Denkanstoß 56 – „Mehr Leben in den Tod bringen …“

Zugegeben, unsere Überschrift liest sich heute etwas holperig. Der Weg zu einem besseren Umgang mit dem Tod ist steinig und da ist gelegentliches Holpern unvermeidbar. Seit vielen Jahren fordern wir: Lasst uns den Tod zurück ins Leben holen. Wir sind überzeugt davon, dass ein bewusster Umgang mit Tod und Sterben das Leben besser macht.

Der Tod ist unvermeidbare Realität, und doch ist es oft schwierig, darüber zu sprechen oder ihn als etwas Normales zu akzeptieren. Viele Menschen haben Angst vor dem Tod. Auch weil er uns fremd geworden ist, weil wir ihn verdrängen, aus dem Leben verbannt haben. Es gibt Wege, den Tod sichtbarer zu machen und Trauer in etwas Lebendiges zu verwandeln.

Eine Beerdigung im wahrsten Sinne des Wortes zu feiern, ist eine Möglichkeit, den Tod sichtbarer zu machen. Nicht umsonst heißt es ja auch Trauerfeier. Wenn wir einen Geburtstag, ein Jubiläum oder eine Hochzeit feiern, dann empfinden wir Lebensfreude, wir gehen beschwingt und manchmal sogar glücklich nach Hause. Von dem Kabarettisten Konrad Beikircher lautet ein Zitat: „Am schönsten ist es, wenn es schön ist.“ Feiern tut uns gut. Es mag im ersten Moment vielleicht merkwürdig klingen, aber auch auf einer Beerdigung kann man das Leben feiern. Auch im Moment des endgültigen Abschieds kann man Glück empfinden, Glück, dass es den Menschen, der gestorben ist, gegeben hat und dass man ihn in guter Erinnerung behalten wird.

In unserem Podcast Talk about Tod hatten wir in der Episode Was tun, wenn eine Beerdigung schief geht? eine Frau zu Gast, die einen wunderbaren Gedanken mit uns geteilt hat. Erika Banks hat vorgeschlagen, Trauerfeiern so zu zelebrieren, dass sie bei Freunden und Verwandten als eine Art Denkmal in Erinnerung bleiben.

Geschichten erzählen über die Verstorbenen statt dem Aufsagen formelhafter Floskeln kann dazu beitragen, die Erinnerung an einen Toten lebendig zu halten und seine Bedeutung für unser Leben zu würdigen.

Trauer gehört zum Leben dazu und kann nicht vermieden werden. Doch wir haben die Wahl, wie wir mit der Trauer umgehen. Wir können sie unterdrücken und verdrängen oder uns ihr stellen und sie als Teil des Heilungsprozesses annehmen. Trauerbegleitung kann dabei eine große Hilfe sein. Ein Trauerbegleiter ist jemand, der einem in schwierigen Zeiten beisteht und Unterstützung bietet.

Auch Trauerbegleiter sollten in der Gesellschaft sichtbarer sein. Ihre Gespräche mit Trauernden sind wichtig, aber sie könnten auch auf Menschen zugehen, die im Moment nicht trauern, die mit beiden Beinen im Leben stehen, ihr Leben genießen. Der Tag wird kommen, an dem ein geliebter Mensch stirbt. Und man ist gut beraten, sich darauf vorzubereiten. Tod beutet Trennung und Abschied, und zwar endgültig. Trauerbegleiter sind Abschiedsexperten. Begleitung kann auch bei Scheidung oder dem Verlust des Arbeitsplatzes helfen, auch solche Ereignisse können auf eine gewisse Art Trauer auslösen. Wie wäre es, mit einem Trauerbegleiter nicht erst das Gespräch zu suchen, wenn man einen Verlust erleidet. Gespräche über den Tod (auch den eigenen) sollten zum Alltag gehören, je mehr Normalität diese Tatsche in unserem Leben bekommt, desto besser sind wir auf den Fall der Fälle vorbereitet.

Indem wir uns ohne Scheuklappen mit Tod und Abschied auseinandersetzen, können wir unsere Werte und Prioritäten überdenken und uns bewusster machen, wie wir unser Leben führen möchten.

Der Tod ist nicht nur ein physisches Ereignis, sondern auch ein spirituelles und emotionales. Wenn wir es schaffen, den Tod zurück ins Leben zu holen und mehr Leben in den Tod zu bringen, würden wir unsere Ängste und Sorgen lindern und unsere Perspektive auf das Leben und die Welt um uns herum erweitern.

Der Tod erinnert uns daran, dass unser Leben begrenzt ist und wir keine Zeit verschwenden sollten.

Herzlichst

Hanna Roth          David Roth

Bergisch Gladbach im April 2023

Gerne können Sie uns zum Thema Denkanstoß auch eine E-Mail schicken
an k.reichert@puetz-roth.de Stichwort „Denkanstoß”