verlust verarbeiten. Wird das unterschätzt, wiegen die Folgen schwer, wie nicht nur viele gescheiterte Fusionen zeigen. Für die Generation unserer Großväter waren Tod und Trauer noch ein selbstverständlicher Teil des Lebens, die Erfahrungen aus der fast alltäglichen Trauerarbeit in Familien, Nachbarschaft und Gesellschaft waren für jeden nutzbar. Das ist heute anders. Tod und Trauer werden verdrängt, Traditionen und Institutionen sind auf dem Rückzug. Nicht wenige Experten vermuten einen Zusammenhang zwischen dem Verlust unserer Trauerkultur und der Zunahme von Stressfolgen wie Burn Out-Syndrom und Depression. Neben diesen mittelbaren Zusammenhängen rate ich auch dazu, die unmittelbaren Folgen von Todesfällen für die Menschen im Unternehmen nicht aus den Augen zu verlieren. Bei einer durchschnittlichen Sterblichkeitsrate von 1% der Bevölkerung p.a. sind mindestens 5% der Mitarbeiter akut betroffene Angehörige ersten Grades; d.h. Kinder oder Eltern jüngst Verstorbener. Rechnet man Betroffene anderer Verlustsituationen hinzu und berücksichtigt man die Dauer von Trauerprozessen, ergeben sich durchschnittlich über 10% akut betroffener Mitarbeiter Ihres Unternehmens. Jeder zehnte Ihrer Mitarbeiter also steht in einer Entwicklung, die entscheidende Veränderungen ob zum guten oder zum schlechten mit sich bringen wird. In meiner Privaten Trauer Akademie in Bergisch Gladbach arbeiten wir gemeinsam mit Unternehmen, kirchlichen und staatlichen Institutionen an der weiteren Entwicklung dieses wichtigen Themenfeldes. Mit Vorträgen, durch Teilnahme an Think Tanks oder auch durch Texte wie diesen Denkanstoß versuche ich, Anregungen für einen anderen Umgang Tod und Trauer zu geben. Tod ist Tatsache! Also lassen Sie uns etwas tun. Jeder Verlust bietet die Chance, Veränderungen positiv zu gestalten. Wenn ich Ihr Interesse für dieses Thema wecken konnte, dann würde ich mich freuen, wenn Sie sich bei Bergisch Gladbach im August 2010 | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Bestatter sein | Leben ohne dich | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Der Tod kann ein guter Lehrmeister sein! | Köln-Bonn Manager | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Ich nehme den Tod ganz persönlich | Frankfurter Allg. Sonntagszeitung | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Die letzte Reise kennt viele Wege | FAZ | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Mein Leben muss wieder bunter werden | Sonderausgabe | Reisen für Trauernde | reisen-fuer-trauernde | ||
Der Bestatter: Fritz Roth | Deutsche Welle | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Denkanstoß 57 – Gefallen | Ich möchte in meinem Denkanstoß nicht über Sinn oder Unsinn des Afghanistan Einsatzes schwadronieren. Es geht mir auch nicht um den Streit, ob die Soldaten am Hindukusch nun in einem Krieg gefallen … mehr. | Ich möchte in meinem Denkanstoß nicht über Sinn oder Unsinn des Afghanistan Einsatzes schwadronieren. Es geht mir auch nicht um den Streit, ob die Soldaten am Hindukusch nun in einem Krieg gefallen sind oder nicht. In Afghanistan sterben Menschen aus unserer Mitte: Ehemänner, Familienväter, Söhne, Brüder, Freunde, Kameraden. Sie haben den Beruf des Soldaten gewählt und zahlen für ihren Einsatz mit dem höchsten Preis, mit dem ein Mensch bezahlen kann. Auf Spiegel Online findet man die Namen und Gesichter, die sich hinter dem Bregriff »Gefallene« verbergen. Spiegel Online wird damit zu einer Art Gedenkplatz im Internet an dem aus anonymen Soldaten wieder Menschen werden, mit einem Namen, einem Gesicht und einer Geschichte. Menschen um die Verwandte und Angehörige trauern. Meistens im Verborgenen. Nicht selten alleine. Ich möchte den Trauernden ein Signal senden. Ihr seid nicht alleine. Wir sind eine Gemeinschaft, und zwar nicht nur dann, wenn wir ein »Sommermärchen« feiern, sondern auch dann, wenn Menschen aus unserer Mitte im Einsatz für unser Land den Tod finden. Der Bundestags-Wehrbeauftragte Reinhold Robbe hat kürzlich in seinem Jahresbericht festgestellt, dass Deutschland im Vergleich zu seinen europäischen Nachbarn dem Schicksal seiner Soldaten sehr wenig Beachtung schenke. Zwar hat mittlerweile auch die Bundeskanzlerin an einer Trauerfeier für getötete Fallschirmjäger teilgenommen. In der Mitte der Gesellschafter ist die Trauer um die Männer, die ihr Leben für Deutschland gelassen haben, deshalb noch lange nicht angekommen. Viele Menschen wissen überhaupt nicht, dass es im Verteidigungsministerium ein Ehrenmal der Bundeswehr gibt, ein Gedenkort für die Gefallenen – leider weit ab von der Lebenswirklichkeit hier in Deutschland und ein weiterer Beweis dafür, dass die öffentliche und politische Trauerkultur bei uns kaum entwickelt ist. Wie können wir die Trauer um die Soldaten zu unserer aller Trauer machen? Wie können wir echte Anteilnahme zeigen? Wie können wir die Toten in die Mitte der Gesellschaft holen? In England gibt es die Gedenkstätte «Arboretum», einen weiträumigen Park in Staffordshire. Zehntausende Bäume stehen dort, gepflanzt für die Toten seit 1945. Für Soldaten, Feuerwehrleute und humanitäre Helfer. Einen solchen Ort würde ich mir auch in Deutschland wünschen. Bergisch Gladbach im April 2010 | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Denkanstoß 56 – Dienst nach Vorschrift | Mit einer zärtlichen Handbewegung strich Oberarzt Dr. Volker Werner über das Gesicht seines jungen Patienten und schloss seine Augen. Er hatte fast eine Woche um Jonas Leben gekämpft, doch die Viren hatten … mehr. | Mit einer zärtlichen Handbewegung strich Oberarzt Dr. Volker Werner über das Gesicht seines jungen Patienten und schloss seine Augen. Er hatte fast eine Woche um Jonas Leben gekämpft, doch die Viren hatten das Fieber immer höher getrieben. “Meningitis” würde auf dem Totenschein stehen und der Begriff “Ansteckungsgefahr” würde besondere Vorsichtsmaßnahmen zur Folge haben. Der Tod des zwölfjährigen Jungen war auch für den Oberarzt ein Schock. Sein eigener Sohn war im gleichen Alter. Die Eltern hatten jeden Tag an Jonas Bett gesessen, hatten gebangt und gehofft, hatten gebetet und ihn angefleht, er möge ihr Kind retten. Dem erfahrenen Arzt war schon nach den ersten Befunden klar, dass es schwer werden würde, Jonas zurück ins Leben zu holen. Als Intensivmediziner hatte sich Volker Werner im Lauf der Jahre so etwas wie eine eigene Philosophie zurecht gebastelt. Ob jemand wieder gesund wird, hängt nicht nur von der Qualität der Behandlung und der Wirkung der Medikamente ab. Manchmal braucht man auch Glück - Unterstützung von “Oben”. Jonas musste sterben und Volker Werner stellte sich nicht zum ersten Mal die Frage, nach welchen Kriterien da “Oben” Glück verteilt wird? Auf der Intensivstation gehört Sterben zum Alltag, trotzdem ist der Tod auch für die Menschen, die dort arbeiten, nichts Alltägliches. Als Jonas Mutter Dr. Werner umarmte und ihm dankte, für alles, was er für ihren Jungen getan hatte, gelang es ihm nur mit Mühe, seine Tränen zurückzuhalten. Er fühlte sich wie ein Versager, auch wenn er wusste, dass Jonas nicht zu retten war. Der Oberarzt ließ den Leichnam des Kindes gegen die Vorschriften in ein ruhiges Zimmer bringen und gestattete den Eltern am Totenbett ihres Sohnes zu sitzen, um Abschied zu nehmen. Kerzen wurden angezündet, aus dem CD Player erklangen die Lieblingssongs von Jonas. Eine Schwester brachte eine Flasche Wein. Natürlich achtete er darauf, dass sich niemand an dem Leichnam anstecken konnte. Für Jonas hatte er am Ende nichts mehr tun können, den Eltern wollte er helfen, ihre Trauer in einem würdigen Rahmen auszuleben. Er gab ihnen im Krankenhaus die Möglichkeit, so zu trauern, als wären sie in vertrauter Umgebung. Mit Dienst nach Vorschrift hatte das nichts zutun. Leider handeln nicht alle Professionen, die an der Schnittstelle zwischen Leben und Tod wirken, wie z.B. Ärzte, Bestatter, aber auch Friedhofsangestellte und Beamte auf Ämtern und Behörden so einfühlsam wie Dr. Volker Werner. Auf der Beerdigung von Jonas wäre es beinahe zum Eklat gekommen. Taucht der Begriff “Ansteckungsgefahr” auf dem Totenschein auf, dann darf der Sarg nicht mehr geöffnet werden und die Sargträger müssen Gummihandschuhe und Mundschutz tragen. Ein surreales Szenario, das die Trauer der Familie und Freunde empfindlich stört. Doch der zuständige Mitarbeiter des Friedhofsamtes bestand darauf: die gesetzlichen Vorschriften müssen eingehalten werden. Da trat Volker Werner aus den Reihen der Trauergemeinde hervor, stellte sich als Arzt vor und überzeugte Freunde und Bekannte der Familie, dass von einem Körper, der über eine Woche tot war, keine Gefahr mehr ausgehen kann. Volker Werner trug zum ersten Mal in seinem Leben einen Sarg. Er weinte und es tat ihm gut. Bergisch Gladbach im Februar 2010 | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Das Friedhofssterben | Der Spiegel | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Denkanstoß 55 – You’ll never walk alone | Der Tod des Torwarts Robert Enke hat bundesweit Trauer und Bestürzung ausgelöst. Doch anders als üblich, wenn Prominente sterben, haben die meisten Medien diesmal besonnen und mit wirklicher Anteilnahme berichtet. Dies wurde … mehr. | Der Tod des Torwarts Robert Enke hat bundesweit Trauer und Bestürzung ausgelöst. Doch anders als üblich, wenn Prominente sterben, haben die meisten Medien diesmal besonnen und mit wirklicher Anteilnahme berichtet. Dies wurde durch den mutigen Schritt von Teresa Enke in die Öffentlichkeit möglich. Echte Trauer braucht Wahrhaftigkeit. Teresa Enke war auf eine berührende Art authentisch. Durch die Pressekonferenz nur wenige Stunden nach der Todesmeldung konnten wir dem Verstorbenen auf eine Art nahe kommen, die viele Menschen hat wirkliche Trauer empfinden lassen. Trauer braucht Ausdruck. Teresa Enke hat vor einem Millionen Publikum ausgesprochen, was bis dahin ein Tabu war. Sie hat Ihren Mann nicht retten können. Sie hat uns damit einen Denkanstoß gegeben, über das Thema Depressionen, nicht nur im Sport, intensiv nachzudenken. Für mich ist Trauer das gleiche Gefühl wie Liebe. Die Pressekonferenz, die stille Andacht in der Kirche und die Trauerfeier im Stadion, diese mutige Frau hat uns mit ihrer öffentlichen Trauer spüren lassen, wie sehr Sie ihren Mann geliebt hat. Teresa Enke hat uns die Chance zu echter Anteilnahme geschenkt. Millionen Menschen haben diese Chance genutzt. Darunter waren bestimmt auch Trauernde, die erst vor kurzem selbst einen Verlust erlitten haben und sich vielleicht nicht trauten, öffentlich um den eigenen Angehörigen zu trauern. Teresa Enke hat ihre Trauer öffentlich gemacht und so die Herzen von vielen Menschen erreicht. Ich möchte alle Trauernden ermuntern, ebenfalls diesen Weg zu gehen. Das Gedenken an Robert Enke wurde nicht - wie leider üblich - hinter Friedhofsmauern verdrängt. Getrauert wurde an öffentlichen Plätzen, wo normalerweise das Leben stattfindet. Vierzigtausend Menschen verabschiedeten sich von dem Torwart an einem Ort, an dem er zu Hause war, in seinem Stadion. Über sieben Millionen Menschen haben die Trauerfeier im Fernsehen verfolgt. Teresa Enke hat dafür gesorgt, dass ihre Trauer und die Trauer der Mannschaftskameraden, Familie, Freunde und Fans eine Heimat finden konnte. Die Beisetzung von Robert Enke und die Trauerfeier fanden an einem Sonntag statt, an einem Tag, an dem die Kirchen normalerweise keine Trauerfeiern zulassen und die Friedhofsordnung Beerdigungen nicht gestattet. Die überwältigende Anteilnahme wurde durch den gewählten Zeitpunkt erst möglich. Ich finde, Trauerfeiern sollten häufiger am Wochenende stattfinden, eben wenn die Menschen Zeit haben, gemeinsam ohne Zeitdruck zu trauern. Trauer braucht Gemeinschaft. Trauer braucht Menschen, die sich mit mir auf den Weg machen. Trauer braucht im wahrsten Sinne des Wortes Mit-Menschen. “You'll never walk alone” - die Fußballhymne schlechthin wurde während der Trauerfeier im Stadion gesungen. Natürlich dachten wir alle bei dem Song an Robert Enke. Doch jeden Tag sterben in Deutschland Menschen durch Suizid, Unfälle oder Krankheit. Auch für deren Hinterbliebene sollte jemand da sein. Die gemeinsame Trauer um Robert Enke sollte uns Mut machen, beim nächsten Sterbefall in unserer Nachbarschaft oder Familie nicht wegzusehen, sondern uns den Trauernden zuzuwenden. Der Tod von Robert Enke könnte uns, und das ist meine große Hoffnung, sensibler und “sehender” gemacht haben. “You'll never walk alone” - das wünsche ich von ganzem Herzen Teresa Enke und ihrer Tochter Laila. Bergisch Gladbach im Dezember 2009 | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Denkanstoß 54 – Bestatter sein | Das Bergische Land ist meine Heimat. Ich bin dort auf einem Bauernhof aufgewachsen. Als ich sechs Jahre alt war, starb meine Großmutter. Nachdem die Tote von ihren Schwiegertöchtern angezogen worden war, kam … mehr. | Das Bergische Land ist meine Heimat. Ich bin dort auf einem Bauernhof aufgewachsen. Als ich sechs Jahre alt war, starb meine Großmutter. Nachdem die Tote von ihren Schwiegertöchtern angezogen worden war, kam sie ins gute Zimmer, in den Raum der Weihnachtsfeste und großen Familienfeiern. Jeder, der bei ihr sein wollte, konnte sie anfassen, den Tod berühren, sehen und riechen. Das Leben im Haus ging weiter! Trauer war eine Sache der Gemeinschaft. Der Tod gehörte ins Alltagsleben. Der Tod war ein ständiger Begleiter, der die Menschen an ihre eigene Sterblichkeit erinnerte und so das Gefühl vermittelte, dass “Lebenszeit” etwas sehr Kostbares war. Dieses Gefühl wird zu Beginn des 21. Jahrhundert fast völlig verdrängt. Ich will nicht lange darüber philosophieren, warum das so ist. Mein Ziel ist es, den Tod zurück ins Leben zu holen, die Menschen mit Sterben, Tod und Trauer wieder vertrauter zu machen. So will ich dazu beitragen, dass die Menschen aufhören, ihr Leben zu konsumieren, als sei es eine unerschöpfliche Ressource. Ich möchte Menschen die Augen öffnen, dass Leben endlich und dadurch unschätzbar wertvoll ist. Und ich denke, das sollte nicht nur mein Ziel sein, es sollte das Ziel der gesamten Bestatterbranche sein. Denn wer sonst ist den Menschen in einer vergleichbaren Situation so nahe? Immer mehr Bestatter bieten mittlerweile Trauerbegleitung an und stehen so Menschen in den schwersten Stunden des Lebens mit Rat und Tat zur Seite. Das ist eine gute Entwicklung. Wir Bestatter sollten in Zukunft noch eine weitere gesellschaftliche Aufgabe übernehmen. Wir sind es, die wichtigen “Kulturtechniken” bewahren und vermitteln können. Wir machen die Menschen mit Trauerritualen vertraut, wir geben Zeit und Raum, dem Tod zu begegnen und entscheidende Dinge für das Leben zu lernen. Ich versuche, Menschen Mut zu machen, sich ihre Toten und die damit verbundenen Gefühle und Erfahrungen von niemandem stehlen zu lassen - egal, ob aus falsch verstandener Dienstleistungsbereitschaft oder aus Gedankenlosigkeit. Wenn ich liebe, trage ich eine “rosa-rote” Brille, die mir ungeahnte Blickwinkel eröffnet. In der Trauer trage ich eine “schwarz-rote” Brille, die mir neue Perspektiven der wirklich wichtigen Dinge des Lebens erschließt. So kann ich in meiner Trauer entdecken, was wirklich wertvoll, oder besser: “voller Werte” ist. Unsere Aufgabe als Bestatter ist es, den Trauernden diese Brille aufzusetzen, ihnen vielleicht dabei zu helfen, sie etwas zu putzen. Das beste “Putzmittel” aber bleiben die eigenen Tränen, die “Reinigungsmittel der Seele”... Sicherlich werden auch in Zukunft nicht alle Bestatter eine solche Rolle annehmen. Wir beobachten auf der einen Seite einen wachsenden Markt von Billigbestattern, die nicht viel mehr als “Entsorgung” anbieten, und auf der anderen Seite Bestatter, die früher oder später die Rolle des Vermittlers von alten und neuen Bestattungsritualen annehmen werden. Dazu gehört, die Menschen nicht nur anzusprechen, wenn sie einen Verwandten oder Freund betrauern. Wir Bestatter sollten versuchen, die Menschen mitten im Leben zu erreichen, denn wer die eigene Endlichkeit nicht aus den Augen verliert, wird mit seiner Lebenszeit etwas Sinnvolles anfangen. Die Menschen daran zu erinnern, ist eine wichtige Aufgabe. Bergisch Gladbach im Oktober 2009 | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Jedes Ende ist auch Anfang | GL Kompakt | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Gesetze am besten abschaffen | Frau im Leben | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Die Bestatter werden frech | Tagesspiegel | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Koffer packen für die letzte Reise | Rheinische Post | Koffer für die letzte Reise | koffer-fuer-die-letzte-reise | ||
Leben und Tod im Lager | Bergisches Handelsblatt | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Jubiläum im Zeichen des Phoenix | Kölner Stadt-Anzeiger | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Auf den Weg gegeben | Lebenszeiten | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Missionar, Anarchist und Geschäftsmann | Kölner Stadt-Anzeiger | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Virtueller Friedhof | Kirchenzeitung für das Erzbistum Köln | Gärten der Bestattung | gaerten-der-bestattung | ||
Denkanstoß 53 – Jedes Ende ist auch ein Anfang | Als Bestatter bin ich mit dem Begriff »Ende« in all seinen Facetten natürlich gut vertraut. Dieser Beruf war für mich in den letzten 25 Jahren immer mehr als nur Broterwerb. Dieser Beruf … mehr. | Als Bestatter bin ich mit dem Begriff »Ende« in all seinen Facetten natürlich gut vertraut. Dieser Beruf war für mich in den letzten 25 Jahren immer mehr als nur Broterwerb. Dieser Beruf hat mir die Chance gegeben, viel über das Leben zu lernen. Die Menschen, die zu mir ins Haus der menschlichen Begleitung kommen, müssen mit dem Tod eines geliebten Angehörigen oder Freundes fertig werden. Der Tod ist endgültig, was auch immer nach ihm kommen mag. Den Tod zu verdrängen, ihn aus dem Leben zu verbannen, ist meiner Meinung nach eines der größten Übel unserer schnelllebigen Zeit. Viele Menschen leben so, als würde der Tod sie nichts angehen. Forever young! Es ist leichter zu verdrängen, als sich der Tatsache zu stellen, dass wir alle, Sie und ich eingeschlossen, sterblich sind. Unsere Zeit ist begrenzt und wir sollten sie nutzen. Diese Begrenzung ist nur eine wichtige Tatsache, an die uns der Tod immer wieder erinnern kann. Nicht nur Menschen sterben, Firmen gehen Pleite, Gesellschaftssysteme gehen unter, Ideen und Utopien scheitern. Das »Ende« ist allgegenwärtig, viele schauen mit aller Macht weg. Nun habe ich in den vielen Jahren, die ich meiner Berufung folge, tausende Menschen in schwierigen Lebenssituationen begleitet. Ich weiß, wer in der Lage ist, Trauer wirklich zuzulassen, der wird einen Weg finden, weiterzuleben und zwar »reicher«, als das vorher der Fall war. Aus echter Trauer entsteht etwas Neues. Eine neue Sicht auf die Welt, tiefere Beziehungen zu Freunden und Verwandten, ein intensiveres Leben und Erleben, weil man in der Lage ist, den eigenen Horizont zu sehen. Jedes Ende ist auch ein Anfang! Als ich vor 25 Jahren den Beruf des Unternehmensberaters an den Nagel hängte, war das auf eine gewisse Art auch ein »Ende« und wenn ich heute sehe, was aus diesem »Ende« entstanden ist, dann bin ich stolz und glücklich. Gemeinsam mit meiner Frau und meinen beiden Kindern und natürlich allen meinen Mitarbeitern haben wir etwas Einmaliges aufgebaut. Wir stehen Menschen in den schwärzesten Stunden des Lebens zur Seite und können ihnen wirklich helfen. Ich habe lange überlegt, was es für ein Symbol geben könnte, das für Vergehen und Neuanfang, für den ewigen Wandel stehen könnte. Ein Symbol für die Entwicklung unserer Firma, meinen persönlichen Werdegang, aber auch für das, was Trauernde durchleben. Ein Symbol für das, was wir im Moment als Gesellschaft durchmachen. Der Phoenix ist in der ägyptischen Mythologie ein heiliger Vogel. Am Ende seines Lebens baut der Phoenix ein Nest, setzt sich hinein und verbrennt. Wenn die Flammen verlöschen, bleibt ein Ei zurück, aus dem nach kurzer Zeit ein neuer Phoenix schlüpft. Jedes Ende ist auch ein Anfang! Mit diesem Satz möchte ich mich bei den vielen tausend Menschen bedanken, die uns in den letzten 25 Jahren ihr Vertrauen geschenkt haben. Ich danke meiner Familie und meinen Mitarbeiten, ohne sie wäre das Haus der menschlichen Begleitung ein Traum geblieben. Durch sie wurde dieser Traum Wirklichkeit. Bergisch Gladbach im Juni 2009 | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Denkanstoß 52 – In Zeiten wie diesen… | Tausende Arbeitsplätze sind in Gefahr. Die Banken und die Automobilindustrie werden massiv Stellen abbauen müssen. Machen wir uns nichts vor. Es wird in den nächsten Wochen Firmen geben, die im wahrsten Sinne … mehr. | Tausende Arbeitsplätze sind in Gefahr. Die Banken und die Automobilindustrie werden massiv Stellen abbauen müssen. Machen wir uns nichts vor. Es wird in den nächsten Wochen Firmen geben, die im wahrsten Sinne des Wortes »sterben«. Die Verarbeitung von Verlusten geschieht in Trauerprozessen. Menschen trauern auch um ihren Arbeitsplatz, bzw. die Firma, in der sie vielleicht gerne gearbeitet haben. Die ihnen zur Heimat geworden war. Für die Generation unserer Großväter waren Tod und Trauer noch ein selbstverständlicher Teil des Lebens, die Erfahrungen aus der fast alltäglichen Trauerarbeit in Familien, Nachbarschaft und Gesellschaft waren für jeden nutzbar. Das ist heute anders. Tod und Trauer werden verdrängt, Traditionen und Institutionen sind auf dem Rückzug. Nicht wenige Experten vermuten einen Zusammenhang zwischen dem Verlust dieser Trauerkultur und der Zunahme von Stressfolgen wie Burnout-Syndrom und Depression. Jede Veränderung bedeutet den Verlust dessen, was ist. Die Firma, der Arbeitsplatz, die Kollegen oder Vorgesetzten, ein Projekt, der Firmenname, die Unternehmenskultur... Ganz egal, auf welcher Ebene oder in welchem Kontext mich der Verlust des Status quo ereilt: Bevor ich mich auf das Neue einlasse, muss ich diesen Verlust verarbeiten. Krisenmanagement, Change Management und Corporate Social Responsibility sind Begriffe, die wir in diesen Tagen häufig hören. Was zunächst seltsam anmuten mag, mündet schnell in ein Aha-Erlebnis von fast trivialer Klarheit: Unternehmerische Führungsaufgabe hat sehr viel mit Tod und Trauer zu tun. Wer gelernt hat, die schmerzhaftesten Verlusterfahrungen nicht zu verdrängen, ist auf Veränderungen im beruflichen und privaten Kontext besser vorbereitet. Ich setze mich seit Jahren für einen konstruktiven Umgang mit Tod und Trauer ein. In Zusammenarbeit mit führenden Unternehmen, kirchlichen und staatlichen Institutionen arbeiten wir im Rahmen unserer Privaten Trauer Akademie an der weiteren Entwicklung dieses wichtigen Themenfeldes. Wir beraten Manager, Personalverantwortliche, Vertrauensleute, Betriebsräte und Betriebsärzte. Diese Berufsgruppen sind gefragt, wenn Mitarbeiter entlassen, Arbeitsgebiete restrukturiert und Firmen zerschlagen werden. Change Management ist Trauerarbeit. Wird das unterschätzt, wiegen die Folgen schwer. Bergisch Gladbach im März 2009 | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Dieses blaue Kleid | Publik-Forum | Koffer für die letzte Reise | koffer-fuer-die-letzte-reise | ||
