Denkanstoß 61 – „Die letzte Entscheidung”

Martha (Tilda Swinton) ist eine Frau, die sich in den dunkelsten Ecken der Welt herumgetrieben hat. Sie war immer dort, wo das Leben gefährdet und der Tod allgegenwärtig ist – sei es im Krieg oder in Katastrophengebieten. Nun steht sie selbst vor der schwersten Entscheidung ihres Lebens: Sie möchte die Kontrolle über ihren Tod behalten. In einer Welt, in der Krankheit und Schmerz die Oberhand gewonnen haben, will sie sich nicht dem langsamen Verfall hingeben, sondern in Würde sterben.

Martha sieht im selbstbestimmten Sterben eine Möglichkeit, das letzte Kapitel ihres Lebens nach ihren eigenen Regeln zu gestalten – ein Schritt, der sowohl Mut als auch tiefe Reflexion erfordert. Ist es ein Menschenrecht, sein Leben auf eigene Weise zu beenden? Und wenn ja, wie gestalten wir dieses Recht in einer Weise, die menschliche Würde und das Recht auf Leben schützt? Martha steht für all jene Menschen, die sich mit der Frage auseinandersetzen, wie sie die letzte Phase ihres Lebens verbringen möchten – in Kontrolle oder im unaufhaltsamen Fluss einer Krankheit.

Ihre Freundin Ingrid (Julianne Moore) muss mit Marthas Entscheidung leben und ringt damit, ihre Freundin zu unterstützen, während sie gleichzeitig den eigenen Schmerz über den bevorstehenden Verlust verarbeitet. Der Film stellt die Frage: Was bedeutet es, jemanden auf die letzte Reise zu begleiten? Wie gehen wir mit dem Tod eines geliebten Menschen um, wenn dieser sich bewusst dafür entscheidet, selbst zu gehen?

Almodóvar nutzt die Geschichte, um Sterbehilfe aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten – aus der Sicht der sterbenden Martha, die in einer schwierigen, aber letztlich bewussten Entscheidung ihr Leben verkürzen möchte, und aus der Sicht von Ingrid, die mit den emotionalen Konsequenzen dieser Entscheidung konfrontiert wird.

Das Thema Sterbehilfe ist in vielen Ländern ein sensibles politisches und ethisches Thema. In einigen europäischen Ländern wie der Schweiz, Belgien und den Niederlanden ist Sterbehilfe unter bestimmten Bedingungen erlaubt, während sie in vielen anderen Ländern verboten ist. In Deutschland ist die rechtliche Lage zur Sterbehilfe komplex und durch verschiedene Gerichtsurteile sowie gesetzliche Regelungen geprägt.

Passive Sterbehilfe ist in Deutschland erlaubt. Sie beschreibt das Unterlassen oder Abbrechen von lebensverlängernden Maßnahmen auf Wunsch des Patienten.

Indirekte Sterbehilfe ist ebenfalls zulässig. Sie beschreibt Maßnahmen, die in erster Linie zur Linderung von Schmerzen oder Leiden dienen, auch wenn sie möglicherweise das Leben verkürzen können.

Die Beihilfe zum Suizid ist in Deutschland seit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Februar 2020 grundsätzlich erlaubt. Dabei darf die Beihilfe zum Suizid jedoch nicht gewerbsmäßig, also als regelmäßige, auf Gewinn abzielende Tätigkeit, angeboten werden.

Aktive Sterbehilfe ist in Deutschland nach wie vor verboten und strafbar. Darunter versteht man das gezielte Herbeiführen des Todes durch eine andere Person, zum Beispiel durch die Verabreichung einer tödlichen Injektion.

In einer Welt, in der der Tod tabuisiert wird, erinnert „The Room Next Door“ uns daran, dass das Sterben ebenso zum Leben gehört wie die Geburt und dass wir das Recht haben sollten, diese letzte Phase des Lebens selbstbestimmt und in Würde zu gestalten.

Herzlichst

Hanna Roth                                David Roth

Weitere Informationen erhalten Sie hier:
Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben
Unseren Podcast zu diesem Thema können Sie hier hören:
Talk about Tod – Wer hilft beim Sterben?
Trailer zu diesem Film können Sie hier sehen:
The Room Next Door

Bergisch Gladbach im Oktober 2024

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