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Denkanstoß 45
"Danke Anke!"


Oft graust uns davor, wie der Tod, die Trauer und Beerdigungen im Fernsehen inszeniert werden. Fernsehen ist Fiction, d.h. da werden erfundene Geschichten erzählt und diese Storys folgen anderen Gesetzmäßigkeiten als das richtige Leben. Geschätzt flimmern 200 000 TV-Tote jedes Jahr über den Bildschirm. Im Fernsehen wird täglich gestorben, meist gewaltsam und meist findet Trauer einfach nicht statt. Manchmal gibt es noch eine schicke Beerdigung und dann geht’s weiter, ohne dass der Tod groß die Handlung stört.

In den letzten Jahren wurde der Beruf des Bestatters immer mal wieder als serientauglich befunden und so entstanden TV-Serien wie Six Feet Under oder die schweizer Serie Der Bestatter. Bestattungshäuser und Krematorien sind wichtige Schauplätze in den Serien Ozark, Nord bei Nordwest und in Filmen wie My Girl, Grabgeflüster und Besser als nix.

Alle diese teilweise sehr gut gemachten und unterhaltsamen Produktionen haben eins gemeinsam. Sie haben mit dem Alltag in einem Bestattungshaus so gar nichts zu tun. Ab und zu schauen wir uns so eine Serie oder einen Film an und meistens geht es uns dann wie Polizisten und Ärzten. Auch diese Berufsgruppen staunen über den grandiosen Unfug, der im Fernsehen über Polizeiermittlungsarbeit und Notoperationen erzählt wird.

Es ist uns bisher nie passiert, dass eine Serie uns berührt hat und wir so begeistert waren, dass wir sie empfehlen würden. Heute ist es soweit. Wir haben uns auf Netflix Das letzte Wort angeschaut. WOW!

Auch die trauernde Witwe Karia Fazius und der Bestatter Andreas Borowski sind als Filmfiguren natürlich überzeichnet, aber die kleinen und großen Katastrophen, die das Leben ihnen zumutet, die kennen wir nur zu gut. Trauer, Wut, Unsicherheit, Verzweiflung! Anke Engelke spielt diese Gefühle mit einer Intensität, die uns beeindruckt und begeistert hat. Und Thorsten Merten, der den Bestatter Borowski verkörpert und hier ist verkörpern wirklich das richte Wort, zeigt uns glaubhaft die Nöte, in die man in diesem Beruf geraten kann.

In diesen Tagen erscheinen viele Artikel über die Serie Das letzte Wort in Zeitungen, Zeitschriften und auf Blogs im Netz. In einem Interview auf ZEIT-ONLINE hat Ange Engelke etwas gesagt, dass wir sinngemäß allen Menschen vorschlagen, die von uns ihre Toten bestatten lassen: „Ein Großteil der Hinterbliebenen denkt eher an die Verstorbenen als an sich selbst. Und genau das stellt meine Figur der Karla in Frage: Geht es hier nicht um uns, müssen wir nicht eher gucken, dass es uns gut geht? Das könnte man für egoistisch halten gegenüber denen im Grab oder in der Urne. Ich finde die Fragestellung spannend. Was macht es mit den Gefühlen einer Trauergemeinde, einer Familie, wenn man sagen würde: Ist mir egal, ich möchte genau diese Musik spielen oder völlige Ruhe auf der Beerdigung haben, weil mir das gut tut? Auch wenn die verstorbene Person ein Krawallo war und sich eher über die Sex Pistols gefreut hätte.“

Danke Anke!


Herzlichst

Hanna Roth      David Roth


Bergisch Gladbach im September 2020

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an k5733d578c19e43738c377cfc55be417c.reichert@52d2fd7920e8449799606f5387a78447puetz-roth.de, Stichwort „Denkanstoß”