Website Award NRW 2009 | Netzwerk Elektronischer Geschäftsverkehr | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Trauernetzwerk im Internet | Bergische Landeszeitung | Gärten der Bestattung | gaerten-der-bestattung | ||
Denkanstoß 51 – Der Trauer eine Heimat geben – auch im Internet | Täglich finden in unserem »Haus der menschlichen Begleitung« in Bergisch Gladbach Trauerfeiern statt, werden Urnen in unseren »Gärten der Bestattung« beigesetzt. Die Trauernden kommen zu uns, weil sie bei uns die Chance … mehr. | Täglich finden in unserem »Haus der menschlichen Begleitung« in Bergisch Gladbach Trauerfeiern statt, werden Urnen in unseren »Gärten der Bestattung« beigesetzt. Die Trauernden kommen zu uns, weil sie bei uns die Chance haben, ihrer Trauer, die nach meinem Verständnis nichts anderes ist als Liebe, nach eigenen Vorstellungen Ausdruck zu verleihen. Um Abschied von einem Verstorbenen zu nehmen, kommen die Menschen aus ganz Deutschland angereist. Sie verbringen ein paar Stunden bei uns und dann muss jeder wieder seiner Wege gehen. Familien und Freundeskreise sind in den letzten Jahren immer mobiler geworden. Freunde ziehen um, Kinder arbeiten in anderen Städten, Enkel studieren in anderen Ländern. Durch die Globalisierung und Technisierung ist die Welt buchstäblich zum Dorf geworden, was das Thema Trauer angeht, muss ich allerdings eine Einschränkung machen: In einem Dorf sind die Gräber von Verwandten und Freunden gleich um die Ecke. Räumliche Entfernungen machen es heutzutage schwer, das Grab lieber Verstorbener regelmäßig zu besuchen. Die Erinnerungsplätze, und nichts anderes sind Friedhöfe, sind oft nicht mehr erreichbar. Und auch wenn wir glauben, immer »globaler« denken zu müssen, wir brauchen diese stillen Orte der Erinnerung, um nicht aus den Augen zu verlieren, wer wir sind und woher wir kommen. Wir haben mit unserem virtuellen Friedhof einen Erinnerungsplatz geschaffen, der von überall auf der Welt, zu jeder Zeit erreichbar ist. Der virtuelle Friedhof - https://www.puetz-roth.de/vf/ -ist ein getreues Abbild der realen »Gärten der Bestattung«. Mit Hilfe dieser Website kann man die Gräber hier beerdigter Menschen jederzeit im Netz besuchen; eine Botschaft hinterlassen und die Botschaften anderer Angehöriger und Freunde lesen. Mit den Einträgen der Verwandten und Freunde entsteht so im Lauf der Zeit ein virtueller Ort lebendiger Trauer, der aber im Gegensatz zu anderen virtuellen Friedhöfen einen realen Trauerort widerspiegelt. Totengedenken und Erinnerung werden über das Netz am Leben erhalten, gleichzeitig gibt es aber auch ein reales Grab. Früher erzählte man sich die Geschichte der Ahnen. Die Familiengeschichte wurde so in mündlicher Überlieferung von Generation zu Generation weitergegeben. Der Erinnerungsplatz, den wir im Netz geschaffen haben, soll einem ähnlichen Zweck dienen. Nur dass man sich hier der Mittel modernster Technik bedienen kann, um der Familienchronik ein weiteres Kapitel hinzuzufügen. Bergisch Gladbach im Januar 2009 | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Vom Lebensklang der Totenruhe | Publik Forum Extra | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Der Trauerspieler | Rheinischer Merkur Extra | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Fritz Roth ist Europas bester Bestatter | BILD Köln | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Schön tot – Preisdruck und Globalisierung | Manager Magazin | Gärten der Bestattung | gaerten-der-bestattung | ||
Denkanstoß 50 – Día des los Muertos – Der Tag der Toten | Der graue triste November gilt in Deutschland traditionell als Trauermonat. An Allerheiligen und Allerseelen gedenken die Katholiken den Verstorbenen, am Totensonntag erinnern die Protestanten an ihre Toten und die Gefallenen der Weltkriege … mehr. | Der graue triste November gilt in Deutschland traditionell als Trauermonat. An Allerheiligen und Allerseelen gedenken die Katholiken den Verstorbenen, am Totensonntag erinnern die Protestanten an ihre Toten und die Gefallenen der Weltkriege kommen am Volkstrauertag zu ihrem Recht. Dazu gesellt sich Halloween, dessen Ursprünge Kulturwissenschaftler in dem keltischen Fest Samhain zu erkennen glauben. An Samhain soll es den Geistern der Toten möglich sein, Kontakt mit den Lebenden aufzunehmen. Leider steht der Klamauk an Halloween bei uns im Vordergrund, dabei böte gerade dieses Fest die Chance, das Leben zu feiern und der Toten zu gedenken. Auch in Mexiko wird Anfang November der Verstorbenen gedacht. Bereits Mitte Oktober beginnen die Geschäfte, sich für die bevorstehenden Feiertage herauszuputzen. Die Schaufenster werden mit bunten Skeletten und Totenskulpturen geschmückt. Der Tod erscheint mal in barocker Pracht, mal als makaber, düstere Leiche. Bäcker und Konditoren versuchen sich gegenseitig mit den Calaveras de Dulce, menschlichen Schädeln aus Zuckerguss, und Brot und Gebäck in Knochenform, dem Pan de Muerto, zu übertreffen. Der Umgang der Mexikaner mit dem Tod wirkt auf westliche Kulturen irritierend. Der Tod wird als etwas betrachtet, vor dem man keine Angst zu haben braucht. Die Menschen glauben, dass die Toten zum Ende der Erntezeit zu Besuch aus dem Jenseits kommen, um mit den Lebenden ein feucht-fröhliches Fest zu feiern. Die Verstorbenen kehren für einige Stunden zu ihren Familien zurück. So wie die Lebenden von nah und fern anreisen, müssen auch die Verstorbenen zunächst den Weg nach Hause finden. An den Häusern werden bunte Laternen aufgehängt und bis an die Gräber ausgestreute Ringelblumen weisen den Toten den Weg. In den Wohnungen stellt man Ofrendas auf, traditionelle Totenaltäre, die reich mit Speisen und Getränken gedeckt werden. Bilder der Verstorbenen sollen an gemeinsame Zeiten erinnern. Eine aus Palmblättern geflochtene Matte soll den Seelen als Ruhestätte dienen. Die Mexikaner geben sich viel Mühe, damit es den Verstorbenen bei ihrem Besuch an nichts fehlt. Am Ende des Día de los Muertos nehmen die Familien auf den Friedhöfen Abschied von den Toten. Es wird gefeiert und getanzt. Um Mitternacht kehren die Verstorbenen wieder ins Jenseits zurück. Das Fest ist zu Ende, bis die Toten im nächsten Jahr wieder zu Besuch kommen. Der Día des los Muertos ist ein wunderbarer Brauch und ein schönes Beispiel für gelebte Erinnerungskultur, von der wir uns, was den Umgang mit unseren Toten angeht, inspirieren lassen sollten. Bergisch Gladbach im Oktober 2008 | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Denkanstoß 49 – Der stärkste Mann der Welt | Als die 259-Kilogramm-Eisen auf die Holzbühne knallten, war das wie ein Befreiungsschlag für den Gewichtheber Matthias Steiner. Seine Trauer, das ganze Leid der letzten Monate schien plötzlich für einen Moment Sinn zu … mehr. | Als die 259-Kilogramm-Eisen auf die Holzbühne knallten, war das wie ein Befreiungsschlag für den Gewichtheber Matthias Steiner. Seine Trauer, das ganze Leid der letzten Monate schien plötzlich für einen Moment Sinn zu machen. Der 26-jährige hatte Gold geholt. Er hat den Traum wahr gemacht, den er mit seiner Frau Susann geträumt hatte. Susann verunglückte bei einem Autounfall vor einem Jahr tödlich. Für Matthias Steiner begann damals die dunkelste Zeit seines Lebens. Wie alle Trauernden war Matthias am Boden zerstört, er war ratlos und voller Wut. Sein Sport und das gemeinsame Ziel haben ihm geholfen, seine unerschöpfliche Wut in beinahe übermenschliche Kraft zu verwandeln. Für eine Sekunde herrschte Stille im Finale der Superschwergewichtler in Peking. Dann folgte die Szene dieser olympischen Spiele, von der ich hoffe, dass sie ins kollektive Bewusstsein der Menschheit eingeht. Ein 145-Kilo-Kerl hüpft, befreit von einer zentnerschweren Last, über die Bühne. Immer wieder geht er in die Knie, schlägt mit den Fäusten auf den Boden. Matthias Steiner schreit seine Freude - und sein Leid - hinaus. Durch diese beiden extremen Gefühlszustände scheint er in diesem Augenblick zu sich selbst zu finden. Er lässt die Welt teilhaben an diesem Moment des Glücks. Er hat den Schmerz über den frühen Tod seiner Frau in etwas Positives verwandeln können. Bei der Siegerehrung stand Matthias Steiner auf dem Treppchen, küsste weinend ein Foto von Susann. Immer wieder hielt er die Fotografie und die Goldmedaille in die Kameras. »Wahnsinn, Wahnsinn, ich kann das nicht erklären. Dieses Gold widme ich Susann. Ich hoffe und denke, dass sie das mitbekommt. Ich bin kein abergläubischer Typ, aber ich wünsche mir, dass es so ist. Ich freue mich für jeden, der mir geholfen hat. Vor allem aber für meine Frau.« Matthias Steiner hat etwas geschafft, was uns allen gelingen kann, wenn wir uns der Trauer stellen. Es geht hier natürlich nicht um die Goldmedaille, über die Matthias sagt: “Was ich verloren habe, ist wertvoller als eine Goldmedaille”. Es geht darum, Trauer als Chance zu begreifen, aus der die Erkenntnis erwachsen kann, dass es Zeit wird, wirklich bewusst zu leben, mit der eigenen Lebenszeit etwas Sinnvolles anzufangen. Wenn das gelingt, dann wird Trauer zur »Trauerpower«. Natürlich weiß auch der Gewichtheber Matthias Steiner, dass er sich noch so anstrengen kann, seine tödlich verunglückte Susann kommt nicht zurück. Aber er hat etwas gefunden, durch das er seine negativen Energien umwandeln kann. Er stemmt Eisen. Und die nächste Herausforderung wartet schon. Nach dem Olympiasieg will er nun Weltmeister werden. Matthias Steiner macht durch seine Einstellung und sein Auftreten allen Trauernden Mut. Aus Leid kann etwas Positives entstehen. »Trauerpower« hat den Superschwergewichtler zum stärksten Mann der Welt gemacht. Bergisch Gladbach im September 2008 | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Denkanstoß 48 – Mein Wille geschehe – Sterben in Zeiten der Freitodhilfe | Das neue Buch von Dr. Svenja Flaßpöhler rüttelt an einem Tabu. Wie der Tod, so ist auch das Sterben in unserer Gesellschaft aus dem Alltagsleben verdrängt worden. Ich rede nicht von Tod … mehr. | Das neue Buch von Dr. Svenja Flaßpöhler rüttelt an einem Tabu. Wie der Tod, so ist auch das Sterben in unserer Gesellschaft aus dem Alltagsleben verdrängt worden. Ich rede nicht von Tod und Sterben wie sie uns in den Medien jeden Tag dutzendfach vorgeführt werden. Es geht darum, wie wir mit dem realen Tod, dem Sterben von Verwandten und Freunden und letztendlich auch unserem eigenen Tod umgehen. Gestorben wird heutzutage im Pflegeheim oder im Krankenhaus. Ärzte und Pfleger tun alles, um uns am Leben zu halten, auch wenn Leben in einigen Fällen nur noch Leiden bedeutet. Für den Abschied wird eine Trauerfeier in der Friedhofskapelle organisiert. Der Tote wandert von der Obhut des Arztes in die Obhut des Bestatters. Kaum jemand stirbt noch zuhause oder wird nach dem Tod zuhause aufgebahrt. Dabei wäre zuhause, eine vertraute Umgebung, genau der richtige Ort zum Sterben und zum Trauern. In dem neuen Buch von Svenja Flaßpöhler geht es nun um eine ganz besondere Art des Sterbens. Es geht um den Freitod. In der Schweiz gibt es mit »Exit« und »Dignitas« zwei Organisationen, die todeswillige Menschen auf ihrem letzten Weg begleiten. Spätestens seit »Dignitas« eine Zweigstelle in Hannover eröffnet hat, ist das Thema des institutionalisierten, assistierten Freitods auch in Deutschland angekommen. Zwei Drittel der Deutschen sind laut einer Forsa-Umfrage der Meinung, ein schwer kranker Mensch solle über Zeitpunkt und Art seines Todes selbst bestimmen dürfen. In ihrem Buch nähert sich Dr. Svenja Flaßpöhler dem Suizid aus philosophischer und kulturgeschichtlicher Sicht. Sie schlägt den Bogen von der Antike, in der der Selbstmord als eine durchaus ehrbare Praxis angesehen wurde, hin zu zwei konkreten Menschen, bei deren begleitetem Sterben sie anwesend war. Sie beschreibt die Atmosphäre und den Verlauf des Sterbens, die Motive der Sterbebegleiter und die Gedanken und Gefühle von Angehörigen und Freunden. Das Buch ist ein wertvoller Beitrag zur Diskussion des Themas. Es wird kein abschließendes Urteil gefällt und auch keine Empfehlung gegeben, es geht der Autorin darum, Denkanstöße zu liefern und den Meinungsbildungsprozess zu begleiten. Nur wer sich informiert, kann sich wirklich eine Meinung bilden. Zum Hinschauen und Hinhören wollen wir am 10.07.2008 herzlich einladen. Es gibt Gesetze, Verordnungen und Vorschriften die regeln, was an der Schnittstelle von Leben und Tod zu passieren hat. Ich bin der Meinung, eine Gesellschaft - und die Gesellschaft sind wir, jeder einzelne von uns - sollte mit Sterben und Tod vertraut sein. Nur dann können wir die für uns richtige Entscheidung treffen. Diese Entscheidung sollten wir uns nicht vom Gesetzgeber, aber auch nicht von Ärzten und anderen Professionen abnehmen lassen. Wir sollten wieder eine eigene Meinung zu diesen Themen haben, ja wir sollten uns von diesen Themen berühren lassen, um über diese Berührung vielleicht auch wieder Antworten im Glauben zu finden. Bergisch Gladbach im Juni 2008 | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
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Denkanstoß 47 – Künstler will Sterbenden ausstellen | »Der unheimlichste Künstler der Gegenwart«, wie ihn der Tagesspiegel nennt, sorgt im Moment mit einem ganz besonderen Projekt für Schlagzeilen. Gregor Schneider will einen Sterbenden im Museum ausstellen. Sein Beweggrund: »Das kann … mehr. | »Der unheimlichste Künstler der Gegenwart«, wie ihn der Tagesspiegel nennt, sorgt im Moment mit einem ganz besonderen Projekt für Schlagzeilen. Gregor Schneider will einen Sterbenden im Museum ausstellen. Sein Beweggrund: »Das kann uns den Schrecken vor dem Tod nehmen.« Seit der Träger des goldenen Löwen der Biennale Venedig mit seiner Idee an die Öffentlichkeit gegangen ist, steht mein Telefon nicht mehr still. Als Bestatter und Trauerbegleiter bin ich mit dem Tod vertraut, deshalb rufen mich in diesen Tagen viele Journalisten an und fragen nach meiner Meinung zu dem umstrittenen Kunstprojekt. Gregor Schneider sagte in einem Interview mit der Zeitung »Die Welt«: »Die Realität des Sterbens in deutschen Kliniken, Intensivstationen und Operationssälen ist grausam, das ist der Skandal.« Ich stimme Schneider in diesem Punkt vorbehaltlos zu. Der Tod wird versteckt, wir delegieren ihn, wir schauen weg und vergeben so die Chance, etwas Entscheidendes über das Leben zu lernen. Das Kunstprojekt ist die überzogene, künstlerische Form dessen, was Realität ist. Der Tod im Museum macht sichtbar, wie wir in Wirklichkeit sterben, distanziert von unseren Familien und von Freunden entfremdet. Im Museum zu sterben, ist eine Kapitulation vor dem Leben. Für die Diskussion, die das geplante Projekt angestoßen hat, bin ich Schneider wirklich dankbar. Sie war dringend nötig und gibt uns die Chance, Mut machende Lösungen zu finden. Wie der Künstler, so wehre auch ich mich dagegen, den Tod als Tabu anzusehen. Themen wie Sex und Tod sollten keine Tabus sein, denn es sind Dinge, die das Leben ausmachen. Leben und Tod sind Tatsache, nicht Normsache, nicht Ausschusssache, nicht Sache von Medizinern und Pflegepersonal. Der Tod gehört auch nicht ins Museum. Der Tod gehört zum Leben und er gehört mitten ins Leben. Der beste Platz zum Sterben ist der Platz, an dem man gelebt hat. Der beste Platz zum Sterben ist zuhause. Um einen Toten trauern, sollte man ruhig in der Öffentlichkeit. Warum einen Toten nicht mit offenem Sarg, wie früher üblich, in der Kirche, im Rathaus oder vor allem in der Wohnung aufbahren. Wenn wir den Tod begreifen wollen, müssen wir hinschauen, berühren, nicht wegschließen oder hinter eine Scheibe im Museum verbannen. Sollte die Ausstellung von Gregor Schneider zustande kommen, würde ich sie auf jeden Fall besuchen, schon um meine persönliche Haltung zu dem Thema zu überprüfen. Sollte das eigentliche Kunstwerk aus der Reaktion der Öffentlichkeit bestehen, also Diskussionen und Empörung, möchte ich dem Künstler auf diesem Wege zu seiner wunderbaren Idee gratulieren. Ich überlege im Moment, ob ich Gregor Schneider als »Jahreskünstler« in unser Haus der menschlichen Begleitung in Bergisch Gladbach einlade. Nicht der Tod, das Leben ist ein Kunstwerk. Indem ich dem Tod begegne, lerne ich das Leben neu schätzen. Und genau darin liegt die Chance der Auseinandersetzung mit Tod und Sterben. Bergisch Gladbach im April 2008 | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Denkanstoß 46 – »Der Ring« | Wenn ich mit dem ICE unterwegs bin, reserviere ich vorher im Großraumabteil immer einen Platz an einem der blauen Tische. Man kann dort hervorragend Zeitung lesen und kommt sehr leicht ins Gespräch … mehr. | Wenn ich mit dem ICE unterwegs bin, reserviere ich vorher im Großraumabteil immer einen Platz an einem der blauen Tische. Man kann dort hervorragend Zeitung lesen und kommt sehr leicht ins Gespräch mit anderen Reisenden, da es kommunikativer ist, sich gegenüberzusitzen. An eine dieser Begegnungen im Zug erinnere ich mich besonders gerne, da ich von einer jungen Frau etwas Interessantes lernen konnte. Ellen Freudler (32) ließ sich mir gegenüber nieder und schlug ein Exemplar der gleichen Zeitung auf, die auch ich am Bahnhofskiosk gekauft hatte. Sie blätterte im Feuilleton und lächelte, als sie bemerkte, dass auch ich mich gerade diesem Teil der Zeitung widmete. Die Stimme des Zugbegleiters pries in leicht sächselndem Tonfall aus dem Lautsprecher »Goffee, Döö und Kösäbagettes« aus dem Bordrestaurant an. Wieder trafen sich unsere Blicke, wir schmunzelten. Dann verschwand ihr Kopf hinter der Zeitung, hinter der sich fast immer kluge Köpfe verbergen. Etwas zog meinen Blick an. Die junge Frau trug an ihrer rechten Hand einen auffällig großen goldenen Ring. Ein ungewöhnliches Schmuckstück für eine junge Frau, dachte ich bei mir, und bemerkte nicht, dass auch Ellen Freudler mich beobachtete: »ein altes Erbstück« sagte sie und ich muss wohl sehr verdutzt geschaut haben, denn sie fügte hinzu: »Um die Wahrheit zu sagen, es waren mal zwei Erbstücke.« »Ich finde es toll, dass Sie ihn tragen.« Ellen Freudler rieb sanft mit Zeigefinder und Daumen über das gelblich schimmernde Metall, atmete tief ein und seufzte leise. Es war kein trauriger Laut, den ich da vernahm. Es klang mehr nach einer schönen Erinnerung, die vor ihrem inneren Auge vorbeizog und für den Bruchteil einer Sekunde ein wohltuendes Gefühl hervorrief. Ich spürte, dass dieser Ring für sie etwas ganz Besonderes war. Wir stellten uns vor und ich erzählte der jungen Frau von meiner Arbeit als Trauerbegleiter und Bestatter. Ich beschrieb den privaten Friedhof, der zu unserem Haus der menschlichen Begleitung gehört. »Es gibt Orte der Erinnerung und es gibt Objekte der Erinnerung.« Ich deutete auf den Ring. Ellen Freudler nickte: »Er erinnert mich an meinen Vater und an meine Mutter ...« und dann erzählte sie mir die Geschichte des Rings. Als vor acht Jahren ihre Mutter im Sterben lab, nahm sie auf dem Sterbebett den Ehering vom Finger und reichte ihn dem Vater mit der Bitte, das Schmuckstück als Erinnerung immer bei sich zu tragen. Nach dem Tod ihres Vaters im letzen Jahr fand Ellen den Ehering ihrer Mutter in seinem Portemonnaie. Ihr Vater hatte seiner Frau den letzen Wunsch bis zu seinem eigenen Tod erfüllt. Nun besaß Ellen Freudler beide Eheringe ihrer Eltern. Sollte Sie die Ringe bei der Beisetzung des Vaters ins Grab legen? Ellen entschied sich dagegen. Ich bin dafür, Toten Grabbeigaben mit auf den letzten Weg zu geben, aber ich finde, und hier bin ich einer Meinung mit Ellen Freudler, Schmuck gehört nicht in ein Grab. Ringe, Ketten und Anhänger sind als Erinnerungsstücke zu wertvoll, um sie für immer aus den Augen zu verlieren. Ellen Freudler hatte eine wunderbare Idee. Sie ließ die goldenen Ringe einschmelzen und ein neues Schmuckstück fertigen, den Ring, den sie bei unserer Begegnung am Finger trug. Wieder strich sie mit Daumen und Zeigefinger zärtlich über das goldene Metall und wieder hatte ich den Eindruck, dass die Erinnerung, die die Berührung hervorrief, ihr gut tat. Der Zugbegleiter aus Sachsen kündigte den nächsten Bahnhof an: »... nöächster Häölt ....« Ich packte meine Zeitung ein und reichte Ellen Freudler die Hand. »Ich glaube ...« sagte sie mit ruhiger, liebevoller Stimme » ... ich glaube, die Seelen meiner Eltern sind da, wo auch immer sie jetzt sein mögen, miteinander verschmolzen. Sie haben sich so sehr geliebt und genau daran erinnert Bergisch Gladbach im April 2008 | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Denkanstoß 45 – Kirschblüten-Hanami | Der Titel von Doris Dörries neuem Film ist perfekt gewählt. Die Kirschblüte steht in der japanischen Kultur für Schönheit, Aufbruch und Vergänglichkeit. In »Kirschblüten-Hanami« geht es um Tod und Trauer. Wir begleiten … mehr. | Der Titel von Doris Dörries neuem Film ist perfekt gewählt. Die Kirschblüte steht in der japanischen Kultur für Schönheit, Aufbruch und Vergänglichkeit. In »Kirschblüten-Hanami« geht es um Tod und Trauer. Wir begleiten Rudi (Elmar Wepper), der nach dem Tod seiner Frau Trudi (Hannelore Elsner) nach Japan reist und ihren Lebenstraum, Butohtanz zu lernen, erfüllt. Durch diese liebevolle aber auch verzweifelte Geste lernt Rudi seine Trudi im Nachhinein mit ganz anderen Augen zu sehen. Der Film erzählt eine wunderbare Liebesgeschichte. Ich kann nur empfehlen, sie sich im Kino anzuschauen. Die Pflanzen, die uns auf unseren Friedhöfen begegnen, sind natürlich auch nicht einfach nur Grabschmuck. Sie stecken voller Symbolik. Denken Sie nur an den Trauerkranz, der kein Anfang und kein Ende hat und für die Unendlichkeit und damit Unsterblichkeit der Seele steht. Treue, Ewigkeit und Hoffnung verbinden wir mit immergrünen Pflanzen, wie zum Beispiel dem Efeu, kaum eine Grabstelle kommt ohne ihn aus. Bei Beerdigungen werden sehr oft weiße Blumen dekoriert, Lilien und Nelken stehen für Frieden und Reinheit. Sehr beliebt sind auch Callas und Chrysanthemen. Rote Rosen und Nelken stehen natürlich für die Liebe. Je dunkler das Rot, desto größer Zuneigung und Leidenschaft. Gleichzeitig steht Rot auch für Entschlossenheit und Tatkraft. Lila ist die Farbe der Kirche. Blautöne symbolisieren Treue. An der Farbe Gelb scheiden sich die Geister: Gelb ist die Sonne, sie und - damit die Farbe - steht für Energie und Wärme. Leuchtendes Gelb symbolisiert Lebensfreude und Sorglosigkeit. Besonders helle Gelbtöne stehen für Weisheit und Erkenntnis. Mit gelben Blumen sollte man vorsichtig sein, da sie manchmal mit negativen Eigenschaften besetzt sein können: Narzissen werden mit Eitelkeit und Neid in Verbindung gebracht. In einem anderen Kulturkreis ist Gelb die wichtigste Trauerfarbe. In Mexiko baut man Anfang November Gabentische für die Toten auf, so genannte Ofrendas, auf denen Getränke und Essen bereitgestellt werden. Auf dem Weg zu den Ofrendas werden gelbe Tagetes ausgelegt, denn in Mexiko glaubt man, dass die Toten die Farbe Gelb am besten sehen können. Die Bedeutung der Pflanzen entspringt jedoch nicht nur unserer Phantasie. Der ewige Kreislauf von Werden und Vergehen, wo ist er bewusster Wahrzunehmen als in der Natur? Dies gilt übrigens für alle Kulturen. Die Zeit der Kirschblüte markiert einen Höhepunkt im japanischen Kalender und den Beginn des Frühlings. Am 20. März ist es bei uns so weit. Frühlingsanfang! Ich habe ein sehr schönes Zitat von Friedrich Schiller gefunden, in dem er auf wunderbare Weise erklärt, was der Frühling uns über den Tod lehren kann. »Jeder kommende Frühling, der die Sprößlinge der Pflanzen aus dem Schoße der Erde treibt, gibt mir Erläuterung über das bange Rätsel des Todes und widerlegt meine ängstliche Besorgnis eines ewigen Schlafs.