Denkanstoß 7 – Ist der Tod showfähig?

Natürlich nicht! Gunther von Hagens, der „Schöpfer” der „Körperwelten”, scheint das anders zu sehen und wurde prompt von den Behörden in München mit Ausstellungs- und Auftrittsverbot belegt.
Um es vorweg zu nehmen, ich halte nichts von im Fernsehen übertragenen, öffentlich als Medienshow inszenierten Leichensektionen. Der Zuschauer ist dazu verurteilt, das Spektakel als Voyeur zu erleben. An Aufklärung und einen seriösen Umgang mit dem Themen Körper und Tod ist den meisten Medien im Übrigen nicht gelegen. Ihnen geht es um das Spektakel, den Gruselfaktor, von dem sie sich hohe Einschaltquoten und Auflagen versprechen.

Menschen einzuladen, sich mit dem Thema Tod und körperlicher Zerfall vertraut zu machen, halte ich dagegen für richtig und wichtig. Wer einen Toten gesehen, ihn angefasst hat, entwickelt ein anderes Verhältnis zu seinem eigenen Körper, zu seinem Leben und zu seinem Lebenswandel. Die Konfrontation mit dem Tod, das wahrhaftige Hinsehen, kann unser Leben bereichern, führt sie uns doch vor Augen, dass wir sterblich sind. Die Zuschauerzahlen der Körperwelten und die Nachfrage nach Eintrittskarten für eine öffentlich Sektion sind gigantisch. Es scheint also ein großes Interesse, ich würde sogar sagen, Neugierde an dem zu bestehen, was dort gezeigt wird.

Bei einer Sektion zuzuschauen, vermittelt uns ein Gespür für unseren Körper, holt den Körper raus aus dem unverständlichen Vokabular der Mediziner. In diesem Sinne könnte man eine öffentliche Sektion sogar befürworten. Nur darf man sie nicht als Event inszenieren. Und man sollte der Versuchung widerstehen, durch eine mediale Ausschlachtung des Ereignisses Profite zu maximieren.

Das Grimme Institut ruft im Zusammenhang mit von Hagens Ankündigung die Medien zur Zurückhaltung auf: “Es geht nicht um Wissenschaft und Aufklärung, sondern um die Inszenierung eines Spektakels, eines Medien-Hypes auf Kosten der Würde von Toten. Wir bitten Sie, auf die Übertragung bzw. Aufzeichnung eines solchen Leichenspektakels zu verzichten. Wir bitten Sie zugleich, die Berichterstattung auf das journalistisch noch vertretbare Mindestmaß zu beschränken und jedenfalls keine Bilder der Sektion selbst auszustrahlen”. Ich glaube schon, dass es von Hagens um Aufklärung geht. Aber ich schließe mich dem Grimme Institut an: Es darf keine Inszenierung auf Kosten der Würde von Toten geben.

Fritz Roth