« Bergisch Gladbach im Februar | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Denkanstoß 44 – Ex und hopp | Ein Grund, warum wir den Tod eines geliebten Menschen als so schmerzhaft empfinden, ist die Endgültigkeit des Abschieds, die mit der Tatsache, dass wir sterben, verbunden ist. Wir werden diesen einen Menschen … mehr. | Ein Grund, warum wir den Tod eines geliebten Menschen als so schmerzhaft empfinden, ist die Endgültigkeit des Abschieds, die mit der Tatsache, dass wir sterben, verbunden ist. Wir werden diesen einen Menschen in diesem Leben nicht mehr wiedersehen, wir werden nicht mehr mit ihm lachen, sein Rat wird uns fehlen, genauso wie die Streitgespräche und Konflikte, die zum Leben dazu gehören. Um diese Tatsache zu begreifen, sollten Trauernde sich Zeit nehmen und auf gar keinen Fall die Beerdigung schnell hinter sich bringen. »Begreifen« bedeutet für mich im wahrsten Sinne des Wortes eine sinnliche Erfahrung machen. Raum und Zeit sind hier wichtig. Raum, in dem ich mich mit dem Toten aufhalten kann und Zeit für einen Abschied, der Trauerrituale, wie das Waschen und Einkleiden des Verstorbenen, möglich macht. Vorsicht vor »Experten«, die den Ratschlag geben, den Toten sofort ins Krematorium transportieren zu lassen. Manchmal sitzen Trauernde dann einige Tage später vor einer Urne und können nicht fassen, dass da der Verstorbene drin sein soll. In solchen Ratschlägen stecken oft mehr Schläge als Rat. Meiner Meinung nach wird zu schnell eingeäschert. Es wird viel zu oft zu einer schnellen »Entsorgung und Beseitigung des Problems« geraten. Ich finde, ein großer Fehler. In meiner Wertewelt ist der Tod kein »Problem«. Der Tod lehrt uns das Leben zu schätzen und zu lieben. Er lässt uns begreifen, dass das Leben endlich ist und jede Minute kostbar. Also lassen Sie sich im Trauerfall nicht drängen. Sie können den Verstorbenen laut Gesetz 36 Stunden zu Hause behalten. Wenn Sie das Gefühl haben, mehr Zeit für den Abschied zu brauchen, nehmen Sie sich die Zeit. Ich rate hier ausdrücklich zu zivilem Ungehorsam. Sie werden spüren, wenn es an der Zeit ist, den Leichnam wegzugeben. Entscheiden Sie selbst, auch über die Art der Bestattung. In Michael Schomers empfehlenswertem Buch »Todsichere Geschäfte« habe ich folgende Zahlen entdeckt: »In Dortmund stieg die Zahl der Feuerbestattungen von 48 Prozent im Jahr 2003 auf 65 Prozent im Jahr 2006. Besonders beliebt sind sie in Nord- und Ostdeutschland, wo sich heute fast 90 Prozent der Menschen für ein Urnengrab entscheiden. Durch die gestiegene Zahl von Feuerbestattungen in Deutschland hat sich auch die Zahl der Krematorien auf ca. 150 erhöht. Oft gleichen Krematorien großen Fabriken. Nicht unbedingt im Aussehen, sondern hinsichtlich der Tatsache, dass in einigen von ihnen bis zu zwanzigtausend Verbrennungen im Jahr stattfinden, wie am Fließband. Der Trend zu den oft von privaten Unternehmen geführten Großkrematorien hat auch noch eine andere Konsequenz: Sie müssen sich »rentieren«, denn es soll ja Gewinn gemacht werden. Der »Kampf um die Asche«, wie es eine Tageszeitung einmal nannte, ist ungeheuer hart geworden. Dazu bieten manche Krematorien einen Abholservice a n, den viele Bestatter gern annehmen.« Die Stiftung Warentest stellte fest: »... dass Krematorien pro Leichnam Provisionen in Höhe von 50 bis 200 Euro zahlen.« Eine unsägliche Praxis, die nicht ohne Einfluss auf die Beratung im Trauerfall bleiben kann. Die Ex und hopp Mentalität, die in vielen Lebensbereichen Einzug gehalten hat, wird auf den Todesfall und die Trauer übertragen. Mit fatalen Folgen. Der Moment des Abschieds ist unwiederbringlich. Nehmen Sie sich Zeit dafür. Lassen Sie sich Ihre Toten nicht stehlen! Bergisch Gladbach im Januar 2008 | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
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Denkanstoß 43 – Schwarz | »Schwarzer Peter, schwarzes Schaf, Schwarzer Freitag, Schwarzmalerei, Schwarzarbeit, … wer sich schwarz ärgert, ärgert sich nicht selten zu Tode.« Warum hat die Farbe Schwarz ein so schlechtes Image? Warum assoziiert man mit … mehr. | »Schwarzer Peter, schwarzes Schaf, Schwarzer Freitag, Schwarzmalerei, Schwarzarbeit, ... wer sich schwarz ärgert, ärgert sich nicht selten zu Tode.« Im Christentum steht Schwarz für die irdische Trauer, Grau ist die Farbe des jüngsten Gerichts und Weiß die Farbe der Auferstehung. Daher auch der Brauch, Tote in einem weißen Totenhemd in den Sarg zu betten. Die schwarze Kleidung im Alltag, die früher nach einem Sterbefall für mindestens ein Jahr zu tragen war - und manchmal bis zum eigenen Tod nicht mehr ausgezogen wurde -, zeigte an, dass man in Trauer war. Durch diesen Brauch wurden die Mitmenschen ohne viele Worte darauf aufmerksam gemacht, dass man sich in einer schweren Lebenskrise befand. Nicht selten war eine besondere Form von Rücksicht- und Anteilnahme die Folge. Die schwarze Kleidung konnte also durchaus einen sehr positiven Effekt haben. Im Sinne des Urbeginns kommt Schwarz bereits in der Bibel vor. In der Genesis heißt es: Nach der Schöpfung war die Erde zunächst »wüst und leer, und es war finster ...«. Beginnt nicht unser aller Leben in der Dunkelheit des Mutterleibs? Ist Schwarz damit nicht auch die Farbe des Lebens? In Afrika sieht man das so. Schwarz steht für den Stolz der afrikanischen Völker und für die Fruchtbarkeit der Erde. Schwarz auf weiß können Sie es hier lesen. Es wird wohl niemand schwarz sehen, wenn man an das kleine Schwarze erinnert, das in den 30er Jahren von Coco Chanel erfunden wurde und heute immer noch modern ist. Auch nie aus der Mode gekommen ist ein Glücksbringer, der neben Kleeblatt, Hufeisen und Glücksschwein zu unseren liebsten Glückssymbolen zählt. Die Rede ist vom Schornsteinfeger, der stets in Schwarz gekleidet, Glück bringen und uns an besonders glückliche Momente des Lebens erinnern soll. Bergisch Gladbach im November 2007 | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Denkanstoß 42 – 50 IDEEN UND PRODUKTE FÜR MORGEN | »Ein mobiles Hotelzimmer, das man mitten im Wald aufstellen kann, Handtaschen mit Innenbeleuchtung, Unterwäsche, die Schweißgeruch tötet, Autos, die miteinander kommunizieren, eine Designerjacke, die Handys auflädt, Joghurt, der teuere Kosmetika ersetzen soll, … mehr. | »Ein mobiles Hotelzimmer, das man mitten im Wald aufstellen kann, Handtaschen mit Innenbeleuchtung, Unterwäsche, die Schweißgeruch tötet, Autos, die miteinander kommunizieren, eine Designerjacke, die Handys auflädt, Joghurt, der teuere Kosmetika ersetzen soll, ein Wischmopp, der ganz allein putzt ... « Der Stern schreibt: »Tod nach Maß - es muss nicht immer der übliche Leichenschmaus und ein Grabstein aus Granit sein. Der Bergisch Gladbacher Trauerberater Fritz Roth hat Deutschlands ersten privaten Urnenfriedhof eröffnet. Hier werden Grabstellen und Tauerfeiern so gestaltet, dass sie zum Leben des Verstorbenen passen.« Der Tod gehört zum Leben. Nur wenn wir ihn als Tatsache akzeptieren, ist es uns möglich, ein sinnvolles und erfülltes Leben zu führen. Der Tod begrenzt das Leben. Nur durch den Tod wird die Lebenszeit, die uns zur Verfügung steht, zu etwas Kostbarem. Mein Ziel ist es, den Tod zurück ins erfahrbare Alltagsleben zu holen. Früher war Trauer eine Sache der Gemeinschaft. Heute werden den Menschen oft ihre Toten gestohlen. Wenn überhaupt, dann bleibt zum Abschied von einem Verstorbenen nur ein kurzer Blick in gekachelten Räumen von Kliniken oder Friedhofskapellen. Die »Entsorgungsmentalität«, die an der Schnittstelle zwischen Leben und Tod vielerorts herrscht, aber auch der Kult, den wir um Höchstleistung und ewige Jugend veranstalten, haben dazu geführt, dass viele den Tod häufig nur noch vom Hörensagen kennen. Der Tod ist eine natürliche Grenze. Weil er nicht abzuschaffen ist, muss man ihn tabuisieren und totschweigen. Genau das Gegenteil ist richtig. Je früher wir anfangen Hinzuschauen, desto besser sind wir darauf vorbereitet, im Trauerfall die richtigen Entscheidungen zu treffen und mit unserer Trauer vernünftig umzugehen. Wie Sie wissen, setzte ich mich seit vielen Jahren dafür ein, den Tod zurück ins Leben zu holen. Ich versuche, Menschen Mut zu machen, sich ihre Toten und die damit verbundenen Gefühle von niemandem stehlen zu lassen. Ich ermuntere sie, die mit dem Verlust entstehenden Bedürfnisse nach Ausdruck anzunehmen. Dass meine Vorstellung von einer neuen Trauerkultur im Stern in einem Umfeld Erwähnung fand, in dem es um Zukunftstrends und Produkte geht, die uns helfen sollen den Alltag zu meistern, zeigt, dass wir auf einem guten Weg sind. Jedoch möchte ich auch davor warnen, den Tod zu einem Event zu degradieren und Trauer dem momentanen Zeitgeist zu Bergisch Gladbach, im November 2007 | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Aufschwung durch ableben | brandeins | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Wenn Kinder trauern | Focus Schule | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Denkanstoß 41 – Totentanz | Im Jahr 1929 drehte Walt Disney einen, wie ich finde, sehr lustigen und zugleich interessanten Film. Die »Silly Symphony« (»Tanz der Skelette«) war eine für das Jahr 1929 zeitgenössische Variation des Themas … mehr. | Im Jahr 1929 drehte Walt Disney einen, wie ich finde, sehr lustigen und zugleich interessanten Film. Die »Silly Symphony« (»Tanz der Skelette«) war eine für das Jahr 1929 zeitgenössische Variation des Themas »Totentanz«. Die kleinen Skelette steppen über den Bildschirm und ihre Knochen klappern im Takt. Dass sich Walt Disney bei dieser Darstellung auf eine jahrhundertealte Tradition berief, war den Leuten damals wie heute sicher nicht bewusst. Disney »zitierte« häufiger klassische Motive, man denke nur an Mickey im Rock eines Zaubererschülers, der die Besen zum Wasserholen schickt und dann die Geister, die er rief, nicht mehr los wird (»Walle! Walle manche Strecke, dass, zum Zwecke, Wasser fließe und mit reichem, vollem Schwalle zu dem Bade sich ergieße...«). Hier diente der Zauberlehrling von Johann Wolfgang von Goethe als Vorlage für einen legendären Zeichentrickfilm. Welcher Totentanz hat nun Walt Disney zu seiner »Silly Symphony« inspiriert? Es war kein realer Tanz. Der Totentanz war schon immer eine künstlerische Variation des Themas, ein gemaltes Bildnis des Todes. Der Tod erscheint (häufig) als Sensenmann und bittet zum Tanz. Im Mittelalter wurden Gemälde mit dem so personifizierten Tod vereint im munteren Wiegeschritt mit den Vertretern der verschiedenen Stände gezeigt: Der Tod mit dem König, der Tod mit dem Bischoff, bis hin zum Tod mit dem einfachen Bauern. Gedichte erläuterten die dargestellte Szene: »Ich komm zu Nacht wie ein Dieb, es sei dir Leid gleich oder Lieb!«[1] Diese Vado-Mori-Gedichte (Ich werde sterben gehen) bestehen aus Versen, in denen sich die Vertreter der Stände darüber beklagen, dass sie sterben müssen. Immer wieder taucht der Kernsatz des Klageliedes aus: »Niemand kann dem Tod entkommen.« Totentänze sollten damals veranschaulichen, dass niemand vom Tod verschont bleibt. Stand, Alter, Geschlecht ? der Tod ist unser gemeinsames Schicksal, damals wie heute. Durch die Darstellung des Todes auf Gemälden wurde dem Tod eine Gestalt gegeben und er konnte ins Leben integriert werden. Warum haben die Künstler damals ausgerechnet Tod und Tanz zusammen gebracht? Tod ist mit Trauer, Unglück und Leid verbunden. Tanz dagegen mit Freude und Lebenslust. Die Erklärung für diese Verbindung hat mich verblüfft. Im Mittelalter wurde der Tanz von der Kirche als Sünde angesehen. Tanzen sollte zeitweise sogar verboten werden. Die ersten gemalten Totentänze könnten von der Kirche in Auftrag gegeben worden sein. Sie dienten einzig dem Zweck, den Gläubigen ordentlich Angst einzuflößen und sie so vor der Sünde zu bewahren. Bilder, Gedichte und Geschichten vom Tod konfrontierten die Menschen in allen Epochen mit ihrer Endlichkeit. In der »Legende der drei Lebenden und der drei Toten aus dem Orient« treffen drei Königinnen auf drei Särge mit verwesten Leichen, die sich als ihre Väter entpuppen. Diese mahnen sie mit den Worten: »Was Ihr seid, das waren wir, was wir sind, werdet Ihr sein.« Auch die modernen Techniken unserer Zeit transportieren natürlich immer wieder Hinweise auf unsere Sterblichkeit. Es gibt eine Fülle moderner “Memento Mori”. Wir müssen sie nur wieder wahrnehmen. Wir haben uns angewöhnt, nur noch mit der Distanziertheit der Augen des Verstandes hinzusehen. Wir sollten versuchen, wieder öfter mit der Sinnlichkeit der Augen des Herzens zu schauen. Bergisch Gladbach, im August 2007 | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Noch Platz für zehntausend Gräber | Bergische Landeszeitung | Gärten der Bestattung | gaerten-der-bestattung | ||
Denkanstoß 40 – Ein Ort, an den man gerne kommt | »Ich würde mich nie verbrennen lassen!« Hilde Bencher (82) lehnt Urnenbestattungen strikt ab. Die alte Dame mit den wachen blauen Augen hat überhaupt kein Problem damit, offen mit ihrem Sohn Martin über … mehr. | »Ich würde mich nie verbrennen lassen!« Hilde Bencher (82) lehnt Urnenbestattungen strikt ab. Die alte Dame mit den wachen blauen Augen hat überhaupt kein Problem damit, offen mit ihrem Sohn Martin über die Zeit »nach ihr« zu sprechen. Hilde will ganz traditionell im Sarg in der Erde bestattet werden. »Es heißt zur letzten Ruhe betten und genau so will ich das haben« sagt sie scherzhaft und lächelt verschmitzt. Rund 50 Prozent der Deutschen, in Großstädten sind es sogar über 75 Prozent, sind anderer Meinung als Hilde Bencher. Immer mehr Menschen spielen mit dem Gedanken, sich nach ihrem Tod verbrennen zu lassen. Anfang des 20. Jahrhunderts waren es gerade mal 3 Prozent. Die Gründe für den Boom, den diese Bestattungsform erlebt, sind oft ganz irdischer Natur. Es geht ums Geld. Eine Urnenbestattung ist günstiger als die traditionelle Erdbestattung. Auch die Folgekosten für die Pflege des Urnengrabes sind nicht so hoch, wie bei einem gewöhnlichen Reihengrab. Im frühen 19. Jahrhundert wurden die ersten Krematorien gebaut. Die Mediziner dieser Zeit hatten in der Bevölkerung Ängste geschürt, dass durch die miserablen hygienischen Zustände der Friedhöfe Seuchen und Krankheiten Verbreitung fänden. Das Märchen vom »Leichengift« stammt wohl auch aus dieser Zeit. Da in Deutschland immer noch per Gesetz ein Friedhofszwang für Urnen besteht, kann man die Urne nicht wie z. B. in Holland zuhause aufbewahren. Da gehört sie meiner Meinung nach auch nicht hin. Trauer braucht einen Ort des Erinnerns und Gedenkens. Einen Gedenkplatz, der nicht im Alltag einfach untergeht und so langsam aus dem Blickfeld verschwindet. Ob dies allerdings auf einem Friedhof sein muss, ist sicherlich zu diskutieren. Es gibt gute Gründe, Urnen analog einer Seebestattung, auch an Plätzen beizusetzen, die für den Verstorbenen oder dessen Angehörige eine besondere Es sollte möglich sein, derartige Plätze zu kennzeichnen und eine Gedenktafel oder zumindest ein Namensschild anzubringen, so wie wir es von den Kreuzen, die an Verkehrstote erinnern her kennen. Hilde Bencher wurde nach einem Besuch unseres Friedhofs nachdenklich. Sie lobte die Vielfalt der Grabstellen und erfreute sich an der Natur und den vielen Meditationsplätzen in den »Gärten der Bestattung«. »Vielleicht denke ich doch noch einmal darüber nach ...«, die Vorstellung die letzte Ruhe an einem Ort zu finden, den die Verwandten gerne besuchen, um sich an ihre Oma, Mutter und Freundin zu erinnern, war ein schöner Gedanke. Bergisch Gladbach, im Juli 2007 | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Denkanstoß 39 – Tränen lügen nicht | Zumindest in den allermeisten Fällen. Tränen begleiten unser Leben von der Geburt bis zum Tod. Für den Säugling sind sie überlebenswichtig, seine einzige Chance sich auszudrücken. Kinder weinen, wenn man ihnen ihr … mehr. | Zumindest in den allermeisten Fällen. Tränen begleiten unser Leben von der Geburt bis zum Tod. Für den Säugling sind sie überlebenswichtig, seine einzige Chance sich auszudrücken. Kinder weinen, wenn man ihnen ihr Spielzeug wegnimmt. Frauen bei „Vom Winde verweht“. Männer steigt das Wasser in die Augen, wenn die Fußballnationalmannschaft im Halbfinale rausfliegt. Vierzig Badewannen werden in Deutschland täglich voll geweint – 34 davon von Frauen. Weshalb aber weinen wir? Charles Darwin war einer der Ersten, der versuchte, den Tränenfluss wissenschaftlich zu erklären. Weinen diene als „Hilfssignal“ und wirke entspannend, meinte Darwin. Und lag damit, was das „Hilfssignal“ anging, richtig. Die entspannende Wirkung der Tränen ist bis heute umstritten. Nach dem Evolutionsforscher beschäftigen sich Jahrhunderte später die Emotionsforscher mit dem Phänomen. Weinen ist zumeist ein Zeichen der Hilflosigkeit, knüpft der Biologe Nico Frijda an Charles Darwin an und betont die soziale Dimension dieser dem Menschen vorbehaltenen Form, Gefühle auszudrücken. Weinen drückt im Ernstfall die Bereitschaft aus, jeden Widerstand einzustellen und signalisiert den Wunsch, am Leben zu bleiben, bringt es Frijda auf den Punkt. Der amerikanische Psychologe Jeffrey Kottler sieht in den Tränen Signale, die Zuwendung und Hilfsbereitschaft mobilisieren sollen. Aufgrund von Umfragen unter Studenten fanden die Wissenschaftler heraus, dass häufiger abends als tagsüber geweint wird, eher zu Hause als in der Öffentlichkeit und – und das war eine echte Überraschung – in nördlichen Ländern eher geweint wird als im Süden. Für das Weinen gilt, was allgemein für Gefühle gilt: Frauen setzen sich durchschnittlich mit größerer Begeisterung emotionalen Situationen aus und verfügen dann über weniger ausgeprägte Filterstrategien als Männer. Dass die Forscher ihre Beobachtungen mit Sicherheit nicht in der Schalke-Arena nach dem wiederholten Verspielen der deutschen Fußballmeisterschaft gemacht haben, versteht sich von selbst. Im Lauf der letzten zwanzig Jahre, die ich nun schon als Bestatter und Trauerbegleiter arbeite, bin ich natürlich vielen Menschen begegnet, denen die Tränen über die Wangen rollten. Natürlich kann – und möchte – ich hier nicht mit den Wissenschaftlern konkurrieren. Aber auch ich habe meine Erfahrungen mit dem Weinen gemacht. Tränen der Trauer lassen sich kaum wissenschaftlich erklären. Wir weinen in stiller Trauer, wenn wir alleine an das Totenbett oder den offenen Sarg eines geliebten Verwandten oder guten Freundes treten. Weshalb vergießen wir Tränen in einer Situation, in der es zumindest aus biologischer Sicht, keinen nennenswerten Nutzen bringt? Tränen haben etwas Befreiendes. Wir weinen Tränen der Trauer und Tränen der Freude. Beide kommen aus derselben Quelle. Tränen können wie ein Reinigungsmittel wirken, mit dem wir unsere durch das Leid und den Schmerz des Verlustes düster gewordenen Herzensfenster putzen. Oder wie Thomas von Aquin einmal gesagt hat: „Durch das Weinen fließt die Traurigkeit aus der Seele heraus“. Wer Tränen zulässt, der hat die Chance, durch die gereinigten Herzensfenster wieder Dinge zu sehen, für die wir in unserer doch sehr Kopf gesteuerten Zeit blind geworden sind. Bergisch Gladbach, im Juni 2007 | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
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Denkanstoß 38 | „Ich lese jeden Morgen die Todesanzeigen in der Zeitung – wenn mein Name nicht dabei steht, dann mache ich einfach weiter wie bisher“ (Dizzy Gillespie, 1917-1993) Diese Angewohnheit von Dizzy Gillespie wird … mehr. | „Ich lese jeden Morgen die Todesanzeigen in der Zeitung – wenn mein Name nicht dabei steht, dann mache ich einfach weiter wie bisher“ (Dizzy Gillespie, 1917-1993) Diese Angewohnheit von Dizzy Gillespie wird vielen bekannt vorkommen. Die Rubrik Todesanzeigen ist trotz ihres traurigen Inhalts bei Zeitungslesern sehr beliebt. Die Todesanzeigen zählen neben dem Sport- und Lokalteil zu den meistgelesenen Seiten regionaler Tageszeitungen. Und das schon seit über 250 Jahren. Die älteste bekannte Todesanzeige stammt aus dem Jahr 1753 und erschien im Ulmer Intelligenzblatt*: „In der Nacht, unterm 14. huj. Ist Totl. Herr Johann Albrecht Cramer, weiland des Raths, Zeugherr und Handelsmann allhier, in einem Alter von 70 Jahren an einem Schlagfuss gestorben“. Damals dienten die Todesanzeigen tatsächlich fast ausschließlich der Information, entsprechend sachlich war der Ton. Geschäftspartner, Schuldner und Gläubiger wurden über das Ableben eines Gemeindemitglieds informiert. Woran liegt das? Warum finden sich in Traueranzeigen kaum Texte, die mehr über die Verstorbenen erzählen, die der Trauer der Hinterbliebenen auf kreative Art Ausdruck verleihen. Oft hat man das Gefühl, dass die Bestatter, die die Anzeigen bei der Zeitung in Auftrag geben, die immer gleichen Textbausteine verwenden. Nur die Namen der Verstorbenen werden ausgetauscht. Wir sind als Menschen einzigartig, warum wir die Toten mit Standardformulierungen abspeisen, kann ich nicht nachvollziehen. Man sollte sich nicht von Standards und Normen einengen lassen und selbst entscheiden, was Gestaltung und Inhalt der Traueranzeige angeht. Manchmal muss dem „Das-macht-man-eben-so“, das einem auf Behörden und leider auch von vielen Bestattern als Argument vorgesetzt wird, einfach übergehen. „Mit-mir-nicht“ sollte die Antwort darauf lauten! Ich möchte Ihnen Mut machen, sich nichts vorschreiben zu lassen. Trauer ist Liebe. Und in der Liebe halten sie sich ja auch nicht an Standards und Normen. Trauer braucht Ausdruck. Schreiben Sie auf, was sie fühlen. Sie werden die richtigen Worte finden. Wer den Umgang mit dem Tod an Professionen delegiert, vertut die Chance, etwas Entscheidendes für das Leben zu lernen. Der Tod führt uns vor Augen, dass wir endlich sind. Er gibt uns ein Gefühl dafür, dass unsere Lebenszeit begrenzt ist und damit zu kostbar, um sie unachtsam verstreichen zu lassen. Bergisch Gladbach, im April 2007 | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
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Es ist wichtig, Trauer auszuleben | WA | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Trauerrituale neu beseelen | Visit | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Denkanstoß 37 – Lange Rede, kurzer Sinn | Florian hatte immer ein gutes Verhältnis zu seinem Schwiegervater Werner, sie teilten die Liebe zu ihrem Lieblingsverein Borussia Dortmund und schraubten in der „Büxx“ jede freie Minute an alten Horex-Motorrädern. „Die Büxx“ … mehr. | Florian hatte immer ein gutes Verhältnis zu seinem Schwiegervater Werner, sie teilten die Liebe zu ihrem Lieblingsverein Borussia Dortmund und schraubten in der „Büxx“ jede freie Minute an alten Horex-Motorrädern. „Die Büxx“ war Werners ganzer Stolz, eine zur Werkstatt umgebaute Garage mit antiquiert anmutendem Spezialwerkzeug für historische Zweiräder. Aber auch Präzisionsbohrer standen bereit. Werner legte immer viel Wert darauf, auf der Höhe der Zeit, oder besser gesagt auf „Ballhöhe“, wie er es immer ausdrückte, zu sein. Eines Abends fand Florian seinen Schwiegervater schwer atmend in der Garage. Herzinfarkt. Als der Notarzt eintraf,konnte er nur noch den Tod feststellen. Der gelernte Feinmechaniker, für den der Beruf immer auch Hobby war, starb im Alter von 82 Jahren an dem Ort, an dem er sich am liebsten aufhielt. Werners Tochter Anna, Florians Frau, lähmte die Trauer um den geliebten Vater. Sie stand derart unter Schock, dass sie die Vorbereitung der Beerdigung ihren beiden Schwestern überlassen musste. Werner war nie der große Kirchgänger gewesen. Aber trotzdem war er der Kirche treu geblieben und hatte sein Leben lang die Kirchensteuer bezahlt. Somit entschied die Familie, Werner im Rahmen einer kirchlichen Trauerfeier zu beerdigen. Die Beisetzung fand an einem regnerischen Tag in der Friedhofskapelle statt. Die Luft war kalt und der Himmel war genauso düster, wie die Stimmung der Anwesenden. Florian hatte seinen Schwiegervater als lebenslustigen Menschen in Erinnerung. Das Wetter passte also so gar nicht zu seiner stets positiv optimistischen Lebenseinstellung. Das Wetter kann man sich nicht aussuchen. Den Trauerredner schon. Leider war der Mann nicht gut vorbereitet, was bei konfessionellen und überkonfessionellen Trauerfeiern vorkommt. Er ließ die Beerdigungsgesellschaft für den Verstorbenen beten, erzählte aber so gut wie nichts über Werner, den treu sorgenden Familienmenschen, glühenden BVB-Fan, geselligen Altbiertrinker und genialen Tüftler. Für mich ist eine Trauerfeier eine Art Geburtstagsfeier, eine Geburtstagsfeier zu einer neuen Verbundenheit. Das „Sterbliche“ liegt im Sarg, aber die „Seele“ lebt an einem anderen Ort weiter. Damit eine Trauerfeier gelingt, braucht es einen vertrauten Ort und vor allem Zeit. Warum Trauerfeiern immer noch in kalten oder sterilen Friedhofshallen abhalten werden, streng reglementiert durch die Friedhofsordnung in zeitlich sehr engem Rhythmus, bleibt für mich ein Rätsel. Es gibt bessere Orte, zumal wenn man einer Glaubensgemeinschaft angehört. Keiner käme auf die Idee in einem Gefrierhaus zu heiraten oder sich taufen zu lassen. Und dies gilt erst recht für eine Beerdigung. Eine gute Trauerrede lässt die Vergangenheit des Toten noch einmal aufleben, schafft lebendige Erinnerung an die schönen und schweren Momente des Lebens. Eine gute Trauerrede macht den Angehörigen auch bewusst, dass sie selbst sterblich sind. Der Tod wird zum Lehrmeister für das Leben. Er erinnert uns daran, dass unsere Zeit begrenzt ist. Vielleicht hätten Florian und die Familie, aber auch Freunde und Nachbarn besser selber geredet. Bergisch Gladbach, im Februar 2007 | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
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Und dann warst du plötzlich weg | Lenz | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Ein Zauberberg – nicht nur für Trauernde | Oshotimes | Gärten der Bestattung | gaerten-der-bestattung | ||
Friedhof (fast) ohne Vorschriften | Naturstein | Gärten der Bestattung | gaerten-der-bestattung | ||
Der Privatbestatter | Frankfurter Rundschau | Gärten der Bestattung | gaerten-der-bestattung | ||
Ein Koffer für die letzte Reise | Chrismon Plus Rheinland | Koffer für die letzte Reise | koffer-fuer-die-letzte-reise | ||
Denkanstoß 36 – Mai statt November | Bei meiner letzten Führung durch das „Haus der menschlichen Begleitung“, zu Gast war eine 9. Klasse aus Euskirchen, stellte einer der Schüler eine interessante Frage: „Warum gilt der November eigentlich als Trauermonat?“ … mehr. | Bei meiner letzten Führung durch das „Haus der menschlichen Begleitung“, zu Gast war eine 9. Klasse aus Euskirchen, stellte einer der Schüler eine interessante Frage: „Warum gilt der November eigentlich als Trauermonat?“ Einer seiner Klassenkameraden hatte eine Antwort: „Na, weil im November die meisten Menschen sterben?“ Der Trauermonat November hat sein Image wahrscheinlich durch die vielen Feiertage die mit Tod und Trauer zutun haben. An Allerheiligen gedenkt die katholische Kirche ihren Heiligen, an Allerseelen allen Verstorbenen. Die Protestanten erinnern sich am Totensonntag an die Verstorbenen des vergangenen Kirchenjahres. Der Volkstrauertag ist der Gedenktag an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft. Im November werden die Tage kürzer, die Temperaturen fallen, der Himmel ist dunkel und von Wolken verhangen. Die Erntezeit ist vorüber und die Bäume verlieren ihr Laub. Die Natur bettet sich zur Ruhe und das Jahr geht zu Ende. Nur wenige Blumen wie die Schneeheide blühen noch – sie stehen einsam und verlassen wie der Trauernde. Im Mai bliebe keine Blume allein. Magnolie, Pfingstrose, Goldregen und Flieder zeigen ihre Blüten. Apfel- und Kirschbäume blühen und lassen auf eine gute Ernte hoffen. Überall summt und surrt es: Die Natur ist voller Leben. Auch ein Friedhof ist „lebendiger“ an einem Tag im Mai. Menschen finden sich in erwachender Natur zusammen und besuchen gemeinsam das Grab eines guten Freundes oder geliebten Verwandten. Trauer braucht eine Heimat! Wo kann man diese Heimat wohl eher finden? Inmitten von Blütenzauber und zartem Grün der Bäume oder an einem kalten verregneten Novembernachmittag. Der Tod gehört zum Leben. Es ist wichtig, sich immer wieder daran zu erinnern. An einem Trauertag sollte man sich nicht nur an die Verstorbenen erinnern, sondern auch an sein eigenes Lebensende. Ein Trauertag im lebensbejahenden Monat Mai würde uns helfen, zu akzeptieren, dass Leben und Sterben untrennbar zusammen gehören. Bergisch Gladbach, im November 2006 | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Land NRW verbietet Urnengräber | Der Bestatter | Gärten der Bestattung | gaerten-der-bestattung | ||
Trauer ist Liebe | Bergische Landeszeitung | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Sterben und Tod | Meldorfer Zeitung | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Denkanstoß 35 – Die letzte Ruhestätte | „Denn du bist Staub von der Erde, und zu Staub musst du wieder werden!“ Was aber mit diesem Staub passieren soll, diese Entscheidung überlässt die Bibel den Menschen selbst, die heutzutage vom … mehr. | „Denn du bist Staub von der Erde, und zu Staub musst du wieder werden!“ Schon in der Steinzeit machten sich unsere Vorfahren Gedanken, wie der Abschied von den Toten gestaltet werden könnte. Schon seit den frühesten Funden unserer Menschheitsgeschichte deuten Grabbeigaben auf rituelle Begräbniszeremonien hin. Als der Mensch sesshaft wurde, fing er an, für verstorbene Familienmitglieder eigene Orte zu erschaffen. Die Geburtsstunde des Friedhofs. Mit fortschreitender Gesellschaftskultur, wie z.B. in der Antike hat man dann die einst reinen Familiengräber durch Ruhestätten ersetzt, die für die Gemeinschaft geöffnet wurden. Später sorgten die Christen in unserem Abendland für eine weitere Verbreitung dieser Tradition. Die frühen Friedhöfe lagen meist um die Kirche herum im Zentrum der Dörfer und Städte. Der Kirchhof war gleichzeitig der Friedhof der Gemeinde und erinnerte täglich an die eigene Sterblichkeit. Dann kam das Mittelalter und mit ihm Pest, Cholera und Aberglauben. Aus Angst die Toten könnten Seuchen übertragen, verbannte man die Friedhöfe aus der Stadt. Mit weit reichenden Folgen: aus den Augen, aus dem Sinn. Denn zeitgleich wurde auch immer mehr das Sterben hinter die Mauern von Krankenhäusern und Pflegeheimen verdrängt. Und so verschwand der Tod allmählich aus dem alltäglichen Leben. Auch Staat und kommunale Verwaltung tragen zu diesem Verdrängen bei, in dem sie auch in unserer Zeit noch Gesetze erlassen, die vom Sargzwang bis zur normierten Größe des Grabsteines alles regeln. Wenn wir heute Friedhöfe besuchen, um uns an Verstorbene zu erinnern, finden wir immer öfter nur noch Einheitsgräber, die nichts darüber aussagen, wer dort begraben liegt. Und so verlernen wir, mit Tod und Trauer natürlich umzugehen. Haben Sie schon einmal Pläne für ein Neubaugebiet gesehen, die einen Friedhof vorsahen? Ich nicht. Alles, was an unseren eigenen Tod erinnern könnte, wird verdrängt. Dabei wäre es wichtig hinzusehen. Memento mori! Der Tod erinnert uns daran, dass unsere Lebenszeit begrenzt ist. Als im Mai die Gärten der Bestattung eröffnet wurden, sollte alles anders werden. Weg von anonymen Steinwüsten und hin zu einem einzigartigen Garten mit individuellen Erinnerungsplätzen, die so einzigartig sind, wie die Menschen, die hier ihre letzte Ruhe gefunden haben. Mein Friedhof lädt ein, dass wir den Tod wieder begreifbar und vertrauter in unser Leben zurückholen. Gleichzeitig macht er Mut, dieses so lebenswichtige Thema zu entbürokratisieren. Bergisch Gladbach, im August 2006 | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Einmal Jenseits und zurück | Friedhofskultur | Koffer für die letzte Reise | koffer-fuer-die-letzte-reise | ||
Trauer, Zeit des Erinnerns | EWIG Forum | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Denkanstoß 34 – Übrig bleiben | Der Anruf kam am späten Nachmittag. Maria war gerade dabei Gemüse einzumachen, als das Telefon klingelte. „Diewes Lisbeth“, wie ihre beste Freundin Elisabeth überall genannt wurde, war gestorben. Einfach so, friedlich eingeschlafen, … mehr. | Der Anruf kam am späten Nachmittag. Maria war gerade dabei Gemüse einzumachen, als das Telefon klingelte. „Diewes Lisbeth“, wie ihre beste Freundin Elisabeth überall genannt wurde, war gestorben. Einfach so, friedlich eingeschlafen, das Alter eben. Maria setzte sich an den Küchentisch, der Duft des köchelnden Kohlrabi stieg ihr in die Nase, der Geruch erinnerte sie an ihre Kindheit. „Diewes Lisbeth“ war ihr ganzes Leben lang ihre beste Freundin gewesen. Maria und Elisabeth wurden in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts in Westhofen, nicht weit von Worms, geboren. Sie hatten viel erlebt in all den Jahren. Eine glückliche Kindheit in Rheinhessen mit volkstümlichen Traditionen und intaktem Familienleben. Dann kam der Krieg und die Angst um die Brüder und Väter. Die vielen Nachbarn und Freunde, die gingen und nicht wiederkamen. Eine Zeit voller Entbehrungen und Trauer. Aber das Leben ging weiter. Nach Ende des Krieges kam der Neuanfang. Die beiden Frauen halfen mit, das zerstörte Land wieder aufzubauen. Diese Zeit hat sie geprägt, alte Gewohnheiten erinnern noch heute an die schwierigen Jahre: Teller, die leergegessen werden müssen, weil man Essen nun mal nicht vergeudet. Schränke, vollgestopft mit alten Kleidern, weil man nie weiß, ob man sie nicht doch noch mal brauchen kann. Eigens angelegte und sorgfältig gepflegte Gemüsegärten, denn was man selbst anpflanzt, braucht man nicht zu kaufen. Der Kontakt zwischen den beiden Freundinnen riss auch dann nicht ab, als Maria in den Nachbarort zog, um Ernst zu heiraten. Ihre große Liebe, die das ganze Leben lang halten sollte. Bis Ernst vor fünf Jahren starb. Seitdem lebt Maria alleine. Auch ihre Kinder sind längst weggezogen. Aus den Mädchen sind erwachsene Frauen geworden, die eigene Familien gegründet haben. Nur Elisabeth war noch da. Nie riss der Kontakt ab. Elisabeth und Maria waren immer füreinander da, wenn die eine die andere brauchte. Die gegenseitigen Besuche am Wochenende waren ein festes Datum im Wochenkalender. Maria ist jetzt 84. Und Elisabeth ist tot. Maria vermisst ihre beste Freundin. Erinnerungen an das gemeinsame Leben tauchen auf, an gemeinsame Freude und geteiltes Leid. In ihren Erinnerungen leben die anderen fort, vor allen anderen natürlich „Diewes Lisbeth“ . Wenn Maria an ihre beste Freundin denkt, macht sie das richtig glücklich. Und richtig traurig. Es gibt niemanden mehr, mit dem Maria über ihre Gefühle und Erinnerungen reden kann. Ihre Kinder und Enkelkinder wissen (noch) nicht, was es heißt, „übrig zu bleiben“. Die beste Freundin zu verlieren. Keinen Ehemann mehr zu haben. Allein zu sein. Dabei wäre es für Maria wichtig, mit jemandem reden zu können. Über Elisabeth, ihre gemeinsame Zeit, aber auch über ihr eigenes Leben. 84 Jahre voller Geschichten, an die sich Maria jetzt nur noch alleine erinnern kann. Geschichten, die darauf warten, erzählt zu werden. Es ist wichtig, dass jemand ihr zuhört. Nicht nur um Marias willen, sondern auch, weil diese Geschichten ansonsten verloren gehen. Und Marias Leben – wie auch das von Elisabeth und allen anderen Menschen – ist viel zu kostbar, um sich nicht daran zu erinnern. Bergisch Gladbach, im Juli 2006 | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Mein Bild des Monats | Jürgen Fliege | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Fritz Roth eröffnet Friedhof in Bergisch Gladbach | Friedhofskultur | Gärten der Bestattung | gaerten-der-bestattung | ||
Mit Nudeln und Pesto in die Ewigkeit | WZ | Koffer für die letzte Reise | koffer-fuer-die-letzte-reise | ||
Gepackt für die Ewigkeit | Rhein-Berg für Entscheider | Koffer für die letzte Reise | koffer-fuer-die-letzte-reise | ||
Der Trauer ein Gesicht geben | Neuß-Grevenbroicher Zeitung | Koffer für die letzte Reise | koffer-fuer-die-letzte-reise | ||
Nur der Kundenwunsch zählt | Dega-Magazin für Entscheider | Gärten der Bestattung | gaerten-der-bestattung | ||
Gärten der Bestattung eröffnet | Bergisches Sonntagsblatt | Gärten der Bestattung | gaerten-der-bestattung | ||
Letzte Ruhe, aber anders | NRZ | Gärten der Bestattung | gaerten-der-bestattung | ||
Bestattung in der Mondnacht | Berliner Zeitung online | Gärten der Bestattung | gaerten-der-bestattung | ||
Genug der seelenlosen Steinwüsten | Westfälische Rundschau | Gärten der Bestattung | gaerten-der-bestattung | ||
Ein Friedhof wie das wahre Leben | Spiegel online | Gärten der Bestattung | gaerten-der-bestattung | ||
Deutschlands erster privater Friedhof offiziell eröffnet | Emder Zeitung | Gärten der Bestattung | gaerten-der-bestattung | ||
Mondschein-Bestattung im Urnenwald | Aachener Zeitung | Gärten der Bestattung | gaerten-der-bestattung | ||
Der Mutmacher | Ruhrnachrichten | Gärten der Bestattung | gaerten-der-bestattung | ||
Erster Privatfriedhof eröffnet | n-tv.de | Gärten der Bestattung | gaerten-der-bestattung | ||
Viel Zeit auf Deutschlands erstem Privatfriedhof | Netzeitung | Gärten der Bestattung | gaerten-der-bestattung | ||
Bei mir liegen Sie richtig | Kölner Express | Gärten der Bestattung | gaerten-der-bestattung | ||
Letzte Ruhe im Wurzelbereich | Frankfurter Allgemeine Zeitung | Gärten der Bestattung | gaerten-der-bestattung | ||
Absage an das anonyme Grab | Yahoo | Gärten der Bestattung | gaerten-der-bestattung | ||
Die letzte Ruhe wird privatisiert | Welt am Sonntag | Gärten der Bestattung | gaerten-der-bestattung | ||
Denkanstoß 33 – Die Gärten der Bestattung | Der Beginn der Zivilisation wird häufig gleichgesetzt mit dem ersten Auftauchen von Bestattungsritualen. Markiert der Zeitpunkt, als der erste Homo sapiens einem verstorbenen Sippenmitglied eine Muschelkette ins Grab legte, den Beginn unserer … mehr. | Der Beginn der Zivilisation wird häufig gleichgesetzt mit dem ersten Auftauchen von Bestattungsritualen. Markiert der Zeitpunkt, als der erste Homo sapiens einem verstorbenen Sippenmitglied eine Muschelkette ins Grab legte, den Beginn unserer Gesellschaft, dann frage ich mich, wo wir zivilisatorisch mittlerweile angekommen sind? Reihengrab an Reihengrab, Grabflächen und Steine streng genormt und als würde auch die Bepflanzung diktiert, dominieren Stiefmütterchen und Efeu. Es herrscht Ordnung, gibt aber kaum Menschen, die vor den Gräbern innehalten Am 5. Mai 2006 eröffne ich meinen privaten Friedhof in Bergisch Gladbach. Es ist der erste private Friedhof Deutschlands. Die „Gärten der Bestattung“ werden ein Platz lebendiger Erinnerung. Hier soll vieles anders werden. Trostlose Einheitsgräber wird es nicht geben, auch keine starren Friedhofszeiten und vorgeschriebene Rituale. Wir verzichten bewusst auf festangelegte Wege zu den Gräbern. Mit der Zeit sollen statt dessen „Trampelpfade“ entstehen. Sie sind für mich ein Symbol wie die Traumpfade der Aborigines, die in alten Mythen ganz Australien überziehen. Diese Traumpfade sind Ausdruck der Verbundenheit mit der Vergangenheit. Sie sind aber auch Orientierungswege für die Zukunft. An stillen Plätzen kann man sich mit seiner Trauer auseinander setzen, kann sein Leben neu überdenken, sich seinen Ängsten stellen, seine Wurzeln spüren. Die Grabstellen können von den Angehörigen selbst gestaltet werden, ohne dass sie großen Einschränkungen unterliegen, wie man sie leider von den meisten Friedhöfen kennt. Die Gestaltung soll der Umgebung und der Würde des Friedhofs angemessen sein. In den „Gärten der Bestattung“ werden zunächst nur Urnen und Totenasche beigesetzt. Vielleicht eines Tages auch mehr, aber so weit sind wir noch nicht in Deutschland. Bürokratieabbau ist auch im Friedhofswesen ein äußerst zäher Prozess. Viele Beamte möchten bei der Planung und Normierung der Gottesäcker von Trauernden nicht gestört werden. Nicht nur in der Gestaltung, auch in der Planung möchte ich den Trauernden mehr Freiheit geben. Auf meinem privaten Friedhof haben Trauernde die Gelegenheit, auch abends ihre Toten zu bestatten oder am Wochenende. Eben dann, wenn Bergisch Gladbach, im April 2006 | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Denkanstoß 32 – Kunst und Trauer | „Der wahre Sinn der Kunst liegt nicht darin, schöne Objekte zu schaffen. Es ist vielmehr eine Methode, um zu verstehen. Ein Weg, die Welt zu durchdringen und den eigenen Platz zu finden. … mehr. | „Der wahre Sinn der Kunst liegt nicht darin, schöne Objekte zu schaffen. Es ist vielmehr eine Methode, um zu verstehen. Ein Weg, die Welt zu durchdringen und den eigenen Platz zu finden. Kunst gibt der Seele Nahrung.“ (Paul Auster, *1947) Ein wunderbarer Gedanke, den der amerikanische Schriftsteller Paul Auster da formuliert hat. Die Kunst, die wir von Anfang an im Haus gezeigt haben, hat die Möglichkeiten der Trauerbegleitung enorm bereichert. Im Haus der menschlichen Begleitung und unseren Gärten der Bestattung erwarten den Besucher Objekte mit Hintersinn, von Künstlern und Trauergruppen gestaltet. Zwischen Buchen ragt eine Spiegelwand empor; Hineinblickende sehen sich in eine Welt hinter der Welt eintreten. Es gibt Teiche und Wasserfälle, ein Steinlabyrinth, eine Felsenspirale, das Unendlichkeitssymbol aus Birkenstämmen und Weidengeflecht. Der „Pfad der Sehnsucht“ führt durch die „Zyklen der Stille“, eine feste Kunstinstallation im Zentrum des Hauses, die Raum für Besinnung schafft. In „gelebter“ Trauer liegt eine große Chance. Viele Menschen entdecken in dieser Phase ihres Lebens die heilende Kraft der Kreativität. Ich sehe es als eine meiner wichtigsten Aufgaben an, diese Kreativität bei Trauernden zu wecken und zu fördern. Aus diesem Grunde biete ich jedes Jahr einem Künstler die Möglichkeit, sich in meinem Haus intensiv mit den Themen „Sterben, Tod und Trauern“ zu beschäftigen. Trauernde haben dadurch die Chance, ihren Trauerprozess durch die Begleitung eines Kunst schaffenden Menschen zu bereichern. Der Jahreskünstler hat teil an dem Prozess, den die Hinterbliebenen zu bewältigen haben. Dieser Prozess wird seine Kunstwerke beeinflussen. Um dem Künstler ein freies und kreatives Schaffen zu ermöglichen, übernimmt das Haus der menschlichen Begleitung alle organisatorischen Aufgaben und bietet seine Räumlichkeiten zur freien Nutzung an. Der Künstler hat die Möglichkeit, im Rahmen des Veranstaltungsprogramms Seminare, Diskussionsabende, Workshops oder Film- und Performanceprogramme anzubieten, um seine Arbeit während des Jahres zu vermitteln. Wir übernehmen auch Material- und Übernachtungskosten. Der Künstler hat alle Freiheiten, es gibt nur eine einzige Verpflichtung: Er muss die nötige Sensibilität gegenüber dem Ort und vor allem den Hinterbliebenen aufbringen. Die Jahreskünstlerin 2005 Krimhild Becker wird am Freitag, dem 24. März 2006, um 20.00 Uhr im Rahmen einer Vernissage verabschiedet. Am gleichen Abend stellen wir den Jahreskünstler 2006 Jo Schultheis vor. Bergisch Gladbach, im März 2006 | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Koffer gepackt | Ewig-Forum für Gedenkkultur | Koffer für die letzte Reise | koffer-fuer-die-letzte-reise | ||
Denkanstoß 31 – Der Grabstein der Familie Kobayashi | Grabsteine aus grauem, braunem oder schwarzem Marmor, poliert und mit geschwungener Oberkante verziert. Dann Stein für Stein aufgestellt in Reih und Glied. Der Volksmund spricht: »Ordnung ist das halbe Leben« und Bestatter, … mehr. | Grabsteine aus grauem, braunem oder schwarzem Marmor, poliert und mit geschwungener Oberkante verziert. Dann Stein für Stein aufgestellt in Reih und Glied. Der Volksmund spricht: »Ordnung ist das halbe Leben« und Bestatter, Friedhofsgärtner und Verwaltungsbeamte finden, dass das auch im Tode so sein sollte. Wie starr und unbeweglich das System mittlerweile ist, fällt immer dann auf, wenn tatsächlich mal etwas anderes als ein genormtes Grab verlangt wird. Häufig geschieht das, wenn jemand aus einem anderen Kulturkreis auf einem deutschen Friedhof bestattet werden soll. Linda Kobayashi, Angestellte eines großen Elektronikkonzerns, trauert um ihren verstorbenen Vater. Kaito Kobayashi war in den frühen 70er Jahren aus Kamakura/ Japan nach Deutschland gekommen. Als Buddhist beschäftigte er sich schon zu Lebzeiten intensiv mit seinem eigenen Tod. Er hatte eine klare Vorstellung, wie sein Grabstein aussehen sollte: Gestapelte Steinblöcke, etwa doppelt so hoch wie ein handelsüblicher Stein. Als Linda Kobayashi den Wunsch ihres Vaters erfüllen wollte, stieß sie auf erbitterten Widerstand der örtlichen Friedhofsverwaltung. Der Grabstein sei ja eigentlich kein Stein, sondern eine Skulptur. Das ginge nicht. Die Skulptur sei außerdem zu groß, überschreite die maximal zugelassene Höhe. Das ginge nicht. Und zu guter Letzt: Die Grabfläche müsse zu 80% mit Bodendeckern bepflanzt werden, wofür der Grundriss der Skulptur keinen Platz ließe. Das ginge sowieso nicht. Ich möchte, dass wir uns von den Steinwüsten verabschieden. Konformismus erstickt jede Kreativität. Jeder Mensch ist einzigartig. Leider ist davon bei einem Spaziergang über die meisten Friedhöfe nicht mehr viel zu spüren. Im krassen Gegensatz zu einer lebendigen Trauerkultur steht die anonyme Bestattung. In meinen Augen eine Bankrotterklärung unserer Kultur des Erinnerns. Leider erleben wir Anonymität und Konformismus heute überall. Im Alltag werden wir reduziert auf Kundennummern, Personalnummern und PIN-Codes. Namen sind nicht mehr gefragt. Für mich ist einer der schönsten Gedanken aus der Bibel: »Ich habe dir einen Namen gegeben und bei diesem Namen werde ich dich rufen«. Beim Namen – nicht bei der PIN-Nummer. Auf meinen Friedhof wird es keine anonymen Bestattungen geben. Jeder Mensch ist ein einzigartiges unverwechselbares Individuum, deshalb soll jedes Grab ein Unikat werden. Wir leben nicht nach DIN-Norm, also sollten wir unsere Toten auch nicht so bestatten. Linda Kobayashi hat den Wunsch ihres Vaters schließlich doch noch erfüllen können. Sie ließ ihn einäschern und fand für die Urne einen Friedhof, der den Grabstein, der eigentlich eine Skulptur war, zuließ. Heute geht sie an ein Grab, das sehr viel über ihren Vater, seinen Glauben und sein Herkunftsland Japan erzählt. Ein Land, in dem sie noch nie war, dem sie sich aber am Grab ihres Vaters etwas näher fühlt. Bergisch Gladbach, im Februar 2006 | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Holger Pauler über den geplanten Privatfriedhof in Bergisch Gladbach | Die Tageszeitung | Gärten der Bestattung | gaerten-der-bestattung | ||
Denkanstoß 30 – Das Urnengrab unter der Ulme | Harald Winkler (78) saß in meinem Büro und faltete nervös das Blatt Papier auseinander, auf dem seine Frau Lisa handschriftlich ihren letzten Willen festgehalten hatte. Der Nachlass war sorgsam geregelt und es … mehr. | Harald Winkler (78) saß in meinem Büro und faltete nervös das Blatt Papier auseinander, auf dem seine Frau Lisa handschriftlich ihren letzten Willen festgehalten hatte. Der Nachlass war sorgsam geregelt und es gab für jeden in der Familie ein tröstendes Wort. Doch dann kam ein Passus, der ihren Mann verunsicherte: Lisa wollte verbrannt werden. Harald Winkler erfuhr erst durch das Testament vom Wunsch seiner Frau, mit der er fast 40 Jahre verheiratet war. »Wir haben doch sonst über alles gesprochen«, wunderte er sich und gab mir mit zittrigen Händen das Blatt. »Verbrennt mich und legt meine Urne unter einer Ulme in die Erde« stand da zu lesen. Für Harald Winkler, in dessen Familie seit Generationen im Sarg bestattet wurde, war dieser Wunsch zunächst befremdlich. Natürlich wusste er, dass Ulmen Lisas Lieblingsbäume waren. Die Vorstellung, seine Frau verbrennen zu lassen, war ihm, das sah ich ihm an, mehr als nur unangenehm. Manchmal ist es einfach nur Unkenntnis, die uns zweifeln, manchmal auch verzweifeln lässt. Feuerbestattungen gehen zurück auf die religiöse Vorstellung, dass durch die Verbrennung des Leichnams der Weg für die Seele ins Totenreich freigemacht wird. In Europa und dem Nahen Osten wurden seit ungefähr 3000 v.Chr. Tote verbrannt. Mitte des 5. Jhds. wurde das Verbrennen im alten Rom verboten, da in der Stadt zu viele Einäscherungen stattfanden. Die Asche wurde schon damals in kunstvollen Urnen aufbewahrt. Karl der Große hielt das Verbrennen von Toten für einen heidnischen Brauch und verbot diese Art der Bestattung unter Androhung der Todesstrafe. Nach Aufklärung und französischer Revolution wurde die Einäscherung um 1800 wieder zugelassen. Und obwohl die katholische Kirche den Christen die Feuerbestattung 1886 erneut untersagte, entstanden in Mailand und Gotha (USA) die ersten Krematorien. Heidelberg folgte, und die Bundesländer erließen nach und nach entsprechende Gesetze, die das so genannte »Kremieren« zuließen. Heute werden in Deutschland bis zu 37 Prozent der Verstorbenen eingeäschert. In Japan sind es sogar 99 Prozent. Harald Winkler quälte sein Gewissen, er wollte einerseits den letzten Willen seiner Frau respektieren, andererseits war es ihm wichtig, für seine Familie einen Platz der Erinnerung zu schaffen. Herr Winkler schien die Urnenbestattung mit anonymer Bestattung zu verwechseln. Selbstverständlich kann man auch ein Urnengrab zu einem Ort der Erinnerung machen. Mir ist es sehr wichtig, dass Menschen nicht namenlos verschwinden. Dazu gehört die Gestaltung der Urne, dazu gehört auch die Gestaltung der Grabstelle. Ich rate, nach Möglichkeit selbst ein Behältnis anzufertigen. Denn nur, was man begriffen hat in seiner ganzen Sinnlichkeit, das kann man akzeptieren, damit kann man leben. Die Asche sollte nicht einfach in den Boden geschüttet werden. Sie sollte eine Umfassung erhalten, die man selbst gestaltet hat, mit den eigenen Händen. Damit man begreift, dass der Mensch, dessen Asche darin begraben wird, im physischen Sinn nun wirklich nicht mehr da ist. Im Garten, der zum Haus der menschlichen Begleitung gehört und den wir in Zukunft als Friedhof nutzen werden, fanden wir eine Ulme, unter der die Urne mit der Asche von Lisa Winkler schließlich beigesetzt wurde. Harald hielt eine wunderbare Rede und dann zog er ein Holzschild mit dem Namen seiner Frau und einem eingefassten Foto aus der Tasche. Er befestigte das Schild an der Ulme und nickte mir wissend zu. Harald Winkler hat den letzten Willen seiner Frau respektiert und für sich und seine Familie einen Ort der Erinnerung geschaffen. Bergisch Gladbach, im Januar 2006 | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Denkanstoß 29 – Das Fest der Liebe | Die Adventsbeleuchtung taucht die Innenstädte in warmes Licht, die Weihnachtsmärkte duften nach gerösteten Maronen, knusprigem Lebkuchen und leckerer Thüringer. Die Menschen schlendern durch die Kaufhäuser auf der Suche nach Geschenken für ihre … mehr. | Die Adventsbeleuchtung taucht die Innenstädte in warmes Licht, die Weihnachtsmärkte duften nach gerösteten Maronen, knusprigem Lebkuchen und leckerer Thüringer. Die Menschen schlendern durch die Kaufhäuser auf der Suche nach Geschenken für ihre Lieben. Auch Huberta Schneider (81) hat sich in den Weihnachtstrubel gestürzt. Die »rüstige« Rentnerin ist gern unter Menschen, vor allem wenn sie gut gelaunt und glücklich sind, wie in der Weihnachtszeit. Huberta kauft ein paar Kleinigkeiten für ihre Kinder und Enkelkinder und freut sich schon darauf, am Heiligen Abend ihre strahlenden Gesichter zu sehen. Weihnachten, das Fest der Liebe! Doch die Vorweihnachtszeit hat für Huberta Schneider auch dunkle Momente, dann sitzt sie in ihrer Wohnung im Kerzenschein, hört leise CDs von Glenn Miller und denkt an Hans. »Ihr Hansi«, der immer für die Kinder den Nikolaus gespielt hat, der die Weihnachtsgans gefüllt und der ihr am ersten Weihnachtsfeiertag immer das Frühstück ans Bett gebracht hat. Ein Ritual, das fast 50 Jahre gehalten hat. Bis zu Hans Tod im Jahr 2001. Mitten in solch eine traurige Phase platzt der Anruf von Marina. Hubertas Enkelin schlägt vor, dass die Familie das Weihnachtsfest dieses Jahr bei ihr in Bad Homburg feiern könnte. Auch Huberta willigt ein, sie freut sich auf das Fest – sagt sie. Aber Marina hört doch heraus, dass ihre Oma bedrückt ist und macht sich Sorgen. Die Weihnachtszeit ist nicht für alle die »schönste Zeit« des Jahres. Menschen, die einen Verlust erlitten haben – und hier spielt es keine Rolle, ob der Tod des geliebten Menschen Wochen, Monate oder Jahre zurückliegt – quälen Erinnerungen, oft melden sich Gefühle der Trauer zurück. Und das Schlimmste ist, man traut sich nicht, diese Gefühle mitzuteilen, weil man den anderen durch die traurige Stimmung nicht das Weihnachtsfest vermiesen will. Aber auch Trauer ist Liebe. Die Liebe zu denen, die wir vermissen. Wenn sich Menschen in der Weihnachtszeit zurückziehen und immer bedrückter werden, sollte man sie nicht allein lassen mit ihren Gedanken. In bestimmten Situationen, in denen man an den verstorbenen Partner, die Partnerin, den Vater oder die Mutter erinnert wird, ist plötzlich der Schmerz wieder da. Da hilft Reden. Man sollte den Mut haben, seine Angehörigen darauf anzusprechen. Man sollte Tränen aushalten können und sich gemeinsam an die Verstorbenen erinnern. Und Trauernde sollten den Mut haben, mit ihrer Familie zu sprechen. Dann können die Verstorbenen ein Teil des Festes sein. Denn in unseren Herzen werden sie immer einen Platz haben. Marina schlägt Oma Berta vor, schon eine Woche vor Heiligabend zu ihr zu kommen und ihr bei den Vorbereitungen des Weihnachtsfestes zu helfen. Beim Plätzchenbacken und beim Schneiden der Tannenzweige gibt es reichlich Gelegenheit, sich zu unterhalten. Und Huberta erzählt: von »Hansi«, mit dem sie ihr ganzes Leben zusammen war und den sie so schmerzlich vermisst. Am Weihnachtsmorgen geht leise die Tür vom Gästezimmer auf. Marina schleicht sich mit einem Tablett herein. Der Kaffeeduft weckt Oma Berta, die große Augen macht. Vor ihr steht Marina mit dem Frühstück und lächelt. Marina stellt das Tablett vorsichtig auf die Bettkante und zieht sich einen Stuhl heran. Das gemeinsame Frühstück macht diesen Weihnachtsmorgen zu etwas ganz Besonderem. Bergisch Gladbach, im Dezember 2005 | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Gegen den Trend: Die Leichenfrau | Die Nordelbische | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Ein Lebemann | Bergische Landeszeitung | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Vertraute Gehilfen | test Spezial | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Was war das Lieblingsgericht Ihrer Frau? | Senioren Ratgeber | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Trauer braucht Zeit | Frankenpost online | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Denkanstoß 28 – Die Leichenfrau | Sieglinde Ammerhäuser (85) aus Grävenbroich denkt über Sterben und Tod nach. In ihrer Familie ist der Tod ein Tabuthema. Da unterscheiden sich die Ammerhäusers nicht von 99 Prozent der Familien in unserem … mehr. | Sieglinde Ammerhäuser (85) aus Grävenbroich denkt über Sterben und Tod nach. In ihrer Familie ist der Tod ein Tabuthema. Da unterscheiden sich die Ammerhäusers nicht von 99 Prozent der Familien in unserem Land. Sterben müssen immer nur die anderen. Mit zunehmendem Alter wird man natürlich eines Besseren belehrt, das weiß auch Oma Ammerhäuser. Einzig ihre Enkelin Sabine hat für sie ein offenes Ohr. Sabine studiert evangelische Theologie und Geschichte und hat großes Interesse an alten Sitten und Bräuchen. Oma Ammerhäuser erzählt der Enkelin von der Leichenfrau, die früher schwarz gekleidet durchs Dorf ging und die Nachbarn informierte, wenn jemand gestorben war. Leichenfrauen haben damals den Menschen die traurige Nachricht vom Tod eines Angehörigen oder Freundes überbracht und Trost gespendet. Oma Ammerhäuser schimpft »Wenn ich sterbe, wird das niemand tun. Das steht dann in der Zeitung. Das ist alles so unpersönlich.« Für die Leichenfrau gab es, je nach Region, ganz unterschiedliche Bezeichnungen: Seelnonne, Heimbürgin, Totenfrau, Totenweibchen oder Totenpackerin. Die Leichenfrau war früher oft die erste Ansprechpartnerin für die Trauernden. Sie ging von Haus zu Haus, verkündete den Nachbarn den Tod des Verstorbenen und informierte über die Beerdigung. Oft richtete sie den Leichnam her, wusch und kleidete ihn, schnitt Haare und Fingernägel. Sie sorgte für die Vernichtung der Utensilien, die für die Leichenwäsche benutzt wurden. Manchmal bekam sie Kleidung als Lohn, manchmal Geld oder Lebensmittel. Das war je nach Region ganz unterschiedlich. Leichenfrauen waren natürlich nicht unumstritten. Frauen, die so oft mit Toten zu tun hatten, waren in früheren Zeiten den Menschen natürlich auch suspekt, ja unheimlich. Trost und praktische Hilfe aber fallen mir ein, wenn ich an die Tradition der Leichenfrau denke. Eines haben alle Leichenfrauen gemeinsam: Mit dem Aufkommen der Tageszeitungen trat ihre Funktion in den Hintergrund. Nur ganz vereinzelt gibt es sie noch, meist im süddeutschen Raum. Heute wird ein Todesfall über die regionale Tageszeitung bekannt gegeben und im Mitteilungskasten der Kirche oder der Gemeinde ausgehängt. Ein Aushang, der häufig nicht mehr mitteilt, als dass ein Mensch gestorben ist. Eine Notiz, die einem Menschen nicht gerecht werden kann, die ihn auf seinen Namen und sein Sterbedatum reduziert. Wie viel persönlicher und angemessener war da doch die Bekanntgabe durch eine Leichenfrau, einen Menschen, der auch für Nachfragen zur Verfügung stand und tröstete. Es gibt Traditionen, die es wert sind, nicht in Vergessenheit zu geraten. Natürlich kann man nicht jedes Ritual wieder beleben, aber man kann von den alten Riten lernen. Wäre es nicht viel mit-menschlicher, wenn die schlimme Nachricht des Todes eines geliebten und geschätzten Freundes oder Verwandten durch einen Menschen überbracht würde? Eine persönliche Begegnung in schwerer Stunde. Sabine verspricht ihrer Oma, für sie die Leichenfrau zu sein. Sie will gern in der Nachbarschaft von Haus zu Haus gehen, allen Nachbarn von den letzten Stunden ihrer Großmutter berichten und sie zur Trauerfeier einladen. Sie selbst wird ihre Oma waschen und anziehen, ihr die Haare kämmen und mit Hilfe des Bestatters in den Sarg betten. Bergisch Gladbach, im Oktober 2005 | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Mit dem Erdrutsch leben | Stein | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Denkanstoß 27 – Der Pfad der Sehnsucht | Der „Pfad der Sehnsucht“ beginnt mit der mehrfach gewundenen vergoldeten Linien-Skulptur aus Eisenblech von Knopp Ferro. Diese Arbeit spiegelt den Verlauf jedes menschlichen Seins. Über Jahrhunderte sind wir zum „Cogito, ergo sum“, … mehr. | Der „Pfad der Sehnsucht“ beginnt mit der mehrfach gewundenen vergoldeten Linien-Skulptur aus Eisenblech von Knopp Ferro. Diese Arbeit spiegelt den Verlauf jedes menschlichen Seins. Es ist unmöglich, einem Zurückbleibendem ein Konzept für seinen Trauerweg vorzugeben, aber es ist möglich, ihm ein Gespür zu vermitteln, dass er auch über den Tod hinaus von den „guten Mächten“ derer, die er irdisch vermisst, begleitet wird. Jeder Tod ist für den, der damit leben muss, wie eine Lawine, ein Erdbeben, ein Zusammenbruch bestehender Lebensvorstellungen. Der Tod – symbolisiert durch eine Gerölllawine – bricht in die alltägliche Welt ein. Der Betrachter muss seinen Weg durch ein Trümmerfeld finden. Und wenn er versucht, die Bruchstücke zu sortieren, entdeckt er die Spuren, die von der Lebensbahn des Verstorbenen zurückgeblieben sind. Der weitere Weg führt in einen Glasgang. Die rechte Kopfwand wird durch das übergroße Foto einer menschlichen DNA-Analyse bestimmt. Sie vermittelt dem Betrachter die Einzigartigkeit jeden menschlichen Seins. Die Hoffnung, dass dieser Ort des Geborgenseins, Glücks und ewiger Vollkommenheit nach dem Tode im Himmel oder in dem verlorenen Paradies erfahrbar wird, ist eine der großen universellen Sehnsüchte der Menschheit. Und immer versuchten die Menschen, dieses Paradies bereits zu Lebzeiten hier auf Erden zu verwirklichen. Hierzu lädt der nächste Raum ein, auch wenn das Betreten in ein solches irdisches „Spiegelparadies“ Überwindung erfordert. Diese Scheu mag zu Fluchten in Seitenwege führen. Leicht folgt der Mensch Täuschungen, Verlockungen und auch falschen Heilversprechungen. Aber Sackgassen sind ein Bestandteil des Lebens. Dies zu erkennen und zu akzeptieren ist wichtig und deshalb sollten wir immer wieder aus unseren Sackgassen heraus nach dem Paradies suchen, wo immer es sein mag. Mit der Durchschreitung des „Paradieses“ wird der Ausgang des Weges von einer Videoprojektion bespielt. Zu sehen ist in eine Wiese, aus der die Samen von Pusteblumen aufsteigen, gleichzeitig schneit diese Sommerwiese immer mehr zu. Die Videoinstallation in Schwarz und Weiß steht im Kontrast zur realen Welt, in die man durch eine Türe in der projizierten Wiese wieder austritt. Diese reale Welt, die wir täglich geschenkt bekommen und die wir täglich erfahren dürfen, ist viel bunter und lebendiger als all die uns so vertrauten Scheinwelten. Sie muss nur immer wieder neu entdeckt werden. Und so verlässt der Betrachter die Ebene der Gefühle vielleicht etwas sehender, vielleicht etwas mutiger und hoffentlich etwas lebendiger: Er wagt einen neuen Gang in das alltägliche Leben, wohl spürend, dass er in seiner ihm noch verbleibenden Zeit von denen begleitet wird, die er irdisch vermisst. Bergisch Gladbach, im August 2005 | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Keine Berührungsängste mit dem Tod | Rhein-Berg-Online | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Denkanstoß 26 – Trauerorte am Rand der Straße | Auf dem Heimweg. Die Stimmung im Auto ist ausgelassen. Benny, seine Freundin Jule und seine Schwester Diana kommen gerade von ihrer Abifeier. Benny wischt sich eine Lachträne aus dem Auge und bemerkt … mehr. | Auf dem Heimweg. Die Stimmung im Auto ist ausgelassen. Benny, seine Freundin Jule und seine Schwester Diana kommen gerade von ihrer Abifeier. Benny wischt sich eine Lachträne aus dem Auge und bemerkt zu spät, dass ihm mitten auf der B 8 ein Auto entgegen rast. Es kommt zum Frontalzusammenstoß. Jule und Diana sind sofort tot. Benny stirbt auf dem Weg ins Krankenhaus. Die Eltern der Jugendlichen stehen tagelang unter Schock, die Beerdigung erleben sie wie in Trance. Quälende Fragen lassen Doris und Roland Gorrosch, die Eltern von Benny und Diana, und Franziska Reiche, Jules Mutter, nicht zur Ruhe kommen: Haben unsere Kinder sehr gelitten? Hätten wir sie von der Party abgeholt, könnten sie dann noch leben? Auch Wochen später zieht es die Eltern immer wieder hinaus zur B 8, an den Ort, an dem das Leben ihrer Kinder auf so tragische Weise endete. Nicht nur der Friedhof ist für sie ein Ort der Trauer. Auch hier an der B 8 fühlen sie sich ihren Kindern auf eine besondere Art nahe. Gemeinsam stellen Doris, Roland und Franziska ein Kreuz am Rand der Straße auf. Wir fahren täglich an solchen Holz- oder Metallkreuzen vorbei. Manche sind mit Blumen geschmückt, andere im Lauf der Jahre verwittert. Ein Kreuz am Straßenrand erinnert uns daran, dass das Leben schlagartig vorbei sein kann. Viele Autofahrer versuchen, diese Kreuze zu ignorieren, was unmöglich ist. Diese Kreuze sind kleine Mahnmale, die uns an unsere eigene Sterblichkeit erinnern. Ob wir wollen oder nicht. Kreuze am Straßenrand markieren nicht nur Orte des Todes, sondern auch Orte, an denen Menschen trauern. Es gibt viele – sehr persönliche – Trauerorte: Der Nordseestrand, an dem man zuletzt mit dem geliebten Menschen gesessen hat und glücklich war, kann genauso ein Ort der Trauer und des Erinnerns sein wie der belebte Marktplatz, auf dem man jeden Samstag gemeinsam eingekauft hat. Oder eben der Baum, an dem ein Menschenleben endete. Der Tod ist Teil des Lebens. Warum also sollte Trauer nur auf dem Friedhof stattfinden, hinter Steinmauern und Buchsbaumhecken? Zehntausende Kreuze wurden in den letzten Jahren bundesweit nach tödlichen Unfällen aufgestellt. Jedes einzelne Kreuz hat seine Geschichte, steht für ein Schicksal. Die Kreuze erinnern uns vermeintlich unbeteiligte Betrachter im viel zu schnelllebigen Alltag an Menschen, die nicht mehr sind, und sie mahnen uns, stets daran zu denken, dass auch wir irgendwann nicht mehr sein werden. Memento mori. Doris und Roland Gorrosch und Franziska Reiche kommen oft zu dem liebevoll geschnitzten Holzkreuz an der B 8. Die Eltern legen frische Blumen nieder, zünden Kerzen an. Die Eltern haben außer den Gräbern ihrer Kinder einen weiteren Platz für ihre Trauer gefunden. An der Straße sind die Jugendlichen im Schrecken gestorben, auf dem Friedhof ruhen ihre Gebeine. Im Herzen und der Erinnerung der Eltern und Freunde bleibt das, was Diana, Jule und Benny im Leben ausgemacht hat: ihr Lachen, ihre Fröhlichkeit und ihre Liebe. Bergisch Gladbach, im Juni 2005 | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Denkanstoß 25 – Darf man erleichtert sein, wenn jemand stirbt? | Claudia Höges (21) bekam hautnah mit, wie ihre 83-jährige Oma Paula immer mehr „abbaute“. Anfangs war es eine mittelschwere Demenz. Claudia besuchte ihre Großmutter regelmäßig nach der Uni und kümmerte sich um … mehr. | Claudia Höges (21) bekam hautnah mit, wie ihre 83-jährige Oma Paula immer mehr „abbaute“. Anfangs war es eine Wie viele Angehörige, die einen geliebten Menschen über eine lange Zeit pflegen, lebt Claudia nach dem Tod ihrer In der Trauer gibt es viele Gefühle. Traurigkeit, Einsamkeit, Hilflosigkeit, Erschütterung, Schock. Sogar Wut, Zorn und Da ist es durchaus verständlich, wenn sich Erleichterung in die Trauer mischt. Bergisch Gladbach, im Mai 2005 | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Begleitung in schweren Stunden | Holster Hauser | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Eine Villa namens “Trauerbunt” | Kölner Stadtanzeiger | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
“Wutziegel” gegen Traurigkeit | Bergische Landeszeitung | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Eine sinnliche Achterbahnfahrt | Kölner Stadtanzeiger | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Steinschlag und Dschungel | Bergische Landeszeitung | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Denkanstoß 24 – Trauern Kinder anders? | Paul geht jeden Freitag mit seiner Mutter Miriam in den Park. Freitags kommt sie früher von der Arbeit, dann können sie den ganzen Nachmittag spielen und toben. Paul freute sich immer sehr … mehr. | Paul geht jeden Freitag mit seiner Mutter Miriam in den Park. Freitags kommt sie früher von der Arbeit, dann können sie den ganzen Nachmittag spielen und toben. Paul freute sich immer sehr auf die Freitage. Das ist seit kurzem anders. Als vor ein paar Monaten Pauls Ball die Wiese herunter rollte und bei der Bank am Flussufer liegen blieb, lernte Paul Wilhelm kennen. Den alten Mann, der dort immer saß und die Enten fütterte. Paul lächelte ihm scheu zu, schnappte seinen Ball und rannte davon. Am nächsten Tag sah er den alten Mann wieder dort sitzen. Er hob die magere Hand und winkte Paul und seiner Mutter zu. Paul winkte zurück. In den folgenden Wochen wurde aus dem Grüßen eine lockere Freundschaft und Paul ließ seinen Ball absichtlich die Wiese herunter kullern. Dann setzte er sich zu dem alten Mann und sie unterhielten sich. Wilhelm erzählte, dass er früher Frachterkapitän war und lange Seereisen unternommen hatte. Wunderbare fremde Länder hatte er bereist, die merkwürdigsten Menschen getroffen und die schönsten Sonnenuntergänge über der Südsee gesehen. Wilhelm war wie ein Geschichtenbuch, das Paul jeden Freitagnachmittag aufschlagen konnte. Nur viel spannender. Eines Freitags blieb die Bank leer. Wilhelm kam nicht mehr. Pauls Mutter fand heraus, dass Wilhelm gestorben war. Seine Nachbarn hatten ihn eines Morgens am Zeitungsstand vermisst und aus Sorge den Hausmeister gebeten, die Wohnung aufzuschließen. Pauls Mutter war beinahe genauso traurig wie Paul, denn sie hatte sich über diese ungewöhnliche Freundschaft gefreut, hatte Paul doch nie seinen Großvater kennen lernen können. Nun stellte Paul Fragen. Wo ist Wilhelm? Warum kommt er nicht mehr? Er weiß doch, dass wir jeden Freitag hier sind. Und dann: Warum ist Wilhelm tot? Ist er jetzt im Himmel? Gibt es dort auch Enten? Sieht er mich, wenn ich ihm winke? Miriam gab sich Mühe, die Fragen zu beantworten, aber es gelang ihr nicht besonders gut. Eine solche Situation ist ja auch nicht alltäglich, so etwas kann man nicht üben. Kinder haben ihre ganz eigenen Fragen über Tod und Sterben. Paul wurde immer stiller und zog sich in sich zurück. Für ihn war es, als ob er seinen Großvater verloren hätte. Miriam suchte Hilfe für sich und Paul und sie fand sie bei Domino, dem Zentrum für trauernde Kinder. Domino bietet Einzel- und Gruppenbetreuung für Kinder und Jugendliche an. Hier können Kinder so trauern, wie sie es brauchen. Mit Ritualen, Rollenspielen, Malen, Schreiben oder langen Spielphasen können Gefühle ausgelebt werden. Auch für Aggressionen ist Platz. Die Mitarbeiter von Domino wissen, dass Kinder anders trauern. Kinder verbergen oft ihre Trauergefühle. Sie können ihre Trauer nicht so ausdrücken, dass Erwachsene sie als solche wahrnehmen. Wenn es einen Trauerfall in der Familie gegeben hat, versuchen Kinder oft, besonders artig zu sein. Sie wollen ihre Eltern, die selbst in Trauer sind, nicht noch mehr belasten. Am 23. April 2005 feiert Domino nun sein fünfjähriges Bestehen und lädt gemeinsam mit den Mitarbeitern des Hauses der menschlichen Begegnung Pütz-Roth zum Tag des trauernden Kindes nach Bergisch Gladbach ein. Dann wird die Villa Trauerbunt eröffnet und es gibt Vorführungen und Mitmachaktionen, vom Kochen mit Dieter Müller (3 Sterne Koch), Puppenspiel mit Heide Hamann über einen Trommel-Workshop bis hin zur Sargbemalung. Natürlich gibt es auch Kaffee und Kuchen und Würstchen und Gulasch. Ein Fest der Gemeinsamkeit für alle, die von dem Thema Kind und Trauer betroffen oder daran interessiert sind. Bergisch Gladbach, im April 2005 | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
An der Schnittstelle des Lebens | Lernortgemeinde | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Denkanstoß 23 – Wann darf ich wieder lieben? | Helen und Stefan Wesemeyer waren 28 Jahre verheiratet. Sie lebten in Bad Homburg, mit Blick auf Taunustherme und Elisabethenbrunnen – sie standen mitten im Leben. Dann kam der erste Schlaganfall. Stefan schien … mehr. | Helen und Stefan Wesemeyer waren 28 Jahre verheiratet. Sie lebten in Bad Homburg, mit Blick auf Taunustherme und Elisabethenbrunnen – sie standen mitten im Leben. Dann kam der erste Schlaganfall. Stefan schien sich zunächst von seinen Lähmungen zu erholen, seine Sprachfähigkeit machte kleine Fortschritte. Als ein zweiter Schlaganfall diese ersten kleinen Erfolge zunichte machte, konnte der Redaktionsleiter des Bad Homburger Boten nicht mehr sprechen. Er, dessen Beruf die Sprache war! Helen verstand ihn auch ohne Worte. Aber sie konnte nicht verhindern, dass ihr ans Bett gefesselter Mann immer schwächer wurde. Weniger wurde. Eines Nachmittags schlief Stefan einfach ein und erwachte nicht mehr. Helen Wesemeyer war mit ihren 56 Jahren plötzlich alleine. Witwe. Der Tod ihres Mannes kam nicht überraschend, trotzdem fühlte sie sich irgendwie unvorbereitet. Der Verlust der Partnerschaft und der vertrauten Gemeinsamkeit lastete schwer auf ihren Schultern. Sie brauchte über ein Jahr, um aus der lähmenden Einsamkeit wieder ins Leben zurückzufinden. Ein Leben ohne Stefan, ohne den Mann, den Geliebten, den Freund. Nach 14 Monaten, die sie heute als ihre „blinde Zeit“ bezeichnet, war natürlich noch nicht alles wieder in Ordnung. Aber sie wagte einen ersten Schritt. Helen fing an, sich wieder für die Welt zu interessieren. In der Stadtbücherei fand sie einen Job. Gemeinnützig, aber Geld war nicht so wichtig. Was sie dringend brauchte, war der Kontakt zu anderen Menschen. Als sie dort Bernd, 57, Beamter des Landratsamts a.D. und freiwilliger Büchersortierer i.D. kennen lernte, gab es plötzlich Probleme. Während sie sich mit diesem ruhigen, fröhlichen Mann immer besser verstand, reagierte ihre Schwiegermutter Angelika empört. Ganz vom alten Schlag, war sie der Ansicht, dass Helen in ihrem „Alter“ keinen Freund mehr haben sollte: „Das gehört sich nicht! Du bist nun mal Stefans Witwe!“ Sie konnte nicht verstehen, dass genau das der Fall war, Helen würde immer Stefans Witwe sein. Mit Bernd, der den Platz von Stefan weder einnehmen konnte noch wollte, hatte das gar nichts zu tun. Für Helens Schwiegervater Georg war die neue Beziehung kein Problem. Er meinte: „Mädchen, so ist‘s recht. Nimm dein Leben in die Hand.“ Die Zeiten, in denen man bis in alle Ewigkeit Witwe oder Witwer bleiben musste, sind zum Glück vorbei. Sollten es zumindest sein. Die Erwartungshaltung von Verwandten und Bekannten kann erdrückend sein. Doch wichtig ist allein, wie sich die Trauernden fühlen. Sie wissen selbst am besten, wann sie sich wieder auf jemanden einlassen können. Wann sie Nähe wieder zulassen können. Die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt für eine neue Beziehung kann man nicht pauschal beantworten. Es gibt nicht „das Trauerjahr“, nach dem alles abgeschlossen sein kann oder muss, was das bisherige Leben ausgemacht hat. Die benötigte Zeit ist so unterschiedlich wie die Menschen, die sie erleben. Nur die Trauenden selbst sollten bestimmen, wann sie wieder einen Partner in ihr Leben lassen können. Niemand sollte ihnen da hineinreden oder gar Vorschriften machen. Bergisch Gladbach, im März 2005 | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Hans Dampf in allen Gassen | Bergische Landeszeitung | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Denkanstoß 22 – Das Leben geht weiter | Es ist etwas geschehen, dass uns unsere Endlichkeit brutal vor Augen geführt hat. Hunderttausende Tote, ganze Landstriche in Sekunden dem Erdboden gleich gemacht. Vermisste Angehörige, vernichtete Existenzen. Millionenfaches Leid, das keinen Unterschied … mehr. | Es ist etwas geschehen, dass uns unsere Endlichkeit brutal vor Augen geführt hat. Hunderttausende Tote, ganze Landstriche in Sekunden dem Erdboden gleich gemacht. Vermisste Angehörige, vernichtete Existenzen. Millionenfaches Leid, das keinen Unterschied zwischen Touristen und Einheimischen, Armen und Reichen gemacht hat. Wir moderne Menschen verdrängen den Tod, glauben, unser Leben im Griff zu haben. Wenn wir frieren, drehen wir die Heizung auf, wenn wir im Auto schwitzen, stellen wir die Klimaanlage an und finden das so selbstverständlich wie unseren Espresso, der dampfend aus der Lavazza träufelt. Bis der Tod plötzlich in unser Leben tritt. Memento mori – bedenke, dass du sterblich bist. Jeder Tag ist ein Geschenk. Die Katastrophe in Südostasien hat uns vor Augen geführt, dass sich der Tod nicht immer ankündigt. Er trifft nicht nur alte Menschen, die krank sind und deren Angehörige sich auf den Abschied vorbereiten können. Manchmal kommt der Tod ganz plötzlich. Dagegen können wir nur wenig tun. Wir können nur versuchen, unsere Tage so bewusst wie möglich zu leben. Nun spenden wir viel Geld und drücken damit unsere Fassungslosigkeit und Anteilnahme aus. Aber wenn die letzte Spendengala gesendet ist, dann werden die Meldungen aus dem Katastrophengebiet ein Thema von vielen sein. Nur ein weiterer Bericht zwischen dem aus dem Irak, dem Kongo oder dem Gazastreifen? Uns muss bewusst sein, dass auch wir eines Tages sterben. Wir sollten unser Leben so intensiv wie möglich leben, denn niemand weiß, wann ihm die letzte Stunde geschlagen hat. Das dürfen wir nie vergessen. Dieser Tage fokussiert die Berichterstattung den Wiederaufbau, Verhalten und Beweggründe von Politikern weltweit werden beurteilt. Auch wir sollten über unser Verhalten nachdenken. Wir sollten nicht vergessen, wie durch diese urplötzliche Katastrophe Menschen auf der ganzen Welt Anteil genommen und über politische, religiöse und kulturelle Grenzen hinweg geholfen haben. Daran sollten wir auch denken, wenn wir von den vielen anderen Krisenregionen hören. Wir sollten daran denken, wenn wir uns über Kleinigkeiten im Alltag ärgern und mit unserem Leben unzufrieden sind. Aber wir sollten uns auch über jeden Tag freuen, den wir in Frieden und Gesundheit leben dürfen. Das habe ich mir für 2005 fest vorgenommen. Bergisch Gladbach, im Januar 2005 | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Gedenkfeier für gebrochene Herzen | Bergische Landeszeitung | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Denkanstoß 21 – Stille Nacht, traurige Nacht … | Adventszeit in Frankfurt. Weihnachtsmarkt auf dem Römerberg. Die fröhliche Menschenmenge schiebt sich an Buden mit Lebkuchen und Christbaumschmuck vorbei. Im Gedränge eine junge Frau, von der die Glühwein trinkenden, gut gelaunten Menschen … mehr. | Adventszeit in Frankfurt. Weihnachtsmarkt auf dem Römerberg. Die fröhliche Menschenmenge schiebt sich an Buden mit Lebkuchen und Christbaumschmuck vorbei. Im Gedränge eine junge Frau, von der die Glühwein trinkenden, gut gelaunten Menschen kaum Notiz nehmen: Katja Berger, 35. Katja hat den Mantelkragen hochgeschlagen, sie beobachtet traurig einen rotgewandeten Weihnachtsmann, der Süßigkeiten an Kinder verteilt. Vor sechs Wochen starb ihr Vater. Während die Weihnachtsmarktbesucher fröhlich die Weihnachtslieder mitsummen, die aus den Lautsprechern der Buden schallen, möchte Katja am liebsten weinen. Die weihnachtliche Stimmung rüttelt an ihrer mühsam aufrecht erhaltenen Selbstbeherrschung. Ihr graut vor dem bevorstehenden Heiligen Abend. Das Fest der Liebe ist nach einem Trauerfall für viele Menschen eine ganz besondere Herausforderung. Wenn der Platz von Oma am Weihnachtstisch leer bleibt oder der Vater nicht wie gewohnt an Heiligabend die Gans anschneidet, kein Kinderlachen durch das festlich geschmückte Wohnzimmer schallt, dann wird einem umso mehr bewusst, wie groß und unwiederbringlich der Verlust des geliebten Partners, Freundes oder Kindes ist. Für viele Trauernde ist der 24.12. ein regelrechter Angsttermin. Einfach „Abtauchen“ ist in der Regel keine Lösung. Wer zum Beispiel mit einer weiten Reise versucht, dem Schmerz zu entfliehen, den holen Trauer und Einsamkeit mit Sicherheit auch unter Palmen am Strand ein. Es ist auf jeden Fall besser, diese besondere Situation in vertrautem Umfeld zu erleben. Trauernde sollten Weihnachten ganz bewusst planen und den heiligen Abend mit Freunden und Verwandten verbringen, die damit umgehen können, wenn Tränen fließen. Wichtig ist, dass Angehörige erspüren oder fragen, wie Trauernde mit der „neuen“ Situation umgehen wollen. Wer es im Laufe des Jahres schafft, Trauer zuzulassen, der ist auf ein Fest wie Weihnachten besser vorbereitet. Wir veranstalten Anfang Dezember immer eine Jahresgedenkfeier für alle Trauernden. In diesem Jahr konnten wir im Haus der menschlichen Begleitung in Bergisch Gladbach über 300 Gäste begrüßen. Wir gedenken unserer Toten, trauern und feiern. Machen uns gegenseitig Mut, uns den Gedanken und Gefühlen des Weihnachtsfestes zu öffnen und kommen ins Gespräch mit denen, die das Gleiche erlebt haben. Wir wappnen uns für das Weihnachtsfest, das so voller Symbolkraft steckt. Wir spüren in diesen kalten Tagen, wie wichtig es ist, in der Dunkelheit für die Trauernden ein Licht der Hoffnung anzuzünden. Wir gehen aufeinander zu, haben Verständnis füreinander und sind füreinander da. Dann machen wir uns auf den Weg, den Advent und Weihnachten neu zu entdecken. Auf dem Heimweg klingelt Katja Bergers Handy, ihre Mutter hat beschlossen, Weihnachten wie immer mit der ganzen Familie und ein paar Freunden zu feiern. Auch sie hat Angst vor dem Abend, aber sie ist zuversichtlich, dass Gemeinsamkeit und Vertrautheit allen helfen werden. Als Katja an diesem Adventsabend in ihre Frankfurter Wohnung zurückkommt, ist ihr nicht mehr ganz so schwer ums Herz. Sie zündet eine Kerze an, zieht eine Tüte mit gebrannten Mandeln aus der Jackentasche und beginnt, sich ein bisschen auf Weihnachten zu freuen. Bergisch Gladbach, im Dezember 2004 | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Die teuren Toten | test Nr.11 | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Mitten im Leben | Kölner Stadt-Anzeiger | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Der Tod ist sinnlich | Wochenend Journal | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Wie Trauer neue Kräfte schafft | Rheinische Post | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Ein lustvoller Leichenschmaus | Bergische Landeszeitung | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Artgerechte Vergreisung mit Omimateuren | Kölner Stadtanzeiger | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Wo der Köbes kompostiert ist | Bergische Landeszeitung | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Des einen Tod ist des anderen Brot | taz NRW Köln | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Denkanstoß 20 – Wenn Kinder trauern (dürfen) | Marianne war vier Jahre alt, als ein älterer Mann aus ihrer Nachbarschaft starb. Sie kannte ihn nur als den „krummen“ Friedrich, der in dem Haus mit dem katzenkopfgepflasterten Hof wohnte. Als Friedrich … mehr. | Marianne war vier Jahre alt, als ein älterer Mann aus ihrer Nachbarschaft starb. Sie kannte ihn nur als den „krummen“ Friedrich, der in dem Haus mit dem katzenkopfgepflasterten Hof wohnte. Als Friedrich starb, wurde er in der kleinen Scheune aufgebahrt, mit offenem Tor zum Hof hin. Mariannes Oma Ria nahm sie bei der Hand und ging mit ihr zum Abschiednehmen. Damals, vor 25 Jahren, gab es noch eine Gemeindeschwester. Lucana stand in ihrer Schwesterntracht am Kopfende des Sarges und las Gebete und Abschiedsworte aus einem schwarzen Buch. Der ganze Ort erwies dem „krummen“ Friedrich die letzte Ehre: Angehörige, Freunde und Nachbarn. Marianne stand dicht bei ihrer Oma, unsicher, die Situation war ihr fremd. Leise fragte sie: „Oma, was macht der Mann da? Warum schläft er in der Scheune?“ Die Oma flüsterte: „Er schläft nicht, er ist gestorben“. Später erklärte die Oma ihr, dass die Seele vom Friedrich jetzt bestimmt im Himmel sei und sein Körper nicht mehr lebe und nun beerdigt würde. Daran war nichts Befremdliches, nichts Traumatisches. Es war einfach so. Heute ist Marianne selbst Mutter, wohnt in einem modernen Mehrfamilienhaus in Wipperfürth und hat einen fünfjährigen Sohn. Eines Tages passiert es: Die alte Dame, die unterm Dach des großen Mehrfamilienhauses wohnt, stürzt im Treppenhaus und kommt ins Krankenhaus. Mike bekommt nicht mit, wie die Sanitäter „Oma Oben“ abholen. Er weiß nur, dass sie auf einmal nicht mehr da ist. Marianne erklärt ihrem Sohn, dass die alte Dame aus der Dachwohnung auch nicht mehr wieder kommt. Sie war alt, krank und ist im Krankenhaus gestorben. „Wo ist sie jetzt?“ will Mike wissen. „Im Himmel, ganz bestimmt“ antwortet Marianne. Damit ist Mikes Frage aber nicht beantwortet, er will wissen, ob er sie dort besuchen kann, wie in ihrer Wohnung unterm Dach, wo er nach dem Kindergarten oft heißen Kakao mit ihr getrunken hat. Marianne erinnert sich an ihre erste Begegnung mit einem Toten. Früher war es ganz normal, dass Kinder mit Verstorbenen in Kontakt kamen. Es gehörte einfach mit zum Leben. Heute sterben die meisten Menschen im Krankenhaus oder im Pflegeheim. Kinder sollten die Chance haben, zu begreifen, dass ihr Opa oder ihre Oma gestorben ist und nicht mehr aufwacht. Es gibt keine Altersbegrenzung für den Umgang mit dem Tod. Jeder Mensch ist in der Lage, die Erfahrung eines Verlusts zuzulassen. Ich kann Eltern nur raten, Kindern die Begegnung mit Verstorbenen zuzumuten. Die Eltern müssen damit rechnen, dass Kinder mit der Situation anders umgehen, als sie erwarten. Sie trauern anders: Ein zweijähriges Kind krabbelt womöglich durch den Saal oder fährt mit seinem Dreirädchen um den Sarg herum. Ein vier- oder fünfjähriges Kind versucht vielleicht, dem Opa Wärme einzustreicheln und erkennt, dass er tot ist. Es versteht dann, was Tod ist. Ein siebenjähriges Kind weint und schreit, zeigt seine Gefühle und dreht sich im nächsten Moment möglicherweise um, wischt sich die Tränen aus dem Gesicht und will ein Eis haben. Selbstverständlich sollen Kinder nicht mit verstümmelten Unfallopfern oder Ähnlichem traumatisiert werden. Aber dass der Tod zum Leben gehört und etwas Natürliches ist, das können auch Kinder schon begreifen. Im Gegensatz zu uns rationalen Erwachsenen kommen Kinder damit erstaunlich gut klar. Ihr Fritz Roth | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Shrimp-Cocktail für die letzte Reise | Badisches Tagblatt | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Zeugnisse eines nie bewältigten Traumas | Bergische Landeszeitung | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Gladbacher Bestatter plant ein Geburtenhaus | Kölner Stadt-Anzeiger | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Augen zu und hinein ins Leben | Bergisches Journal | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Denkanstoß 19 – Trauer und Freude | Trauer und Freude sind „große“ Gefühle. Und Gefühle brauchen Ausdruck – eine ganz besondere Ausdrucksform sind Tränen. Wir Menschen haben die Fähigkeit, Tränen der Freude zu weinen und Tränen der Trauer. Alle … mehr. | Trauer und Freude sind „große“ Gefühle. Und Gefühle brauchen Ausdruck – eine ganz besondere Ausdrucksform sind Tränen. Wir Menschen haben die Fähigkeit, Tränen der Freude zu weinen und Tränen der Trauer. Alle diese Tränen kommen aus ein und derselben Quelle. Es ist wichtig, dass wir unsere Freudentränen und unsere Tränen der Trauer und des Schmerzes fließen lassen, sie nicht unterdrücken. Das Lachen sollte uns genauso wenig im Halse stecken bleiben wie der Trauerklos. In unserer Gesellschaft hat es sich eingebürgert, Leben und Tod strikt zu trennen. Wir tun so, als wenn der Tod gar nicht zum Leben gehörte. In meinem Haus der menschlichen Begleitung in Bergisch Gladbach führe ich Leben und Tod unter einem Dach wieder zusammen. Wir holen den Tod ins Leben, bieten Trauernden die Gelegenheit „hinzuschauen“, sich mit Endlichkeit zu konfrontieren und vertraut zu machen. Eine unter Umständen befreiende Erfahrung. Wer hinschaut, schafft es, den Tod zu akzeptieren und darüber einen besonderen Blick auf das eigene Leben zu gewinnen. Wenn Leben, Tod und Trauer unter einem Dach eine gemeinsame Heimat finden, dann ist es eigentlich selbstverständlich, dass in diesem Haus beider Art Gefühle – eben Trauer und Freude – willkommen sind. Tränen der Trauer und Tränen der Freude. Über die Ausdrucksform des Kabaretts gelingt es, so habe ich es zumindest die letzten zehn Jahre erlebt, Menschen für das Thema Sterblichkeit zu öffnen, Menschen, die leben, als würde es den Tod überhaupt nicht geben, Menschen, die ihre eigene Sterblichkeit ignorieren und damit auch keinen Zugang zu einem erfüllten Leben finden. Die Auseinandersetzung mit der eigenen Sterblichkeit löst Emotionen aus. Emotionen erzeugen Bewegung, führen zu Handlungen und eventuell zu Veränderungen. Andere Werte werden bedeutsam, Werte jenseits von cool sein, smart sein, Egoist sein. Die Idee zum „Tod im Rheinland“ hatte ich vor zehn Jahren, als ich nach neuen Wegen suchte, um Menschen anzusprechen, denen es schwer fiel, sich mit dem Thema Tod auseinander zu setzen. Ich beauftragte damals Martin Stankowski und Rainer Pause, für das Haus der menschlichen Begleitung ein Stück zu schreiben, das dann in den Räumen aufgeführt werden konnte, in denen es sonst um Trauer und Tod ging. Oberstes Gebot war natürlich, die Gefühle der Trauernden und die Würde der Toten nicht zu verletzen. Ich bin damals mit Martin Stankowski und Rainer Pause über Friedhöfe gewandert, wir haben die einschlägigen Bestattermessen besucht, ich haben den beiden einen Einblick in eine Branche verschafft, die Licht und Schatten kennt, auch wenn in der Öffentlichkeit häufig nur der Schatten zur Kenntnis genommen wird. Dies war der Auftakt zu einer sehr erfolgreichen Veranstaltungsreihe, für die ich auch Hans Dieter Hüsch mit seinem Stück „Vom Essen und vom Sterben“ gewinnen konnte. Ihr Fritz Roth | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Denkanstoß 18 – Nicolas Paul Morgenstern – Totgeburt männlichen Geschlechts | Was haben Sie am 29. Juli 1997 gemacht? Dieser Tag war für die meisten Menschen in Deutschland ein ganz gewöhnlicher Sommersamstag. Das schöne Wetter lud dazu ein, früh aufzustehen, über den Markt … mehr. | Was haben Sie am 29. Juli 1997 gemacht? Dieser Tag war für die meisten Menschen in Deutschland ein ganz gewöhnlicher Sommersamstag. Das schöne Wetter lud dazu ein, früh aufzustehen, über den Markt zu schlendern und Einkäufe für das Wochenende zu erledigen. Viele Mütter packten die Badesachen ein und radelten mit ihren Kindern ins Schwimmbad, Väter polierten ihre Autos, werkelten im Haus oder mähten den Rasen. Ina erinnert sich noch sehr gut an den 29. Juli 1997 und die glücklichen Tage und Wochen davor. Sie freute sich auf die Geburt ihres ersten Kindes. Sie wusste bereits, dass es ein Junge werden würde, seinen Bewegungen zufolge mindestens ein Kickboxer. Wenn ihr Sohn sich nicht bewegte, horchte Ina in sich hinein: Ob er wohl schläft? Lauscht er der Musik? Hört er meiner Stimme zu? Manchmal zeichnete sich auf dem großen runden Bauch eine kleine Auswölbung ab, dann dachte sie: Das könnte seine Hand oder sein Knie sein, er wird langsam zu groß für meinen Bauch. Jetzt ist es bald soweit. Der 29. Juli 1997 sollte der schönste Tag ihres Lebens werden. Es wurde der traurigste Tag im Leben von Ina Morgenstern. Um 8.08 Uhr kam ihr Sohn zur Welt. Er schrie nicht. Er strampelte nicht. Er atmete nicht. Er lebte nicht. Inas Kind war tot, als es geboren wurde. Der Geburtstag war gleichzeitig der Todestag. Der 29 Juli 1997 wurde zum Geburts- und Todestag von Nicolas Paul Morgenstern. Der Schicksalstag im Juli 1997 war nicht nur ein Tag unbeschreiblicher Trauer, er wurde auch zum Beginn einer unsäglichen Odyssee durch Behörden, Ämter und Ministerien. Auf dem Standesamt wurde aus Nicolas Paul Morgenstern die „Totgeburt männlichen Geschlechts“. Der Beamte weigerte sich, den Namen ins Stammbuch einzutragen. Ina Morgenstern war nicht bereit, das hinzunehmen. Sie wollte, dass ihr Kind einen Namen bekommt und dieser Name auch offiziell anerkannt wird. War das Leben, das Nicolas neun Monate in ihr geführt hatte, es nicht wert, beim Namen genannt zu werden? Er war ein Mensch, ihr Sohn, ein Familienmitglied! Ina Morgensterns Kampf um den Namen ihres Kindes führte sie bis zum Bundespräsidenten. Auch der war nicht bereit zu helfen. Als besondere Ironie des Schicksals muss die Tatsache bezeichnet werden, dass ein halbes Jahr nach Nicolas Morgensterns Tod das Personenstandsgesetz geändert wurde und Kinder, die tot auf die Welt kommen, seitdem mit Namen ins Stammbuch eingetragen werden dürfen. Leider gilt dieses Gesetz nicht rückwirkend. Aber Ina wird nicht aufgeben. Nicolas gehört zur Familie. Ina kämpft dafür, dass das auch offiziell anerkannt wird. Ich unterstütze Ina, da ich als Trauerbegleiter weiß, wie wichtig es ist, sich traumatischen Erlebnissen wie dem Verlust eines Kindes zu stellen. Für die Mutter ist die Anerkennung des Namens ein wichtiges Symbol. Sie möchte, dass Nicolas Teil ihrer Familienchronik wird. Für die Behörden wäre der Eintrag ein kleiner Verwaltungsakt. Ein kleiner Schritt eines Beamten, der eine Mutter sehr glücklich machen würde. Ihr Fritz Roth | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Denkanstoß 17 – Liebe geht durch den Magen | Trauerliebe übrigens auch. Wenn ein geliebter Mensch stirbt, bricht alles zusammen. Viele Trauernde scheitern in ihrem Schmerz oft an ganz einfachen Dingen. Kochen zum Beispiel. Ein Reporter des SPIEGEL hat mich unlängst … mehr. | Trauerliebe übrigens auch. Wenn ein geliebter Mensch stirbt, bricht alles zusammen. Viele Trauernde scheitern in ihrem Schmerz oft an ganz einfachen Dingen. Kochen zum Beispiel. Ein Reporter des SPIEGEL hat mich unlängst gefragt, ob das heißen solle, dass die Leute dann nicht mehr wüssten, wie man sich ein Spiegelei brät? Natürlich wissen sie das. Aber wissen heißt eben nicht, dass man den Alltag auch reibungslos meistern kann. Trauernden fehlt es häufig an Kraft, Motivation und Lust, für sich allein zu kochen. In meinem Kochseminar geht es nicht darum, das kleine Einmaleins des Kochens zu lernen. Es geht um das Beisammensein – um Kommunikation. Wir kochen die Lieblingsgerichte der Verstorbenen. Oder Gerichte, die an gemeinsam erlebte Festtage erinnern. Beim Essen werden dann die dazugehörigen Geschichten erzählt und Erinnerungen geteilt. Für viele Teilnehmer ist es das erste Mal, dass sie über ihren Verlust mit anderen sprechen können, die ein ähnliches Schicksal teilen. Das wirkt befreiend und hilft zurück auf den Weg ins eigene Leben. Essen und Leben sind untrennbar miteinander verbunden. „Ich esse, also lebe ich.“ Dieses Credo begegnet uns in einer alten Tradition, die zum Glück noch nicht ganz in Vergessenheit geraten ist. Nach einer Beerdigung laden die Angehörigen die Trauergemeinde oft zum Kaffeetrinken und einem Imbiss ein. Der Leichenschmausist ein sehr alter Brauch, dessen Ursprung vermutlich in religiösen Riten zu suchen ist. Im frühen Christentum wurde die Mahlzeit als Bezahlung für Gebete angesehen, da man glaubte, dass die Seele eines Verstorbenen auf die Fürbitte der Lebenden angewiesen war. Der Leichenschmaus hatte auch eine soziale Funktion. Wenn die Familie mit Verwandten, Nachbarn und Freunden zusammenkam, wurde auch die „neue Ordnung“ innerhalb der Familie demonstriert. An die Stelle des Vaters trat der Sohn. Die Rolle der Mutter ging an die Töchter bzw. Schwiegertöchter über. Und es gab auch einen ganz pragmatischen Anlass für diese Mahlzeit, schließlich kamen einige Verwandte von weit her angereist und ihre Verpflegung war schlicht erforderlich. Heute steht bei dem Essen nach der Beisetzung, ob Totenmahl oder Trauerkaffee, das Zusammensein im Vordergrund. Es ist eine Gelegenheit, den Schmerz zu teilen aber auch gemeinsam das Leben zu feiern. Eben – „ich esse, also lebe ich“. Die Begegnung mit lieben Freunden und Verwandten ist für die Trauernden tröstend. Um Trost und Zuwendung geht es natürlich auch in meinem Kochseminar. Fast immer erzählen die Teilnehmer ihre persönlichen Geschichten zu dem selbst gekochten Essen. Dieses Sich-öffnen-Können, in der Gesellschaft von Menschen, die die Erfahrung des Verlustes teilen, ist für die Teilnehmer eine wichtige Erfahrung und kann eine große Hilfe sein, neuen Lebensmut zu schöpfen. | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Lebensmut durch Gaumenfreude | Bergisches Journal | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Denkanstoß 16 – Der letzte Weg | Als vor einigen Jahren im hessischen Ebsdorf der Zimmermann Willi Klein zu Grabe getragen wurde, war das ganze Dorf auf den Beinen. Fahnen- und Standartenträger schritten den Sargträgern voraus. Hinter dem Sarg … mehr. | Als vor einigen Jahren im hessischen Ebsdorf der Zimmermann Willi Klein zu Grabe getragen wurde, war das ganze Dorf auf den Beinen. Fahnen- und Standartenträger schritten den Sargträgern voraus. Hinter dem Sarg gingen die nächsten Angehörigen: Willis Gattin Melanie – mit der er im nächsten Jahr goldene Hochzeit gefeiert hätte –, die Söhne Thomas und Klaus, deren Ehefrauen und die zahlreichen Enkelkinder. Auf die Familienangehörigen folgten Zimmerleute aus der ganzen Umgebung, die allesamt in ihrer Tracht erschienen waren. Nachbarn und Freunde bildeten den Abschluss des Trauerzuges, der nicht etwa, wie heute leider üblich, nur wenige Schritte von der Trauerhalle zum Grab führte. Willi Klein war zu Hause im Kreise der Familie gestorben. Und so bewegte sich der Trauerzug von WillisBungalow im Pfortengartenweg zur Wehrkirche in die Dorfmitte – wo die Trauerfeier stattfand – und von dort zum Friedhof am Rande von Ebsdorf. Es war heiß an diesem Julitag. Gemeinsam schwitzten die Trauergäste in der Sonne. Die Ebsdorfer trugen ihren Willi Klein an den Häusern vorbei, deren Dachstühle er gezimmert hatte. Und so mancher lächelte, wenn er an den alten „Kleen“ dachte, der sich so geschickt zwischen dem Gebälk bewegen konnte und in seinem Leben unzählige Nägel in dicke Eichenbalken getrieben hatte. Noch heute leuchten die bieberschwanzgedeckten Dächer rot und schnurgerade und schützen die Ebsdorfer vor Regen und Kälte. „De aale Kleen, dos wor schut enner, der konnt orbeide!“ erzählen die Alten und nicken anerkennend. Und dann schwärmen sie von dem schönsten Trauerzug, der je durch ihre Stadt führte, damals im Juli. Ortswechsel. Queen Mum wurde in London mit allen Ehren zum Palast von Westminster geleitet. Hinter der Geschützlafette mit dem Sarg gingen die Royals: Prinz Charles und seine Söhne William und Harry, Prinz Philip und die Enkel der Verstorbenen, Anne, Andrew und Edward. Mehrere hunderttausend Menschen säumten an diesem sonnigen Tag die Straßen. Die Zeremonie wurde vom Fernsehen in alle Welt übertragen. Auch als die niederländische Königinmutter Juliana verstarb, wurde ihr zu Ehren ein Trauerzug organisiert, der bis nach Delft in die 400 Jahre alte Krypta der Familie führte. Auch in Holland nahmen Hunderttausende auf der Straße von der ehemaligen Königin Abschied. Weniger prunkvoll aber mit genauso großer Anteilnahme wurden früher auch die „Normalsterblichen“ in Trauerzügen durch Dörfer und Städte getragen. Nicht nur Familienangehörige, Freunde und Nachbarn reihten sich ein. Es war Sitte, dass aus jedem Haus und jeder Familie jemand sich dem Trauerzug anschloss. So erreichten auch die bürgerlichen Trauerzüge eine stattliche Länge. Trauerzüge sind heute nur noch bei gekrönten Häuptern üblich. Ansonsten wurde der Tod aus unserem Stadtbild verdrängt. Mit der Einführung der Leichenhäuser als Aufbewahrungsort der Toten reduzierte sich der Leichenzug auf den Weg von der Friedhofshalle zum Grab. Die Kirchen sehen es für gewöhnlich nicht gerne, wenn Tote zur Aussegnung vor ihren Altären aufgebart werden und da immer weniger Menschen zu Hause sterben, ist die gute alte Tradition des Leichenzuges in den letzten Jahren immer mehr eingeschlafen. Eigentlich schade. Hier ist uns ein lebendiges Stück Trauerkultur verloren gegangen. Wenn im alltäglichen Leben der Tod nicht mehr erfahrbar ist, fällt es schwer, mit ihm natürlich umzugehen. Ihr Fritz Roth | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Denkanstoß 15 – Hygienisch einwandfrei und gesetzestreu | Ägypter, Römer, Hethiter, Skythen – kein altes Kulturvolk wäre auf die Idee gekommen, Verstorbene ohne Grabbeigaben auf die letzte Reise zu schicken. Im Grab des Bogenschützen von Stonehenge (2300 v. Chr.) wurden … mehr. | Ägypter, Römer, Hethiter, Skythen – kein altes Kulturvolk wäre auf die Idee gekommen, Verstorbene ohne Grabbeigaben auf die letzte Reise zu schicken. Im Grab des Bogenschützen von Stonehenge (2300 v. Chr.) wurden rund 100 Gegenstände gefunden. Darunter waren goldene Haarspangen, Kupfermesser, Pfeilspitzen und Töpferware. In einem Grab aus der Eisenzeit in Offenbach-Bieber wurde ein Mädchen mit einem Knochenkamm, Amuletten aus Muscheln und Glasperlen, sowie einer eisernen Schere bestattet. Grabbeigaben sind Zeugen der Zeit, sie spiegeln den Totenkult, den Glauben oder auch Aberglauben, das Leben und seine Bedingungen, sowie die Entwicklung der Gesellschaft wider. Wenn unsere Vorfahren so mit Tod umgegangen wären wie wir heute, würden wir viel weniger über ihre Kultur wissen. Was werden in 500 Jahren unsere Gräber über uns aussagen? Ich behaupte, man wird dann allenfalls einen Zettel im Grab vorfinden – darauf steht: „Wir waren hygienisch einwandfrei und gesetzestreu!“ Schreibt uns der Gesetzgeber nicht vor, unsere Toten wie Sondermüll möglichst schnell zu entsorgen? Auch die meisten Bestatter drängen zu einer schnellen Lösung des „Problems“. Sie verkaufen lieber Totenhemden, als den Trauernden zu raten, sich über die Auswahl von Lieblingskleidung und Grabbeigaben, die dem Verstorbenen im Leben wichtig waren, mit dem Tod des geliebten Menschen auseinander zu setzen. Als meine Mutter gestorben ist, sie war eine alte Bäuerin, da haben wir ihr erst einmal die Sachen angezogen, die ihr wichtig waren. Dann haben wir ihr das Plumeau und den Bettbezug in den Sarg gelegt. Wir haben ihr all die Dinge mitgegeben, die ihr im Leben etwas bedeutet und ihr Spaß gemacht haben. Meine Mutter hatte einen „grünen Daumen“, sie brauchte nur einen Stock in die Erde zu stecken und schon begann er zu blühen. Also haben wir ihr alle Blumen des Bauerngartens mitgegeben, aber nicht nur die Blumen, sondern auch die dazugehörigen Samentütchen mit der Beschreibung des Samens, ihr Gartenhäckchen, ihre Gartenzeitung und ihre Gartenschürze. Und meine Mutter aß gerne Shrimp-Cocktail und so bin ich am letzten Tage noch mal hingegangen und habe ihr in den Sarg eine Portion Shrimp-Salat gelegt. Die Auswahl der Grabbeigaben und das Hineinlegen dieser letzten Geschenke in den Sarg ermöglicht einen ganz besonderen Umgang mit Trauer, der nichts mit der Ex-und-hopp-Mentalität unserer Gesellschaft zu tun hat. Man bekommt so die Chance, noch mal darüber nachzudenken, was im Leben des Verstorbenen wichtig war, was hat er/sie gerne gegessen, was hat er/sie gerne angezogen, was hatte er/sie für Hobbies? Die Symbole dafür werden in den Sarg gelegt – das sind ganz einfache Dinge. Mit großer Wirkung. Trauer bedeutet auch, sich selbst den Unterschied zwischen Tod und Leben klarzumachen, zu erfahren, was es heißt, zu leben und zu akzeptieren, dass unser Leben begrenzt ist und das Leben deshalb etwas sehr Kostbares ist. Wäre das nicht eine schöne Nachricht an die, die da später kommen und aus unseren Gräbern etwas über unsere Kultur erfahren möchten. Ihr Fritz Roth | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Denkanstoß 14 – Ab in die Grube | Katharina Kampmann, stolze 84 Jahre alt und eine fidele kleine Stadtlady, ist mit Leib und Seele Kölnerin. Das Rheinland ist ihre Heimat, Köln Mühlheim seit den 60er Jahren ihr Lebensmittelpunkt. Frau Kampmann … mehr. | Katharina Kampmann, stolze 84 Jahre alt und eine fidele kleine Stadtlady, ist mit Leib und Seele Kölnerin. Das Rheinland ist ihre Heimat, Köln Mühlheim seit den 60er Jahren ihr Lebensmittelpunkt. Frau Kampmann liebt den Ort „op d’r schäl Sick“ mit seinem Märchenbrunnen im Stadtgarten und der Lutherkirche im alten Ortskern – den Kölner Dom natürlich immer in Sichtweite. Katharina Kampmann ist ziemlich fit für ihr Alter, sie schafft es problemlos einzukaufen, zu kochen, für sich zu sorgen. Mit ihrer Tochter Carina, die in Augsburg lebt, hält sie telefonisch Kontakt. Pünktlich jeden Samstag um 9:30 Uhr klingelt das Telefon. Ein Fernplausch nach dem Frühstück. Ein festes Ritual. Als am letzten Samstag das Telefon stumm bleibt, hat Carina gleich ein ungutes Gefühl. Sie bittet den Hausmeister, nach ihrer Mutter zu sehen. Herr Lehmann findet Katharina Kampmann in ihrem Bett. Sie ist in der Nacht gestorben, der Arzt trägt Herzversagen in den Totenschein ein. Noch bevor Carina sich ins Auto setzt, Im Nachhinein betrachtet, nahm er Carina Kampmann das Heft völlig aus der Hand. Er drängte zur schnellen Auswahl eines Sarges, kleidete ihre Mutter in ein Totenhemd und empfahl, sich den Leichnam nicht noch einmal anzuschauen. Der Kollege gab Carina den Rat, ihre Mutter so in Erinnerung zu behalten, wie sie zu Lebzeiten war. Erst als Carina darauf bestand, ihre Mutter noch einmal zu sehen, öffnete der Bestatter in der Leichenhalle kurz vor der Beerdigung noch einmal den Sarg. Ein richtiger Abschied war das nicht. Carina Kampmann bereut noch heute, dass sie sich für den Abschied nicht mehr Zeit genommen hat. Sie hätte gerne einige Stunden am Totenbett ihrer Mutter gesessen. Hätte sich gerne in der Wohnung ihrer Mutter, wo jeder Sessel, jede Tasse, jedes Bild voller schöner Erinnerungen steckt, mit dem Verlust und der Trauer auseinander gesetzt. Das Schicksal von Carina Kampmann steht stellvertretend für das Schicksal vieler trauernder Angehöriger in Deutschland. Trauer hat bei uns keine Heimat mehr. Bestatter und Behörden schreiben vor, wie man mit dem Verlust eines geliebten Menschen umzugehen hat. Kaum einer rät den Trauernden, die zu ihm kommen, sich Zeit zu lassen, den Toten zunächst noch in den eigenen vier Wänden, in vertrauter Umgebung zu behalten. Denn es gilt: Räume, die gut sind für die guten Stunden, sind dreimal so gut für die schweren Stunden. | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Denkanstoß 13 – e-Trauer | Verena K. ist eine aktive junge Frau, die ihr Leben im Griff hat. Das heißt, sie hat es wieder im Griff. Ihre Ehe mit Paul war perfekt. Paul war ein Gewinner, ein … mehr. | Verena K. ist eine aktive junge Frau, die ihr Leben im Griff hat. Das heißt, sie hat es wieder im Griff. Ihre Ehe mit Paul war perfekt. Paul war ein Gewinner, ein Karrieremensch, ein Bild von einem Mann. Verena, die Powerfrau, Hürdenläuferin und erfolgreiche Immobilienmaklerin, schwebte im siebten Himmel. Die Hochzeit fand standesgemäß auf Capri statt. Zum 30. Geburtstag schenkte ihr Paul einen 5-Karäter. Sie hatten das Gefühl, unsterblich zu sein. Paul wurde nur 38 Jahre alt. Der Gehirntumor war inoperabel. Verena war bei ihm, als er vor drei Jahren starb. Verena gehört nicht zu den Menschen, die Schwäche zulassen, geschweige denn, zeigen können. Ihre Kollegen bat sie damals, nicht über Paul zu sprechen, ihrer Familie ging sie aus dem Weg. Sie wollte allein mit dem Schmerz fertig werden. Augen zu und durch. Verena deckte sich mit Arbeit ein, ging jeden Abend ins Fitnessstudio, zog bis spät nachts mit Freunden um die Häuser. Sie überforderte sich ganz bewusst, um der Trauer zu entkommen. Es war am einem Sonntagmorgen im Dezember 2002, Verena war zum Brunch verabredet. Als der Wecker klingelte und sie die Augen aufschlug, war es so, als würde eine zentnerschwere Last ihren Körper aufs Bett drücken. Sie konnte kaum atmen. Ihr Hausarzt Frank R., ein guter Freund von Paul, ahnte, dass ihr Schwächeanfall keine körperliche Ursache hatte. Verena war auf dem besten Weg, depressiv zu werden. Frank bat sie, über ihre Gefühle zu reden und die Trauer um Paul zuzulassen. Aber Verena wollte nicht. Ihr Kummer ging keinen der Freunde etwas an. „Wenn du nicht darüber reden kannst, vielleicht kannst du ja darüber schreiben“, schlug Frank vor, „Oder schau doch mal im Internet, da gibt es bestimmt Foren zum Thema Trauer. Alles garantiert anonym“. Abends schaltete Verena ihren Computer ein – und wurde fündig. In einem Forum fand sie Einträge, die genau das beschrieben, was sie nicht ausdrücken konnte. Anfangs noch zaghaft und passiv, las sie nur die Einträge mit. Dann schaute sie immer öfter nach, ob neue Beiträge vorhanden wären. Nach einiger Zeit schrieb sie ihren ersten eigenen Eintrag und erhielt auch bald Reaktionen darauf. Von Menschen, die sie verstanden, die ähnliche Schicksalsschläge erlitten hatten. So unterschiedlich die Schicksale der Teilnehmer auch waren, so hatten doch eins gemeinsam: Das Forum war ihr erster Schritt aus der Isolation, heraus aus der Sprachlosigkeit. Heute ist Verena wieder so aktiv wie früher. Ab und zu besucht sie ihre „alten“ Forumsfreunde im Netz, wenn es ihr gerade besonders gut geht. Dann kann sie auch den „neuen“ Trauernden Mut machen und davon erzählen, wie sie es geschafft hat, über das Schreiben ins Leben zurückzufinden. Ihr Fritz Roth | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Denkanstoß 12 – Andy kommt nicht mehr. | Unruhe in der Firma. Andy Schubert, Art Director einer großen Werbeagentur, ist heute Morgen nicht zum Meeting erschienen. Der Kunde ist sauer und der Auftrag in Gefahr. Sein Boss Werner Herweg schnappt … mehr. | Unruhe in der Firma. Andy Schubert, Art Director einer großen Werbeagentur, ist heute Morgen nicht zum Meeting erschienen. Der Kunde ist sauer und der Auftrag in Gefahr. Sein Boss Werner Herweg schnappt sich das nächstbeste Telefon und ruft bei den Schuberts an. Plötzlich wird der Chef nachdenklich, sein Ärger weicht stiller Anteilnahme: Andy Schubert ist tot. Ums Leben gekommen bei einem Verkehrsunfall auf der 5 auf dem Weg in die Agentur. Eine halbe Stunde später haben die Bildschirmschoner die Herrschaft in der zweiten Etage übernommen. Niemand kann jetzt arbeiten. Fassungslos stehen die Kollegen in den Fluren, Sätze wie „bitte, WAS ist passiert?“ Jedes Jahr gibt es beinahe eine Million Sterbefälle in Deutschland. Das bedeutet beinahe eine Million Mal trauernde Angehörige, die natürlich auch Mitarbeiter und Kollegen sind. Zwei Tage Sonderurlaub werden nächsten Angehörigen in der Regel gewährt, dann hat man wieder voll funktionsfähig am Arbeitsplatz zu erscheinen. Wer kann schon in zwei Tagen den Schock über den Verlust eines geliebten Menschen verarbeiten und zur Tagesordnung übergehen? Im Büro ist für Privates nur wenig Raum. Ich behaupte, durch unterdrückte, Die Personalabteilung verfasst eine Todesanzeige für die örtliche Zeitung, jemand geht durch die Büros und sammelt Geld für einen Kranz. „Letzte Grüße, deine Firma“. Es gibt vielleicht einen Aushang am schwarzen Brett. Für die Beerdigung werden die Kollegen ein paar Stunden freigestellt. Das war’s? Das ist Andys Chef nicht genug. Werner Herweg will nach dem Tod von Andy Schubert nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, er will seinen Mitarbeitern in diesen schweren Wochen zeigen, dass sie nicht nur als Kolleginnen und Kollegen geschätzt, sondern auch als Menschen geachtet werden, dass sie mehr sind als Namenschilder an Office-Türen, die sich nach Belieben austauschen lassen. Herweg legt im Empfangsbereich der Firma ein Kondolenzbuch aus, in dem sich schon nach kurzer Zeit die Seiten füllen. Oft steht da einfach nur: „Ich denke an dich. Du fehlst uns.“ Der Chef selbst schreibt ein ganzes Dossier hinein, in dem er die Verdienste des Kollegen für die Firma würdigt, aber auch seine Macken, seinen Humor, seine Sensibilität und Freundlichkeit erwähnt. Dann lässt Werner Herweg auf dem schmalen Grünstreifen, der das Gebäude vom Parkplatz trennt, eine Birke pflanzen. Mittlerweile sind zwei Jahre vergangen. Wenn die Mitarbeiter der Agentur heute an der jungen Birke vorbeikommen, deren Blätter in der Sonne leuchten, werden sie nicht nur an Andy Schubert erinnert. Sie werden auch daran erinnert, dass hinter ihrem toughen, erfolgshungrigen Chef ein Mensch steckt, der Gefühle zulässt Die gemeinsame Trauer um Andy Schubert hat bewirkt, dass die Abteilung von Werner Herweg noch enger zusammengerückt ist. In der Agentur gilt sie als eingeschworener Haufen, das kleine „gallische Dorf“ in der zweiten Etage. Das hätte Andy gefallen. Ihr Fritz Roth | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Wir lassen uns die Toten stehlen | Evangelischen Kirchen Zeitung | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Trauern und Tafeln | Kölner Express | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Denkanstoß 11 – Fünf Tage Abschied | Sechsunddreißig Stunden gewährt der Gesetzgeber im Schnitt, um sich zu Hause von seinem verstorbenen Angehörigen zu verabschieden. Warum es gerade sechsunddreißig sind? Diese Frage wird Ihnen niemand beantworten können. Der Prozess der … mehr. | Sechsunddreißig Stunden gewährt der Gesetzgeber im Schnitt, um sich zu Hause von seinem verstorbenen Angehörigen zu verabschieden. Warum es gerade sechsunddreißig sind? Diese Frage wird Ihnen niemand beantworten können. Der Prozess der Zersetzung, des Verfalls, hält sich jedenfalls nicht an die Vorgaben der Bestattungsgesetze. Während der ersten drei Tage werden Veränderungen sichtbar (die Haut wird blass, die Wangen fallen ein, die Totenstarre tritt ein), die unumstößlich und ganz natürlich zu unserem Dasein dazu gehören. Wird der Tote in einem kühlen Raum aufgebahrt, halten sich die fremden Gerüche, die durch Gärungs- und Fäulnisprozesse im Körper entstehen, in Grenzen. Mir sind Fälle bekannt, wo Verstorbene über eine Woche im Kreise der Trauernden verblieben sind – eben so lange, bis die Familie bereit war loszulassen, den Toten zur letzten Ruhe zu betten. Darf Jürgen Fliege seine tote Mutter fünf Tage in der Wohnung behalten? Schauriger Skandal oder notwendiger Tabubruch? Hat sich der TV-Pfarrer da nicht ein bisschen viel Zeit gelassen, um von seiner Mutter Abschied zu nehmen? Um etwas so Unfassbares wie den Tod zu begreifen, braucht man Zeit und man braucht einen Raum, in den man sich zurückziehen kann. Warum darf dieser Trauerraum kein Raum in der eigenen Wohnung oder im eigenen Haus sein – wo man gemeinsam gelebt, geliebt und vielleicht auch gelitten hat? Es gibt keinen Ort, der uns vertrauter wäre, als die eigenen vier Wände. Über 80% der Menschen sterben heutzutage im Krankenhaus. Was soll makaber oder verwerflich daran sein, den Trauernden die Möglichkeit zu geben, in vertrauter Umgebung mit ihrem Verlust fertig zu werden? Warum das Begreifen und schließlich das Abschiednehmen Nach meiner Erfahrung kommt man über das Leid und den Schmerz, den ein Todesfall verursacht, besser hinweg, wenn man begreift und damit akzeptiert, dass etwas Endgültiges, Unumstößliches geschehen ist. Dieser Mensch wird nicht wieder lebendig. Um diese Tatsache zu akzeptieren, hilft es Trauernden zu sehen, zu fühlen, zu riechen – mit allen Sinnesorganen wahrzunehmen – dass dieser Mensch tot ist. Ich rate den Menschen, die zu mir kommen, es zu wagen, diese Erfahrung zu machen. Sich Zeit dafür zu nehmen. Wie lange, das bleibt jedem selbst überlassen. Ob ein, zwei oder fünf Tage – der Trauernde weiß genau, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, den Sarg zu schließen. Fritz Roth | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Denkanstoß 10 – Mein letzter Wille | Von der Wiege bis zur Bahre – alles organisiert und reglementiert. Schulnoten, Ausbildungszeugnisse, Magister, Diplome, der Führerschein – die Liste der Schriftstücke, die Ordnung in unser Leben bringen, ist beinahe endlos. Und … mehr. | Von der Wiege bis zur Bahre – alles organisiert und reglementiert. Schulnoten, Ausbildungszeugnisse, Magister, Diplome, der Führerschein – die Liste der Schriftstücke, die Ordnung in unser Leben bringen, ist beinahe endlos. Und dabei haben wir das Kontrollheft für die Zahnarztbesuche und das Bonusheft vom Fotoladen noch gar nicht eingerechnet. Abgestempelte Ausdrucke unseres Lebens, bis der Arzt die Unterschrift unter den Totenschein setzt. Wir müssen im Leben so viele Dinge rechtzeitig planen und regeln. Da wird einem einiges abverlangt! Von der Wahl der richtigen Krankenkasse bis hin zur privaten Altersvorsorge. Das Leben, die Krankheit, das Alter – wir versuchen die Fäden in der Hand zu behalten, solange es eben geht. Kommt das Thema dann doch mal auf den Tisch, bekommt man häufig als Antwort: „Ja, natürlich sollte ich ein Testament machen“. Aber, wer beschäftigt sich schon gerne mit dem Tod und dann noch mit dem eigenen. Gerne verdrängt man die Tatsache, dass es einen selbst irgendwann treffen wird. Dabei kann die Auseinandersetzung mit dem Tod das Leben durchaus bereichern. Memento Mori – Erst durch den Tod wird uns klar, dass unsere Zeit begrenzt ist, dass wir eben nicht unsterblich sind. Viele Menschen scheinen auch die Befürchtung zu haben, man fordere mit der Unterschrift unter ein Testament den Tod sozusagen direkt an und bekomme ihn postwendend zugestellt. Noch schwerer tun sich die meisten Leute mit der Regelung der Totenfürsorge. Wer entscheidet, was im Fall der Fälle passieren soll? Wer zu Lebzeiten nicht festlegt, wie er zum Beispiel bestattet werden möchte, bürdet seinen Angehörigen unter Umständen eine schwere Entscheidung auf. Ein Schriftstück, das die Totenfürsorge regelt, entlastet in der schweren Stunde der Trauer. Angehörige haben, wenn alles zu Lebzeiten festgelegt wurde, eher das Gefühl, dem Verstorbenen noch einen letzten Wunsch zu erfüllen. Man kann die Totenfürsorge auch Dritten übertragen, falls man keine Angehörigen mehr hat oder die Familienmitglieder sich nicht besonders nahe stehen. Sie möchten doch bestimmt lieber von Ihrem besten Freund als von einer Behörde zur letzten Ruhe gebettet werden. Testamente und Verfügungen kann man beim Notar hinterlegen, muss man aber nicht. Sie können auch formlos verfasst und jederzeit widerrufen oder geändert werden. Auf jeden Fall sollte man dafür sorgen, dass sie nach dem Tod möglichst schnell in die richtigen Hände fallen. Mit einem Testament und einer Verfügung über die Totenfürsorge regelt man nicht nur seine letzten Angelegenheiten. Man nimmt den Angehörigen auch eine schwere Last von den Schultern. Fritz Roth | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Tod als Thema auf der Leinwand | Kölner Stadt-Anzeiger | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Denkanstoß 9 – Wir sind doch zum Schweigen erzogen worden | Kriegskinder – so werden jene Kinder genannt, die den Krieg als Kind erlebt oder die während des Krieges geboren wurden. Tod und Leiden gehörten zu den ersten Erfahrungen in ihrem jungen Leben. … mehr. | Kriegskinder – so werden jene Kinder genannt, die den Krieg als Kind erlebt oder die während des Krieges Kriegskindern wurde geraten, nicht über den Schrecken, den sie gesehen haben, nachzudenken – alles zu Das Interesse am Austausch der Kriegskinder untereinander wächst, nun da viele von ihnen den oft nötigen Eine Gelegenheit dazu finden Sie am 05. Juni 2003 in der Privaten Trauerakademie Fritz Roth in Bergisch Aufgrund des großen Interesses findet dort die zweite Tagung „Eine unauffällige Generation und die vergessene Ihr Fritz Roth | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Koch-Seminar für Trauernde – Der Tod als Lehrmeister des Lebens | Kölner Stadt-Anzeiger | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Die Chance, das Unfassbare zu begreifen | Schwäbische Zeitung | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Friedhöfe spiegeln den Familien-Wandel wider | WAZ Essen | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Denkanstoß 8 – Das letzte Hemd hat keine Taschen | So spricht der Volksmund und zwar immer dann, wenn es mal wieder ansteht, sich dafür zu entschuldigen, dass man gerade sein Geld mit vollen Händen zum Fenster raus wirft. Bedenkt man, was … mehr. | So spricht der Volksmund und zwar immer dann, wenn es mal wieder ansteht, sich dafür zu entschuldigen, dass man gerade sein Geld mit vollen Händen zum Fenster raus wirft. Bedenkt man, was ein Totenhemd bei uns Bestattern häufig kostet, steckt in dem Halbsatz vom Geld und dem Fenster jede Menge Ironie. Totenhemden sind teuer und dienen eigentlich nur einem Zweck: Posthum wird den Hinterbliebenen die Chance gegeben, ihre Wertschätzung und Liebe, oder insgeheim ihrem schlechten Gewissen dem Toten gegenüber Ausdruck zu verleihen. Sollten Wertschätzung und Liebe, und natürlich auch ein schlechtes Gewissen, nicht besser im Leben ihren Platz haben? Das Totenhemd, und das war nicht immer so, wurde wie alles was mit Sterben und Tod zu tun hat, von unserer Gesellschaft an den äußersten Rand verdrängt. Wohl kaum jemand stellt sich heutzutage zu Lebzeiten die Frage nach dem eigenen, ganz persönlichen letzten Hemd. Ist es dann passiert, sind die Angehörigen in ihrer Trauer und ihrem Schmerz häufig überfordert. Die Kleiderordnung für die letzte Ruhe bestimmt dann das Bestattungsgewerbe. Von schlicht bis extravagant – das Angebot ist vielfältig. Ob nun goldbestickt oder mit Rüschen verziert, in unserer konsumorientierten Ex- und Hoppgesellschaft gibt es nichts, was es nicht gibt. Nicht selten werden Hunderte von Euro für ein Totenhemd hingeblättert. Den Trauernden, die zu mir kommen, rate ich, den Verstorbenen in seinen vertrauten Kleidern zu beerdigen. Wenn man sich als Angehöriger die Zeit nimmt, sich vor den Kleiderschrank des verlorenen Menschen zu stellen und in Ruhe überlegt: In welchen Kleidern hat sie oder er sich wohlgefühlt – in welchen Kleidern hatten wir vielleicht sogar gemeinsam schöne Momente?, dann ist dies eine ganz persönliche Sache und auch ein Stück Trauerarbeit für den Hinterbliebenen. Die Angst, sich mit dem Tod zu beschäftigen, ist ein Phänomen, das in den letzten Jahrzehnten dazu geführt hat, dass Sterben und Tod aus dem Leben verbannt wurden. Wie wäre es, wenn wir jenen alten Ritus wieder aufleben lassen könnten, der einem bei manch altem Menschen, etwa in Osteuropa, noch immer begegnet? Ist es nicht ein faszinierender Gedanke, sich sein Totenhemd selbst zu nähen und es im Schrank mit der normalen Wäsche aufzubewahren, sozusagen als lebenslanges Memento Mori? Wem dieser Brauch in der heutigen Zeit widerstrebt, findet im jüdischen Glauben einen interessanten Denkanstoß: Nach alter jüdischer Tradition wird der Leichnam des Verstorbenen in ein schlichtes, leinenes Totenhemd ohne Taschen gekleidet. Im Tod sind alle sozialen Unterschiede aufgehoben. Fritz Roth | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Denkanstoß 7 – Ist der Tod showfähig? | Natürlich nicht! Gunther von Hagens, der „Schöpfer” der „Körperwelten”, scheint das anders zu sehen und wurde prompt von den Behörden in München mit Ausstellungs- und Auftrittsverbot belegt. Um es vorweg zu nehmen, … mehr. | Natürlich nicht! Gunther von Hagens, der „Schöpfer” der „Körperwelten”, scheint das anders zu sehen und wurde prompt von den Behörden in München mit Ausstellungs- und Auftrittsverbot belegt. Menschen einzuladen, sich mit dem Thema Tod und körperlicher Zerfall vertraut zu machen, halte ich dagegen für richtig und wichtig. Wer einen Toten gesehen, ihn angefasst hat, entwickelt ein anderes Verhältnis zu seinem eigenen Körper, zu seinem Leben und zu seinem Lebenswandel. Die Konfrontation mit dem Tod, das wahrhaftige Hinsehen, kann unser Leben bereichern, führt sie uns doch vor Augen, dass wir sterblich sind. Die Zuschauerzahlen der Körperwelten und die Nachfrage nach Eintrittskarten für eine öffentlich Sektion sind gigantisch. Es scheint also ein großes Interesse, ich würde sogar sagen, Neugierde an dem zu bestehen, was dort gezeigt wird. Bei einer Sektion zuzuschauen, vermittelt uns ein Gespür für unseren Körper, holt den Körper raus aus dem unverständlichen Vokabular der Mediziner. In diesem Sinne könnte man eine öffentliche Sektion sogar befürworten. Nur darf man sie nicht als Event inszenieren. Und man sollte der Versuchung widerstehen, durch eine mediale Ausschlachtung des Ereignisses Profite zu maximieren. Das Grimme Institut ruft im Zusammenhang mit von Hagens Ankündigung die Medien zur Zurückhaltung auf: "Es geht nicht um Wissenschaft und Aufklärung, sondern um die Inszenierung eines Spektakels, eines Medien-Hypes auf Kosten der Würde von Toten. Wir bitten Sie, auf die Übertragung bzw. Aufzeichnung eines solchen Leichenspektakels zu verzichten. Wir bitten Sie zugleich, die Berichterstattung auf das journalistisch noch vertretbare Mindestmaß zu beschränken und jedenfalls keine Bilder der Sektion selbst auszustrahlen". Ich glaube schon, dass es von Hagens um Aufklärung geht. Aber ich schließe mich dem Grimme Institut an: Es darf keine Inszenierung auf Kosten der Würde von Toten geben. Fritz Roth | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Denkanstoß 6 – Wir haben geweint, geweint, geweint… | Als Sabine T. erfuhr, dass sie schwanger war, hätte sie am liebsten vor Glück die buchstäblichen Luftsprünge gemacht. Das Kind, obwohl noch gar nicht geboren, rückte sofort an die erste Stelle in … mehr. | Als Sabine T. erfuhr, dass sie schwanger war, hätte sie am liebsten vor Glück die buchstäblichen Luftsprünge gemacht. Das Kind, obwohl noch gar nicht geboren, rückte sofort an die erste Stelle in ihrem Leben. Voller Vorfreude kauften sie und ihr Partner Reinhold Babykleidung und eine Wiege und gingen gemeinsam zur Schwangerschaftsgymnastik. Als auf dem Ultraschallbild zu erkennen war, dass Sabine und Reinhold eine Tochter haben würden, einigten sie sich sehr schnell auf einen Namen. Das Baby im Bauch der jungen Mutter war nicht bloß ein heranwachsender Fötus – das war ihr Kind: Annette. Auch Freunde und Verwandte merkten natürlich, dass da plötzlich ein neuer kleiner Mensch ein wichtiger, wenn nicht der wichtigste Teil in Sabines und Reinholds Leben geworden war. Rückblickend sagt Sabine über diese Zeit: „Die Schwangerschaft mit Annette waren die schönsten Monate meines Lebens“. Als die 30. Woche anbrach – bisher war die Schwangerschaft ohne Komplikationen verlaufen – geschah das Unfassbare: Annette starb im Mutterleib. Nun, nach dem so schmerzlichen Tod ihrer Tochter möchte Sabine über ihr verstorbenes Kind reden, sie möchte sich erinnern und um Annette trauern. Ihre Eltern verdrängen den schweren Schicksalsschlag, von ihnen hört Sabine Sätze wie „es hat ja noch gar nicht richtig gelebt“ oder „du bist noch jung, du kannst doch noch andere Kinder bekommen“. Ihre Freunde sind verunsichert, niemand traut sich, das Thema anzusprechen. Aber nicht nur Freunde und Verwandte wenden sich von der Not trauernder Eltern ab. Auch Ärzte und Schwestern im Krankenhaus, Pfarrer, Bestatter und Beamte sind häufig hilflos und überfordert. Statt die Betroffenen zu stützen, halten sich viele in ihrer eigenen Hilflosigkeit an Vorschriften und Gesetzen fest. Mit teilweise erschütternden Folgen. Nur zwei Beispiele: Hessen, 1999: Eine Mutter bringt Drillinge tot zur Welt. Zwei Kinder haben das Mindestgewicht von fünfhundert Gramm, das dritte nicht. Das zuständige Friedhofsamt will deshalb nur das Begräbnis von zwei Kindern zulassen. Ein Pfarrer erreicht schließlich, dass alle drei Kinder gemeinsam beerdigt werden dürfen. Berlin, 1993: Ein für den städtischen Friedhof zuständiger Beamter verfügt, dass ein gerade erst bestattetes, nur 460 Gramm schweres Baby wieder ausgegraben werden soll. Erst ein Machtwort des Bezirksbürgermeisters verhindert, dass diese Anordnung in die Tat umgesetzt wird. Den „richtigen“ Umgang mit betroffenen Eltern gibt es nicht. Sabine T. traf im Krankenhaus auf einen verständnisvollen Arzt, der sie nicht „schonte“, wie es früher üblich war. Nach der Geburt wurde ihr Annette auf den Bauch gelegt. Zusammen mit Reinhold konnte sie sich von der Kleinen verabschieden. Der Arzt ermutigte Sabine und ihren Mann, sich eigene Trauerrituale auszudenken und sich aktiv mit dem Verlust ihres geliebten Kindes auseinander zu setzen. Betroffene Eltern sollten sich trauen, Forderungen an Bestatter und Friedhofsverwaltungen zu richten. Es darf nicht davon abhängen, ob ein Kind über 500 Gramm wiegt, damit es bestattet werden darf. Wir brauchen keine Bestattungspflicht. Was trauernde Eltern brauchen, ist ein Bestattungsrecht. Fritz Roth | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Denkanstoß 5 – Vom Winde verweht | Franz R. war sein Leben lang Kapitän des Containerschiffs Augusta. Der Rhein war sein Zuhause. Als echte Wasserratte war es für ihn unvorstellbar, irgendwann an Land begraben zu werden. Franz R. verfügte … mehr. | Franz R. war sein Leben lang Kapitän des Containerschiffs Augusta. Der Rhein war sein Zuhause. Als echte Wasserratte Als Franz R. starb, hätte seine Familie ihm seinen letzten Willen gerne erfüllt. Seine Witwe beauftragte den Bestatter Dieses Jahr werden in Deutschland voraussichtlich rund 900.000 Menschen sterben. Sicher haben einige von ihnen Dem Landtag von NRW liegt ein Entwurf für ein neues Bestattungsgesetz zur Beratung vor. Dieser Entwurf beinhaltet Das heißt im Klartext: Überzeugen Sie Ihren Landtagsabgeordneten, Hinterbliebene zum Kauf eines Sarges zu Die Vertreter des Bestattungsgewerbes mahnen, die Würde der Toten zu wahren und ihnen Wertschätzung auszudrücken. Das Ende des Sargzwangs bedeutet ja kein Sargverbot. Menschen, die sich eine andere Bestattungsweise wünschen, Das Land Nordrhein-Westfahlen geht in eine gute Richtung. Die Achtung des letzten Willens ihres Mannes war für die Witwe von Franz R. übrigens wichtiger als die Beachtung Fritz Roth | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Menschen müssten der Trauer eine Heimat geben | Emszeitung | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Denkanstoß 4 – Trauer und Betroffenheit | Frage: Die Geschehnisse in Erfurt haben über die Grenzen hinaus Betroffenheit ausgelöst. Ist Betroffenheit eine Form der Trauer? Fritz Roth: Ich unterscheide zwischen Trauer und Betroffenheit. Trauer ist etwas ganz individuelles, was … mehr. | Frage: Die Geschehnisse in Erfurt haben über die Grenzen hinaus Betroffenheit ausgelöst. Ist Betroffenheit eine Form der Trauer? Wenn wir betroffen sind, dann können wir diese Betroffenheit, im Gegensatz zur Trauer, teilen. So liegen zwischen Betroffenheit und Trauer Welten. Fritz Roth: Trauer ist ein individuelles Gefühl, aber um es ausleben zu können, brauche ich im wahrsten Sinne des Wortes Heimat. Ich brauche „Mit-Menschen“. Trauer braucht Gemeinschaft. Menschen die da sind, oder wie eine Schülerin in Erfurt es so treffend in einem Interview gesagt hat: „Wir brauchen Menschen, die einfach mal den Arm um einen legen“. Der Tod ist eine Art Amputation. Da wird mir etwas Lebenswichtiges abgeschnitten. Nach einer solchen „Todesamputation“ brauche ich Krücken. Krücken auf die ich mich stützen kann. Krücken die eine Hilfe sind und Halt geben können. Krücken, die helfen, Trauer in Bewegung zu verwandeln, um in der Krise irgendwann eine Perspektive zu entdecken. Deshalb ist es wichtig, dass Trauer nicht anonym und in aller Stille mit starrer „Kopf hoch, das Leben geht weiter“ Haltung durchlebt werden muss - sondern dass wir unsere individuellen Gefühle in einer Gemeinschaft ausdrücken können, die Halt und eine Heimat gibt. Frage: Der Tod ist für viele Menschen nur sehr schwer fassbar. Man möchte Trauer und Leid möglichst sofort überwinden. Warum gelingt es uns nicht, genauer hinzusehen? Fritz Roth: Der Tod ist deshalb so schwer fassbar, weil wir ihm in unserem Alltag, außerhalb der Medien, kaum noch begegnen. Wir werden nicht mehr mit dem Tod erzogen – dieses alte klassische memento mori – sondern wir werden vom Tod entzogen. Der Tod ist für mich eine normale und natürliche Grenze, die, wenn man sich ihr stellt, Mut machen kann, den Wert der Dinge zu entdecken, die vor dieser Grenze liegen. Je grenzenloser wir leben, desto orientierungsloser leben wir auch. Das zeigt sich eigentlich in allen essentiellen Fragen: z.B. im Umgang mit der Natur, mit dem Leben, mit Mitmenschen. Vor einem „zweiten Erfurt“ werden uns neue Gesetze nur bedingt schützen. Wir sollten versuchen, junge Menschen aus ihren virtuellen Scheinwelten zurück ins richtige Leben zu holen, ihnen Aufmerksamkeit widmen und ihnen auch durch die Beschäftigung mit Tod und Sterben ein Gefühl vermitteln, was es heißt: "Leben zu dürfen". Wenn wir das Problem an Lehrer und Politiker delegieren, machen wir es uns zu einfach. Jeder sollte darüber nachdenken, was im ganz persönlichen Umfeld getan werden kann, damit sich ein solch schrecklicher Amoklauf nicht wiederholt. Ich bin sicher, wir können eine Menge tun! | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Denkanstoß 3 – Die Sprachlosigkeit überwinden! | Zugegeben, ein Tagebuch für die Trauer ist ein ungewöhnlicher Gedanke. Aber erinnern wir uns: Vielleicht haben wir in unserer Jugend ein Tagebuch geführt, dem wir unsere geheimsten Gedanken und Sehnsüchte anvertraut haben, … mehr. | Zugegeben, ein Tagebuch für die Trauer ist ein ungewöhnlicher Gedanke. Aber erinnern wir uns: Vielleicht haben wir in unserer Jugend ein Tagebuch geführt, dem wir unsere geheimsten Gedanken und Sehnsüchte anvertraut haben, weil wir mit niemandem darüber reden konnten. Weil wir dachten, dass uns sowieso keiner verstehen kann. Die Gedanken der Jugend sind deshalb so verwirrend, weil sie einem Reifungsprozess entspringen und auf unbekannte Pfade führen. Auch der Tod eines geliebten Menschen führt uns zunächst auf einen unbekannten Pfad. Wir begeben uns auf einen Weg, dessen Ziel uns nicht bekannt ist und das wir deshalb auch nicht in Worte fassen können. Der Tod macht sprachlos. Gelebte Trauer ist eine Form der Liebe und kann die lähmende Sprachlosigkeit durchbrechen. Die Gesellschaft hat bestimmte Vorstellungen davon, wie Trauer auszusehen hat. Aber Trauer lässt sich nicht in Normen pressen. Jeder Mensch erlebt auf sie seine ganz eigene Art. Trauer braucht Ausdruck. Das Trauertagebuch will Raum schaffen für diesen Ausdruck. Raum für Gefühle! Gedanken, die vielleicht nur fühlbar sind, können langsam reifen. So werden sie Schritt für Schritt greifbar und verstehbar. Erst wenn wir formulieren können, was uns bewegt, können wir uns mitteilen und die Trauer überwinden. Ein Tagebuch kann uns in einer Zeit der Ungewissheit und des Schmerzes helfen, zu einer Ordnung, einem Lebensrhythmus zurück zu finden. Es gibt uns Halt und verankert gegen das Gefühl, von den Geschehnissen weg geschwemmt zu werden. Es hilft uns einen Weg aus der Sprachlosigkeit zu finden, bietet Raum, Schmerz zu verarbeiten, Erinnerungen nieder zu schreiben und Gedanken zu ordnen. Fritz Roth | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Denkanstoß 2 – „TrauerOase“ – Ein Gütesiegel für Bestatter | Die Trauer hat ihren Platz im Alltag verloren. Trauernde fühlen sich oftmals allein gelassen – von den Verstorbenen, von ihren Freunden und nicht zuletzt von denen, die eigentlich von Berufs wegen dafür … mehr. | Die Trauer hat ihren Platz im Alltag verloren. Trauernde fühlen sich oftmals allein gelassen – von den Verstorbenen, von ihren Freunden und nicht zuletzt von denen, die eigentlich von Berufs wegen dafür zuständig wären, den Trauernden als helfende Hand zur Seite zu stehen. Den Bestattern kommt dabei eine besondere Rolle zu: Unsere Aufgabe ist es, der Trauer eine Heimat zu geben. Ausgehend von unserer Überzeugung, dass Trauerarbeit wichtig ist, für den Einzelnen wie für unsere Gesellschaft, haben wir eine besondere Verantwortung. Es gilt, den Angehörigen und ihren Toten mit Respekt und Würde zu begegnen. Wie bei einem einsamen Marsch durch die Wüste ist die Trauer eine lange Durststrecke, die zu überwinden viel Kraft und Mühe kostet. Bestatter sollten als Trauerbegleiter den Hinterbliebenen auf diesem Weg zur Seite stehen und Orte in der Wüste schaffen, an denen der Trauernde verweilen, ausruhen und sich seinem Schmerz stellen kann. Trauer braucht eine Heimat. Ich möchte Angehörigen Mut machen sich der Trauer zu stellen und sie auszuleben. Bestattungsunternehmen, denen das Gütesiegel „TrauerOase“ verliehen wurde, schaffen dafür den geeigneten Raum. Das Erkennungszeichen der TrauerOasen ist ein Ginkoblatt, das Blatt eines Baumes, der es über 270 Millionen Jahre geschafft hat, allen Widrigkeiten zu trotzen. Ein Symbol für das Lebendige schlechthin. Ich kann nachvollziehen, dass Sie die Einführung eines Gütesiegels für das Bestattungswesen irritiert. Vielleicht gelingt es Ihnen für einen Moment zu vergessen, welch ein großes Tabu der Tod in unserem Leben darstellt. Die Einführung des Gütesiegels „TrauerOase“ bedeutet zunächst, dass die Qualität der Leistung eines Bestatters geprüft und ausgezeichnet wird. Dabei sollen nationale und regionale Besonderheiten und die Individualität der ausgezeichneten Unternehmen erhalten bleiben. Die Qualität der Dienstleistung, das Ambiente der Beratungs- und Abschiedsräume sind wichtige Kriterien für die Verleihung des Gütesiegels. Aber das wichtigste Kriterium sind die Menschen als Trauerberater und -begleiter. Durch Verständnis, Wärme und Herzlichkeit sollen trauernde Menschen Ruhe finden, bei sich selbst anzukommen. Ich möchte Trauernde ermutigen, eigenständig zu handeln. Die „TrauerOase“ ist ein Ort, um persönliche Wünsche und kreative Ideen im Umgang mit der Trauer in die Tat umzusetzen und so den Abschied begreifbar zu machen: Eine Heimat für die Trauer. Fritz Roth | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
Denkanstoß 1 – Kirche will Bestattern Konkurrenz machen | Zwischen der evangelischen Kirche im Rheinland und den örtlichen Bestattern ist es zum Streit ums letzte Geleit gekommen. Die Kirche will nicht nur den Toten den letzten Segen erteilen, sondern auch die … mehr. | Zwischen der evangelischen Kirche im Rheinland und den örtlichen Bestattern ist es zum Streit ums letzte Geleit gekommen. Die Kirche will nicht nur den Toten den letzten Segen erteilen, sondern auch die Trauernden auf ihrem schweren Weg begleiten. Mit solchen Überlegungen reagiert die Kirche auf Angebote, wie sie z.B. den Hinterbliebenen in unserem „Haus der menschlichen Begleitung“ in Bergisch Gladbach gemacht werden. Statt Konfektions-Beerdigung Trauerbewältigung die die Menschen, die einen schweren Verlust erlitten haben, in den Mittelpunkt stellt. In Deutschland werden den Angehörigen ihre Toten im wahrsten Sinne des Wortes gestohlen. Tote werden eilig vom Bestatter abgeholt. Zeit zum Abschied nehmen, Akzeptieren und Abfinden mit der Situation bleibt in der Regel keine. Gefühle wie Ohnmacht, Wut und Rebellion werden so niedergebügelt, obwohl viele Menschen das Bedürfnis haben, gerade diese extremen Gefühle auszuleben. Totenwache, Grabgestaltung, Trauerzeremoniell alles ist starr geregelt. Ein Ausscheren aus der Konvention bedeutet für den Trauernden häufig Spießrutenlaufen über einen Parcour, dessen Hindernisse von Kirche und Bestattern gemeinsam aufgestellt werden. Im „Haus der menschlichen Begleitung“ haben wir Rahmenbedingungen geschaffen, die den Trauernden helfen, die Realität des Todes zu begreifen. Das geht nicht in zehn Minuten in einer gekühlten Halle oder einem Abstellraum im Krankenhaus. Dass die Kirche überlegt zurückzukehren zur aktiven Trauerbegleitung, zu einem lebendigen Umgang mit dem Tod, ist löblich. Dass die Bestatter um ihre Pfründe fürchten und mit dem Verlust von Arbeitsplätzen drohen, lächerlich. In einem Gewerbe, indem sonst Zurückhaltung oberstes Gebot ist, läuft man nun Sturm gegen die Pläne der Kirche, die gerne auf ureigenem Feld Boden gut machen würde. Bestattungsunternehmen müssen als Wirtschaftsbetriebe natürlich Gewinne erzielen, aber muss man deshalb den Menschen ignorieren? Fritz Roth | Denkanstöße 1 | denkanstoesse-1 | |
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Letzte Ruhe, offene Fragen | Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
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Erweitert Kirche ihr Konzept zum Trauerpastoral? | Friedhofskultur | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Ein Platz der lebenden Trauer | Süddeutsche Zeitung | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Begegnungen: In der Traueroase | FAZ | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Leben mit dem Tod | Frankfurter Rundschau | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Ein Ort der Begegnung von Lebenden und Toten | WELT am SONNTAG | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
Der Tod als Lehrer des Ungehorsams | Live! Kulturmagazin Rheinberg | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
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Für einen neuen Umgang mit dem Tod | Süddeutsche Zeitung | Allgemeine Artikel | allgemeine-artikel | ||
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